Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Deutsches Reich. Anfrage des britischen Unionsgesandten Schenk vom 5. d. M. in 
München, 8. Febr. Das kgl. Kriegsministerium hat nache iesem Sinne erfolgt, versichern mehre Newyorker Blatter, dieses 
iehende Verordnung erlassen? Jenen jungen Leuten, welche ais verücht bedürfe noch durchaus der Bestätigung. 8 
aherische Staatsangehörige die Vorbedingungen für die Zulassing Während übrigens die amerikanische Presse in den bon Eng⸗ 
zum einiährigen Freiwilligendienst erfüllt haben, und welche im and erhobenen Schwierigkeiten keine Gefahr für die Ausfübrung 
daufe des Jahres: 1872sihre einjähr. active Dienstzeit bei einem anßer⸗ »es Washingtoner Bertrages erkennen will, — weil die Endscheit 
bayerischen Truppentheile des Reichsheeres antreten, beziehungsweise ung beim Genfer Schiedsgericht liege, dem England sich schließlich 
ableisten wollen, ist auf ihr Verlangen durch den Vorstand der m Vertrauen auf dessen Unparteilichteit unterwerfen werde, — 
Prufungscommission jenes Regierungsbezirkes, in welchem der Be⸗ vird die Stimmung in England von Tag zu Tag besorgter, wie 
reffende sein Domicil hat, ein Berechtigungsschein zum einjührigen amentlich aus den neuesten Betrachtungen hervorgeht, welche die 
Freiwilligendienst auszuftellen Solche junge Leute, weiche ihre Londoner ‚Times“ über diese Angelenheit anftellen, und die hoff- 
einsähtige Dienstpflicht später antreten, beziehungsweise ableisten Angslos genug lauten. Am Schlusse derselben mahnt das Cith— 
wolleu, sind bezüglich der Ertholung solcher Berechtigungsscheine latt die Regierung zu energischem Vorgehen, da die einstimmigen 
bis nach Bekanntgabe der Militär-Erfatzinstruction für das König- Lorstellungen, welche von allen Seiten an sie gerichte worden 
uch Baͤyern ju derweifen. ⸗ eien, dieselbe überzeugt haben müßten, das llares und unzwei⸗ 
Wünchen, 9. Febt. Abgeordnetenhaus.Vei der Abstim⸗ eutiges Handeln das einzige Mittel sei gegen die Folgen ihrer 
nung über den Schüttinger'schen Initiativantrag murde, nachdem rüheren Fehlet, und der einzige Weg, um schlimmeres Unheil zu 
der Huttlet'sche Modificationsantrag zu 8 1.bon den Antrag; 'erhüten. „Wenn wir““ heißt es wörtlich, „was doch allfeilig ge⸗ 
dellern adoptirt war, der so amendirte Antrag bei 148 Votanten bünscht werden muz, schlimute Verwicklungen vermeiden wollen, so 
dagegen stimmten 72) wegen nicht ertlangter .erforderlicher Zwei- nüssen wir die Wahrheit anerkennen, daß die Zeit zum Ucker- 
dritielmajorität abgelehnt. Sodann kam der Antrag des verstärkten egen vorüber und der Augenblick des Entschlusses gekommen ist.“ — 
Ausschusses, der gleichfalls erne Modification des 81 bezweckt, VBenn die amerikanischen Blätter die Sache etwas zu leicht zu 
zur Abstimmung. Da auqh dieset (75 Stimmen dagegen) abgelehnt jehmen scheinen, so dürften die englischen sie dagegen wieder zu 
vurde, ist det ganze Gegenstand im Sinne der Verwerfung als vessimistisch auffassen. 
tledigt zu betrachteuu. Die „Volksztgt.“ bemerkte zu dem in den letzten Debatten 
Be,rhin. Alabamafrage und Kündigung des französisch- des Abgeordnetenhauses vom Fürsien Bismarck ausgesprochenen 
englischen Handelsvertrags stehen fortwährend im Vordergrunde Frundsatz, „daß ein constitutioneller Staat, der viele verschiedene 
der politischen Tagesfragen. Was die letztere betrifft, so hafte der Keligionobekenner umfaßt, aufhören müsse, ein confessioneller Staat 
offizisfe Bien public“ erklärt, die dem Herzog von Broglie — ein zu wollen“: „Die Auflösung jedes confessionellen Staatswesens, 
welcher bekauntlich am 5. d. M. auf seinen Posten nach London, die Beseitigung jedes Staatskirchenthums die volle Religionsfreiheit 
urücgelebrt ist — gegebenen Instruc ionen ermächtigten denselben unter unbedingtem Gehorsam gegenüber den Staalsgesehen, die 
ar den Augenblick über die Revision der Tarife zu unterhandeln, Aufhebung aller Vorrechte einer Keligionsgesellschaft vor allen andern 
hhne an die Artikel zu rühren, welche die Rohstoffe betreffen. So ill das was in seinen Consequenzen von dem Fürsten Bismarä 
ange die Unterhandlungen auf diesem Terrain gehalten werden ist nach seiner Rückkehr als Aushilfe soll entdect worden fein, 
onnten, werde die Regierung von dem Recht der Vertragskündigung st in Wahrheit längst codificirt in der Verfassung des deutschen 
einen Gebrauch machen. Diese Mittheilung wird von Paris aus deichs, wie sie von der ersten deutschen Nationalversammlung im 
n so fern als nicht ganz richtig bezeichnet, als der Herzog das dahre 1849 in Franffurt am Main festgeslellt worden ist. Die 
dündigungsdokument dennoch mit fich nach London genommmen Laragraphen 144 bis 151 dieser Verfafsung sprechen sich so klar 
abe. Dasselbe heißt es, trage nur keinen Datum; der Herzog iber diese panze Materie aus, daß wir nicht umhin können, sie 
rauche diesen aber nur zu ergänzen, wenn er es für nothwendig etzt wiederum vorzuführen, wie sie hoffentlich von ehemaligen Geg— 
rachten, oder im Falle er den Befehl erhalten sollte, zut Kün- iern der Reichsverfassung als die einzige Auskunft erkanm werden— 
zigung des Vertrages zu schreiten. Daß es zur Kuüͤndigung; um die Wirren der Gegenwart zu lösen. Es lauten diese Para- 
wpinmen werde, wird von dieser Seite nicht bezweifelt, da die zraphen wie folgt: 
Forderungen Thiers' derart seien, daß England darauf nicht ein- 2144. Jeder Deutsche hat volle Glaubens⸗ und Gewissens- 
ehen kynne. Auch bei der Adreßdebatte im englischen Unierhause keiheit. Niemand ist verpflichtet, seine religiöse Ueberzeugung zu 
st die Kündigung des Handelsvertrages zur Sprache gekommen, ffenbaren. 
zei welcher Gelegenheit Gladstone erklärte,jFrankreich habe zwar den! 1468. Jeder Deutsche ist unbeschränkt in der gemeinsamen 
Hondelsvertrag noch nicht gekündigt, es stebe ihm aber das Recht Muslichen und oͤffentlichen Uebung seiner Religion. Verbrechen u. 
w, Idies zu jeder beliebigen Zeit zu thun. Bergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen merden, 
In derselben Debatte bestritt der Genannte bezüglich des ind nach dem Gesetze zu bestrafen. 
Washingtoner Vertrages, daß derselbe hinsichtlich der Frage der 146. Durch das religiöse Bekenntniß wird der Genufß der 
ndirelten Verluste zweifelhaft sei, und wies auf den deutlich ürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte bedingt noh beschränkt. 
iusgesprochenen. Vorbehalt in dem betreffenden Protokolle hin. den staatsbürgerlichen Pfuͤchten darf dasselbe keinen Abbruch thun 
Dieser Vorbehalt sei auf den Fall beschränkt, daß kein freundschaftliches 147. Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre 
Ubkommen zu Stande käme. Es sei diese Bestimmung auch darch UAngelegenheiten selbststaͤndig, bleibt aber den Jallgemeinen Staats- 
»ie Einleitung zu den Artikeln des Uebereinkommens bestätigt, welches zeseßen unterworfen. Keine Religionsgesellschaft genießt vor der 
die Basis der Genfer Verhandlungen bilden sollte. Die Frage, inderen Vorrechte durch den Staat; es besteht fernerhin kein 
velche in Genf zur Entscheidung kommen müsse, sei, ob England Staatskirche. Neue Religionsgesellschaften dürfen sich bilden, eine 
einen internationalen Verpflichtungen nachgekommen sei oder nicht. Anerkennung ihres Bekenntnisses durch den Staat bedarf es nicht. 
ẽngland glaube, denselben nachgekommen zu sein. Nichts würde 148. Niemand soll zu einer kirchlichen Handlung oder 
demüthigender sein, als jetzt eine Pauschalsummen anzubieten, um Feierlichkeit gezwungen werden. 
einer Schwierigkeit zu entgegen, welche geschaffen zu haben, Eng- 149. Die Formel des Eides soll künftig lauten: „So wahr 
and seit mehren Jahren bestreite. mir Gott helfe!“ 
JIn Betreff des bereits gemeldeten Gerüchts: die Unionsre⸗ 150. Die bürgerliche Gültigkeit der Ehe ist nur von der 
zierung werde von ihrer rücksichtlih des Washingtoner Vertrages Vollziehung ves Civilactes abhängig. Die lirchliche Trauung kann 
ingenommenen Siellung in keinem Falle zurücktreten, und es sei nur nach Vollziehuntz des Cibilattes stattfinden. Die Religions- 
me angebliche Antwort des Staatssecretärs Fish auf eine degiallsige verschiedenheit ist kein bürgersibes Gkßbani