Full text: St. Ingberter Anzeiger

die er aus Chislehurst erhalten hat. Denselben zufolge soll man Der „Eclair National“ schreibt: „In Philippeville (Algier 
Fen klerikalen Beftrebungen auf alle mögliche Weise Rechnung baben 122 Soldaten des Z3. Zuaven Regiments, Elsässer dor 
ragen. Die Bonapartistische Partei ist es übrigens nicht allein, Geburt, sich für die deutsche Rationalität entschieden.“ — * 
velche sich jetzt vor der ultramonianen Partei beugt; fast alle an nach Algerien ausgewanderten ElsaßLothringer befinden sich in 
deren Parteien, die republikanische und radicale Partei ausgenom⸗ der schlimmsten Lage und haben in Folge dessen eine Petition ar 
men, thun das Nämliche, und dieses geht so weit, daß die e Nationalversammlung gerichtet. „Figaro“ gibt ihnen den Rath 
zie sie beröffentlichen, sogar den klerikalen Bessrebungen Rechnungihr letztes Geld dazu zu benutzen, um in ein weniger civilisfiri 
tragen. Was die Regierung anbelangt, so wagt dieselbe sich auch Land auszuwandern. 
aum gegen die Machtsprüche der Geistlichleit aufzulehnen. Be⸗ 
sonders servil in dieser Hinsicht zeigt sich der ehemalige Freidenler 
ind jetzige Unterrichtss und Cultus- Minister, Jules Simon, der! 
ziel weiter geht, als es Herr Thiers für gut erachtet, und da er 
schon mehre Male mit dem Prasidenten wegen seines Auftretens 
der Geistlichkeit gegenüber in Streit gerieth, so könnte es leicht 
rines Tages so kommen, daß der einst von der radicalen Partei 
so sehr gefeierte Mann seine Entlassung einreicht, weil Herr Thiers 
hin zu wenig klerikal ist. 
Paris, 4. Juni. Der Berichterstatter der „Times“ welcher 
in letzter Zeit verschiedentlich über die Lage der Dinge in den von 
den deutschen Truppen besetzten französischen Landestheilen Mitthei⸗ 
lungen gemacht, läͤßt sich auch über die Stimmunge in Mezieres 
bernehmen. Es ist eigenthümlich — bemerkt er unter Anderem, — 
nit wie verschiedenen Gefühlen die deutschen Truppen in verschie⸗ 
Fenen Städten angesehen werden, die doch nur eine Strecke von 
inander eutfernt sind. In Reims z. B. begegnet man ihnen sehr 
infreundlich, obschon dortselbst die Erbitterung nicht so groß ist, 
As an manchen Orten. In Epernay, was ganz in der Nähe liegt, 
hat man sich mit ihrer Anwesenheit so weit ausgesöhnt, daß na⸗ 
mentlich die unteren Klassen mit ihrer Einquartierung stark fra⸗ 
ꝛernifiren. In Chalons isi die Scheidelinie noch schroffer als in 
Rheims, während im Lager von Chalons die Deutschen mit den 
Franzosen auf einem gemüthlicheren Fuße noch stehen, als selbst in 
Epernay und so zu sagen populär sind. Macht mau dann wieder 
ine leichte Nachmitagsreise nach Mezieres und Charleville, so findet 
man sich mitten in einer feindseligen grollenden Bevölkerung, wie 
man fie anderwärts nur etwa vor einem Jahre fand, wo der 
rieg noch frisch im Andenken lebte. Es ist durchaus nicht leicht 
sich dielfach die grillenhafte Abneigung oder Vorliebe zu erklären, 
alein hier sind die bitteren Gefühle der Franzosen augenscheinlich 
wuf das Bombardement der Stadt zurückzuführen. Sie räumen 
edoch eia, daß die militärische Disciplia der Deutschen vortrefflich 
sst, und daß in Streitigkeiten die eigenen Landeoͤleute eben so oft 
Angreifer sind, wie die fremden Truppen. Der deutsche Comman⸗ 
dam hat die Einsicht und Klugheit gehabt, ein System zu befolgen, 
welches sich vortrefflich bewährt hat, und wie mir scheint, in 
bortheilhafter Weise auch in anderen besetzten Städten ange wandt 
Zerden unte. Wenn hier ein Franzose von einem deutschen 
Zoldoten angeklagt und verhaftet wird, so läßt der Commandant 
zie Anklage schrifilich aufsetzen und ihn mit diesem Schriftstück den 
französischen Behdrden überliefern, damit diese ihm den Prozeß 
nachen. Ich hoͤre aus bester Quelle, daß in den meisten Fällen 
zie Angellagten der ihnen zur Last gelegten Vergehen für schuldig 
vefunden und gebührend bestraft worden sind. Werden sie freige⸗ 
prochen, so nehmen die Deutschen die Sache ohne eine unliebsame 
Bemerkung als selbstverstäudlich auf. Ich kann hier ebenfalls 
demerken, daß, wo immer ein Deutscher zu Alagen Veranlassung 
zibt und Franzosen die Klaäger sind, die deutschen Behörden 
zurchaus nicht versuchen, ihn zu schützen oder der verdienten Strafe 
zu entziehen. Es muß jedem Beobachter auffallen, wie viel unter 
Ilen uͤmftänden von der Person und dem Charakter des Kom⸗ 
mandanten, der in einer besetzten Stadt ein Diktator im Kleinen 
ist, abhängt. Zuverlässige Gewährsmänner haben mir mitgetheilt, 
daß fich in ihrer Stadt mit dem erneuten Wechsel in der Person 
des Kommandanten verschiedene Male ein vollständiger Wechsel 
im ganzen Charakter der Occupation vollzogen habe. Es ist ein 
großer Triumph guter Leitung, daß in einer Stadt, die so viel 
jelisten hat und gegen die Deutschen so erbittert ist wie Mezieres, 
jußerlich Alles so glatt abgeht. 
Der Thiers'sche „Bien public“, der in seiner Verstimmung 
ich bis zu der Flegelei versteigt, die Privatausgaben einer fürst 
ichen Person zu kritisiren, ist nun vollends auf dem Holzwege, 
venn er den Italienern Haß gegen Frankreich imputirt. Wenn 
der Bien public“ statt von Haß gegen Frankreich, von Haß gegen 
die charakterlose Politik des Herrn Thiers namentlich in der roͤmi⸗ 
chen Frage sprache, so wäre er vielleicht eher im Rechte. Nicht in 
Frankreich findet Italien Hilfe gegen seine Feinde in Rom, 56 
findet sie da, um mit der Koln. Zig.“ zu deden, wo man Ernss 
zus den Ideen der Neuzeit macht, nicht in Versailles, wo Vol⸗ 
irianer wie Thiers und Remusat und Freidenker wie Jules 
Zimon sich zu Schleppträgern der Uliramontanen hergeben und 
zer Curie mit Restaurations⸗Ideen schmeicheln, an die fie selbe 
iicht glauben. 
Bermiüipncare v 
St. Ingbert, 7. Juni. Bis II. d. Mis. werden 
es 25 Jahre, daß die erste Theilstrecke der Pfülzischen Eisenbahnen 
dudwigshafen-Neustadt⸗Speyer eröffnet wurde 
Damaliger Direktor war der nunmehr quiescirte kgl. Oberbaurath 
Paul'von Denis, Subdirektor der jetzige erste Direktor de 
—fälzischen Bahnen Albert von Jaeger. 
3Zweibrücken, 5. Juni. In der Schwurgerichtssession 
des 2. Quartals 1872 für die Pfalz werden unter dem Praͤs 
dium des Herrn Appellrattss Molitor folgende Sachen zu 
Verhandlung kommen: 1)“am 10. Juni: Hohle, Carl Hein 
rich, Kaufmani und Bürgermeister in Kaiserslautern, wegen Preß— 
bergehens; 2) am 11. Juni: Stah, Philipp Gebhard, frühe 
Redacteur in Ludwigshafen, wegen Preßbergehens; 3) am 12 
Juni: NKuhm, Jacob, genannt Bumb, Schreiner von Annweiler 
wegen Diebsiahls; 4 am 13. Juni: Rein hard, Elisabetha 
Dienstmagd von Seelen, wegen Betrugs und Diebstahls; 5) am 
14. Juni: Hoffmann, Johannes, Schirmmacher von Neu 
leiningen, wegen Bettels und Diebstahls; 6) 14. Juni, 83 Uh 
Nachm.: Z wickel, Friedrich, Schuster von Offenbach, wegen 
Beleidigung des Landesherrn; 7) am 17. Juni: Kern, Peter 
Cigarrenmacher von Sondernheim, wegen Diebstahls. 
In Land stuhl wurde am Sonntag den 2. J. M. dr 
im vorigen Jahre der Zeitverhältnisse wegen ausgesetzte siebenh 
Versammlung des Vereins pfälzischer Gymnasial- und Stu 
dieniebr'er abgehalten. Von den betreffenden Anstalten de 
Pfalz warer die beiden Gymnasien resp. Studienanstalten und! 
ssolirte Lateinschulen vertreten; von den 76 Mitgliedern waren? 
anwesend. Rektor Firscher von Speyer begrüßte dieselben m 
Parmen Worten, in denen er die Freude aussprach über die ser 
der letzten Versammlung erlebten glorreichen Ereignisse und di 
Neugestoltung unseres Vaterlandes und namemlich betonte, de 
die humanistischen Anstalten den Beruf hätten, die intellektuel 
Bildung zugleich mit der ethischen zu pflegen, und daß sie dadurhb 
auch vorzugsweise geeignet seien, dem Vaterlande und der natio 
Jolen Bildung zu dienen. Sodann wurde ehrend der seit der leh 
ten Versammsung mit Tod abgegangenen sieben Mitglieder de 
Vereins gedacht. Nach Erledigung von einigem Geschäftlichen hieh 
Brofessor San d von Zweibrücken einen Vortrag über die jüng 
erschienene Brochüre: „Gebrechen und Heilung des bayerischen 
Bymnasialwesens.“ Es war das im Ganzen eine ziemlich verur⸗ 
heilende Kritik, zu der sich indeß nicht alle Auwesenden bekenner 
Danten. Sodann machte Gymnasial-Assistent Mehllis do 
Zweibrücken Mittheilungen über einige neulich in der Nähe vo 
Waldmohr bem Ausgraben von Steinen gefundene römische Anl 
quitäten, sprach seine begründeten Vermuthuͤngen darüber aus un 
legte seine anschaulichen Zeichnungen des Gefundenen vor. Dies 
ben nebst beigefügtem Texte sollen dem historischen Verein de 
Pfalz überlassen werden, durch dessen Vermittlung auch der Fun 
vor Zerstörung bewahrt werden soll. Ein sehr fach · und zeitgemo 
zer Vortrag des Professors Drey korn von Zweibrücken übe 
propãdeutisch⸗philosophischen Unterricht (philosophischen Vorbere 
iungsunterricht) an Gymnasium“ rief eine lebhafte Debatte herbo 
Nach mannigfochem Für und Wider einigte sich die Versammlun 
in der allerdings ziemlich harmlosen Aeußerung, daß es wünschen 
werth erscheine, daß, wo es moͤglich und der rechte Mann 
finden sei, ein solcher Unterricht an der Oberklasse des Gymne 
siums ertheilt werde. Groͤßer war die Einmüthigkeit über das, vu 
Professor Hahen von Zweibrücken in ansprechender und aus te 
her“rfahrung geschöpfter Weise „über Schulausgaben der Kla 
siter“ dorirug. Älle waren einig darin, daß die Schüler entwede 
den blosen Text oder höchstens Ausgaben mit sparsamen und au 
das Rothwendigste beschränkten Anmerkungen in Händen hahen 
sollten. Damit war das Programm und die Zeit ecschöpft, ab 
weiler Theil folgte ein gemeinsames Mahl. Als Ort für d 
achstlährige Versammlung wurde Frankenstein bestimmt. (Pf.3 
p Des bekannten unlängst bei Kirn verübten Rau 
mor'd 3dringend verdächtig und zwei Männer, anscheinend hend 
werksburschen, davon einer wahrscheinlich ein Metzger, die ar 
Abend des 16. Mai, nachdem sie zu Kirn einen 28. Thalerschen 
ungewechselt, mit dem Abendzug nach Saarbrücken fuhren. Eur 
hon ihnen spricht den kolnischen, der andere den oberreihnijche 
oder nassauischen Dialekt.