der Zufammenkunft der drei Kaifer die meisten deutschen Fursten
am Berliner Hofe erscheinen werden. —
Berlhin. Die Ideen über die Wiedervereinigung der
hristlichen Confessionen, welche der Stiftsprobst von Döllinger
porigen Winter vor einem ausgewählten Münchener Kreise dar⸗
legte, hatten auf protestantischer Seite vielfachen Wiederhall ge⸗
funden. Ein bayerischer protestantischer Geistliche regt in einer zu
Würzburg erschienenen Brochure den Gedanken der Berukung eines
deuischen Nationalconcils zunächst zwischen Protestanten und Alt⸗
latholiken an. Auch Professor J. Baumgarten hat sich des Ge—
dankens angenommen und wird denselben gutem Vernehmen nach
auf dem im September d. J. zu Koln anberaumten Altkatholi⸗
kencongreß vertreten.
Die „Provinzial⸗Correspondenz“ bespricht unter dem Titel
„klerilale Wühlereien“ den Aufruf, welchen der vor Kurzem in
Mainz gebildete „Verein der deutschen Katholiken“ „an die Katho—
liken Deutschlands“ gerichtet hat. „Unter den Personen — sagt
die „Corr.“ — welche sich unter dem Aufruf als Vorstandmit⸗
glieder genannt haben, finden sich bekannte Männer, die schon bis—
her in erster und zweiter Linie als Vorkämpfer der Jesuiten und
Vertreter der ultramontanen Bestrebungen thätig waren. Noch mehr
aber, als durch die Namen der angegebenen Vorstandsmitglieder
und den Wortlaut der Statuten, wird der Geist des Vereins durch
den Inhalt des erwähnten Aufrufs gekennzeichnet. Die „Prov.
Corr.“ gibt darauf den Wortlaut des Aufrufs und schließt, mit
folgenden Worten:
„Man hat in der ultramontanen Presse versucht, die Bestreb⸗
ungen des Vereins als völlig berechtigte dazustellen, die in keiner
Weise die Wachsamkeit der Obrigkeit und die Aufmerksamkeit der
üffentlichen Meinung herausfordern. Das unbefangene Urtheil wird
jedoch schwerlich an die Hormlosigkeit eines Vereins glauben, der
die gehässigsten Anklagen gegen die Staatsleitung schleudert und
die Unterordunung des Staates unter den römischen Stuhl unge—
scheut verkündet. Der Aufruf bezeugt, daß es sich um eine Be—
wegung handelt, die unter dem Vorwande einer nothgedrungenen
Abwehr die religiösen Leidenschaften zum erbittertsten Kampfe gegen
die Reichsgewalt und gegen die nationale Entwickelung aufstacheln
will. Aus dem begeisterten Lobe, welches den Jesuiten gespendet
wird, ist deutlich genug zu erkennen, daß die offenen und geheimen
Leiter des Vereins sich bemühen, die katholische Bevolkerung Deutsch⸗
lands für einen Kreuzzug zu Gunsten der „Gesellschaft Jesu“ zu
Jewinnen.
Es ist zu hoffen, daß derart'ge Versuche ohne tiefere Wirkung
bleiben und eher dazu beitragen werden, alle besonnenen Katholiken
uͤber die gefährlichen Wege und die verderblichen Ziele aufzuklären,
zu denen sie durch Vorspiegelungen aller Art verlockt werden
sollen.
Die Reichsgewalt führt keinen Krieg gegen die katholische
Nirche; sie schützt nur die Ordnung des Staates und das Gewissen
der Nation gegen geistliche Uehergriffe. Sie hat daher auf die
Unterstützung aller patriotischer Bürger Anspruch, welchem Glauben
dieselben auch angehörrn mögen.“
Das „permanente internationale Schiedsgericht,“ dessen
Begründung Mr. Richard in der nächsten Session des englischen
Parlaments beantragen will, dürfte ganz überflüssig werden, wenn
die Friedensversicherungen ernst gemeint sind, die jetzt aus allen
Gegenden der Windrose anläßlich der bevorstehenden Berliner Drei⸗
Zaiser⸗Zusammenkunft eintreffen. Daß die betheiligten drei Kaiser-
reiche die friedlichsten Zwecke verfolgen, wurde von vornherein fest
gestellt. Zum Ueberfluß bringt die Pariser „Opinion nationale“
noch die Meldung, daß von dem russischen urd österreichischen Ca—
binete eine Mittheilung in Versailles eingetroffen sei, in der ver⸗
sichert werde, daß, sobald Frankreich in den September⸗Conferenzen
jzu Berlin erwähnt werden sollte, dies von Seiten Alexander's
anb Franz Josef's nur in der Absicht geschehen würde, „um Preu⸗
zen eine möglichst versöhnende Haltung gegen Frankreich zur all⸗
gemeinen Friedenssicheruug anzuempfehlen.“
Wenn der Kaisercongreß sonst keinen Zweck hätte, meinen wir,
so koͤnnte er füglich unterbleiben. Denn daß Preußen oder Deutsch⸗
land bon selbst nie eine andere Haltung angenommen hat, bedars
keines Nachweises mehr, geschweige denn fremden Zuthuns. Davon
scheint man sogar in den maßgebenden Kreisen Frantreichs bereite
uüberzeugt zu sein. Wenigfiens gibt das Organ des Hrn. Thiers
„Le Bien public“ bei Besprechung des Kaisercongresses der Ueber⸗
zeugung Ausdruck.
In Frankreich ziehen nun nach Schluß der National⸗
dersammlung die einzelnen Parteien ihre Bilanz, besonders auch
zezüglich des Anleihe Resultates. Die „Linke“ führt in ihrem so⸗
eben publicirten Manifeste alles, was erreicht ist, auf ihr Wirken
zurück. Die Orleanisten meinen, weder die Republilk, noch Thiers
zätten jenes Resultat erzielt, sondern Frankreich als solches. Das
Thiers'sche Organ endlich, „Bien public“ sagt: „Sympathie und
Republil sind leere Worte, welche schwerlich den Erfolg der Anleihe
erklären würden, wenn nicht eine Thatsache hinzukäme, um Vertraue
einzufloͤßen und Credit anzuempfehler. Diese Thatsache finden wi
in der Republik des Herrn Thiers. Mehr noch als die Sympathie,
die wir einflößen, mehr noch aks die Liebe zur Republik hat die
Regierung den Erfolg der Anleihe bewirkt!“!/ *
Mit der früher schon geplanten r u sysi schen Expedition gegen
Chiwa scheint es nun Ernst zu werden. Der Khan von Chuͤpa
hat ein russisches Ultimatum bis jetzt nach den Einen nur aus
weigend, nach den Anderen gar nicht beantwortet.
Münst er. Wie der „Westf. Merkur? berichtet, ist der
jiesigen Jesuiten das Predigen und Beichthören verboten worden
Das genannte Blatt ist so naid, sich darüber zu wundern.
Frankreich.
Der Pariser „Figaro“ vom 6. August feiert den Jahrestag
on Wörth und Spicher em in einer Weise, welcher der
Expeditionskasse einen hübschen Gewinn abwerfen wird. Ueber die
ganze ersie Columme hinweg druchtt das markischreierische Organ
in rother Schrift das Autograph eines „bisber unbekannten“
Zriefes ab, welchen Bism arck von dem nahe bei Sedan ge⸗
legenen Vendresse aus an seine Gemahlin geschrieben habe und
der auf dem Wege nach Deutschland von den Franzosen erbeutet
worden sei. Die kräftigen, charakteristischen Schriftzüge Bismarchz
sind vom Litographen gut wieder gegeben. Ganz Paris wird sie
sehen wollen und der „Figaro“ wird eine reiche Zahl von Exem⸗
plaren absetzen. Hier der Wortlaut des Schreibens, welches Hr.
v. Villemessant auf einen Monat geborgt erhalten hat und das
während dieser Zeit täglich von 10 —11 Uhr Morgens jedem, der
es sehen will, in der Administration des Blattes gezeigt werden soll:
Vendresse, din 3. August.
Mein liebes Herz!
Vorgestern vor Tagesgrauen verließ ich mein hiesiges Quar⸗
tier, kehre heute zurück, und habe in der Zwischenzeit die große
Schlacht von Sedan erlebt, in der wir gegen 30,000 Gefangene
machten, und den Rest der französischen Armee, der wir seit Barl⸗
e⸗Due nachjagten, in die Festung warfen, wo sie sich mit dem
Zaiser kriegsgefangen ergeben mußte. Gestern früh 5 Uhr, nachdem
ich bis 1 Uhr früh mit Molkte und den französischen Generälen
äber die abzuschließende Capitulation verhandelt hatte, weckte mich
der General Reille, den ich kenne, um mir zu sagen, daß Napo⸗
eon mich zu sprechen wünschte. Ich ritt ungewaschen und unge⸗
rühstückt gegen Sedan, fand den Kaiser im offenen Wagen mit 3
Adjutanten und 83 zu Pferde daneben auf der Landstraße vor
Sedan haltend. Ich saß ab, grüßte ihn eben so höflich wie in
den Tuilerien und fragte nach seinen Befehlen. Er wünschte den
stönig zu sehen: ich sagte ihm der Wahrheit gemäß, daß Se.
Majestät 3 Meilen davon an dem Orte, wo ich jetzt schreibe, sein
Quartier habe. Auf Napoleons Frage, wohin er sich begeben solle,
hot ich ihm, da ich der Gegend unkundig, mein Quartier in
Donchery an, einem kleinen Orte an der Maas dicht dei Sedan;
er nahm es an, und fuhr, von seinen 6 Franzosen, von mir und
von Karl, der mir inzwischen nachgeritten war, geleitet durch den
einsamen Morgen nach unserer Seite zu. Vor dem Drie wurde
es ihm leid, wegen der möglichen Menschenmenge und er fragte
mich, ob er in einem einsamen Arbe terhause am Wege absteigen
sönne; ich ließ es besehen durch Karl. Der meldete, es sei „äim⸗
lich und unrein“; mim-porte, meinte N., und ich stieg mit ihm
rine gebrechliche enge Stiege hinauf. In einer Kammer von 10
Fuß Gevierte, mit einem fichtenen Tische und 2 Binsenstühlen,
aßen wir eine Stunde, die anderen waren unten. Ein gewaltiger
Tontrast mit unserem letzten Beisammensein, 67 in den Tuile⸗
ien. Unsere Unterhaltung war schwierig, wenn ich nicht Dingt
berühren wollte, die dem von Goties gewaltiger Hand
Niedergeworfenen schmerzlich berühren mußten. Ich hatte durch
Karl Offiziere aus der Siadt holen und Molike bitten lassen zu
kommen. Wir schickten dann einen der ersteren auf Recognoscirung
und entdeckten Meile davon in Fresnois ein kleines Schloh
mit Park. Dorthin geleitete ich ihn mit einer inzwischen heran⸗
zeholten Escorte vom Leib⸗Kürassierregiment und dort schlossen wit
mit dem Französischen Obergeneral Wimpfen die Capitulation, ver⸗
möge deren 40. bis 60,000 Franzosen, genauer weiß ich es noch
nicht, mit allem, was sie haben, unsere Gefangenen wurden. Der
vor⸗ und der gestrige Tag kostet Frankreich 100,000 Mann und
einer Kaiser. Heute früh ging letzterer mit allen seinen Hofleuten,
Pferden und Wagen nach Wilhelmshöhe bei Kassel ab.
Es ist ein weltgeschichtliches Ereigniß, ein Sieg für den wit
Gott dem Herrn in Demuth danken wollen, und der den Krieg
entscheidet, wenn wir auch letzteren gegen das kaiserliche Jrankreich
noch fortführen müssen.
Ich muß schließen. Mit herzlicher Freude ersah ich heut au⸗
Deinen und Marien's Briefen Herbert's Eintreffen bei Euch. Bil
prach ich gestern, wie schon telegraphirt, und umarmte ihn ange
üchts Sr. M. vom Pferde heruñter, während er stramm im Gliedt