St. Ingberler Nnzeiger.
der St. Inbert er Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unaterhaltungsblatt, mit der Dienztazs-, Donnerstags⸗ and Sonnta
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4 139. Dienstaa, den . 1 September 1874
Deutsches NReich.
München, 28. August. Der König, welcher gestern Abend
JUhr 25 Minuten von Paris mit dem direlten Kurierzug abge⸗
zist war, ist heute Abend 7 Uhr 20 Miauten in der Station Pa⸗
ug eingetroffen. Die drei Waggons, welche den König, die Reife⸗
cgleitung ꝛc. bargen, wurden vom Kurierzug losgetrennt und von
iner bereit stehenden Maschine nach Starnberg gebracht, woselbß
xr König kurz nach 8 Uhr angelangt ist. Der kgl. Ausflug nach
baris währte sohin vom 20. bis 28. August Abends.
München, 28. August. Ueber die isolirten Lateinschulen
nhaͤlt die neue Schulordnung für die Studienanstalten folgende
jestunmnngen: Dieselben haben den Zweck, für den Unterricht in
en unteren Klassen der vollständigen Studienanstalten Ersotz zu
jeten. Sie sollen in der Regel fünf Klassen umfassen (vollständige
olirte Lateinschulen), lͤnnen sich aber auch nach Maßgabe der
erfügbaren Mittel auf die unteren Klassen der Lateinschule de⸗
sränken (unvollständige isolirte Lateinschulen). Die Organisation
es Unterrichts an solchen Lateinschulen ist im Allgenieinen die
leiche, wie an den vollständigen Stuüdienanstalten. Der Unterricht
der französischen Sprache kaun, wenn ein Bedürfniß dazu vor⸗
unden ist, schon von der dritten Klasse an beginnen und den
ran theilnehmenden Schülern Dispeasation vom Griechischen q
eilt werden. Der Einführung rines fakultativen Unterrichts in
r Naturgeschichte und in der Physik steht kein Hinderniß im
vege. Schüler, welche von einer' öklassigen isolirten —5
t wenigstens vier ordentlichen Lehrern an eine vouständige Stu⸗!
vanstalt übertreten wollen, werden aur auf Probe in diejenige
lasse ausgenommen, fur welche fie das Zeugniß der Reife 9
ingen. Schüler von isolirten Lateinschulen mit weniger als vier
hrern haben bei ihrem Uebertritt an eine vollständige Studien!
stalt eine Aufnahmsprüfung zu bestehen. Dle ordentlichen Lehrer
ijolirten Lateinschulen müssen die vorgeschriebene Lehramisprü-
ig bestanden haben und stehen nach Titel und Rang den Stu—
olehrern gleich. Die Leitung der Austalt führt einer der ange—
sten Lehrer mit dem Titel eines Subrektors. Die Zahl der
tudienlehrer richtet sich theils nach der Schülerzahl, theils nach
mverfügbaren Mitteln uud wird für jede isolirte Lateinschule
n Staatsministerium des Innern für Kirchen⸗ und Schulange—
enheiten festgestellt. Es ist statthaft, daß ein Lehrer das Ordi—
riat an zwei Klassen führe, menn dieselben nur schwach besucht
Die Zahl der von einem Studienlehrer zu übernehmenden
rstunden kann unabhängig von den Bestimmungen an ordent⸗
in Vateinschulen, an denen sie zu 22 verpflichtet sind, an iso—⸗
en Lateinschulen mit geringerer Schülerzahl verhältnißmaßig
ht werden.
Darmstadt. Um den großh; Beamten die Theilnahme
der Feier des Jahrestages der Uebergabe von Sedan zu er⸗
‚lichen, haben die großh. Ministerien auf den Antrag des
alkomite's angeordnet, daß die Ministerialbureaux an dlesm
ze çeschlossen seidb werden. Den Vorständen der übrigen Be⸗—
den ist die Ermäctigung zu einer gleichen Maßregel ertheilt
den.
Berlin, 27. August. Der Minister des Innern und der
iiz bereiten eine gemessene Weisung zu energischer Handhabung
Zereinsgesetzes bezüglich der kirchlichen Aufzüge vor. — Es wird
igt, daß von Berlin aus der italienischen Regierung Aufschlüsse
eine große ultramontane Verschwörung zur Hervorrufung eines
gerkrieges in Ital'en wie in Spanien gegeben worden sind.
(N. fr. Pr.)
— Spanien.
Madrid, 28. August. Nach den hier eingegangenen amt⸗
u Meldungen haben die Carlisten die von ihnen vor Kurzem!
zirte Stadt Calahorra bereits wieder verlassen und ihre Trup—
mus der Umgebung der Stadt zurückgezogen. Saballs hat 87
eamte bei Vaufogona (unweit Puyhcerda) erschießen lassen. *
Gerüchte von einer beborstehenden Ministerkresis werden regie⸗
sseitig als durchaus unbegründet bezeichnet. (T. R.)
Perpignan, 28. August. Die Angriffe der Carli⸗
den auf Puycerda waren gestern sehr heftig. ebenso führten die
Belagerten einen erbitterten Vertheidigungskampf. Die Breschen in
den Mauern wurden von den Frauen da belagerten Festung mit
Eirdsäcken ausgefüllt. Die Nacht verkief ruhig. Heute früh waren
die Frauen abermals bei Ausbesserung der Schäden an den Waäl⸗
en beschäftigt.
Vermischtes.
Zum 2. September.
Das war ein Tag! Im Buche der Geschichte
Steht glanzvoll er zu Deutschlands Ehre da
Der Gott der Schlachten saß heut zu Gerichte,
Blorreich zu krönen dich, Germania!
Der Frevel dffnete des Janustempels Pforten,
In bangem Schweigen lauscht' der Continent
Den Meldungen vom Schachzug der Cohorten,
Es führte Mars sein eisern Regiment, —
Da kamst du, Tag, Europa zu verkünden:
Noch immer führt den Scepter Nemesis!“,
Du kamst, za rächen jenes Caäsar's Suͤnden,
Die unnennbare Schuld im Seineparadies;
Du, Sedan, führtest „Ihn“, einst einer Welt Gebieter
Befangen und vervehmt in's deutsche Land,
Du warest Zeuge, wie „Er“ schmerzvoll⸗bitter
Dem Siegerkönige die Worte zugesandt:
„Mir war im Schlahtgedräng zu sterben nicht gewährt —
„Zu Füßen Deiner Mai⸗estät — mein Schwert!
Ein Hoch Dir, Tag! Nie werde Dein vergessen
So lange deutsches Blut in unsern Adern xollt, —
Du brachst die Macht, die schamlos selbbermessen
Die deutsche Kraft auf ewig würgen wollt!
Ein Armin hatte einst des Varus Heer geschlcgen
Daß Rom erzitterte im Teutoburgerwald,
Und dort bei Sedan, dort, wird Klio's Griffel sagen.
Daß in Aeonen selbst es wiederhallt:
Bei Sedan sah ich blut'ge Opfer bringen
Freudig der Deutschen Volk am Vaterlandsaliar,
Den Bürger sah ich dort, den König ringen,
Der in der Wiege schon zum Held geboren war,
Für das, was längst der Deutschen Herz belebte,
Füe deutscher Kronen strahlendsten Rubin:
Fur Geistesfreiheit, die nach Wahrheit streble,
Nach Licht stets rang mit hohem Männersinn!
Licht sah man Deinen Stern, Germania, dort schimmern
Auch hier blies Gott, und — die Armada ward zu Trümmern
Alldeutschland auf, den großen Tag zu feiern.
Wie Ehr' und Pflicht den Deutschen es gebeut,
Den heil'gen Schwur der Treue zu erneuern
Dem Vaterland, — den Bund der Einigkeit!
Laßt froh beseelt uns in die Zukunft schauen,
Frei heb' das Auge sich zum Horizont,
Dem Könige, dem Kaiser schenkt Vertrauen,
Vertraut dem Genius, der über Deutschland thront!
Und wenn an diesem Tag den Blick wir lenken
Auf uns'rer Todten heilig-⸗stille Gruft,
Dann Hand auf's Herz, dann laßt uns wohl bedenken,
Wie's mahnend aus den Gräbern zu uns ruͤft:
„Seid Deutsche deutsich, und nichts soll euch entzweien,
Die Einigkeit der Völker Groͤße schafft,
Verschwendet nicht im Hader der Parileien
Die eigene, die selbst geschaff'ne Kraft!“
Wenn heute wir nicht feierten, man sagte wohl mit Recht:
Seh't in so großer Zeit welch' kleinliches Geschlecht !“
*t. Inabert. den 1. Septeuber 1874 V