Beamten wird bestraft und deßhalb kann man auch dem Staats-
bürger nicht zumuthen, Handlungen, von deren Ungerechtigkeit er
überzeugt ist, über sich ergehen zu lassen, wenn man ihm nicht die
Garantie bietet, daß er für erliltenes Unrecht Entschädigurg erhäli.
Zwingt der Staat, zu gehorchen, so muß er unbedingt auch die
Verantwortung für den Zwang tragen. Von der Mehrzahl der
deutschen Strafrechtslehrer ist die Frage der Haftbarkeit des
Staates für die durch die Handlungen der Beamten einem Staats⸗
bürger zugefügten Nachthene bejaht worden und auch vom de ut⸗
schen Juͤristeniage wurde ein dahin gehender Antrag mit einer an
Finflimmigkeit grenzenden Majoritäl angenommen. (Fr. Kur.)
Berlin. Die Bundesrathsausschüsse haben am 29. Sept.
die erste Lesung des Bankgesetzes beendet. Bemerkenswerth aus der
Sitzung vom genannten Tage ist ein Antrag Badens, der dahin
geht, den Reichskanzler aufzufordern, sich mit der preußischen
Regierung wegen Umwandelung der Preußischen Bank in eine
Keichsbant zu verständigen und darüber noch in der bevorstehenden
Sesfion eine Gesetvorlage einzubringen. Der Antrag wurde
indessen, als den in der Genertaldebatte festgestellten Prinzipien
widersprechend, und schon deßhalb, weil er bereits sofort zu einem
Definitivum übergehen will, während man das Provisorium zu
idnen im Begriffe ist, abgelehnt und der Entwurf im Uebrigen
mit einzelnen Aeuderungen angenommen. Die Resultate der ersten
Lesung werden sofort zusammengestellt und den Bundesregierungen
zur Rückäußerung übersendet. Die zweite Lesang wird erst nach
dem Eingehen der letzteren beginnen; man glaubt, daß dies etwa
gegen den 12. Oltober der Fall sein wird. Die Ausdehnung
dieser zweiten Berathung hängt von der Stellung ab, welche die
Regierungen zu den bisher erzielten Resultaten einnehmen und kanr
ventuell ehr rasch abgewickelt werden. Erst nach diesem weiteren
Siabium wird das Plenum sich mit der Bankvorlage zu beschäfti—
gen haben.
Frankreich.
Paris, 29. Scht. Hier find zahlreihe Carlisten ange
sommen, die mit großen Geldmitteln versehen sind, um sich nuch
Tuba einzuschiffen, ws sie eine Erhebung zu Gunsten des Don
Karlos insceniren sollen. 1.
NRußland.
Ueber den Brief des Kaisers Alexander an Don Carlos schreibi
das „Journal de St. Petersbourg“ anscheinend officiös: Wir
haben es nicht für nöthig gehalten, von den befremdenden Com⸗
menlaren Noliz zu nehmen, welche gewisse Journale sich über den
Finfluß, welchen die spanischen Angelegenheiten auf das Verhält⸗
niß Rußlands zu Deuischland und Oesterreich⸗Ungarn angeblich
gehabt haben sollen, gestaltet haben. Doch finden wir im „Nord“
homn 13. September Betrachtungen, denen wir nur beipflichten
sönnen. Der ciufache Menschenverfiand hätte genügen müssen, um
es begreiflich zu machen, daß allein der Wunsch, auch den Schein
—
panischen Nation zu vermeiden, die Zurüdhaltung der russischen
Regierung motivirt hat. Diese Zurüchaltung ist ibr naturgemäß
allen jenes Land spaltenden Parteien gegenüber geboten und wird
so lange beobachtet werden, bis die spanische Nation sich selbsi
uͤber ihre Geschicke ausgesprochen hat. Die intime Uebereinstim⸗
mung der drei großen Mächte, im konserdativen Interesse geschlos
sen, ist gewissen Bestrebungen unangenehm, die nicht offen hervor⸗
zutreten wagen. Wir halten es für überflüssig, zu versichern, daß
diese Uebereinstinmung (don accord) auf zu mmächtigen Interessen
ind zu soliden Prinzipien begründei ist, als daß ße durch einen
Zwischenfall geuͤdrt werden könnte, bezüglich dessen die drei
Fabinete dollsiandig die Freiheit des Handelns ohne irgendwelchen
Rachtheil für die Entente bewabren können, auf welche sie alle den
gleichen Werth legen.
Vermischtes.
Man schreibt der „B. Z.“ aus Lambrecht, 27. Sept.:
Vergangenen Freitag Nachmittag wurden wir wiederum durch einen
Anglücksfall erschteckt, welcher diesmal zwei kleine Kinder betraf.
Das erste zikan7 Jahre alte Mädchen des hiesigen Pfarrers
Menzel spielte mit seinem vier Jahre alten Brüderchen an dem am
Pfarrhaus befindlichen eisernen Thore. Sei es nun, daß dasselbe
schlecht befest gt gewesen oder vielleicht nur ein unglüclicher Zufall
dabei Schuld nug, kurz, das Thor wich aus den Angeln und
bdeschädigte das äuere Kind so, daß es heute noch zweifelhaft ist,
ob dasseibe am Leben wird erhalten bleiben toͤnnen. Das Bübchen
trug nur leschte Verletzungen davon.
. Am 18. Oitober tritt in Deidesbeim eine Lateinschule
s Dehben
Grünstadie, 30. Sept. Am 2. Ocitober nächsthin
begeht der Cantor der hiesigen israelitischen Gemeinde J. Fraͤnkel
ein 70jähriges Geburtsfest, woran im Hinblick auf seine lang
ahrige⸗Dienstzeit (es müssen wohl fast 50 Jahre sein), die
diesige israelit. Gemeinde in entsprechender Weise Anthetl nehmen
vird. Mit einer sonoren Stimme begabt, widmete er sich seit
einer Kindheit dem Synagogengesanze, und zog schon als Knabe
mit seinen jüngeren Brüdern und einem Oheim in die Welt,
um, im Quartett gastirend, den Caltus vieler Synagogen zu
»erherrlichen und durch den hieraus erzielten Verdienst die Nah—
rungssorgen der alten Eltern zu erleichtern. Die Fränkel'sche
Sängerfamilie hatte sich deßhalb bald einen Weltruf erworben,
und es nahmen die erwähnren jüngeren Brüder in großen Städten
Wien, Mainz, Philadelphia) tüchtige Posten als Canto en resp.
Saäanger an. Während auch unserem Jubilar die verlockendste
Anerbietungen von bedeutenden Gemeinden Deutschlandz und
AImerikas gemacht wurden, verließ oer doch nicht seine hließge
Bemeinde, seine Geburts- und Vaterstadt und seine alten Eltern,
denen er so lange sie lebten, Stab und Stütze war. Allen
Menschen und vorzüglich seinen Gemeindegliedern wendete er sich
zets theilnehmend zu; er war ein durch und durch biederer
Mann. Den ifraelit. Gottesdienst hat er mit Fleiß und Ausdauer
auf die erwünschte Höhe gebracht. Möze er noch lange seinem
Berufe bei guter Gesundheit vorstehen können und möge er für
die voraussichtlich nicht zu erlangende Pension Seitens der
Regierung, in der Liebe und Anhänglichteit, die ihm von sämmt⸗
sichen Milbürgern entgegengebracht wird, einigermaßen Ersatz
ñnden.
4. In St. Martin beginnt die Weinlese am 5. in Weyhhe
ind Rhodt am 8., in Hainfeld und Burrweiler am 12. Oltoberr
pNReustadt, 29. Sept. Wie verlautet, soll für die.
Bemeinden Maikammer, Diedesfeld, St. Martin, Edenloben ꝛc.
der Herbstanfang auf lommenden Montag festgesetzt werden. Gele—
Jentlich einer Tour durch die Gemarkungen hat man jedoch
wahrgenommen, daß die Trauben, welche durchschnittlich gesfund
ind, noch sehr der warmen Wietterung bedürfen, und unser 74er
zei etwaigem frühem Einkeltern bei weitem nicht den Hoffnungen
„nisprechen wird, die man sich einbildet. Bei einigermaßen
zünftiger Witterung sollte man daher vor dem 12. October an
zin Herbsten nicht denken, ansonsten wir an manchen Plätzen einen
sogar geringen We'n zu erwarten haben.
FMetz, 28. Sept. Ein schrecklicher Unglüdsfall hat fich
zestern Nachmittag ereignet. Der Fuhrwetksb.sitzer B. führte in
inem Wagen fünf Dienstmädchen, deren eines ein Kind bei sich
jatte, in der Richtung nach Longeville. Der Wagen war kaum
uͤber die Eisenbahn gekommen, als die Pferde durch das Pfeifen
ziner Locomotive erschreckt wurden und durchgingen. Der Kutscher
und vier von den Insassen sprangen heraus, fielen aber so
anglücklich auf die Straße, daß dem Ersteren beide Beine unter
den Rädern zerquetscht, die Mädchen aber mehr oder minder
Jefägrlich verletzt wurden, so daß eine derselben bereits heute früh
hren Wunden erlegen ist; das von einem Kinde begleitete
Maädchen, welches allein im Wagen sitzen geblieben war, kam, sowie
die Kleine mit dem bloßen Schrechen davon. Es ist dies leider
ein neuer Beweis, daß man immer besser daran thut, in einem
zurchgehenden Gefährt ruhig sitzen zu bleiten, als sich durch
unzeitiges und lebensgefährliches Herausspringen retten zu wollen
FDer letzte Verwundete von Spichern. Am Sonnabend
12. Sept. langte der Invalide Fender. belannt als der letzt
Verwundete von Spichern, endlich auf heimathlichem Boden an,
achdem derselbe in Folge eines bei Erstürmung der Spicherce
doͤhen erhaltenen Schusses durch die Brust über 4 Jahre im,
azareth zu Saarbrücken gelegen. Der Heimahsort des Braven
Friedrichswille, ist ein slilles, /2 Meile von Stadt Reppen
Jelegenes und dieser Stadt eingepfarrtes Dörfchen. Daher fand
iich der Waffengenossenverein Reppens veranlaßt, den —R
renden festlich auf Bahahof Reppen zu empfançen. Bei der
Ankunft daseibt Nachmutazs hilb sehs Uhr begrüßte ihn
ausdem Bahnhofs⸗-Perron eine Deputation des Wafsengenossen⸗
bereins und jwar der Hauptmann desselben, Herr Blaese, das
Fhrenmitglied des Vereine, Bezirksseldwebel Tornow und die beiden
Borstandsmitglieder Herr Legeter und Herr Krebs, welche ihm
hn herzlich bewillkommnend, einen von schönen Blumen gewunde—
nen Kranz umhingen, während auf dem Perron die Musikcapelle
des BVereins die Rationalhymte spiellte. Die genannten Herren
nahnen Fender und seinen Begleiter Oberlazareth⸗Gehüifen Herrn
Darimont, in ihrer Mitte, um sie dem jenjeits des Bahnhofge⸗
audes auf der Fahrstraße aufgestellten Verein entgegenzuführen.
Unter praͤsentirtem Gewehr mit Präsentir-Miursch bew'llkoumneten
die Kamaraden den Wackren, dem hier zugleich die Freude wurde,
jfeine Mucer und Geschwister, die sich eingefunden hatten
nrmen zu anen. Der Hauptmann des Vereins hielt eine