Full text: St. Ingberter Anzeiger

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8 93. ESamstaq, den 13. Juniii. 18 74 
Deutsches Reiche. 
München, 10. Juni. Die Regierung hat dem Finanz— 
uusschusse der Abgeordnetenkammer die bestimmte Erklärung gigeben, 
aß die Vorarbeiten zu einer Reform der Steuergesetze ungesäumt 
egonnen werden. 
Mauünchen. Von den nach demseben vorgelegten Landiags Ge⸗ 
chentwurf zu waͤhlenden 156 Abgeordneten treffen auf die Pfalz 20. 
Sraßburg, 10. Juni. Bezüglich unserer Stadkerweite⸗ 
rung ist eine Entschlietzung dahin getroffen, daß zunächst die Mau— 
— Weißihurmihor und zwischen denm 
juden⸗ und Fischerthor abgeiragen werden. Zwischen erstere kommi 
cx Centralbahnhof, zwischen letztere das neue Universitätsgebäude 
u hiegen. Von den diesseitigen Forts werden Nr. 2 bis einschl. 
Jnoch in d'esem Jahre fertiggestellt, während für Nr. 1, 7, 8 
ind Hnach eine Baufrist von 2 Jahren gewährt ist. Zwischen 
sie Werke Nr. 2 und 3 kommt, neueren Ensschließungen zufolge, 
zehufs Deckung der Straße Mundolsheim⸗Edbolsheim ein weiteres 
leines Werk zu liegen, dessen Baa aber erst im nächsten Jahre be— 
sinnt. Die rechtsrhinischen Werke Nr. 10, 11 und 12 Gose 
hlumenthal, Hartmann,) mit deren Bau noch in diesem Sommer 
egonnen wird, haben eine Baufrist von 4 Jahren. Demnach 
cheint man höheren Orts nicht an den baldigen Ausbruch eines 
drieges zu glauben. J 
Berkin, 9. Juni. Gestern in früher Morgenstunde hat 
zei den hiesigen herborragenden Mitgliedern des sociuldem o⸗ 
sratischen „Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins“ eine um⸗ 
assende Haussuchung stattgefundea, welche eine beträchtliche Aus⸗ 
teute gab. Wie die „N. A. 3? mildet, wäre die Polizei, dem 
Treiben der socialdemokratischen Partei zunächst vom Standpunkle 
des Vereinsgesetzes aus auf den Grund der bestehenden ungefetz 
lͤchen Verbindung der socialdemokratischen Vereine unter einander“ 
naher getreten. Es wird mit dieser Andeutung jene Bestimmung 
des Vereinsgesetzes geweint sein, nach welcher Vereine, welche be 
weden, pol'tische Gegenstände in Versammlungen zu erörtern, nicht 
nit anderen Vereinen gieicher Art zu gemeinsamen Zwecken in 
Berbindung treten dürfen. Zu verwundern ist nur, daß dic Po 
Rijei nicht iängst von dieser Bestimmung Gebrauch machte. 
Posen, 10. Juni. Bei der gesteigen Beschlagnahme des 
Berwögens des erzbischöflichen Stuhles fenden sich 128,000 Thlr 
n Baarem und Werthpapieren vot. 
Frankreich. 
Paris, 6. Juni. Der Assisenhof des Meurthe- und Mo 
l⸗Departements verurtbeilte am 6. Mai einen Holzhändler Namenẽs 
Drove wegen Einverständniß mit dem Feinde zu siebenjähriger Ge⸗ 
angnißstrafe. In dem Anklageakte werden die ihm zur Last ge⸗ 
egsen Thatsachen folgendermaßen dargestellt: Am 24. October 
850 vertaufte die' deutsche Verwaltung des Meurthe; und Veosel 
Departements an die Herren Mohr und Haas von Mannheim 
5,000 Eichen der Wälder Moudon und Parroy. Die Käufer 
uchter sofort Ardeiter zum Umhauen der Bäume, und unter den 
franzosen, welche in ihre Dienste traten, spielte der Angeklagte die 
hauptroll⸗. Mit dem Umhauen und Wegschoffen der Bäume be— 
taut, haf er dem deutschen Forstinspektor beim Bezeichnen der 
hauwe. Erz warb dann die Arbeiter an und suchte den Wieder 
jand, welche die Waldschützen leisteten, dadurch zu bewältigen, daß 
r sie mit der Gefangenschaft in Deuischland bedrohte. Außerdew 
ker angklagt, den Forstinspektor Boiselle zu Luneville und den 
jörster Guy bei den deutfchen Bchörden beschuldigt zu haben, die 
bebölkerungen in Aufstand persetzen zu wollen. Ersterer hatte in 
Jolge defsen ein Verhör zu besiehen, während Letzterer verhaftet 
ourde und mehrere Tage gefangen saß. Er denunzirie auch meh— 
te andere Personen wegen Holzdiebstahls. Dieselben wurden qe— 
ünglich einge zogen und einer derselben starb im Gefängnisse von 
lanch an den Blattern. Der Angeklagtederhielt nur sieben Jahre Ge— 
uzneß, vail die Gesch dore jen mil dernde Umstände zugelassen hatien. 
—X rins, 9. Juni. In der Kammer debatirt man über 
Bemeindewahlgesetz. Die napoleonische Partei hat beschlossen, 
zu keirem Gesetz ihre Zustimmung zu geben, welches das allgemei⸗ 
ie Stimmrecht beeinträchtigt. Gambetta gedenkt die Regierung des 
Benecals Fleury zu interpelliren, der sich kürzlich bei aͤner Parade 
su London in Un form zur Seite des kaiferlichen Prinzen befand. 
— Die Regulirung der Discefangrenzen zwischen Frankreich und 
Deutschland ist in Rom genehmigt worden. — Der neue päpst- 
iche Nuntius, Meglia, wurde gestern in feierlicher Audienz vom 
Bräsidenten empfangen. Er versäumte natürlich nicht im Namen 
eines Souverains“ die beften Glückwünsche filr das Gedeihen 
»er „großen und edlen französischen Nation“ auszusprechen. — 
der Präfelt des Niedre-Departements, der von dem Bonapartisten 
Bourgoing über die Otren gehauen wurde, hat jetzt seine Entiaf- 
ung gegeben. — Aus den Norden Spaniens wandern die Ein— 
votner mehr ünd mehr nach Frankreich aus und es scheint, als ob 
)er Krieg nur mit dem gänzlichen Ruin Spauiens endigen wolle. 
Verfsailttes, 9. Juni. In der Nationalberfammlung kam 
jeute die Inkerpellation wegen des durch die Journaͤle von Rebers 
»eröffentlichten, von einem bonapartistischen Centralkomité ausge⸗ 
jangenen Briefes, welcher ein Mandder zu Gunsten der Wahl 
Bourgoins darstelle, zur Vethandlung.“ Die Minister des Innern 
ind der Justiß erklärten, daß sie gegen die Urhebet des Briefes 
„orgehen würden, falls sich das Comité als wirklich vothanden er⸗ 
weise. Rouher bezeichnete das Document als unecht nud verlangte 
eine strenge Untersuhung. Gambetta warf den Ministern der Fi⸗ 
nanzen und des Krieges vor, daß sie sich zu WMitschuldigen des 
Bonapartismus machten und naunte die Bonapart'sten , Elende,“ 
vofür er zur Ordnung gerufen und aufgefordert wurde, dies Wort, 
urückzunehmen. Gamkette erwiderte jedoch: „Das Wor', welches 
h ausgesprochen, ist ohne Zweifel eine Beschimpfung; ich will ihm 
eine noch höhere Bedeutung geben: es ist eine Brandmarkung, und 
ch halte sie anfrecht. Der Tumult in der Assemblee war ein 
rußerordentticher. Nach demfelben wurde das Volum des Gemein— 
egefetzez eigentlich der Form wegen nur weiter geführt. 
Verfailles, 10. Juni. In der Assemblee wurde die 
Diskufsion des Gemeirbewahlgesetzes forigesetzt und es wurden aach— 
einander die Att. 3 und 4 angenommen. Das Alter von 25 
Jahren für die Wähler wurde verworfen und das zurück gelegte 
21. Lebensjahr festgesetzt. — 
—Nachschrift. Die „Corr. Hav.“ schreibt: „Während 
inser Blatt gedruckt wird, ziehen bei unsern Fenstern 8 Abthei— 
ungen Stadiserganten an den Bahnhof Saint Lazare, um Un—⸗ 
ordnungen zu verl üten. Die Aufregung ist eine sehr große. Die 
Bonapattisten siud außer fich. An ihrem Hauptquatier, dem Cass 
»e la Paix bei der neuen Oper, ist kaum vorbeizukommen. Man 
pefürchtet Ruh siörungen. 
Eine merkwürdige Pefition wurde am Samstag in der Na— 
ionalversammlung eingedracht. Dieselbe will durch Zahlen nach— 
weisen, daß, wenn die Spielhanken in Frankreich wiederhergestellt 
vürden, man in einem ziemlich beschränkten Zeitraume die Anleihe 
der 5 Milliarden kilgen und überdies dem Lande eine bedeutende 
Zinnahme sichern könnte. — Durch Verordnung des Präfekten des 
Bouchesdu-Rhone wurden vier Vereine von Mar'eille geschlossen, weil 
jie wahrhafte Spielhäuser und politische Zusammenkuuftsorte ge⸗ 
vorden waren. 
Endgland. 
VLondon, 9. Juni. Da die Arbeiter sich weigern, auch 
auf eine Lohnherabsetzung um 10 pCt. statt der ursptünglich an— 
zekündigten Herobsetzung um 154 pCt. einzugehen haben die be⸗ 
)eutendsten Kohlencrubenbesitzer im südlichen Yorkshire und im 
nördlichen Derbyshire beschlossen, binnen 2 Wochen die Arbeits— 
perre e'ntreten zu lassen. Diese Maßregel würde 240,000 Ar— 
beiter treffen. 
London, 10. Jun'. Zwischen der englischen und der 
ranzosischen Negierung hat eine Correspondenz betreffend Rochef dort 
der bereits von Newyork nach London abgesegelt) und seiner em⸗ 
prungenen Genossen stattgefunden. Dem Vernehmen nach erklärte 
ich England bereit, dieselben im Landungsfalle auszulieiern, de die