Full text: St. Ingberter Anzeiger

der St. Pnaberter akeiger (und das mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienttagt⸗ Vonnerstagß⸗ und Sonnta] 
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—A 
Deutsches Reich. 
München, 31. Oli. Wie wir vernehmen, hat ein grö- 
zerer Armeebefehl die kal. Genehmigung bereits erhalten, und be⸗ 
indet sich unter der Presse; derselbe dürfte demnach in den aller⸗ 
rächsten Tagen publizirt werden: er wird, wie es heißt, vielfache 
Bensionirungen, Ernennungen, Versetzungen ꝛc. enthalten. 
München, 31. Oct. Dem Bernehmen nach wird S. M. 
zer König bis zum 6. November hier verweilen. Das k. Hof⸗ 
ager wird am 9. Nov. von Berg nach Hohenschwangau verlegi. — 
ʒe. Maj. hat folgenden preußischen Offizieren Orden verliehen? 
em commandirenden General des 15. Armeecorps, General der 
Infanterie v. Fransezki, das Großkreuz, dem Gouverneur'e von 
Netz, Generallieutenant v. Bentheim, und dem Commandeur der 
z0. Division Generallieutenant pv. Sandrat, das Großcomthur⸗ 
reuz, dem Commandanten von Metz, Obersten v. Brandstein, das 
Fomthurkreuz und dem Platzmajor von Metß, Major v. Röhl, das 
titterkreuz J. Classe des Militär-Verdienstordens. (A. 3.— 
Müuündqen, J. Nov. Die bahyerische Regierung beabsichtigt, 
das 5procentige Militär⸗Anlehen und einen Theil des Eisenbahn⸗ 
Anlehens demnächst zu kündigen. — — 
Berlhin. 81. Okt. Die gegenwärtige Landtagssession wird 
der Kreuzzeitung“ zufolge, morgen Nachmittags 2 Uhr geschlossen. 
die Eröffnung der neuen Session wird bis zum 12. Nobember 
rfolgen. J 
Berbin, 1. Nob. Der „Staatsanzeiger“ enihält eine 
bönigliche Verordnung, durch welche der Landtag auf den 12. d. 
inberufen wird. — Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ die 
etzige innere Krisis Preußens besprechend, sagt: Die Stellung 
hreußens in Deutschland sordere zur raschesten Vermittlung oder 
beseitigung. der vom Herrenhause hecaufbeschworenen Gegensätze 
uf. Preußen habe den Beruf zur Einigung Deutschlands in der 
kintracht seiner intellectuellen Kräfte gefunden und müsse dies kost⸗ 
are Gut durch sein Vorangehen auf der betretenen Bahn bewah ⸗ 
en. Es würde seiner Bestimmung untreu werden, wenn der 
deim einer Disharmonie nicht beim Entstehen beseitigt würde. — 
jn der Centrumspartei ist, der „Spen. Zeitung“ zufolge, in den 
etzten Fractionssitzungen ein Zwiespalt ausgebrochen. Viele Par⸗ 
eimitglieder fürchten den Sieg des Staates über die ultcamon⸗« 
ane Agitation. Andere fordern ein fortgesetztes schroffes Vorgehen, 
mn der Spitze Mallinckrodt, welcher als Parteiführer bei der bar⸗ 
amentarischen Action hervortreten dürfte. — 
England. 
„In Rams gate fand am letzten Sonntag in einer zum 
vrtigen Augustinerkloster gehörigen kleinen Kirche eine interessante 
Feremonie sialt. Dieselbe bestand in der feierlichen Berleihung 
ines Hutes an einen Abt nach dem alterthümlichen Ritus der 
oͤmisch · katholischen Kirche. Der Abt, welcher den Hut empfing, 
var der Pater Dom Wilfried Alcock. Das kirchliche Ereigniß 
erdient darum besonderer Erwähnung, da es das erste seiner Ar! 
dar, das seit der Reformation in England stattfand. 
.Italien- 
Der Jesuitengeneral Beckr soll, wie „Gazzetta d'Italia“ 
rissen will, zum Cardinal befördert und an feiner Stelle sein Assi— 
tent, ein deuütscher Jesuit, General werden. 
Mondane abgehen. Man fragte telegraphisch in Bardonnoche 
an, ob der Tunnel frei sei, und da die Antwort bejahend lautete, 
ging der Zug ab. Derselbe war einige Kilometer weit in die 
Balerie hineingefahren. als der Maschinist wahrnahm, daß auj 
seinem Geleise Frachtwaggons standen. Zum Bremsen war es 
u spät und es erfolgte ein fürchterlicher Zusammenstoß. Die Er— 
chütterung, das Geschrei der Verwundeten, die Dunkelheit, alles 
Das brachte einen Moment unbeschreiblichen Schreckens hervor; 
pie Verwirrung war grenzenlos und der Rauch drohte die Reisen⸗ 
)en zu ersticen. Man erfuhr, daß Heizer und Maschinist schwer 
erletzt waren. Von den Passagieren waren fünf oder sechs leicht 
»erletzt, Alle aber vom Schrecken übermannt. Endlich kommt eine 
dolomotive von Mondane, um den Zug weiter zu treiben. Ver— 
zebliche Mühe, die Räder der Maschine drehten sich, ohne einen 
virlsamen Druck auf die schwere Masse auszuũben, welche die 
Steigung des Tunnels zu überwinden hatte. Der Zug mußte 
nach Mondane zurück und später nach Turin, wo er am folgenden 
Tage gegen 6 Uhr Morgens ankam. Die beiden Waggons, welche 
das Unglück herbeigeführt, hatten sich von einem Güterzuge losge⸗ 
löft, indem die Kelten zerrissen waren.“ 
27In Chieli (Anteritalien) wurden 9 Briganten zum 
Tode, einer zu 25jähriger Zwangsarbeit verurtheilt; sämn.tliche 
Angellagte nahmen ihr Urtheil mit Späßen und Gelächter hin 
und erkundigten sich bei ihrem Vertheidiger nach den Namen der 
Belastungszeugen und der Geschwornen, die sie für schuldig befan⸗ 
den, mit dem Hinzufügen, im März oder April wuͤrden sie sich 
wiedersehen. 
., In Bradley stand kürzlich ein Geiftlicher, der Pfarrer 
Robson von Thacombe, als Pugilist vor den Assisen. Er hatte 
an einem Sonntage auf offener Straße einen Taglöhner aufge⸗ 
ordert, sich mit ihm zu boxen. Nach mehrfacher Provokation hatte 
etzterer eingewilligt, die Herausforderung anzunehmen,; und in 
Hegenwart der Gemeinde, die nicht in die Kirche gehen konnte, 
veil der rauflustige Gottesmann den Schlüssel in der Tafche trug, 
vurden mehrere Gänge executirl, bis die Polizei einschritt und 
heide Borxer arretirte. Der Gerichtshof verlangte von beiden An— 
zeschuldigten Garantieen für ihr künftiges friedliches Betragen und 
ʒeschloß, dem Bischof der Diözese Anzeige von dem Benehmen dek 
Beistlichen zu machen. 
FNewyork. Vor dem Essex⸗Marlt Polizeigericht erschien 
am 10. September Nathan Simon, ein Bürschchen von dreizehn 
Jahren, unter der Anklage, seine mindestens fünfunddreißig Jahre 
alte Frau mißhandelt zu haben. Nathan ist ein hochaufgeschossener 
schmächtiger Knabe, der offenbar gegen den Gebrauch von Wasser 
uind Seife große Abneigung hal. Sein Weib ist eine robuste 
Tochter Israels, die ihren jugendlichen Ehemann gewiß ohne große 
Anstrengung unter den Arm nehmen und durchbläuen könnte. 
Warum sie das nicht gethan und vorgezogen hatte, sich von Nathan 
nißhandeln zu lassen, war der Zuhbrerfschaft wie auch dem Richter 
aicht recht einleuchtend. Es kam zu folgendem Dialog: Richter: 
»Wie alt bist Du, mein Junge?“ Nathan: „Dreizehn Jahre, mein 
Herr.“ Richter: „Wie lange bist Du verheiraihet 2* Nathan 
(schluchzend)!: „Ein Jahr. Ich will mich aber jetzt scheiden lassen, 
ja das will ich.“ Richter: „Warum sch ägst Du Deine Frau ?“ 
Nathan (Muth fassend): „Sie giebt mit nichts zu essen; Fie sagt, 
sie sei eifersüchtig auf mich; das bringl mich von Sinnen. Rich⸗ 
ter: „Ich glaube es nicht und sage Dir, wenn Du nochmals 
wegen einer solchen Affaire vor mich gebracht wirst, so werde ich 
Dich in das Kinder-Asyl schicken. (Zu Frau Simon) Madame, 
ühren Sie den Jungen nach Hause und sorgen Sie, daß sein 
Besicht gewaschen wird. 
x m i sNsch 
FIn Großwardeein fielen letzten Samstag Nachts 
uf einem Ball zwei Tänzerinnen plötzlich um und konnten trotz 
ler Mühe nicht mehr zum Leben gebracht werden; sie hatten sich 
Tod getanzt. 
F In Wien herrscht eine Blaiternepidemie, an der wöchent⸗ 
ch über 100 Personen sterben, ohne die Vororte. Schöne Aus⸗ 
chten für die Welt-Ausstellung“ 
(usammenstoß im Mont venis-Tunnel.) 
rx „Fanfulla“ erzählt darüber Folgendes: „Lim Sonntag den 
October sollie der aus Frankreich kommende Personenzug von 
Berichrigung. In dem 9atrigen Artikel, Prozeß Vazaine, Seite 
Zeile 3 von oben soll es heißen: 170,000 Mann, statt 17,000. 
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F. X. Demetz, verantworilicher Redacteur. 
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