Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
der St. Ina berter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonnta 
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Veiaß 1874 
Dienstag, den 8S. September 
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Deutsches Reich. würdig und verbanne doch an diesem einen Tage jedes Haß- und 
München, 6. Sept. Die Regierungen sämmilicher deut- Rachegesühl, welches der Menschenbrust so unwürdig. Noch weilen 
chen Staaten sind auf der Konferenz deutscher Schulverwaltungs- die Helden des Tages von Sedgn unter uns. Laßt uns durch 
deumten zu Dresden übereingekommen, bezüzlich der Einrichtung iine würdige Begehung dieses Festtages den Kriegshelden der 
zer (humanistischen) Gymnasien und der Maturitäts-(Absolutorial) zroßen Epoche beweisen, daß wir ihre Verdienste zu schäßen wissen, 
Prüfungen derselben fortan gewisse gemeinsame Grundsätze zur ind diese Werthschätzung laßt uns öffentlich zum Ausdruck bringen. 
Anwendung zu bringen und mit Rücksicht hierauf die von deut- Bei der Feier des Tages von Sedan wird aber im deutschen 
chen Gymnasien ausgestellten Maturitäts (Absolutorial .) Zeugnisse Bolke noch eine audere Erinnerung wachgerufen d Von feindlicher 
zut Zulassung zu den Universitätsstudien und in allen öffentlichen dugel getroffen, starben im letzten Krieg Tausende deutscher Lau— 
herhältnissen gegenfeitig als vollgiltig und den einheimischen Reife- essöhne, deren Herzblut den Voden geröthet, die sterbend für des 
eugnissen als gleichwerthig anzuerkennen. Hiervon wurden die dem Vaterlandes Ehre ihre Seelen aushauchen mußten. Möge der 
. Tultusministerium untergeordneten Stellen und Behörden mit Mund des deuftchen Volkes an diesem Tage den gefallenen Helden 
dem Bemerken in Kenntniß gesetzt, daß ziernach die vom Schluß in Gebet weihen, sie sind dessen werth und haben es wahrlich auch 
)es Studienjahres 1873 —74 an von außerbay?rischen deutschen verdient. Darum vergesset, wenn ihr den Tag von Sedan feiert 
Bymnasien ausgeslellten Maturitätszeugnisse als den bayerischen auch die Todten nicht!“ 
zleichgeltend anzusehen sind, und es daher fernerhin einer speziellen Darmstadt, 5. September. Dem Landtage wurden 5 
soͤheren Ermächtigung zut Anerkennung solcher Zeugnifse nicht dirchengesetze, über die Rechte der Kirchen, den Mißbrauch geislicher 
mehr bedarf. Amtszewalt, Vorbildung der Geistlichen, religisse Orden und 
München, 4, Sept. Die Baupläne und Kostenanschläge über das Besteuerungsrecht der Kirchen, vorgelegt. 
ür ein neues Landiagsgebäude werden eben angefertigt und den Fraukreich. 
dammern vorgelegt. Paris, 5. September. In der letzten Versammlang der 
Homburg, 7. Septembtr. Gestern Abend nach halb 8 Permanenzkomm'ission ging es ziemlich lebhaft zu. Man stritt sich 
Uhr traf der Kronprinz des Deutschen Reiches hier ein, unter⸗ wegen eines überspannten Offiziers, der in den Wirthshäusern 
vegs an ullen Stationen, besonders auch Landstuhl, jubelnd be⸗ und vor den Arbeitern einen zukünftigen Kreuzzug predigt. Sodann 
zruͤßt. Kopf an Kopf gedrängt stand die zahllose Menschenmasse wurde der Strenge erwähnt, mit welcher marn die fremden Blätler 
um den festlich geschmückten Bahnhof, oder drängte sich in den bei dem Uebergange nach Frankreich behandelt. Endlich protestiren 
wirklich wunderschön illuminirten und fahnengeschmückten Straßen. einige Legitimisten gegen die Anerkennung Spaniens, Alles 
Das Städichen hat ein prachtbolles Festgewand angelegt. Der' natürlich ohne irgend welchen Erfolg. — Der gestrige Tag ist in 
ichön geschmückte Bahnhof, daneben ein flammendes, gekröntes F, Frankreich ohne irgend welchen Zwijschenfall vorübergegangen, nur 
»em Transparent „König Ludwig“ mit dece Unterschrift: dem hat man hie und da einer Figur eine Jakobinermütze aufgesetzt 
deutschen Heere, die leuchtenden Gestalien des Kronprinzen, des und die Gendarmerie geprügelt. In Monlipelle schoß die Letzlere 
daisers und der Germania machten sich sehr gut. Am Bahnqhofe unker die Menschenmasse und verwundete etwa 19 Personen. 
vard der Kronprinz unter dem rauschenden Jubel der Menge von! In Sedan wurden am 1. September alle Häuser mit Fah— 
inen höheren Offizier empfangen und fuhr alsbald unter Glocken- nen geschmückt, deren Staugen man mit Trauerflor umwunden 
zeläute und Böllerschüssen in das Hotel Dümmler, wo der eigent- hatte. Des Morgens war ein Trauergottesdienst in den Kirchen. 
iche Empfang durch die Generalitaͤt, Herrn Regierungspräsidenten Fast alle Geschäfte hatten geschlossen. 
von Braun und die Spitzen der Bezirks- nud der siädtischen Ver— Schweiz. 
vallung stattfand. Ani Fingang des Städtchens stand ein präch— Genf, 5. Sept. Die Genfer Regierung hal neunzehn ka⸗ 
ig erleuchteter Triumphbogen. Am Ende der langen vom Bahn- holische Geistliche, welchhe die Ablegung des b rfassunzsmaßigen 
sͤf bis zum Markiplatz sich erstreckenden Straße prangte leuchtend Fides verweigerten, des Amtes entsezt und den Kirchenrath beauf⸗ 
n Gasflammen am Hause des Bierbrauers Löschhorn ein Reschs- lragt, für die Verwaltung der erledigten Siellen Sorge zu tragen. 
idler, an Rathhaus ebenso die Germanig. Freundlich nach allen Belgien. 
Ze'ten die jjubelnden Volksmassen grüßend, fahr der Kronprinz Der diesjährige (7.) Generaltongreß der internationalen Ar- 
mit seinem Gefolge in sein Quartier. Gegen 9 Uhr brachte ihm zeiter-Association wird in Brüssel am Montag, den 7. September, 
die Feuerwehr und der Kampfgenoössenverein unter Vorantritt röffnet verden. Einem internationalen Föderolbureau zufolge wird 
iner schönen Musik einen stattlichen Fackelzug. Se. kais. Hoheit ich der Kongreß mit der Frage beschäftigen, „durch wen und 
interhielt sich in liebeaswürdigster Weise mit den einzelnen wie die Aemter in der neuen gesellschaftlichen Ordnung versorgt 
derren. Noch darf ich nicht bergessen den mit bengalischem Feuer verden sollen.“ Sodann soll die „politische Bewegung der ars 
heleuchteten Schloßberg, der über der glänzend erltuchteten Stadt eitenden Klassen“ behandelt werden und die Frage zur Erörke⸗ 
sich in der dunkeln Nacht wunderbar schön ausnahm. Kurz, cung kommen, „ob dieser allgemeine Kongreß ein Mamfest an alle 
das Städichen hat in schöner, würdiger Weise beim Empfang des Arbeiter und Arbeiter-Afsociationen richten solle, um ihnen die Art 
Ziegers von Weißenburg, Wörth und Sedan dem Dankgefühl der der streiligen Fragen, welche innerhalb der Internationale stattgehabe 
pfalzer Ausdruck gegeben. jaben, sowie die Organisationsgrundsätze derselben zu schildern.“ 
— Das „passauer Tagblatt“, bekanntlich das Organ des Ferner will man eine einheitliche internationale Sprache für den 
Bischofs Heinrich von Passau, schrieb zur Sedanfeier: „Ein Nat- Austausch von Correspondenzen einführen und endlich Verwaltungs⸗ 
onalfest ist lediglich ein vaterländischrs Volksfest, und als solches angelegenheiten zu regeln. 
st es über jeden parteilichendader erhaben. Wer sich des Tages England. 
don Sedan nicht freut, der ist kein Freund des Vaterlandes. London, 6. September. „Reuter's Bureau“ meldet aus 
Die große Errungenschaft im letzten Kriege ist von weltgeschicht- Zantander von heute: „Die deutschen Kriegsschiffe wurden von den 
iicher Bedeutung; wer kann es daher dem deutschen Volke vers Farlisten aus Guetaria beschossen und warfen in Folge davon 24 
argen, wenn es die Erinnerungstage der denkwürdigsten Epochen Bomben in die Stadt. Die Schiffe kehrten am 8. Abends nach 
jeßlich begeht? An solchen Tagen tritt das deutsche Volksbewußt- Santander zurück.“ Die Bestätigung der Nachricht bleibt noch abzu— 
sein offen zu Tage, und jubelnd wie die Lerche in den Frühlings⸗ warten. 
jagen erhebt sich am 2. September das deutsche Herz, um Gott 
zu danken für das außerordneliche Waffenglück, dem allein die 
großen Siege bes letzten Krieges zu verdanken sindd. Darum 
deuisches Volk, feiere heute deinen höchsten Ehrentag, begehe ihn 
Spanien. 
Perpignan, 6. Sept. Nach dreitägiger Schlacht wurde 
Puycerda von der spanischen Armee entsetzt. Auf beiden Seiten 
zroße Verluste. Ein dreimaliger Sturm der Carlisten auf Castro