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der St. Ing berter Anzeingieur (und das mit; dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags Donnerstags⸗ und Sonntag
Kammers) erscheint woͤchentlich vine rm gl Diaenstang, Donner 43tag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis viertelijahrig 42 Krer. oder
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Määä ee Sonutaa, den 4. Februr 172
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ik*Set. Ingbert, den 8. Februar.
Daß unter allen Volksvertretungen die bayerische Kammer
m Dispurtiren über religiöse und; confefstonelle Fragen, die doch
eigentlich gar nicht vor das Forum derselben gehörten, den Preis
»abon trägt, ist anerkannte Thatsache. Aber auch anderswo wer⸗
den die Kammern zu Synoden und⸗ Concilien; sind die Räume
der Abgeordnekenhäuser erfüllt von dogmatischem Gezänke über
TFoncilien und Paäpste; nehmen die Abgeordneten confessionelle
Parteistandpunkte ein· Und überall ist es diese ultramontane
Hartei, die den Impuls, die Veranlassung dazu gibt. Ueberall
sucht sie mit ihren alten abgenutzten Waffen anzukämpfen gegen
den Zeitgeist der Toleranz, der staatlichen Gleichberechtigung der
gonfessionen, sich dabei ausnehmend wie ein Don Quixote. Denn
in ihrer Sprache ist confessionelle dGleichberechtigung nichts anderes
als Unterdrückung der katholischen Religion; wo nicht fie das Heft
in der Hand haben und tanzen, sehen, wie sie pfeifen, klagen und
ammern. sie über Zurüchsetzung, daß sich die Steine darob er⸗
harmen mochten. J
Eine solche ultramontane FJammer⸗ Jerimiade ertoönte auch in
der Sitzung des preußischen Aoͤgeordnetenhauses vom 80. Januas
Als bei der Berathung des Cuftus-Etats der neue Cultusminjfler
Dr. Falk erklärte, das Schulaufsichtsgesez seines Vorgängers, itotz
allen Petitionirens dagegen, aufrecht zu erhalten und man ultra⸗
montanerseits wohl weiß, daß für sie derselbe die Kastanien nicht
aus dem Feuer hole, kündigte ihm der Abgeordnete Reichensperger
feierlich im Namen des Centrums, wie fich die ultramontane und
clericale Partei im preußischen Landtage nennt, den Krieg an.
Man erhob im Verlauf der: Debatte die allen unbegründeten Kla—
gen über Zurücksetzung der Katholiken im Staatsdienst und als⸗
bald entspann sich eine jener widerlichen Zänkereien, die jetzt leider
in den deutschen Kammern gar nicht mehr ungewöhnlich siud, bis
sich schließlich sogar der. Bundeskanzler, Fürst Bismarck, daran
helheiligte und in einer scharfen, Rede den Klägern eine derbe
dection gab. Er erklärte, daß er bei — Beamten nicht
nach der Confession frage, und charalterisirte da die Bestrebungen
der Ultramontanen dahin, daß von ihnen, wie er die Erfahrung
Jabe, eine Unteistützung auf dem eingeschlagenen nationalen Wege
zicht zu erwarten sei, sie hätten vielmehr den religiösen Streit ins
holitische Gebiet getragen, sie lösten den Staat in confessionelle
sreise auf. „Die höchsten Zeugnisse von Sr. Heiligkeit dem
Papste, die Zeugnisse der Bischöfe haben uns vorgelegen, daß man
mit uns zufrieden sei; wir hatten gehofft, daß diese Zufriedenheit
sich einigermaßen bei dem Einfluß auf den gemeinen Mann, wie
er auf der Kanzel und im Beichtstuhle geübt wird, zeigen und
erkennhar machen mürde, und wie ich sah, daß doch mehr das
Gegentheil der Fall war, wie ich sah, daß man auf der einen
Seile die preußischen Einrichtungen sür das Reich verlangte, auf
zer anderen Seite sie dem gemeinen Manne nicht in einem ganz
zünstigen Lichte darstellte, da bin ich zweifelhaft geworden und
hin einen Schritt zurückgetreten. Der Fürst mahnte schließlich,
das confessionelse Gebiet zu perlassen; die Regierung eines ber⸗
chiedene Confessionen umfassenden Staates onne nicht confessionell
auftreten, das sei nur möglich, wo eine Stagisxeligion herrsche.
Lassen wir diese Leidenschaftlichkeit aus den Discussionen hexaus,
dieses gegenseitige Anklagen, suchen wir aus dieser fur das Vater⸗
land in get That großen Kalamität von thedlogischen Discussionen
auf politischem Gebieie einen friedlichen und ruhigen Ausweg zu finden.“
Doch sind die Regierungen es nicht, die dieses“ ultramoutane
Bespenst halfen heraufbeschwören, die es halfen großziehen, als es
instens galt jeden freisinnigen, jeden deütschen Gedanken und Re⸗
ormplan, der aus dem Vollke kam, mit Stumpf und Stiel auszu⸗
wotten d Sind sie es nicht auch heute noch, die, ullzu nachsichtig,
die ungebildete · große Masse in den Händen der Ultramontanen
jegen sich selbst gebrauchen lassen ? Und so bleibt denn auch hier
)as Gothe'sche Wort Wahrheiit: V000
„Die ich rief, die Geiste,, ——
Werd' ich nun nicht los!“*
Deutsches Reich. ꝑ
. Karls ru he—. Hier macht, wie die “ Protstantische Kirch.Ztg.“
erzählt, folgende Geschichte großes Aufseheu: Der Ober⸗Kirchenrath
hatte einen Pfarrer Maurer aus Wertheim zum Garnisonspfarer
vorgeschlagen. General v. Werder will ihn nicht bestätigen, ehe er
hn nicht predigen gehört, Die Predigt fällt nach- allgemeinem
Urtheil gut aug und ist theologisch nicht anzugreifen. Aber Werder
aßt sich das Concept geben, den Pfarrer kommen, gibt ihm eine
ingehende Kritik der Pregigt, wie uur der Director eines Pre⸗
zigerseminars es thun kann ;fiundet, im dritten Theil sei der Begriff
der Gnade nicht gehörig klar gemacht — und Herr Pfarrer
Maurer reis'te wieder als Pfarer von Wertheim nach Haus.
. Frankreich.
Paris, 27. Jan. Unter den Truppen, die in und um
Paris liegen, herrscht seit einigen Tagen große Erregung, weil
Mordversuche auf zwei Soldaten gemacht wurden. Der eine fand
in Belleville Statt, wo ein Soldat zu Boden geschlagen wurde,
und der andere · auf dem Boulevard Courcelles, wo ein Mann
gegen 10 Uhr Abends mit einem Dolche: über eine Schildwache
herfiel, um sie niederzustoßen. Die Schildwache wich aber dem
Stoße aus und der Moͤrder ergriff die Flucht. Kaum hatte der⸗
selbe abet 10 Schritte gemacht, so schoß der Soldat, der sich auf⸗
Jerafft, und traf den Mann in die Schulter. Der Mörder war
in Anhänger der Kommune, der gerade in Freiheit gesetzt worden
war. Der General Ladmiranlt ließ den Soldaten seines muthigen
Benehmens halber auf den Tagesbefehl setzen, und ermächtigte zu⸗
gleich die Offiziere der Pariser Armee, geladene Revolver fort⸗
während bei sich zu tragen. (K. 3.).. 4 —*
.Am 27. Januar brachte der Abgeordnete Bouisson in
der Natlonal⸗Versammlung folgenden Antrag ein;
2Im Hinblil auf die Nothwendigkeit, ehe man neue Steuern
rinfuͤhrt, an die großmüthigen Gesinnungen des Landes zu appel⸗
iren verfügt die Nationalversammlung: Art. 1. Eine öffentliche
Zubskripfion wird pon der Nationalversammlung behufs Sammlung
freiwilliger Beiträge aller französischen Bürger zu der an Deutsch⸗
and zu zahlenden Kriegsentschädigung eingeleitet, Art. 25 Eine
dommission von fünfzehn Mitgliedern wird mit der Organisation
dieser Sammlungen betraut··
Die Versammlung erklärte diesen Antrag für dringlich. Die
Idee einer Natisnal-Sammlung zum Zweck der Bezahlung der
driegskontribution stößt übrigens in der radikalen Presse auf hef⸗
igen Widerstand. Die „Constitution“ z. B. beantworten eine
dezügliche Aufforderung wie fokgt: ;:::
.Wie 4Wir haben diesen Krieg mit allen uns zu Gebole ste⸗
henden Mittteln zu verhindern gesucht, wir haben mit allerMäacht
gegen dieses Majestatsverbrechen gegen die Menschlichkeil protestirt,
aind nun wendet man sich an uns,“ da es gilt das begangene Ver⸗
brechen zu sühnen.“ Die Brodherrin machten es ihren Arbeitern zu
iner Gewissenssaché, die Frucht ihres Schweißes der Kriegsentschä⸗
digung zu oͤpfern. Das kann nicht ihr Ernst sein. Die Demo—⸗
tratie hat nicht nui das Recht, sondern auch die Pflicht, eine so
standalsse Einladung mit Verachtung zuräckzuweisen. Es muß all⸗
gemein klar werden, daß sie die Errungenschaft einer noch so ge⸗
ringen Freiheit hoch über alle von den Cäsaren geträumten territo⸗
rialen Eroberungen stellt. Die Steuer, welche ohne Unterschied
den Grundbesttzetn? und den instinktiv welibürgerlich gesinnten
Proletarier trifft, ist schon ungerecht genug. Wenn Ihr jetzt für
die Kriegsentschädigung zu außerordentlichen Mitteln greifen wollt,
jo wendet Euch an den Bourgeois, der das Kaiserreich runterstütze,
legt Beschlag auf das Vermögen der Majorität des Gefetzgebenden
stoͤrpers, welche trotz der Proteste des Volkes den Krieg votirte,
plündert die ehemaligen Senatoren, die Minister, die Mitglieder
des geheimen Raths! Aber so lange sich Rouher auf seinem Gute
Fercay mästet, so lange die Talhouet, die Schneider sich ruhig
hros standaldͤsen Reichthums erfreuen, werden wir antworten, wie
Alphous Karr den Anhängern der Abschaffung der Todesstrafe «
Mögen die Herren Mörder den Anfang machen!“