Full text: St. Ingberter Anzeiger

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fZweibrücken, 7. Mai. Aus dem Spezialbureau des 
neichskanzlers Fürster Bismarck ist Hrn. Lehrer Grund hiet 
olgendes Schreiben zugegangen: V0 
„Berlin, 1. Mai 1874. An den proteftankischen Schul- 
ehrer Herrn Christian Grund Wohlgeboren in Zweibrücken. Ew. 
Wohlgeboren beehre ich mich im Auftrage Sr. Durchlaucht des 
Fürsten Reichskanzler ergehenst mitzutheilen, daß Se.“ Durchlaucht 
ie ihm angetragene Pathenstelle bei Igrem am 30. März 1874 
jeborenen Sohne angenommen hat. Mit vollkommener Hochachtung 
hraf GCulenburg, Gerichts-Assessor.“ (Zw. Ztig.) 
Saarbrücken, 7. Mai. Heute Mittag 12 Uhr pas— 
irte der Großherzog von Oldenburg mit Gefolge auf seiner Reise 
jon Metz noch Birkenfeld die hiefige Station“ Die Spitzen des 
iesigen technischen Betriebs -Personals waren Sr. Hoheit bis 
Forbach entgegen gefahren und geleiteten denselben weiter bis 
hirkenfeld. 
Landan, 5. Moi. (K. A.) Ueber die diesjährizen 
lebungen der hicsigen 2. Feld-Artellerie-Abtheilung können wir 
eute folgendes Nähere mittheilen. Am 28. Juli rückt die ge⸗ 
ammte Abtheilung zu den Schießübungen auf dem Lechfeld und 
zleibt duselbst bis zum 19. August. Vom 26. bis 28. August 
nimmt die 4. Batterie au den Brigademanövern bei Germersheim 
Theil, nach deren Beendigung sie mit der 5. und 6. Batterie am 
30. August nach Homburg abmarschirt zu den vom 4. bis 14. 
Sehtember stattfindenden Divisionsmanövern. Am 17. September 
rifft die Abtheilung wieder hier ein. 
fBaden⸗—Baden, 4. Mai. Kaiserin Augusta 
wird am Freitag den 8. d. M., Nachmittags, also unmittelbar 
ach den in Berlin zu Ehren des Kaisers von Rußland stattfin— 
zenden Feierlichkeiten, dahier zu einem siebenwöchentlichen Aufent⸗ 
jali eintreffen. 
Mannheim, 3. Mai. Unter einem gewalti'gen An—⸗ 
drang von Zuschauern und bei günstigstem Wetter Ling der erste 
Renntag vorüber. Das Galoppreiten der deutschen Landwirthe 
iel aus freundnachbarlicher Rücksicht der altdeutschen Bauern aus, 
ie erklärten, mit den besser berittenen neuen Reichsbauern nicht 
onkurriren zu können. Nun wurde für die letzteren — drei an 
er Zahl — ein eigenes Rennen eingelegt, bei dem ein Landwirth 
zus Niederlauterbach bei Lauterburg Erster wurde, zwei Riedselzer 
rhielten die weiteren Preise. — Eröffnungsrennen: Von 6 ange—⸗ 
neldeten Pferden liefen 4; Kattinka des Hrn. v. Cramm erstes, 
düdin des Majors Jachtann zweites Pferd. — Offiziers-Hür⸗ 
enrennen: Von 12 Pferden gingen 11, von denen 2 bereits an 
er dritien Hürde ausbrachen; von den übrigen Le Beau des 
Rieutenants v. Kossecki erstes Aeneas des Kapitäns Hecht zweites 
zferd. — Staauspreis: Von 11 Pferden liesen 4; Trico— 
ore des Majors von Rosenberg siegt um / Kopflänge üher 
Marplot des Grafen Bernstorff; Moßner's Olitzko drittes Pferd. — 
—portsmann-Preis: 7 Pferde erschlenen am Pfosten; 
in Pferd stürzte am Graben so unglücklich, daß es für den Be— 
tzer verloren war; Comtesse Bibi des Grafen Bernstorff fiegte in 
imem schönem Rennen um zwei Kopflängen über Major v. Rosen- 
erg's Wasp; Moßner's Flamingo drittes Pferd. — Um den 
Verder⸗Preis liefen (von 9 5 Pferde; Y. Calabar des 
zrinzen Carolatte und Mops des Grafen Haßlinger kämpften hart 
nädig um den Sieg. dea mit einer halben Pferdelänge Y. Calabar 
abontrug. — Im großen Steeple-Chase um den Preis 
er Stadt Mannheim siegte der bewährte Tarna des Grafen Fritz 
Netternich um zwei Kopflängen über Konradin des Majors v 
kosenberg. Die zwei weiteren Pferde, die (von 14 angemeldeten) 
iesen, brachen bald aus, das eine stürzte, das andere vermochte 
icht mehr gegen Jenen aufzukommen. 
Worms, 6. Mai. Vor einigen Tägen gerieth eine 
dienstherrschast mit ihrer Dienstmagd wegen einer Kleinigkeit in 
dispui, wobei letztere nicht nur eine sehr große Brulalität an den 
kag legte, sondern sich auch noch in ihrem vermeintlich gekräntten 
brgefühle vom Zorne so weit hinreißen ließ, ihrem Dienstherrn 
inen Topf kochenden Kaffee's in's Gesicht zu schütten, in Folge 
essen er jeßzt das Bett hüten muß. (W. 3) 
Aus Bahernn, 5. Mai. Nach den amilichen Nach— 
neisungen wurden in München im Jahre 1873 zur Bierbrauerei 
erwendet und deßhalb veraufschlagt von 15 Braunbierbrennereien 
75,081 Hektoliter Malz. Der Lokal-Malzaufschlag hierfür be⸗ 
rug 670,928 fl. Am meisten producirte der Großbräuer Gabriel 
*edlmayhr (Spatenbrau) namlich 137,850 Hektoliter Bier, dann 
algt die Allienbrauerei zum Löwen mit 119,035 Hekloliler. Die 
lusfnhr an Bier betrug 2509,990 Hektoliter, die Einfuhr dagegen 
ur 7070 Hektoliter. Die Zahl der Bierbrauereien betrug wie 
n Jahre 1872 18. — Ein den Bahnbau bei Ingolftadt eiten— 
er Ingenieur hat 6000 fremde, meist italienische Arbeiter ge— 
ungen, weil die einheimischen Arbeiter weder den Flaß noch die 
Dilugkeit der itqlienischen Vahnarheiler hefihen und dabei hoöhrr⸗ 
'ähne perlangen 
— Wuürzburg, 2. Mai. Auf der Unterleinacher Mar⸗ 
ung wurde vor einigen Tagen ein —AV 
nelche die Präge des 15. und 16. Jahrhunderts tragen, gefunden. 
Der mit verschiedenen Zierrathen versehene Topf, worin sich“ die 
Münzen befanden, wurde leider beim Oeffnen zerschlagen.. — 
F.Landahut, 4. Mai. Das niederbaherifche Schwur—⸗ 
jericht hat einen Bewohner von Pkatiling zu 7 jähriger Zuchthaus⸗ 
lrafe verurtheilt, weil er zweimal mehrere große, cuca 80 Pfund 
hwere Steine auf die Eisenbahnschienen gelegt hatte, um den 
Zug unmittelbar vor dem Uebergange über die Isar bei Plattling 
entgleisen zu machen. 
F Linz, 1. Mai. In Folge der Erhöhung des Bierpreiseß 
am es von 8 Uhr ab zu einem großen Bierkrawall. Bei 10,000 
MNenschen zogen gegen das Brauhaus der Gebrüder Hatschet 
uu der untern Donaulände und begannea die Fenster der Schent⸗ 
okalitüten mit Steinen einzuwerfen, so daß die in denselben au⸗ 
vesendes Gäste mit Zurücklassung ihrer Ueberzieher und Hüte sich 
vor dem Steinhagel flüchten mußten. Dann stebmte die Meng⸗ 
n das Gastzimmer ein, zertrümmerte Tische, Sefseln, Schraͤnke, 
Zilder, Spiegel, Oefen, Ühren, Gläser; was an Geld, Kleidungs⸗ 
tücken und Wäsche vorhanden war, wurde gestohlen. Während 
ieser Zeit begann ein anderer Theil der zerstörenden Menge mit 
inem Bierwagen gegen das geschlossene große Thor anzufahren, 
dis dasselbe zu Boden stürzte. Durch den geschlofsfenen Weg solte 
das Zerstörungswerk in den oberen Stockwerken fortgesetzt werden, 
vo jedoch die Brauknechte energischen Widerstand leisteten. Vot 
»em Thore standen 7 Bierwägen, welche, sowie Z3 unter der 
Thoreinfahrt bestudliche große Siückfaßwägen von den Demolirern 
Jegen die Donau gezogen und in den Strom gestürzt wurden. 
Weitere Zerstörungsversuche wurden durch eine anrückende Kom— 
pagnie Militar verhindert, das mit gefälltem Bayonette den Plutz 
äuberte. Nun erscholl der Ruf: In den Haischekkeller! Dem 
dufe wurde Folge geleistet. Bei dem vor der Stadt liegenden 
deller augekommen, begann sofort das Steinwerfen.“ Das Erbre—⸗ 
hen der Thüre zu demselben verhinderte eine anrückende Gendar⸗ 
nerie Abtheilung, die den Platz säuberte. Das Vorhaben, noch 
em Zipfer; Märzenkeller (Eigenthum des Reichstagsabgeordneten 
Schaup) und dem Poschacher'jchen Bräuhause im Vorort⸗ Lustenau 
iaen Besuch zu machen, wurde durch das dorthin ziehende Mili— 
är vereitelt. — Wie der „N. fr. Pr.“ telegeaphirt wird, sind 
dei dem Krawall mehrere leichte Berwundunzen vorgekommen. 
Nach demselben Blaite haben die Gebrüder Hatschek am 2. Mai 
erklart, das Bier zum alten Preise zu geben. 7 
T‚,Hamburg, 29. April. Ein hiesiger Droschkenkutscher, 
zessen Entlassung nach Abbüßung einer Untersuchungshaft vergessen 
vorden war so daß er dadurch 14 Wochen seinem Erwerb rechts⸗ 
vidrig entzogen wurde, verklagte das hiesige Untersuchungsgericht 
ieserhalb. Letzteres ist nun verurtheilt, dem Kutscher 100 Thi. 
-„chadenersatz zu zahlen. 
F Berlin. Ein Milchpächter aus dem benachtbarten Dahl⸗ 
»orf war nicht wenig beunruhigt, als seine Frau am Diensiag 
dachmittag nicht wie gewöhnlich mit dem Gesahtt von Berlin zu— 
üdtehrte. Stunde auf Stunde verrann und die Erwartete kaͤm 
richt. Endlich um 5 Uhr machte er fich mit schwerem Herzen auf 
den Weg, um seine Frau aufzusuchen. Da er die Kunden genau 
annte, wendete er seine Schritte zuerst nach der Grenadier⸗Staße, 
vo er auch richtig vor einem Hause sein Gefährt fand, zu seinem 
Schrecken aber gewahrte, daß die Milchkannen noch vollständig ge⸗ 
üllt maren. Schnell sprang er in die bekannlen Häuser und kam 
o auch in die Wohnung des Rentier B. Aus die Frage, ob 
eine Frau heute schon hier gewesen, wurde er von dem schlau 
»linzelnden, Dienstmächen in die Mädchenstube geführt, wo er 
seine Frau und einen muntern Erdenbürger, den ihm diese dort 
jeboren, vorfand. Halb lachend, halb weinend vor Freude (er 
var zum ersten Male Vater geworden,) sagte er zu seiner Frau: 
Det hätt'ste occh zu Hause abmachen können. —— 
fEs ist eine neue Erfindung gemacht worden, welche 
n der Branche Färberei eine vollständige Reform einzuführen 
nerspricht. Aus allen möglichen Abfällen don faulem Holz, Säg⸗ 
pähnen, Moos, Flechten, Pflanzen, thierischen Stoffen ꝛc. werden 
nach der neuen Methode prachtvolle Farben hergestellt, welche im 
Wasser leicht löslich, gegen das Sonnenlicht halibar find und so— 
zar heißem Aetznotron widerstehen. 
FParis, 5. Mai. Nach den aus ganz Frankreich vor⸗ 
iegenden Berichten haben die Weinberge naur theilweise Schäden, 
zas Getreide gar keine erlitten. In letzter Nacht herrschte nir⸗ 
jends Frost; die Aussichten jür die Geiceideernte sind vorzilgglich. 
F Fräaulein dothschild, Tochter des Barons Alfons, hat so⸗ 
ben im Stadthaus zu Paris ihr Eramen als Lehrerin glänzend 
estanden. Und doch versichert man, daß Fraulein Rothschild die 
Nittel besitze, um solche Kenntnisse ensbehren zu können. Gesetzt 
iber, es träle ein Glückswechsel ein, dann wird Fraͤulein Roth⸗ 
hild im Stande sein sich ihr Rrad seshs4uzu verdientn.