Sl. Ingbertker Anzeiger.
der St. Faaberter Anzeiger sund das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerdtags⸗ und Sonniag
Aer) erscheint uabchentlich vie ren al.: Dienstag. Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljahrig 42 Krzr. oder
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet.
* 3. 2
Mß. IBHOG. Dienstag, den 8. September
—
**St. Ingbert, den 2. September.
Welcher Deutsche gedenkt am heutigen Tage, auch ohne durch
aine offizielle Erinnerungsfeier daran erinnert zu werden, nicht des
lorreichen 2. September von 1870! Des Tages, an dem Napo-
on, der sich bei seinem Auszuge aus Paris in der stolzen Hoff⸗
nung wiegte, an ihm schon längst in Berlin zu sein, dem greisen
oͤniglichen Heerführer der Deuischen, Wilhelm von Preußen, seinen
Degen überlieferte, sich damit als seinen Gefangenen erklärend, die⸗
veil er den gesuchten Tod im Schlachtengewühl nicht finden konnte;
des Tages, der durch die bekannte Kapitulation von Sedan, her⸗
heigeführt ducch die strategischen Bewequngen der deutschen Heer ⸗
ührer und die entscheidenden Siege der deutschen Waffen an den
horhergegangenen Tagen, sich mit unauslöschlichen Zügen in das
khrenbuch der deutschen Geschichte eingetragen hat! Die ganze
stanzösische Feldarmee mit ihrem vollständigen Ausrüstungsmaterial
ammt der Festung Sedan fiel in die Hände der Deutschen, und
ast 100,000 Mann mit ihrem Kaiser mußten als Gefangene den
mfreiwilligen Spaziergang nach deutschen Festungen, resp. nach
Schloß Wilhelmshöhe, antreten, Und
„Geschlagen, geschlogen das große Heer!
Der Karser, der Kaiser gefangen!“
zurchtönte froh und freudig die Kunde von dem ‚„Lerchenfang“
hbei Sedan alle Gauen des weiten deutschen Vaterlandes, jedes
herz in der Hoffnung auf einen baldigen Frieden noch freudiger
blagend.
—* Frieden shoffrungen waren freilich vergeblich. Napoleon
atie mit Sedan seine Rolle ausgespielt; das Kaiserreich ging;
zber schon am 4. September etablirte sich an seiner Stelle die
sepublik und im großen Kriege beginnt eine neue Epoche: der
dampf mit der republikanischen Armee. Frankreich sollte noch in
einem weit größeren Maßstabe wie bisher die Worte des Dichters
tfahren lernen: „Ein furchtbar wüthend Schreckniß ist der strieg!“
Und welche Lehren hat Frankreich für sich daraus gezogen? Wohl
ditd der sedanisirte Napolon, dem die Franzosen zu seinem per—
oͤnlichen Unglücke auch noch die volle Verantwortung für ihre
iederlagen in die Schuhe schieben, in Frautkreich nicht mehr mög⸗
ich sein; er lebt fast vrschollen und nur von Zeit zu Zeit dringen
urze Notizen über sein Gichtleiden in die Welt. Die kleine, aber
rührige Partei seiner Anhänger macht zwar eifrig auf alle mögliche
eise für ihn Propagenda, wird aber in ihrem Geschäft von der
Thiers'schen Regierung streng überwacht und gemaßregelt. Diese
elbst bringt alle Mittel und Mittelchen in Anwendung, um den
ilten Chauvinismus nicht einschlafen zu lassen. Thiers ganzes
Sinnen und Trachten geht dnrauf hinaus, Frantreichs Militärkräfte
u heben, um in einem Revanchekriege gegen Deutschland diesem
iberlegen zu sein. „Doch nicht das Schwert wird Gallien ver⸗
üngen; das kann die Bildung nur, die mit der Einsicht kommt.“
Ind Deutschlund wird durch die Französischen Armee ˖ Reorganisa⸗
ions⸗Pläne durchaus nicht beunrahigt; denn „fest steht und treu
e Wacht am Rbeine!“
wordenen Soldaten, sofern durch die Zurückstellung der Angehdr⸗
igen des letzteren eine wesentliche Erleichterung gewährt werden
laun, vom Militardienste befreit werden soll, nunmehr auch An-
wendung auf den nächstältesten Bruder eines im Kriege oder in
Folge der Strapazen des Krieges verstorenen Soldaten c. finden
osl.. Etwa hiernach vorhandene begründete Reklamationen für
dereits dienende cder noch einzuziehende Militarpflichtige sollen den
Kreisbehörden möglichst bald vorgelegt werden.
Berlin. In Betreff der Optionen in Elsaß⸗Lothringen für
die französische Rationalität sind die Polizeibehörden, der „K. 3.“
zufolge bereits angewiesen worden, alle Vorkehrungen zu treffen.
um nach dem Ablaufe des Optionstermines die factische Verlegung
des Domicils der für Fraukreich optirenden Personen auf das
Geaueste controliren zu konnen.
Fulda, 31. Aug. Die nächste Bischofsconferenz wird einen
oberhirtlichen Erlaß redigiren, in welchem die Thätigkeit der in
Deutschland bestehenden Ordensgesellschaften beleuchtet werden soll.
Frankreich.
Da, wie die Commune gezeigt hat, die Brandfackel jetzt
ju den Waffen der Rothen gehört, so hat die Regierung beschlossen,
auf den Dächern aller öffentlichen Gebäude große Behälter anlegen
zu lassen, in welche das Wasser durch Roͤhren geleitet wird. Die
Bibliothet in der Rue Richelien ist bereits mit einem solchen Be—
jälter versehen, eben so die Bank und die Börse. Im Louvre
und dem Hotel Drouet wird an den Behältern gearbeitet. Die
Ministerien, die Ecole des beaux Arts, der Luxemburg, die Theatet
sollen sämmtlich mit dieser Vorrichtung versehen werden.
England.
In Belfast ist endlich Ruͤhe eingekehrt. Was 4000 Mann
Truppen, 1000 Konstabler und ein ganzes Heer von Friedens⸗
richtern nicht zu thun vermochten, nämlich die Kravalle der wü—
heuden Religionsparteien zu unterdrücken, hat ein tüchtiger Regen-
chauec bewirkt. Der Donnerstag Abend verlief ohne jede Ruhe⸗
sörung. Die militärische Okkupation dauert aber fort und die
üngsten obrigkeitlichen Proklamationen bleiben bis auf Weiteres
in Kraft. Einer ungefähren Schätzung zufolge beläuft sich der
Beschäftsverlust, welcher der Stadt durch die nahezu achttägige
Schredens herrschaft erwachsen ist, auf 100,000 Pfd., gar nicht zu
zedenken der Untosten, welche dem Stadisäckel durch den Unterhalt
iner so großen Militär und Polizeimacht, und für die Entschä⸗
zigungen, welche die Stadt den waährend der Kravalle um Hab und
But Gelommenen zu leisten haben wird, enistehen.
Bermischrtes.
fFSit. Ingbert, 2. Sept. Die Actien⸗Glashütte St.
Ingbeit hat nicht die broncene, sondern sil berne Medaille bei
der Pfälz. Industrie-Ausstellung erhalten. Von hier erhielten wei⸗—
jere Auszeichnungen: Ehrendipiome: die Herren J. A. Schreiber,
jür Erfindung, und Conditor G. Rickel für industrielle Leistungen;
Ehrende Erwähnungen: die Herren Gebr. Kraemer (außer der
Zoldenen Medaille), Goldarbeiter Metz, Haarflechter Weyrich und
Buchbinder Seibel.
— Auch hier in St. Ingbert (wie in Speier u. Neu⸗
tadt) ist ein Wiederholungscours für Militürpflichtige eingerichtet
vorden.
— Wir wollen das Publikum darauf aufmerksam machen,
daß seit dem 1. September das Läuten 4 Stunde vor Abgang
)es Eisenbahnzuges, als Zeichen der Cosseneröffnung, in Wegfall
zekommen st, nur das Zeichen zum Einsieigen wird derch 2
Bloden · Schläge angegeben; es koͤnnen jedoch die Fahrbillets jetzt
chon Stunde vor Abgang des Zuges gelöst werden.
Forbaq, 25. Aug. Auf dem hiesigen Friedhof wurde
jeute ein Denkmal eingeweiht, welches franzöfische Offiziercorpb
hren in der Spicherer Schlacht verlorenen Kameraden errichtet
Jatten. Deputationen verschiedener französischer Regimenter waren
»azu erschienen. Das Fest verlief in volltäudiger Ruhe.
In Au 8burg hat, wie im „Augsb. UAni.“ dur*
Deutsches Meich.
München, 31. Aug. Mit aller Bestimmtheit verlautet,
vaß der Minister Lutz die erbetene Entlassung erhalten habe. Der
Rüctrut des ganzen bisherigen Ministeriums und die Einberufung
ines Kabinets Gasser Lerchenfeld-Bomhard⸗Lobkowitz dürfte unmit-
tlbar folgen.
München, 31. August. Die Mittheilung Münchener Blät—
et, daß ein Ministerium Gasser-Lerchenfeld⸗Lobkowitz Bomhard ge-
zildet sei, ist derfrüht; die Entlassungsgesuche der bisherigen Vii
üisset sehen in ficherer Aussicht.
München, 2. Sept. Wie versichert wird, ist es Hrn. v.
e noch nicht gelungen, dem Könige eine Ministerliste vor⸗
u egen.
Berlhin. Es ist dahin entschieden worden, daß die Be⸗
unmung der Militär⸗Ersatz-⸗Instruktion, wonach der nächslälteste
hruder eines dor dem Feinde gebliebenen oder erwerbsunfäͤhig ge⸗