Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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Dienstag, den 19. Mai. 1874 
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Deutsches Neich. 
München, 17. Mai. Der Botschafter der französischen 
stegierung Fürst Hohenlohe, welcher einige Tage bei seiner Familie 
sier verweilt hatte, ist gestern Nachts aach Paris abgereist. — Der 
geschwerdeausschuß der baherischen Kammer hat die, Beschwerde 
)xes Jesuitenpalers Graf Fugger wegen Ausweisung mit 5 gegen 
Stimmen für unbegründet erklärtt. 
Den Realgymnasien soll wie der A. Z. von kompe⸗ 
enter Seite mitgetheilt wird, von Oktober 1874 an ein erster 
durs vorgesetzt werden, der, im Oltober 1875 zum wweiten ge— 
vorden, alsdann mit dem ersten neuen Kurs des nämlichen 
Jahres die Realgymnasien in Anstalten von sechs Kursfen um ⸗ 
wandelt, die sich dann weit natürlicher, und enger neben die 
jumanistischen Schulen stellen. Da der Eintritt in den untersten 
durs des sechs Kusse umfassenden Realgynasiums von der absol— 
birten künftigen dritten Klasse der Lateinschule aus erfolgt, so 
aͤllt hiemit die Forderung des Griechischen von selbst, und es 
jann künftig in den beiden untern Kursen des Realgymnasiums 
zuf Latein, Französisch; Naturgeschichte, Arithmetik, Matematik 
und Zeichnen ausreichende Zeit verwendet werden. 
Berlin, 14. Mai. Die für den 1. Januar 1875 in 
Breußen bevorstehende Einführung der Reichs-Markwährung 
anu als sicher angesehen werden, namentlich, nachdem sich auch 
der Finanz⸗ Miuister dafür erklärt hat. Es wird diese Einführung 
auch von tiefgreifendem Einflusse auf die Handels- und Geschäfts 
perhälinisse sein, da die kaufmäunischen Handelsbücher alsdann nur 
. Mark und Pfennigen statt der üblichen Thaler, Groschen 
Bfennige geführt werde: dürfen. 
Die Abreise des Fürsten Bismarck nach Varzin ist verscho 
ven. Sein Befinden wird zwar mit jeder Woche besser, doch ist der 
Rheumatismus in den unteren Ertremitäten noch nicht ganz be⸗ 
eitigtund gestattet dem Fürssen noch nichz ohne die Hülfe eines 
Stodes sich von Stelle zu Stelle zu bewegen. 
Fraukreich. 
Paris, den 16. Mai. 8 Uhr 30 Min. Die Stadt ist 
ollständig ruhig. Es sind Gerüchte verbreitet über die wahr— 
icheinliche Bildung eines neuen Ministeriums aus Mitgliedern des 
rechten · Centrums und des linken Centrums mit Buffet, Goulard 
und Dufaure. Es sind dieses aber verfrühle Conjuncturen, da 
don d Absichten des Präsidenten Mac Mahon noch nichts be— 
iunnt ist. 
Paris, den 16. Mai. Die Nachricht, daß Broglie gestürzt 
verbreitete sich gegen 48,4 Uhr in Paris und wurde falt überall 
nit Freude begrüßt. Auf dem Bahnhofe der Rue St. Lazare er— 
vartete eine große Menge die Rückkehr der Deputirten, weiche um 
»92 Uhr erfolgte. Lärmende Kundgebungen kamen jedoch nicht 
ot. — Auf der Boulevardsbörse enstand um 5 Uhr ein reges 
deben; die Rente fiel sofort um 40 Centimes. Die Eutlassung 
)es Cabinets ist sicher; über das Auftreien Mac Mahon's erfähri 
nun nichts Bestimmtes. Es heißt, er werde es nochmals mit 
anem parlamentatischen Ministerium versuchen, und das Volk glaubt, 
t werde, wenn dies nicht gelinge, durch einen Gewaltstreich sein 
Septennium sicher zu stellen suchen; die nahmhaften Geuerale, da⸗ 
unter Bourbaki und Ducrot,- seien seinen Plänen schon gewonnen. 
Allerdings erscheinen solche drastische Mittei ganz unnölbig, und 
e Gerüchte entstehen zum Theil: aus dem Umstande, daß die 
darnisonen von Patis consignirt ind. — Soir“ versichert, Mac 
Rahon habe Goulard rufen lassen; man spricht auch von einem 
Rinisterium Dufaure. Raoul Duval hat die Absicht, din Antrag 
a stellen, daß die Kammer sich auflöse und daß man fofort das 
and über Kalserreich, Königthum und Repablik abstimmen lasse. 
ucht Tage spater soll dann eine constituirende Kanmmer ernaunt 
derden; vier Republikaner, zwei Royalisten und zwei Bonapartisten 
ollen während der Zwischenzeit das Ministerium bilden. Die Auf— 
unqein Paris ninimt zu. (K. Z.) 
Saris, 13. Mai. „Moniteur universel“‘‘ meldet die Ver— 
handlungen mit Mexico wegen Wiederaufnahme der diplomatischen 
Beziebhungen ständen auf dem Puakte, definitiv abgeschlossen zu 
verden. Es sei bereits in der Person des Herrn Outrey ein Ge— 
sandter für Piexico in Aussicht genommen. 
Aus Paris wird signalsirt, daß die Wiener „Presse““ dem— 
nächst eine Reihe bisher vicht belannter Documente über die Can—- 
ꝛidatur des Erbprinzen von Hohenzollern für den spanischen 
Thron veröffentlichen wird.' J 
Parris, 17. Mai, Morgers. Das „Journal offficiel“ mel— 
»et: „Die Minister haben ihre Demission gegeben, welche von dem 
Präfidenten der sKtepublik angenommen ist. Die Minister bleiben 
prov sorisch mit der Führung der Geschäfte betraut.“ Die Majori⸗ 
ät, welche das Min sterium zu Falle brachte, war aus 3310 HMii— 
zliedern der Linken, 55 Matgliedern der äußersten Rechten und 
17 Bonapartiften zusammengesetzt. Die meisten republikanischen 
Blättec betonen die Nothwendigkeit, daß die Nationalversammlung, 
welche außer Stande sei, dem Lande eine Constikution zu geben, 
ich baldigst auflsse. 
Paris, 17. Mai, 1 Uhr Mittags. Die „Agence Havas““ 
meldet: Goulard ist mit der Bildung einez neuen Cadinets vetraut. 
Man hofft, dasselbe werde morgen oder übermorgen zu Stande 
kommen. 
Paris, 17. Mai, Abends. Man versichert, Goulard werde 
Tabinetsmitgliedet aus den beiden Centren wählen. Goulaid hal sich 
entschieden für die Durchberathung der conftitutionellen Gesetze 
und die Organisation des Septenals ausgesprochen. —A 
stuhe herrscht in ganz Frankreich. Die Amtsgewalt Mac Mahonz 
oleibt von der Krisis durchaus inberührt. J 
Paris, 17. Mai, 6 Uhr 10 Min. Abends. Die letzten 
stachrichten aus Versailles melden unter Vordehali, daß das neue 
Ministerium bereits gebildet und folgendermaßen zusammengesjetzt 
ei: Goulard Inneres, Chaudordy Aeußeres, Magne Finanzen, 
Mathieu⸗ Bodet Arbeiten, Desseilliguy Handel, Desjardins Umer 
richt, General Berthauld Ktieg. 
England. — 
London, 16. Mai. Die „Times“ bespricht die gestrige 
Neußerung des Kaisers Alexander über Rußlands Friedenspolisit 
und meint: Diese erneute Friedensversicherung müsse für die Podli⸗ 
ik der Continenlalmächte von den segensreichsten Folgen sein. 
Rußland wolle entschieden die Erhaltung des Friedens und scheine 
zu dem Ende mit den sog. Neutral-Mächten sich vereinigen und 
besondere Allianzauträge jeder zu Angriffsplänen geneigten Macht 
zuruͤckweisen zu wolsen. Für Deutschlandund Frankreich würde 6 
ein jehr erfreuliches Ereigniß sein, wenn die Ueberzeugung gewon⸗ 
nen würde, daß ein neuer Krieg auf Jahre hinaus unmoͤglich 
jei. Die „Times“ hebt den ausschließlich defensiden Chatatter“ der 
deutschen Kriegsporbereitungen hervor; die deutschen Staals 
männer und Strategen wollten wohl Gewonnenes behaupten 
ind vertheidigen, aber nicht neue Eroberungen machen. Der beste 
den Franzosen zu leistende Dienst besteht darin, den Franzosen 
die Ueberzeugung aufzudringen, daß ihnen Selbstbeherrschuug und 
Ergebung noth thue. In dieser Hinsicht werde die Aeußerung des 
Kaisers von günstiger Wirkung sein. 
Spanien. 
— Madrid, 16. Mai. „Gaceta“ publcirt die Ernennung des 
Benerals Concha zum Obercommandanten der Nordarmee. — durch 
inen gestern erlassenen Befehl werden 40 Reservebataillone mobil 
zemacht. 
Santander, 16. Mai. Die Carlisten sollen unter 
Darregaray's Führung das frühere von ihnen besetzte Laguardia 
ine wichtige Posiition zwischen Penacerrada und Loctono, welche 
Moriones ihnen vor einigen Monaten entrissen hatte, jetzt wieder 
eingenommen haben. 
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Italien. 
Der „Gazetta d'Italia“ zufolge geht in den klerikalen 
Kreisen Rom's das Geruͤcht, daß eine Encytlita gegen