Full text: St. Ingberter Anzeiger

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son dem Pharmaceuten Laudmesser von Wachenheim a. Pfr. er⸗ 
lt hatte, auf Beschwerde der Frankenthaler und Ludwigshafner 
lpotheker aufgehoben. Daß man in Oggersheim darüber nicht 
erade guten Humors ist, läßt sich denken. 
Rirchheimboland,er, 16. Juni. Gestern in der 
zruhe sah ein Mann von der Haide, der in den Wald fuhr, um 
ʒolg zu holen, in der Ambach unfern der von der Haide nach 
zothenlircherhof führenden Straßt einen sehr starken Wolf mit dem 
zrühftück eines frisch gefangenen Rehes beschäftigt. (N. W.) 
4 In der Biauerei zum rothen Löwen in Straßburg feuerte 
er Trödler W. Bender auf seine dort als Kellerin dienende Toch— 
et einen Revolverschuß ab, wodurch er sie in der linken Seite 
erleßte und versuchte sich dann felbst zu erschießen, wurde aber da⸗ 
an durch die anwesende Gäste verhindert. Mot'v: Unzufrieden⸗ 
seit mit dem Dienstverhältnisse seiner Tochter. 
F öuln, 15. Juni. Gestern fand von Bremen aus ein 
nternalionaller Brieftauben⸗-Concurs statt, in welchem sich die hie⸗ 
ige Gesellschaft ¶ Columbia“, der „Brieftauhen⸗ Verein“ und die 
Fauna“ von Elberfeld, die Kolunbia“ von Barmen und die 
nion“ von Rbeydt mit ihren Tauben betheiligten. Um 11 Uhr 
„Minuten stiegen laut Telegramm die kleinen Wettfliegerinnen vor 
iner großen Menschenmenge in die Lüfte. Die nach Köln gehö⸗ 
cigen, 75 an der Zahl, hatten einen Weg von 36 218 Meilen in 
zerader Linie zurückzulegen. Um 2 Uhr 49 Minuten waren die beiden 
jem Hrn. Stephan Monheim gehörenden Hauptsiegerinnen schon 
vorgezeigt. Ihnen folgten in kutzer Aufeinanderfolge Tauben an⸗— 
derer Befiter. Um 4 Uhr hatten bereits 34 Stück die Heimath 
vieder erreicht. Von den Preisen die sich auf 1200 Mark be— 
iffern, beträgt der erste 100 Mark. Die Siegerinnen wurden sos 
ort wieder nach Bremen zu der dort artangirten Ausstellung zu 
üdgesandt. (K. 3) 
fBerlin, 15. Juni. Ein Apotheker, der von der Poli⸗ 
eibehörde zu 19 Thaler Strafe verurtheilt worden war, weil er 
ich weigert hatte, ein Rezept anzufertigen, für das der Besteller 
nicht sofort Zahlung leisten vermochte, wurde von dem Gerichte 
reigesprochen, weil keine Bestimmung existire, wonach die Apotheker 
oerpflichtet seien, Arzneien zu kreditiren. 
Mühlhausen im Elsaß, 18. Juni. Eine schreckliche 
inthat ist verflessene Nacht hier vollführt worden. Ein junger! 
Nann, Ramens Joseph Most, 24 Jahre alt, ging auf den Mord 
einer Mutter und seiner vier Geschwister außs. Er war gestern 
jach Basel gegangen und hatte fich einen Dolch gekauft. Als er! 
Abends 11 Uhr mit dem lezten Zuge hier anlam, begab er sich 
nach der Belchengasse, wo seine Mutter ihre Wohnung hat. Er 
tieg über das Gitterthor in den Hof˖ schlug ein Fenster ein, be⸗ 
ratt das Zimmer, wo sein 17jähriger Bruder schlief, und stieß dem⸗ 
elben den Dolch in den Hals. Der Getroffene flüchtete durch das 
Fenster in den Hof, sank aber bald todt zusammen. Nach dieser 
That stürzte der Mörder nach dem Zimmer. vpo seine 
Mutter und zwei Schwestern schliefen. Die Thüre zu diesem Zim⸗ 
ner hat ein Glasfenster, welches er einschlug. Da aber die Mut— 
er uud Schwester die Thüre zuhielten, so stach er mit dem 
dolch durch das Fenster und brachte seiner Mutter und eirer 20jäh⸗ 
igen Schwester eine Menge Wunden bei. Eine 11jährige Schwe— 
jer rettete sich durch ein hoch an der Decke angebrachtes Fenster- 
uuf die Straße; die Mutter folgte ihr auf dem näͤmlichen Wege, 
dährend die ältere Tochter ihrem Bruder Wderstand leistete, bis 
e erschöpft niedersank. Hierauf begab sich der Mörder nach der 
bohnung, kleidete sich um und war im Begriff, wieder nach der 
belchengasse zu gehen, als er Morgens 1 Uhr von einem Schutz⸗ 
dann aufgegriffen wnrde. Man glaubt, daß die Berwundeten wie⸗ 
er genesen. Der Mörder, welcher in letzter Zeit sein Getd äin 
icderlicher Weife durchbrachte uno deswegen aus dem Haus ver⸗ 
viesen worden war, will seine That damit rechtfertigen, daß er 
einen vor zwei Jahren veistorbenen Vater habe rächen wollen, 
elcher von seiner Familie vergiftet worden sei. Von letzterem 
taber auch nicht ein Gedanke Wahrheit. Die Familie ist eine 
urchaus ehrenhafte und war dem verstorbenen Vater in aller Liebe 
igethan. 
fMühlhausen, 16. Juni. Die „M. Z.“ schreibt: Es 
zate sich am Sonntag das Gerüucht verbreitet, bei der Beerdigung 
es von seinem Bruder ermordeten Most, werde der Moͤrder seldst 
im Leichenzuge sich betheiligen muͤssen. Vermuthlich deßwegen sam⸗ 
nelte sich am Na hmittag eine ungeheure Menschenzahl vor dem 
zürgerspitale, wohin die Leiche gebracht worden war. Die Gra⸗ 
enstraße konnte wegen des vielen Volkes, welches sich dicht gedrängi 
meinander aufgestellt hatte nicht mehr befahren werden und die 
zchutzmänner hatten große Mühe einen Weg zu öffnen; die Zahl 
er Anwesenden foll sich auf mehr als 10,000 belaufen haben. 
der Leichenzug, bei dem sich der Mörder nakürlich nicht befand, war 
iner der geößten, die man noch gesehen, Tausende folgten dem 
s»arge bis auf den Friedhof. Das ebenfalls in Umlauf gesetzte 
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gerucht, auch die ältere Schwester des Verstorbenen sei ihren Wun⸗ 
en erlegen, ist unbegrändet. Josef Most hat die That in allen 
hren Einzelheiten eingestanden, er will den Mord begangen haben, 
im den Tod seines Vaters zu rächen und behauptet, letzterer sei 
in Gift gestorben, welches ihm die Mutter beigebracht habe Wie 
vir gemeldet, war. Josef Most in Paris, als sein Vater starb und 
eine Behauptung, daß dieser vergiftet worden sei, ist durchaus 
inbegründet und beruht auf einer fixken Idee des Mörders, von 
der er wahrscheinlich sich selbst nicht Rechenschaft geben kann, wie 
x dazu gekommen ist. 
fColmar, 9. Juni. Ein wahres Prachtstück von Frucht⸗ 
arkeit ist eben im Garten des Herrn Bäckermeisters G. Krätz 
u schauen: es ist ein Weinstock, mit vielleicht mehr denn 10006 
Trauben bedeckt, so daß man vor der Ueberfülle dieses 
Fruchtsegens kaum noch die Traubenbläter fieht. Schon jetzt mußte 
zieser belastete Weinstock durch Stützen vor dem Zufammenbrechen 
zeschlützt werden. 
r Rotterdam, 12. Juni. In Folge eines hier ver⸗ 
reiteten Gerüchtes, wonach Rochefort hier in Rolterdam seinen 
jeständigen Wohnsitz nehmen soll, eupfingen vor einigen Tagen 
ämmtliche hiesige Hoteliers (vielleicht in ganz Holland) Seitens 
er Polizei die ausdrückliche Weisung, den Ersteren bei eventueller 
Ankunft sofort der Polizei zu melden oder ihn nicht in ißtrer 
Behausung zu dulden. Einige Polizisten (vielleicht alle) sind bereits 
nit einer früheren Photographie des Gefahndeten bewaffnet und 
dem Hotelier, dem Erzähler dieses, wurde eine solche mit der 
Frage vorgehalten, ob er den Mann kenge, was er bejahte, worauf 
er-seine polizeilichen Instructionen erhielt. Ich erlaube mir, Ihnen 
zies der Curiosität halber mitzutheilen, und begreife nicht, wie man 
nuf diesen Mann fahnden kann, indem, so viel mir bekannt, 
vischen Holland und Frankreich keine Verträge bestehen, die zur 
Auslieferung politischer Flüchtlinge berechtigen. CG. 3.) 
F. Wiren, 16. Juni. Im „Hotel Kummer“ dahier hat sich 
zestern eine etwa 40jährige Dame mit ihren beiden Töchtern, die 
hngefähr im Alter von 19 bis 24 Jahren standen, erschossen. 
Man glaubt, daß sie aus Siebenbürgen sind, doch haben sie keine 
Bapiere noch sonst etwas, was über ihre Personen Aufschluß geben 
tönnte, hinterlassen. Die drei Pistolen, mit denen die That geschah, 
iind noch ganz neu und offenbar im nämlichen Laden gekauft. Die 
zorgefundene Baarschaft bestand aus 47 Kreuzern. 
7,Paris, 14. Juni. Herr von Sainte-Crox, welcher 
detrn Gambetta zum Ruhme des Kaiserreichs in's Geficht schluͤg, 
ind der übrigens schon heute von dem Zuchtpolizeigericht erscheinen 
oll, ist, wie sich jezt herausstellt, ein nichlswürdiger Taugenichts 
ind seit Jahren die Schande seiner Familie, die mit dem halben 
zaiseradel verwandt oder verschwägert ist. Er dieute beglaudigten 
luskünften zufolge als Knabe in der Marine, dann als Freiw elli⸗ 
zer bei den Zuabven, wo er den italienischen Feldzug mitmachte 
ind es glücklich bis zun Sergeanten brachte. Im Jahre 1861 
vurde er wegen schlechter Auffühtung zum Corporal degradirt und 
iuf Ansuchen seines Vaters, der jetzt Generaleinnehmer in Laval 
st, in die Marine-Infanterie gesteck und nach dem Senegal ge— 
chickt. Dort wurde er, weil er, in einem Straspeloton siehend, 
einem Unterofficier einen Bajonettstich beigebtacht hatte, kriegsge— 
richtlich zum Tode verurtheilt; das Urtheil wurde in der Revision 
umg stoßen, und in einem zweiten Erkenntniß erhielt er Schauzar⸗ 
deit. Im Gnadenwege wurde die Strafe dann in vier Jahre Ge— 
ängniß umgewandelt, und nachdem er etwa ein Jahr davon abge⸗ 
hüßt, wurde er ganz begnadigt und zu den algerischen Tirailleurs 
nach Mostaganem geschickt. Dort wurde er bald wieder wegen 
Hdang zur Trunkenheit cassitt, und endlich auf Antrag seiner Fa— 
nilie im Jahre 1864 unter Vormundschaft gestellt. Seitdem hat 
r sich, wie es scheint, nichts zu Schulden kommen lassen, während 
es Krieges in der Mobilgarde seine Pflicht gethan. Auf einen 
olchen Kämpen darf die bonapariistische Partei wahrlich nicht 
tolz fein. 
Volfswirthschaft, Handel und Verkehr. J 
Der diesjahrige Verbandstag der Süddeutschen Konsumber⸗ 
eine findet am 23. und 24. d. in Kempten stati; an demselben 
immt der iAuwalt des deutschen Genossenschaftsverbandes, der 
Reichstagsabgeordnete Dr. Schulze -Delitzsch persönlich Theil. Für 
»en 23. Juni Abends ist Vorversammiung, für den 24. Juni 
»auptversammlung und Abends freies Bankett, für den 25. Juni 
in Ausstug ins Allgäu und Besuch der Nachbardereine Immen⸗ 
ladt und Sonthofen in Aussicht genommen. Zur Theilnahme 
verden durch den Konsumve ein München als Vorort des Verban— 
ses nicht allein die dirsem angehörigen, sondern auch alle außer⸗ 
alb des Verbandes stehende Vereine fowie Freunde des Genossen⸗ 
haftswesens überhaupt eingeladen. Die Tagesordnung umfaßt 
aehrere sehr interessante Gegenstände z. B. Betheiligung der Frauen 
als Genossenschaftsmitglieder, Zuständigkeitsausscheidung zwischen