8* k. Ingberler Anzeiger.
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Deutsches Neich — 0
Mänchen, 80. März. Welche Stellung die bayerische
Etaatsregierung imn Bundesrathe zu dem vom Reichstage beschlos⸗
enen Ehegesetzentwurs einnehmen wird, das dürfte in den nächsten
Tagen hier beschlossen werden. Es sind die bayerischen Staats
minister von Fäustle und Berr gestern aus Berlin hier eingetroffen
und wird muin im Laufe der Woche, wie es heißt am Mittwoch,
eine Sitzung des Ministerraths ftattfinden und in derselben der
mischeidende Beschluß über den in tede ftehenden Gesetzentwurf
gefaßt werden. Einstweilen glaubt man sich, nach verschiedenen
nzeihen zu schließen, zu der Vermuthung berechtigt, daß, wenn
jür den Gefezentwurf im Bundesrathe eine Majorität in Aussicht
teht, dann auch die bay rishen Bevoll nächtigten keinen ernstlichen
Widerstand leisten wũnden.
Manchen, 81. März. Die „Allg. Ztg. vriöffentlicht
ine Petition, welche der Ausschuß des baherischen Landesvereins
sur Unterstüßung der katholischen Reformbewegung am 24 Märj
an den König richtete. Die Unterzeichner (OberCeremonienmeistet
GBraf Moy und Gesaichtsprofessor Cornelius) diiten den König, er
moͤge die bayerifchen Bevobmächtigten am Bundesrathe dahin
instruiren lassen, daß bei Berathung des Gegenstandes im hoden
Hundesrathe die zewichtige Stimme Bayerns zu Gunsten bal⸗
diger Einführung der vollen obligatorischen Civilehe in die Wag⸗
ichaale gelegt werde. ————
— Das Münchener ‚Vaterland“ bringt an hervorragender
Stelle folgende Denunciation: Der Herr Erzbischof von Munchen⸗
Freising hat letzten Samstag der königlichn Hoftafel beigewohnt.
Eẽs ist dies geschehen wenige Tage nachdem die Adresse der 32
atholischer Keichstag-abgeordneten Bayerus an den Koͤnig damit
beantwortet worder, daß die Vertreier Bayerns im Bundesrathe
jür das Gesetz gestimmi, durch welches „renitente“, das ist pflicht-
ireue katholische Bischöͤfe und Priester internirt oder des Landes
oerwiesen werden sollen. Und gleichzeitig schmachten zwei deutsche
Bischofe, die pflichtreu gewesen, in preußischen Kerkein.
— Einer Koẽrespondenz aus El saß über Kaisers Geburts
iag, wotin bemerkt war, daß eine in Straßbuig hoch oben auf
rinem Mast aufgestecdie franzoͤsische Fahne dald nicht mehr zu
finden gewesen, fügt die Redaltion des „Bairischen Vaterland“
die Worte hinzu: „Franzöoͤsische Fahnen und Pendulen sind nicht
fur preußische Augen.“ Aus bairischem Munde die freche Pen—
dulenversion! Wer bairischer Soldat und Waffengefährte der
Preußen war, der möge daraus das „Bairische Valterland“ noch
naͤher kennen lecnen; ein Jeder wird in tiesster Seele sich be⸗
schamt fühlen.
Berlin. In der Freitsgssitzung des Reichstages hal der
sozial⸗demokratische Abgeordnete Hasselmane in der Debatie über
die Ergänzungen des Invaliden-Pensionkgesetzes ein gründliches
Fiasks gemacht. Er surte sozial-demokratisches Kapital zu schla⸗
jen, erging sich in den lächerlichsten Phrasen und ließ auch den
Invaliden mit dem Leierkasten“ aufmarschiren, den wir aus den
Volksversammlungen zur Genüze kennen, den aber noch kein
Mens mit leiblichen Augen gesehen hat. Schließlich wurde Hassel⸗
mann von den Ab,eordneten Richter, Buhl und Lucius (Erfurt)
ctüchtig heimgeschickt. Auf feine Phrase, daß man im Reichstage
das Volt“ auslache, rief das halbe Haus, daß nur Herr Hassel·
mann ausgelacht werde. Ju persönlicher Bemerkung wollte er
sich gegen den Vorwurf dertheidigen, uaberschämt“ gesprochen zu
haben, allein unter allgemeiner Heiterkeit wurde lonstatirt, daß das
Wort gar nicht; gefall en war, und höͤrrstens ein Echo aus dem
Gewissen des biederen Vollstribunen sein konnte
Berlkn, 1. April.“ Fürst Bißzmar« empfing zu seinem
jentigen Gebuttstage äußerst zahlreiche Glückwünsche, auch solche
zus den entferntesten Theilen des Reiches, darunter ein Glückwinsch⸗
Telegramm des Konigs von' Bahern. (Der Reichskanzler wurde
am 1. April 1815 geboren.
Frankreich.
Paris, 81. Marn Der Vicekönig von Egypten wird hier
rwartet und wird zu seinen Ehren im Palais von Versailles ein
jroßes Fest gegeben werden. — Graf Hentel von Donneramard,
hemaliger preußischer Präfelt von Metz hat die Villa Longchamps
m Bonlogner Waldchen von der Stadt gemiethet und wird sich
Anfangs Mai daselbst installien
Paris, 1. April.“ Das Tagesgespräch bildet die Entwei—
hung Rochefort's, Groufseti, Jourde und Regeres. Odgleich
zie Nachricht nun schon seit pwei Tagen bekannt ist, bildet sie
och immerfort die Haupibeschäftigung der Joarnaie und ihrer
Zeserlreise. Man erzählt sich, daß Hert Adam Edmond, Depu
iner von Varis, eine Depesche erhalten hätte, worin Rochefort
eine Geldverlegenheit angezeigt und wären sofort 28. 000 Fr.
)urch eine Subseription zusammengebracht worden. Vikior Hugo
jabe 6000 Fr., sowie die zwei Pariser radikalen Hauptblaͤller je
3000 Fr. gegeben. Das Geld fei per Telegraph in Sidneh an⸗
Jewiesen worden. Die öffentliche Meinung ist sehr getheilt bezüg⸗
lich dieser Affaire und hat die Lage nur bon Rochefort allein ein
Mitleiden erregt. — „Rappel“ macht das Publikum darauf auf⸗
merksant, daß es unmöglich sei, vorderhand etwas Bestimmtes
Uber die sichere Flucht Rochefori's und Genofsen u erfahren, und
daß somit alle sich in Umlauf befindlichen Gerüchte auf Erfindung
beruhlen. 2
— Die franzoͤsische Pegierung hat den Woffenfabriken von
Tarbes verboten, den Carlisten Waffen zu liefern — ganz natür—
ich; denn da sie mit der Madrider Regierung im Frieden lebt,
jo gebietet ihr das Voͤllerrecht, nicht zu dulden, daß die Auf—
ländischen vom französischen Gebiet aus Unterstütung erhalten.
Die legitimistische, Assemblee nationale“ aber, die mit den Carli—
len liebaugelt ignorirt die natürliche Zachlage und richtet an die
ranzösische Rezierung die alberne Frage, ob sie in dieser Sache
ꝛtwa preuß'schen Befehlen gehorche. ....
— Mehrere Damen von Tomdufe, welche an den Grafen
Thambord eine Adresse gerichtet hatten, haben don dem Sekreiät
des Prätendenten, Grafen Sainte⸗Susanne, ein Dankschreiben em⸗
ofangen, weldes folgende bezeichnende Stellen enthält „Sprechen
Sle den Damen von Tomouse den Daͤut des Herrn Grafen
Chambord, sprechen Sie ihnen sein unerschütterliches Vertrauen
aus, daß die Stunde nahe ist, welche die Vorsehung für die Er—
jüllung deß großen Werketz der Wiedergeburt unferes theueren
ʒielgelieblen Vaterlandes bezeichnet hat.“ (Graf Chambord wird sich
doch noch e!was länger gedulden müssen.) e eee,
333.. England. —— *
— London, 80. März. Die dem englischen Parlamenle von
er indischen Regierung in seiner verflossenen Session vorgelegten
Betichte über die Sterblichteit in Britisch-Indien geben über die
Menschenopfer, welche die animalischen Bewohner“ dee wilden in—
dischen Dschungeln alljährlich fordern, die haarsträubendfsten Ziffern.
Im Jahre 1869 fanden in Britische Indien 14,529 Menschen
hren Tod durch Schlangenbiß,“ während das Jahr 1871 die
Anzahl von 18,078 Faällen aufweist, in welchen der Tod entweder
purch Schlangen oder durch Kaubthiere verursacht wurde. Gleich-
vohl halten die medicinischen Autoritäten in Indien selbft diele
Ziffern für unter der Wirklichkeit stehend, da in den Grenzbezirken
die Todesanzeigen häufig unterlassen werden. Der früher er⸗
vahnte Bericht thut dar, wie sehr diese Zustände die äußerste
Würdigung Seitens der Regierung erheischen, und führt zu diesem
Zweck einige grauenerregende Beispiele an. Eine einzige Tigerin
»erodete im Laufe des verflossenen Jahres 8385 Dörfer und führte
die Brachlegung von 256 Quadratmeilen früher cultivirten Landes
Berlin, 1. April, Dem Vernehmen nach sollen sich die
Aussichten des Milltärgesetzes günstiger gestalten, und zwor auch
abgesehen von der Frage der Minimal,iffer. Confliktsgerüchte,
voher sie lommen mögen, find nach wie vor sehr zweifelhafter
Natur und großentheils adsichtlich verbreitet.