Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* k. Ingberker Anzeiger. 
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der St. Inaberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienßtags⸗, Donnerstags und Sonntag 
Lummers erscheint wöchentlich v ĩ ex m aul: D ienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntaq. Abonnementspreis vierteljahrig 4s Krzr. od⸗ 
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27 —8 —88— — 8 XF 
4 —15. ESamstag, den 27. Januar — 1872 
Ehronik der Ereignisse des Jahres 1871. 
22. Januar. Die 1. Armee hat im Norden Frankreichs das Terrain 
zis zu den Festungen vom Feinde gesäubert. — Franctireurs sprengen die 
kisenbahnbrücke bei Toul. — Eine stiegende Colonne zersprengi bei Bour⸗ 
nont an der oberen Maas (Dep. Haut-Marne) franzöfische Mobilgarden. — 
Abtheilungen der 2. Armee marschiren nordwäris auf Rouen, um sich mit 
ner 1. Armee zu verbinden. — In der Nacht zum 22. wurden Vaufgräben 
zegen Perches (Belfort) in der Linie Danjoutin bis Perouse ohne Verlust 
röffnet. — Jules Favre trifft in Versailles ein, um über die Capitulation 
von Paris qu verhandeln. 3* 
28. Janunar. ey in Paris — General Vinoy üÜbernimmt den 
be über die Pariser Armeee. 
Oberbefehl über die P set A — Deutsches Reih. 
Unsere Creditverhältnisse. Mündchen, 28. Jan. Von der k. Hauptmünze hier wurden 
(Pfälz. Post.) .. jeute die ersten „Friedensthaler“ ausgegeben. Dieselben enthalten 
Unser großer Philosoph Kant sagt einmal: „Ich befand mich iuf der Aversseite mit der entsprechenden Umschrift das von Adam 
in der angenehmen Lage, so oft Jemand an meine Thüre klo, fte, Kieß gravirte, wohlgetroffene Bildniß des Königs, dann auf der 
nit fröhlichem Muthe: Herein! jagen zu können, denn ich wußte, Keversseite eine den Frieden darstellende allegorische Figur mit der 
daß kein Gläubiger draußen stand. Wie unähnlich wir andere Umschrift: „Durch Kampf und Sieg zum Frieden“, und der Unter- 
Sterblichen dem berühmten Königsberger Weisen auch in dieser chrift: „Friedensschluß zu Frankfurt 10. Mai 18 71“. Ausführung 
Beziehung sind, davan gibt gewiß so Manchem der fatale Monat und Prägung dieser Friedensthaler erscheinen als sehr gelungen. 
Januar lautredendes Zeugniß. Es klopft schüchtern wie mit Mäd⸗ C6A. A. Z.) 
chenhand, doch wir keunen dieses Klopfen im Januar, und aaf München, 24. Jan. An sämmtliche in Folge der im 
unser Herein“, das nicht so ganz zuversichtlich ertzut, wie bei Kant, driege 1870 — 71 erlittenen Verletzungen pensionirten Offiziere 
Ploöͤtzlich mit geflügeltem Schritt vird vom Kriegsministerium die Aufrage gestelli, ob sie nach dem 
Ein geschniegelter Jüngling ins Zimmer tritt. Pensionsregulatiß vom 12. Ottober 1822, beziehungsweise der 
Er hält ein zierlich gefaltetes Brieflein in der Hand, ver⸗ Verordnung vom 20. Mai 1868 oder nach dem Reichsmilitär⸗ 
meldet eine Empfehlung von seinem Herr Principal und entfernt vensionsgesetze bom 27. Juni 1871 behandelt werden wollen, da 
ich freundlichst lächelnd, wie er gekommen ist. Dies Klopfen wird das erssere in Betreff der reinen Pension und theilweife der Pen⸗ 
wahrhaft epidemisch und wir werfen mürrisch die Brieflein uner⸗ ionserhöhungen für Offiziere mit kürzerer Dienstzeit in manchen 
offnet auf den Tisch, wir sind auf ihren Inhalt nicht lüstern. Ja Fällen sich günstiger erweist. —— 
wenn wir des Abends aus fröhlicher Gesellichaft heimkehren und München, 25. Jan. Abgeordnetenkammer. Fortsetzung der 
das Licht anzünden, leuchtet uns aus dem Duntel grüßend ein Debatte über die Beschwerde des Bischofs von Augsburg. Nach den 
weißes Papierlein entgegen, eine Rechnung. Der Monat Januar Reden von Kastner, Hafenmaier, v. Stauffenberg und Karl Barth 
ist der Monat des Weltgerichts, längst vergessene Posten lauchen stellte Rudolph Weiß den Antrag auf Sqluß der Debatte. Nach— 
auf, mancher fröhliche Tag muß bitter gebüßt werden. Wir meinen dem darauf der Cultusmiuister mitgetheilt hatte, daß Graf Heg⸗ 
aun allerdings, das müßte so fein, ich will versuchen, zu beweisen, ienberg das Worl ergreifen werde, aber gegenwärtig unpäßlich 
»aß man mit gutem Willen auch diesen Jammer abstellen kann, ei, wurde der Schluß einstimmig angenommen. Die aächste Sitzung 
ind zwar zum Vortheil des Gläubigers und Schuldners zugleich. indet am Samstag statt. 
Es ist von Seite des Schuldners, wenn er nicht zu den Durch kgl. Entschließung vom 13. d. M. wurden sämmtliche 
Schuldenmachern von Profession gehört, gewöhnlich blos Schlendrian,! 106 Landwehroffiziersaspiranten zu Landwehr⸗Unterleutenants be— 
ꝛer ihn abhält, seine Rechnungen sofoct zu berichtigen. Es würde ordert. 
hmn leicht fallen, im Laufe des Jahres die kleinen Posten zu Die bayerische Staatsschuldenverwaltung soll in der Lage 
ꝛezahlen. während es ihm sehr hart ankommt, auf einmal die sein, demnächsl bekanntgeben zu können, daß der Rest des 5 p6t. 
Froße, stark angelaufene Jahresschuld zu tilgen. Er hat vielleicht Militäranlehens von 1870 zur sofortigen Heimzahlung gekündigt 
zuch mit dem vorrähtigen Gelde manche unnöthigen Ausgaben ge⸗ ind das 53 pCt. Eisenbahnanlehen vom selben Jahre ebenfalis 
nacht, und bleibt ihm dann zur Bestreitung des nothwendigen heimbezahlt, eventuell in eine 492 pCt. Schuld convertirt werde. 
Bedarxfs kein Kreuzer mehr übrig. Der Borger glaube ja nicht, Karlsruhe, E1. Jan. Die Gesammtthosten des französi⸗ 
zaß er billiger fahre, weil er die erborgte Waare am Jahresschluß schen Krieges für Baden betrugen nicht voll 17 Mill. Gulden 
erst zu zahlen hat, es ist ihm schon der ganze Jahreszins bei (16,967,766 fli; davon für die Mobilmachung 14,523,338 fl., 
deller und Pfennig auf seinen Einkauf geschiagen, ja bielleicht noch jür Ankauf von Pferden 1,802,000 fl.) Gedeckt wurden dieselben 
deit mehr. Und wie viele unnöthige Ausgaben würde Mancher durch Vorschüsse der Aummortisationskasse an die Generalstaatskafse; 
ermeiden, wenn er gehalten wäre, sofort zu zahlen; er borgt eben, das Guthaben der ersteren war mit Ablauf des 3. Quartals 1871 
oeil er glaubt, im nächsten Jahr Geld in Hülle und Fülle zul aus den Kriegs· Kontributionsgeldern und den Vorschüssen der Reichs⸗ 
aben, was dann regelmäßig nicht der Fall ist. Ich glaube be⸗ kasse zu Beihilfen ꝛc. vollständig heimbezahlt. (Fif. J.) 
oiesen zu haben, daß es praktischer und vortheilhafer ist, sofort u Berlin, 23. Jan. Die geschichtliche und die Memoiren— 
xzahlen, natürlich immer vorausgesetzt, daß man Geld hat. literatur wird in diesem Jahre eine bedeutsame Bereicherung er⸗ 
Aber auch der Gläubiger zieht von dem langen Creditiren fahren durch die am 26. Nov zu veröffentlichenden Memoiren 
einen Gewinn. Mancher glaubt wohl, er halte die Kunden fest, des berühmten preußischen Staatskanzlers K. A. Fürsten b. Harden⸗ 
denn er sie stark in der Kreide hat, allein wie viel geht ihm auch herg. Vas Manußskript dieser hochwichtigen Memoiren, weiche die 
ꝛei diesem leichtfertigen Borgen verloren! Wie viele Schuldner sind Periode von 1801-1807 behandeln, hat Friedrich Wilhelm LI. 
qm durchgegangen oder haben fallirt ? Er muß seine Waare, die versiegelt im preußischen Staatsarchiv niedergelegt mit der Be⸗ 
r liefert, baar oder nach vierteljähriger Frist zahien, und gibt so timmung, daß es erst 50 Jahre nach dem Tode des Verfassers 
as baare Geld weg, während ihm im Laufe des Jahres nichis publizirt werden solle. Zur Nutzbarmachung des Werkes für die 
ingeht. Er koönnte sein Kapital mehrmals im Jahre umschlagen, Beschichtswissenschaft wird jetzt daͤran erinnert, daß Hardenberg am 
illein es ist ausgeliehen, und Gott weiß, wann er es wieder sieht. 26. November 1822 gestorben ist. — 9 
Ich denke, den Beweis geliefert zu haben, wenn es hierzu An die Ernennung des neuen Kultus-Ministers 
yen allen Einsichtigen überhaupt noch eines Beweises bedurfte, — knüpft die „Prov.«Corresp.“ folgende Betrachtungen: , Der neu 
ßz unser Creditwesen im Argen liegt und dem Borger wie dem ernannte Kultus⸗Minister Dr. Falk hat 'n seiner bisherigen