Full text: St. Ingberter Anzeiger

Folgendes verfügt: Unterofsiziere und Mannschaft, welche von ge— 
dachten Truppentheilen, sei es nach Ablauf ihrer Capitulation, sei 
es nach vollendeter, gesetzlich actider Dienstzeit zur Enllassung kom⸗ 
nen, dürfen Seitens anderer Truppen zum —2 einer Capitu⸗ 
lation nur dann zugelassen werden, wenn Fe durch einen schriftli⸗ 
hen Nachweis darzuthun vermögen, daß sie sich zum Weiterdienen 
bei ihren bisherigen Truppentheilen gemeldet haden, von letzteren 
ledoch aus dienstlichen Gründen zurückgewiesen ˖wurden. 
Um Uebereinstimmung mit den anderen deutschen Truppens! 
heilen herbeizuführen, wird demnächst angeordnet werden, daß die 
Dber⸗- und Unterlieutenanis Prämier⸗ und Secondelientenants, und 
die Junker resp. Offiziersadspiranten 1. Classe den Titel Portepee⸗ 
Fohndrich erhalten. In der Artillerie werden als neue Ranges— 
Uufen Hauptleute 2. und 3. Classe eingeführt werden. 
München, 16. Jan. Der König wird morgen aus Hohen⸗ 
schwangau hier eintreffen. — Zufolge allerh. Entschließung wird 
pom 1. April ifd. Jahres an die 5. Essscadron des 4. Chevaur 
leger-⸗Regiments (die bekanntlich in Elsaß Lothringen steht) mit De— 
pot von Speyer nach Zweibrüchen verlegt, hingegen eine Inf. 
Compagnie der Besatzung Germersheeim nach Speyer delachirt.— 
Für die den Generallommando's ꝛc. zugetheilten Offiziere des Ge 
reralstabes wurde eine zeue Dienstes⸗Instruction erlassen. 
—München, 16. Jan. Ueber den nochmals an den Aus 
chuß der Abgeordnetenkammer zurückverwiesenen Antrag der Re— 
zierung auf Gewährung einer gußeroxdentlichen Remuneration in 
der Höhe von zusammen 8360,000 fl. an die Bahn⸗, Post⸗ und 
Telegraphenbeamten für erhöhte Dienstleistungen während des jüng 
den Krieges verlautet, daß der jetzt neu augenommene Vertheilungs 
nodus den Grundsaß aufstellt? je weniger Gehalt desto mehr Re— 
wuneration und umgelehrt, so daß z. B. Heizer, Wagen; und 
Bremsergehülfen, Stationsdiener in Rangier- und Faährdienst. 
Wechselwärter 2c. verhältnißmäßig am meisten berücksichtigt werden, 
Auf vorbezeichnete Kategor:en werden je cirra 100 fl. entfallen. 
Mäunchen, 16. Jan. Seit den letztten Tagen ist von einer 
demunschstigen Kammerauflösung wieder mehr die Rede, nachdem 
einzelne Minister in Privatkreifen bestimmt eiklärt haben, daß die⸗ 
elbe der Berathung und Beschlußfassung über die Beschwerde des 
Bischofs von Augsburg (welche am nächsten Montag vor sich gehen 
wird) in dem Falle, wenn die Ultramontaner von ihrem nume— 
rischen Uebergewichte in der Kammer einen rüchsichtslosen Gebrauch 
machen, auf dem Fuße folgen werde. Lange läßt die Auflösung 
ohuehin nicht mehr sich berzögern, da mit dieser Kammer auf die 
Dauer doch nicht zu hausen is. 
München, 16. Jan. Welch rühmlichen Antheil unsere 
Landwehroffiziere an den glanzenden Resulloten des letzten Krieges 
haben, ifl läugst bekaunt und anerkannt; weniger bekannt ist jedoch 
die Anzahl der denselben zu Theil gewordenen äußerlichen Auszeich 
mungen. Diese fanden statt durch Verleihung 1 Max-Joseph— 
Ordens, 2 Sanitäts⸗Ehrenzeichen, 182 Verdienstorden, 62 ejserner 
Kreuze II. Hl., 4 eiserner Kreuze II. Kl. am weißen Vande und 
1 meklenburgischer Verdienstkreuze, außerdem noch je hesstschen 
und badischen Ordens; weiter wurden mehrere Landwehrojfiziere 
auf ihr Anfuchen hin bei ausdrücklicher Konstanrung des Aus⸗ 
zahmefalles in besonderer Anerkennung ihres ausgezeichneten Ver« 
jaltens in die attive Armer versetzt. In treuer und muthvoller 
Etrfüllung ihres Diensies blieben 46 Landwehroffiziere auf dem 
Schlachtfelde kodt oder erlagen den Folgen der erhaltenen Wunden; 
131 wurden verwundet. — 
Munchen, 17. Jan. Die Regierungsvorlage über Erhöhung 
der Beamtengehalte ist dem Präsidium der Abgeorduetenkammer 
zugegangen. WB 
Eine zu Deggendorf erschienene Broschüre „Die Jesuiten⸗ 
fresser“, wurde in Coblenz beschlagnahmt, weil in den darin ent⸗ 
jaltenen Schmähungen gegen die Freimaurer unter ausdrücklicher 
Bezugnahme auf die zu denselben gehörenden „gekrönten Häupter“ 
der Thatbestand einer Beleidigung des Kaisers Withelm als vor⸗ 
Janden angenommen worden ist. 
Karlsruhe, 15. Jan. Die Taze von Belfjort werden 
hier festlich begangen; sämmtliche Gesang ·Vereine werden sich an 
der Feier betheiligen, die zuglecch dem Andenken der ruhmvoll 
für das Vaterland Gefallenen, wie den lebenden Zeugen und Er— 
lämpsern des denlwürdigen Sieges, an ihrer Spitze der General 
q. Werder dargebracht wird. Als Feststiag ist der 17. Januar 
estgesetzt. Auf Einladung des Großherzogs sind heute von Straß 
burg als Gaste hier eingeirossen: der kommandirende General des 
15. Armeelorps, General der Infanterie v. Fransechh, der Gouver⸗ 
neur der Festung Straßburg, General⸗Lieutenant b. Hartmann, 
die Generalmajore Stein, v. Kaminsly, v. Hontheim und d. Ramm, 
sowie der Chef des Generalstabs vom 15. Armeecorps, Obers 
von der Esch. 
Sitæraßburg, 10, Jan. Ueber die hier herrschende Bau 
hätigleit“ schreibt der „Nicoereh. Kourier“: „Wenn man heute einen 
Vang durch die Stadt macht, ersfaunt man in Wahrheit über die 
Raschheit, womit Straßburg verjüngt und verschönert, aus seinen 
Ruinen wieder ersteht. Die durch das Bombardement so arg mit⸗ 
enommene Steinstraße verwandelt sich in eine herrliche Vorstadt 
der Weißenthurm⸗Straße erheben sich prächtige Hauser an Stell 
per früheren häßlichen Gebäulichteiten; der Kagepecker Bruch, dieser 
Miltelpunkt der uralten Gärtnerzunft mit ihren garfligen Baracken 
und ihren morschen hölzernen Scheunen, wird ein schöner Stadt⸗ 
heil mit neuen breiten Straßen und stattlichen Bauten. Ueberall 
wird, ungeachtet des Winters, thätig fortgearbeitet; der Wiederauf⸗ 
hau der Präfektur, des Tribunals, des Theaters, der Neulirche 
u. . m., ist kräftig in Angriff genommen. Mit dem Beginn des 
Frühjahrs und nach Zahlunz der beiden letzten Fünftel der Ent⸗ 
chädigung, werden die Arbeiten einen noch größeren Aufschwung 
rehmen, so daß vielleicht schon in einem Jahre die mageriellen 
Zpuren des Bombardements fast ganz verschwnnden sind. Aller— 
zings ist Straßburg arg beschädigt worden, aber es wurde auch 
reichlich entschädigt. Dauneben haben die Handwerker und Arbeiten 
»ollauf zu thun und gewinnen erklecklichen Lohn. Wenn man nun, 
vie zu hoffen ist, bald auch den nicht immer unbegründeten Klagen 
des Handels und der Gewerbe wirtsam abhilft und den übrigen 
Erfordernissen der Lage gebührende Rechnung trägt, so wird sich 
die Stadt Straßburg wahrlich nicht über Mißhandlung zu be⸗ 
chweren haben. 
Berlin, 15. Jan. Heute Nachmittag war in Abgeordne⸗ 
enlreisen das mit großer Bestimmtheit auftretende Gerücht ver— 
hreitet, der Kuiser habe heute den Geh. Oberjustizrath Dr. Falk, 
yreuß. Bevoslmächtigter bein Bundesrath, zum Nachfolger des Heu. 
o. Mühler ernaunt. 
Berhin, 16. Jan. Im Reichskanzleramt ist neuerdings 
die Frage über den Zeitpunkt der Einstellung der elsaßlothring ⸗ 
schen Rekruten in die dentsche Armee, aus Anlaß der zahlreichen 
Petitionen, welche in dieser Angelegenheit aus dem neuen Reichs⸗ 
sande hier eingegangen sind, berathen worden. Die Anschauung, 
»aß der Elsässer noch während vier bis fünf Jahren nicht nur 
einen schlechten, sondern einen unzuverlässigen, ja gefährlichen Sol⸗ 
daten abgeken werde, und daß die jungen Soldaten erst dann 
aßs brauchbar betrachtetswerden könnten, nachdem sie in deutscher Schalt 
jerungewachsen seien, hat, we man hört, an maßgebender Sielle 
nicht durchgeschlagen. Die Elsasser können ja als Besatzungstruppen 
'n den östlichen Provinzen Deutschlands verwendet werden. Es 
handelt sich übrigens vor Allem darum, daß die Kräfte der neuen 
Reichslande nicht für fremde Zwecke verwerthet werden, was doch 
leicht geschehen könnte, wenn Frankreich sich wieder in ein 
olles Kriegsunternehmen gegen Deutschland stürzen wollte, und die 
Jugend des Elsasses dadurch veranlatzt würde, die Reihen der 
Franzosen aufzusuchen, um gegen Deutschland zu kämpfen. Deß⸗ 
jalb darf es denn auch als sicher betrachtet werden, daß schon im 
nächsten Herbst, wenn auch in beschränklein Umfange, Aushebungen 
nus der Bevölkerung der neuen Reichslande zur deutschen Armee 
rfolgen. 
Berlhin, 16. Jan. Die „Kieuzztg.“ glaubt die Annahme, 
»aß die Dotationen der Generale in den bevorstehenden Tagen zur 
Vertheilung kommen sollen, als unbegründet bezeichnen zu dürfen. 
Die Erwägungen über diese Angelegenheit seien noch nicht vollständig 
ibgesch lossen. 
Berlin, 19. Jan. Bei dem gestrigen, auf die Capital⸗ 
itzung des schwarzen Adlersrdens gefolgten Banket sprach der Kaiser 
den erhabenen Darbringern seiner jetzigen Stellung neuerdings seinen 
fiefempfundenen Dank sowie die Hoffnung aus, daß es ihr en ge⸗ 
meinschaftsichen Bemühungen gelingen werde, die gerechten Hoff⸗ 
nungen Deutschlands zu erfüllen, Der bayerische Gesandte von 
Perglas toastirte im Ramen des Königs von Bayhern und seines 
erhabenen Bundesgenossen im Reich auf das Wohi Wilhelms des 
Ziegreichen. 
Frankreich. 
Paris, 19. Jan. Hubas mildet: Cremel, welcher des in 
Luneville begangenen Mordes verdächtig ist, wurde gestern in 
Thalons verhaftet. — Einem Gerüchte zufolge würde Thiers ab— 
rreten, falls die Steuer auf Rohstoffe nicht angenommen werden 
ollte. 
Der württembergische Graf v. Linden, welcher der hiesigen 
deutschen Botschaft attachirt war, ist nach Stuttgart zurückberusen 
worden. 
Die Armeccommission hat die Bestimmung angenommen, daß 
jeder Soldat, der nicht lesen und schreiben kann, so lange bei der 
Fahne bleiben müsse, bis er diese Kenntniß erworben hat. 
Paris, 15. Jan. Die Commission zur Untersuchung der 
während des Krieges vorgekommenen Capitulationen dat kürzlich, 
der „Union“ zufolge, de Prüfung der Capitulation von Sean 
b endet. General Wimpfen ist, wenn dieses Blatt recht berichtet 
ist, wegen den ehrenwerthen Bemühungen, die ex gemacht hätte, und 
vegen des Widerstandes, den er bis zum letzten Augenblicke gegen 
die Capitulation erhob, beglüdwünscht worden; dagegen empfing