Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
de Si. Jnaberter Aunzeigerr (und das mit vem Hauptolatte verbundene Usiterhaltunz85latt, mit ver Dienstaas⸗, Donneretagt und Sonntagt 
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M 106. 1872 
Dentsches Reich. 
Manchen, 4. Juli. Das Kollegium der Gemeindebevoll⸗ 
nochtigten hat gestern mit allen Stimmen gegen die eine des 
hen. Fleischmann (ultr.) die vom Magistrat vorgeschlagene Er⸗ 
Jennung auswärtiger Lehrer, die dann seiner Zeit auch Ober⸗ 
sehrer werden jollen, gebilligk und damit bewiesen, daß ihm das 
Juteresse der Schule hoöͤher stebt als partikulare Interessen. So sehr 
man aber nuch billgen wird, daß die von einigen protestantischen 
dehrern ausgehende Agitation geicheitert ist, so muß man 
doch zugeben, daß durch die Macht der Umstände die pro⸗ 
testanlischen Lehrer minder gut daran sind als die katholischen; 
wahrend den letzteren die Möglichkeit, an einer der zahlreichen 
zatholischen Schulen zum Oberlehrer befördert zu werden, offen 
eht, ist den ersteren diese Moö ilichleit nahezu ganz genommen, 
da nur eine Schule besteht. Dieser Mißstand darf aber icht 
dadurch gehoden werden, indem man gewissermaßen die protestan⸗ 
tische Schule als eine geschlossene Zunft erklärt, sondern nur da⸗ 
durch, daß die Prinzipꝛen des Schulstatuts und damit die Ober⸗ 
lehrer in allen Städten eingeführt werden, und durch Einführung 
der konfessionslosen KKomunal-) Schule. Die HH. Weidert und 
Guggenheimer haben sich daher um die Gemeinde und um die 
prolestantischen Lehrer ein Verdienst erworben, daß sie offen und 
ohne Scheu die Nothwendigkeit der konfessionslosen Schule be⸗ 
lannten. Meurste Nachrt.) 
Nach einer Nosiz in der „Dish. Allg. Ztg.“ wäre die Schleif⸗ 
ung der Festung Rastattt eine peschlossene Sache. 
Frankreich. 
Paris, 4. Juli. Es scheiut, daß wir am Vorabende vsan 
wichtigen Ereianissen stehen. In Versailles herrscht seit 48 Stun⸗ 
den große Aufregung, man flüstert sich gegenseitig in die Ohren; 
nan hört die Worte „Verichwörung, Triumvirat, Mac Mahon“ 
aussprechen. Die vershiedenen Gruppen der Kammer halien bei 
perschlossenen Thüren Setzungen ab und Thiers soll in einem Zu— 
stande großer Aufgeregtheit sein. Der heutige „Avenement? giebt 
einige Auftlärung über das geheimnißvolle Treiben in Versailles. 
Diesem Blatte zufolge ist die monarchische Crise auf der höchsten 
Spitze angelangt. Die Rechte und das rechte Centrum der Kam 
mer haben beschlossn, Thiers zu stürzen und durch Marschall 
Mac Mahon, dessen Mimirkung sie sich gesichert hätten, zu er- 
sehen. Man würde ein aus Maischall Mac Mahon, Herzog von 
Broglie und General Ladmirauit bestehendes Triumvirat bilden. 
Verfailles, 5. Juli. Die „Agence Havas“ meldet: 
Die beunruhigenden Gerüchte, welche über eine angebliche Conspi⸗ 
ration der monarchischen Parteien agegen den Präslidenten der 
Republik und die angebliche Absicht Thiers, die Aufldjung der 
dationalversammlung zu provoziren, verbreitet sind, werden formell 
dementirt. Die Aufregung in den parlamentarischen Kreisen bal 
ich doslstäudig gelegt. 
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Vermischtes. 
4In Germersheim sind zur Beschaffung billiger Kohlen 
gegen 200 Bürger zusammengetreten, um einen Kohlen Consumverein 
in's Leben zu rufen. 
4 Schon wieder ist ein Munder passirt: Von der Rhön 
läßt sich das „Vaterland“ berichten, daß bei Frankenheim 
unter dem Kreuzberg Hirtentinder am hellen Tage am Hemmel 
uin Schwert geschen haben, dessen Spitze gegen Norden gerichtet 
war. Das Wunder ist passirt am Tage des h. Aloisius, „der 
auch ein Jesuit war,“ wie der Berichterstatter hinzufügt. 
Am 6. und 7. Aurzust d. J. wird in Berlin ein 
dongreß der Schneidermeisser Deutschlands und Deutsch Oesterreichs 
sagen. Für denselben sind folgende Punkte zur Berathung und 
edentuellen Beschlußfassung auigestellt: Berathung der Lehrlins 
rage, respeltive Errichtung von Fachschulen; Maßregeln gegen 
ingerechtfertigte Strike's der Arbeiter; Einschraänkung des üben 
naßigen Kredites; Errichtung einer allgemeinen Invaliden und 
Sterbekasse für Schneiler: Berathung von Schritten zur Aufbebunc 
der Konlurrenz durch Strafanstalten und Gefangenhäuser. 
7 Ein Wort Bisßsmarcds. Die Berliner „Tribüne“ er 
ahlt: Bismard stieg in einer Reichstagssitzuug von seinem Sessel 
in den Saal hinab und suchte einen ihm lieben Abgeordneten auj. 
Sich uu diesem setzzend, sagte er: „In einem Ihrer Werke citirten 
Sie ein reizendes Gedicht. Sie kennen den Dichter (er nannte 
hu), ich interessire mich für ihn, was treibt er, wie geht es ihmfe 
— Der Gefragte antwortete traurig: „Durchlaucht wissen aljo 
aicht, daß er verrückt geworden ist ?? — Bismarck schwieg einen 
UAugenblick, dann fagte er: „Verrückt, lieber Freund, ist ein etwaß 
jzarter RAusdruck; sagen wir: er befindet sich in der Minorität.“ 
In Rom fielen vorletzten Sonntag 5 Mordthaten und 
Berwundungen, Tags darauf 15 Ermordungen und schwere Ver- 
vundungen vor. 
FIm südlichen Rußland, wo während des Sommers die 
Temperatur durchschnittiich 4„5 Grad R. erreicht, schützen sich die 
dandleute gegen das Gerinnen und Sauerwerden der frischen Milch 
—X 
jaftes troöpfeln und unterrühren. 
fx In Kiew, der Hauptstadt der Ukraine, gewiant die 
Tholerdepidemie mit jedem Tage größere Vechreitung. Am 12. 
und 13. Juni erkrankten an derseiben 404 und starben 189 Per—⸗ 
sonen. Seit dem am 31. Mai erfolgien Ausbruch der Epidemie 
waren bis zum 14. Juni 1317 Personen erkrauft und 532 ge⸗ 
torben. Am meisten grassirt die Epidemie unter den das orthodoxe 
stloster in Kiew besuchenden Wallfahrern, die während des Sommers 
aus ganz Rußland herbeiströmen und deren Zahl jährlich gegen 
ca. 200,000 beträgdgt. — 
F In Newyork sind am 2. ds. fünfzig Leute durch Son⸗ 
nenstich gestorben. 
7Newyork, In Terre Haute, Jndiana, hat sih ein 
Deu:scher Arzt vor Kurzem zum neunten Male verheirathet, nach⸗ 
dem er das Unglück hatte im Laufe von 11 Jahren acht Gattin⸗ 
nen durch den Tod zu verlieren. 
f Ein eigenthüsnliches Duell fand vor Kurzemen der Nähe 
z»on Saun Francisco in Californien statt. Zwei Goldgräber, 
Jose Priedd und Jimes Tadermann, hatten eine ansehnliche 
Zumme in Goldklumpen und Goldstaub zusammengebracht. Sie 
»ebonirten ihte Schäte in einer Höhle, welche ihnen Beiden zur 
Wohnung diente. Alles ging eine Zeit lang gut, bis B.eide im 
verflossenen Monat wegen einer Flaich: Branntwein in Streit ge⸗ 
iethen. Ein Duell war die unmittelbare Folge des Streites. 
Die beiden Kämpfer hatten ihre Revolver nicht bei sich. Sie kamen 
»aher überein, sich mit Goldklumpen und Stücken von goldführen⸗ 
her Erde zu schlagen. Eine Stunde später janden Goldgräber die 
»e den Kämpfer in der Grotte, in Blut gebadet. Tadermann war 
»ereits todt, ibm hatte ein Goldklumpen im Werihe von 7 bit 
3000 Francs den Schädel zerschmettert. Der ganze Rumpf war 
zerquetscht und triefte von Blut; hinter ihm lagen etwa 60,000 
Fraucs in Barren von verschiedener Göße. Priedo athmete noch, 
aber sein Zustand war auch nicht viel desset. Er hatte Wunden 
jur 5 bis 6000 Francs erhalten. Das Sonderbare an der 
Zache aber ist, daß man das Duell ganz in der Ordnung fand 
und Nienand Austoß daran nahm, Priedo als den Erben Tader⸗ 
mann zu betrachten. 
vichtig fiar Vilel«e?! 
In allen Branchen, inshesondere aber hei Bezug der all- 
zemein beliebten Original-Loose, rechtfertigt sich das Ver- 
crauen einerseits durch anerkannte Solidität der Firma, ander- 
eits durch den s ch hieraus ergobenden enormen Abaatz. Die 
vegen Ihrer Pũnktlirhkeit bekannte Staats Effecten-Handlung 
Idolph Haas in TIamburg izt Jedermann auf“ 
vVarmste z2u empfehlen, und machen wir auf die heute in 
inserem Blatte erschienene Annonce obigen Hauses besonder— 
rufmerksam. 
EMDemeß vwerantwaritlicher Rebdacteur