Slt. Ingberter Anzeiger.
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155.
Dienstag⸗ den J1. Oetober
1872
Deutsches Neich.
München, 28. Sept. Der zum Finanzminister ernannte
Ninisterialratz und seitherige Bevollmächtigte Bayern's beim Bun⸗
eßrath in Berlin, Georg Berr, ist bereits hier eingetroffen; der⸗
elbe zählte erst 42 Jahre; Herr v. Pfretzschner war 45 Jahre
ilt, als er im Jahre 1865 das Portefeuille des Finanzministe⸗
iums übernahm.
München. Die „Pass. Zig.“ schreibt: Sicherem Verneh⸗
nen nach hat der Antrag auf Auflösung der Appellationsgerichte
u Aschaffenburg und Amberg die allerh. Genehmignng erhalten.
o zwar, daß vom 4. Oct. 1873 an die Kreise Unterfranken und
Iberfranken in Bamberg, die Kreise Mittelfranken und Oberpfalz
n Nürnberg ihr gemeinschaftliches Appellationsgericht haben werden.“
Straßburg, 28. Sept. Heute, als am Jahrestage der
dapitulation Straßburgs, fand in seierlicher Weise die Grund⸗
feinlegung der neuen Befestigung Straßburgs auf Fort 5 (Ober⸗
ausbergen) statt. Sämmtliche Offiziere, Aerzte und Militärbeamte
varen durch Parolbefehl hierzu eingeladen, auch hatten die ver⸗
chiedenen Zweige der Cioil⸗Verwaltung für sich, resp. für ihre
damen Einladungskarten erhalten.
Frankfurt, 29. Sept. Die Ankunft Sr. Majestät des
daisers erfolgte heute Vormittags 10 Uhr auf dem Main⸗Weser
hgahnhof, wo die Spitzen der Behörden zum Empfange erschienen
varen. Nach freundlicher Begrüßung und ein zenommenem Dejeuner
n Westendhall wurde noch eine Fahrt in den Palmengarten un⸗
ernommen und Se. Majestät setzte alsdann die Reise 11 Uhr 30
nit der Main⸗Neckar Bahn programmmäßig fort. Das Aussehen
es Kaisers ist ein gesundes und sein freundliches Benehmen gewann
im Aller Herzen.
Berlin. Mit der Ernennung des Hrnu— v. Pretzschner
um Minister des Auswärtigen und zum Vorsitzenden im Minister⸗
athe wäre die dayerische Ministerkrisis nunmehr glücklich über⸗
danden und ein dunkles Wölkchen am Horizonte des Deutschen
keiches wieder verfchwunden. Wenn Hr. v. Pfretzschner auch keine
wsgesprochen politische Persönlichkeit sein mag, und auch selber
uiicht dafür gelten will, so hat er doch dadurch, daß er
nit seinen Collegen entschieden gegen Hru. v. Gasser Front
emacht hat, unzweifelhaft bekundet, daß unter seiner Führung die
bolitikt Hegnenberg's fortgesetzt werden soll. Zwar wäre dies schon
atürlich gewesen, wenn der neue Premier ohne Weiteres dem
vytafen Hegnenberg gefolgt sein würde; nach der versuchten Zwischen⸗
egierung Gasser's aber dürfte das unveränderle und selbst ener⸗
ischere Forischreiten auf dieser Bahn zur politischen Nothwendig⸗
eit geworden sein, und so hätten denn die inneren Feinde des
deutschen Reiches wieder einmal das Entgegengesetzte von dem
rreicht, was sie beabsichtigt haben. (Stsb. Zig.)
Berlin. Nachdem die Regierung gegen den Ermländer
Iischof ernstliche Maßregeln ergriffen hat, verlautet nun, die in
julda von den deutschen Bischöfen gefaßten Beschlüsse enthielten
uuch die Erklärung, daß der deutsche Episkopat einverstanden ist
nit dem Verfahren und den Erkläruugen des Bischofs von Erm⸗
ind. Diese Nachricht kommt nicht überraschend und das Aufhetzen
er Bischöfe gegen die Gesetze des Staates liegt zu Tage. Da
dird wohl die Reichsgesetzgebung eingreifen müssen. Was aber
zreußen betrifft, so kommt am Ende das Abgeordnetenhaus zu
em Beschlusse, im Etat' pro 1873 alle Positionen zu streichen,
ꝛelche auf Besoldung für die Bischöfe lauten und eine gleiche
zumme der Regierung zur Disposition zu siellen, damit sie in
er Lage sei, denjenigen Bischöfen, welche sich gegen das Verhal⸗
en des Dr. Crementz erklären, die Gehälter fortzugewähren.
Ddie Spielbanken in Deutschland, deren Privilegium
elanntlich mit dem 1. Januar lünftigen Jahres erlischt, werden Volkswirthschaft, Handel und Verkehr.
— Wirksamkeit nicht, wie bisher üblich, mit dem 1. October tFrankfurt, 26. Sept. Der diesjährige Herbst⸗
hließen, sondern bis zum letzten ihnen vergoͤnnten Moment, also Pferdemarkt fand gestern Abend durch die Pferdemarkt⸗
ig zum Ende dieses Jahres fortseßen. lotterie sein Ende. Der erste Preis, ein Vierspänner, fiel auf
Das große Aufsehen, welches seiner Zeit die Rückberufung Nr. 34, 036, der zweite auf Nr. 4617. Folgende Rummern ge⸗
ng Generals p. Steünmetz von dem Commando der J. Armee wannen Pferde: 642. 829, 1233. 3396 3065 3121648
exregte, darf wohl noch als unvergessen angenommen werden. Jetzt
st nun über die Befehlführung dieses Generals von dem Major
m großen Generalstabe, A. v. Schell, ein nach den Operations⸗
icten der J. Armee bearbeitetes Quellenwerk: Die Operationen
der J. Armee unter General v. Steinmeßz“, veröffentlicht worden,
doch erweist sich das Ergebniß des dadurch in die jene Rückberuf⸗
ing etwa bedingt habenden Verhältnisse gewährten Einblicks höchstens
ur als ein negatives. Keinesfalls ist dem General, wie die frühere
illgemeine Annahme war, wegen zu schonungsloser Einsetzung der
einer Befehlführung anvertrauten Armeecorps die Fortführung
eines Commando entzogen worden. Die Schlachten bei Spicheren
ind Colombey sind, wie aus den in diesem Werke mitgetheilten
Befehlen ersichtlich, ohne und die letztere sogar wider seinen be⸗
timmten Befehl eingeleitet und geschlagen worden. Ebenso ist die
Theilnahme einer Brigade des 8. Corps an der Schlacht bei
Mars la Tour auf den Befehl des General v. Göben erfolgt,
ind haben sich nur bei Gravelotte das letzgenannte und das 7.
Forps speciell dem Befehl des Generals unterstellt befunden. Auch
jier ist jedoch durch den Verlauf der Schlacht eigentlich nur das
7. Armeecorps seiner unmittelbaren Führung anvertraut geblieben,
has von allen an diesem so furchtbar blutigen Tage activ gewor⸗
»enen Heerestheilen den geringsten Verlust, nämlich nur eine Ein⸗
»uße von 87 Offizieren und 1961 Mann, erlitten hat. Der be⸗
reffende Fall erweist sich demnach auch jetzt noch nicht aufgeklärt,
und bleibt, wofern dabei nicht überhaupt nur die Rücksicht auf die
Anzuträglichkeit der vor Metz thatsächlich Statt gehabten doppelten
Befehlführung maßgebend gewejsen sein sollte, eine Aufhellung des⸗
elben wohl jedenfalls auch erst einer weit späteren Folgczeit vor⸗
behalten.
In Berlin findet am 14. Olt. die Generalbversammlung
des Vereins deutscher Tabat- u. Cigarrenfabrikanten statt. Auf
erselben soll die Gründung einer augemeinen deutschen Cigarren⸗
ind Tabak Arbeiter⸗Pensions⸗ Kranken⸗ und Versorgungskasse
serathen werden.
Luremburg. Am 185. d. Nachts 12 Uhr hat die Ueber⸗
iahme des Betriebs der hiesigen Bahnstreden durch die kaiserliche
Beneraldirektion zu Straßburg statigefunden. Von nun an werden
anminche Stationen wieder ihre alten deutschen Benennungen
rhalten.