Hl. Ingberler Anzeiger.
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Deutsches Reich.
In München sind dieser Tage 14 Soldalten des in In—
ostadt garnisonirenden 13. Infanterie-Regiments gefänglich ein⸗
ebracht worden. Dieselben hatten vor einiger Zeu einer social—
emolratischen Jersammlung angewohnt und darauf ihre Gewehre
nter der Ecklärung weggeworfen, daß sie nicht länger als zwei
jahre präsent bleiben wollten.
In Kissingen wird außer dem Fürsten Bismarck auch
xinz Otto von Bayhern zum Curgebrauch erwartet. Es heißte
uch Aönig Ludwig von Bayern werde auf einige Tage dahin
mmen.
Ful da, 19. Juni. Am 28. Juni findet hier eine Zusam⸗
enlunft sämmtlicher preußischer Bischöfe stait.
Bremen, 19. Juni. Der deutsche Kronprinz traf heute
corgen um halb 7 Uhr hier ein, von dem Senats Präsidenten,
em Ausstel. ungs-Präsi denten, General-Consul, den Spiten der
jehörden und zahlreichen Offizieren am Bahnhof empfangen. Der
srondrinz fuhr mit dem Ausstellungs-Präsidenten, bel welchem er
hohnung genommen, in die festlich geschmückte Stadt und wurde
in der zahlreich versammelten Menge enthusiastisch begrüßt. Um
ilb 10 Uhr kam derselbe am Ausstellungsplatze an, betrat um
Uhr den Fürsten-Pavillon und wurde hier bom Publikum mit
bhaften Hochrufen empfangen. Anwesend waren hier bereits P.inz
Ulbert von Preußen, Fürst Hohenlohe — Schillingsfücst, General
zlumenthal, Graf Eulenburg ec. ‚und zahlreiches Gefolge. Der
ronprinz schenkte der Vorführung prämirter Pferde große Auf-
ettsamleit. Heute Abend 8 Uzr findet Empfang der Senals⸗
ditglieder, Vorstellung der Preisrishter'und später ein Ständchen
er Liedertafel statt. Hierauf besichtigte der Kronprinz noch ver—
siedene Ausstelungsabtheilungen und fuhr dann nach seinem
oisteigequartier. Der König von Sachsen kam heute Nachmittag
Uhr an. Am Bahnhofe empfingen ihn der Kronbprinz, das Aus—
lungs⸗Gomite und verschiedene hohe Offiziere. Der Kronprinz
et auf den König zu und beide begrüßten und küßten sich. Der
ronprinz wird übermorgen wieder abreisen und am 28. Breslau
esuchen.
LDus dem Elsaß. Seit einiger Zeit erhebt sich wieder in
saß Lothringen ein antideutscher Sturm, der durch das Straf·
erfahren gegen die Familien der ausgemanderten Rekruten hervor⸗
erusen wird. „Warum, heißt es, die Eltern strafen, wenn sie unge⸗
nsame Soöhne haben, welche lieber auswandern, als den
Bltzableiter“ tragen wollem WMit Essig wird man kelne Rücen
ingenl“ Der „Niederreinische Kurier“ uͤnd das „Elfässer Journal“
iederholen die Klage, daß die Ellern wegen unerlaubter Uuswan—
ung ihrer Söhne gestraft würden. Die“ „Straßb. 3.“ erklärt
us Mißverständniß damit, daß Eltern und“ Vormünver bestraft
Auden, aicht wegen der Auswanderung der jungen Leute, sondern
nil sie die Militärpflichligen vicht anmelden.
Frankreich.
„Biaris, 20. Juni. Die Nattonalversammlung hat, mit
58 gegen 329 den Antrag Clapiers angeaommen, daß die Re—
eung noch zwei Jahre lang die Maires erennen soll.
Schweiz.
8Zasel, 20. Juni. Den „Bafeler Nachrichten“ wird aus
gemeldet: Heute ist hier die erste Nummer von Henri Roche⸗
Laterne“ erschienen. Dieselbe, bei Veresoff gedruckt, wird in
n Straßen massenhaft verkauft.
England.
London, 20. Juni. Die Arbeitseinstellung von 7000
Menarbeitern in Ciebelaud ist beendet, da die Arbeiter die Her⸗
g der Löhne von 1293 auf 10 pCt. schließlich sich ge—
leßen.
Vermischtes.
3Zweibrücken, 18. Juni. (Morgens.) (Schwurgerichts-⸗
dandlung pro II. Quartal.) Ja der heutigen Sitzung, in
er Michel Stähler, 19 Jahr alt, Tagner von Friedelsheim
zertheidigt durch Rechtskandidat Kieffer, wegen Körperderletzung m't
achtzefolgtem Tode, sich zu verantworten hatte, wurde uns durch
zeugenaussagen, über das Verhalten des Angeklagten bei und nach
er ihm zur Last gelegten That, ein Bild der groͤßter Rohheit vor
lugen geführt, Am 18. Mai jüngst, Mittags nach 1 Uhr, war
er Angeklagte mit dem Tagner Grison in der Scheuͤer des
dayl'schen Hofgutes in Friesenheim in Streit gerathen, und hatte
emselben mit einem Dreschflegel der Arl den Schädel zertrümmert,
»aß der Getroff 'ne sofort niedersank und Abends7 Uhr eine Lei—
he war. Anstatt aber über die That Reue zu zeigen, äußerte er
ich noch darüber auf die roheste Weise, namentlich der Zeugin
zähr gegenüber, in deren Wirthschaft er unmittelbar nach Ver⸗
ibung des Verbrechens gekommen war. Er sagte nämlich zu dieser:
Alleweil hab' ich aber Sinem Eine gegeben, der streckt die vier
Zeine von sich!“ und sodann auf die Bemerkung der Wirthin,
zelche glaubte er spreche von einem Pfeerde, man dürfe gegen Thiere
iicht so roh sein: „Es war nicht mein Gaul, es ist Grison!“ —
die Ursache jenes Streites war die, beim Wiedereintreffen Stähler's
n der Scheuer nach längerer Abwesenheit daraus auf eine von
vrison, dem Oberschäffer der Drescher, an ihn- gerichtete Frage
nach dem Verbleiben, gegebene kurze und barsche Entgegnung des
Angeklagten. Dann ärgerlich Über leztere rief Grison: „Halt's
Maul, Du Lausbub'!“ Jegt schrie der Angeklagte: „Sagt mir
och einmal Lausbub'!“ und sprang auf die Bemerkung Grison's:
Das bist Du auch!“ auf den Genannten los, worauf ihn Grison
im Halse packte. Beide rauften sich nun eine Zeit lang mit ein⸗
inder herum, bis sie pdon Tagner Hermann aus einander gerissen
ourden. Daraufhin sprang der Angeklagte vor das Thor der
Scheuer, erzriff einen dort stehenden Dreschflegel und verseßte da⸗
nit Grison den oben erwähnten Schlag. Der Getödte, ein Mann
»on 51 Jahren, war Wittwer und hinterließ drei unmündige
dinder. Er galt allgemein als ruhiger, fleißiger Arbeiter und wurde
uch im bärgermeisteramtlichen Leumandszeugniß über ihn nur
Bünstiges berichtet.“ Anders verhielt es sich mit dem Angeklagten.
ẽr wurde sowohl von dem Verwaller des Heyl'schen Hofgutes als
recher Bursche bezeichnet, als auch in dem buͤrgermeisteramtlichen
ꝛeumundszeugniß als roher streitfüchtiger Mensch, der schon wie⸗
derholt polizeilich bestraft worden, geschildert. — Beide, der Ange⸗
klagte und der Gelödtete hatten vor der That nichts mit einander
Jehabt, nach Aussage des Angeklagten selbst, welcher die Verübung
der That zugibt, aber sich damit entschuldigt, daß er von Grison
zurch das Schimpfwort „Lausbub“ gereizt, auch betrunken gewe⸗
en sei. Letzterer Angabe widersprachen aber auf's Entschiedenste
»ie Zeugen. — Dies waren im Wesentlichen die von der kgl.
ztaatsbehörde im Anklageacte und in der heutigen, Sitzung ge⸗
nachten Aufstellungen. Sie erwiesen sich auch heute größ!entheils
ils richtig. Etwas anders gestaliete sich nur, bezüglich der Vor—
jänge, welche der That selbst unmittelbar voraus gingen, die Sach⸗
age. Zeuge Hermann behauptete puar auch heute anfangs, wie
n der Voruntersuchung, daß der Angeklagte zuerst auf Grison los—
jesprungen und dann von diesen gepackt worden und er, Hermann,
hließlich die Streitenden auseinander gerissen hätte. Dem wider—
prachen aber der gleichfalls beinVorgang? gegenwärtig gewesene Zeuge
Fhristmann, sowie die Schwester Stähler's, die vom Hofe ans zu⸗
zesehen hatte Die Beiden behaupreten nämlich auch, Grison habe
zuerst nach dem in seiner Nähe stehenden Angeklagten gelaugt und
zemselben nachdem er ihn am Halse erwischt, in's Gesicht geschla-
zen. Freiwillig feien übrigens die Beiden apseinander gegangen
ind nicht, wie Hermann unrichtig behaupte, von Letzterem getrennt
vorden. Auf diese Aussagen hin, nochmals vorgerufen und be—
ragt, gab Zeuge Hermann die Möglichkeit zu, nicht wirklich ein—
geschtitten zu sein und seine feste Absicht solches zu thun nicht
derwirklicht zu haben. Unter Hinweisung auf di- Widersprüche in
den Zeugenaussagen beantragte der Vertheidiger seinen Clienten
iur unter Annahme mildernder Umstäude, wegen Reizes für schul—
»ig zu erklären. Die Geschworenen gingen jedoch darauf nicht ein.
Den so — ohne Annahme mildernder Umsdade — fuͤr schuldig