Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberker Anzeiger. 
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8 166. Sonntage, den 18. Oktober 1874 
Dertsches Reich. 
Mänchen, 11. Oktober. Die Drucbogen der mit so viel 
zat angekündigten Brochüre der „Revolution von Oben“ kursi⸗ 
en gegenwärtig und, wie die Neuesten Nachrichten mel⸗ 
en, wären sie in der stark aufgetragenen und am Skandal Ge⸗ 
allen findenden Manier der „Geharnischten Briefe“ geschrieben 
ind verriethen sich schon dadurch äußerlich als eines der bekann⸗ 
en Machwerke des Hrn. Lang. Irgend etwas Neues von Interesse 
llen fie nicht enthalten. Es heißt in der betreffenden Notiz der 
Neuesten Nachrichtens: „Ein Theil der Broschüre zirkulirte in 
«Forretturstreifen, die nur von Lang selbst ausgegeben worden 
ein loͤnnen; diese Streifen sind aber nichts Anderes, als eine 
Zammlung von Auszügen aus bekannten Broschüren, Ze tuns⸗ 
tileln, Depeschen ꝛc.; gespickt mit gemeinen Schmähungen in dem 
ohen und aufreizenden Sihyle, in welchem die sog. Geharnischten 
triefe“ geschrieben waren. So wird z. B. gleich am Anfange der 
groschüre ecklärt, daß die Revolution von Oben so lange nicht 
esiegt werden könne, als nicht die gekrönten —X 
traft, entfernt, unschädlich gemacht, nölgigenfalls hingerichtet wer- 
sen. Darüber, wer unter den gekrönten Revolutionären zu verstehen 
ei, läßt die Broschüre keinen Zweifel. Die „Neuesten Nachrichten? 
ügen ganz richtig hinzu: „So schrebt kein Graf Arnim und 
aßt auch nicht so schreiben, und wenn sein persönlicher Haß gegen 
Bismarck auch noch so weit geht.“ 
Hagenau 185. Olt. Heute ist eine Deputation, beste⸗ 
jend aus einem Delegirten der Stadt, dem Präsidenten des 
Kraͤuerbundes, dem Prasidenten des Hopfenbauvereins und dem 
Hraͤsidenten des landwirtbschaftlichen Vereins von Hagenau nach 
Zaden abgereist, um den Kaiser zur hiesigen Ausstellung einzuladen. 
Berfin, 16. Otlober. Gestern fand eine Haussuchung im 
Palais der Gräfin Arnim-Bohtzenburg, der Schwiegermutter des 
Hrafen Arnim, statt, wobei angeblich aus Unvorsichtigkeit 
inres Beamten, ein Brand entstand, der jedoch keinen erheblichen 
Schaden anrichtete. 
Oesterreich. 
Wisen, 13. Otlober. Man meldet hieher, daß eine 
Mannheimer Getreidefirma sich in Zahlungsverlegenheiten befinde. 
Weitere Fallimente von Getreidefirmen sollen in Süddeutschland 
drohen. 
Frankreich. 
Bayonne, 16. Ott. Ein spanisches Kriegsschiff lief gestern 
in die Bai von Socoa ein und forderte die Auslieferung des 
panischen Schiffes „Nieve“, welches angeblich bei dem Cap Fi⸗ 
zuter für die Carlisten bestimmte Waffen gelandet haben sfollte. 
Zur Entscheidung der Frage wurde in Paris angefragt. Der 
Fapitän des „Niel“ ist in der Nacht eniflohen. 
Spanien 
Durch die Wiedereinnahme von Laquardia sind die Stel⸗ 
ungen auf dem Kriegsschauplatze zu Gunsten der Republikaner 
dekändert und die Ebrolinie ist jetzt vollstandig gesichert. Das 
Hauptquartier der Truppen, das so lange in Logrono war, ist jetzt 
dach Laguardia vorgeschoben worden. 
London, 15. Oktober. Die Kaiserin von Rußland ist 
zeute jum Besuch ihrer Tochter, der Herzogin von Edinburgh, die 
hon einer Tocher enibunden worden ist, hier angelommen. 
England. 
Vermischtes. 
4 Dem Vernehmen nach wurde der Appellationsgerichtsrath 
Th. Zintgraf in Zweibrücken zum Rath am obersten Gerichtshof 
Muͤnchen ernannt. (Pf. Z.) 
— Speier, 14. Ottober. Heute wurde Metzger Schutz wegen 
Feilbietens ung-rießbarer Wurst zu acht Tagen Gefängniß verur⸗ 
heilt. 
pMannheim, 15. Ott. In der gestrigen Sitzung des 
Zchöffengerichts wurde Bäcker Carl Schwab von hier wegen Be⸗ 
rugs zu 12 Tagen Gefäugniß verurtheilt; derselbe verkaufte einen 
daib Brod von 1 Pfund, an dessen Gewicht 220 Gramm (etwa 
sin viertel Pfund fehlten. (M. V.. V 
Darmstadt, 14. Ottober. Jetzt wird das Pfund Och- 
enfleisch in hiesigem Schlachthause zu 14 kr. ausgehauen. Lange 
genug hat es gedauert, bis man's dahin brachte! — 
p'Frankfurt, 16. Oktober. Dreitausend Eier, über 
velche seit Februar ein Civilprsceß schwebt, da sich weder Ver- 
aufer noch Käufer als Besitzer erllären wollen, waren seither in 
gerichtlichn Verwahr genommen. Das Object wurde mit der Zeit 
ul und verbreitete einen so üblen Gerub, daß endlich die Ber⸗ 
üzung erging, das fireitige But in den Main zu schütten 
FMänchen, 14. Oktober. Das Bezirksgericht dah'er hai 
estern zwei Reisende wegen Uebertretung der bahnpolizeilichen 
horschriflen durch unbefügtes Bremsen auf der Starnberger Bahnn, 
inen zu 6 Tagen, den anderen zu 21 Tagen Gefängniß verur⸗ 
heilt, und zwar zu so hohem Strafmaß in Anbetracht des großen 
Frevels, wodurch das Leben der Mitreisenden der größten Gefakr 
ausgesetzt ist. 
F Rach Mittheilung öffentlicher Blätter sind vor wenigen 
Monaten Aerzten in verschiedenen Städten Deutschlands per Post 
und nach Ausweis der Poststempel von verschiedenen Orten aus 
monyme Briefe zugegangen mit dem Ansinnen, gegen entsprechendes 
donorar ein Giftmiltel zu liefern, welches, dem merschlichen 
dorper zugeführt, denselben krank erscheinen und ohne den 
VBerdacht eines unnatürlichen Todes hervorzurusen, langsam 
absterben lafse; im Falle der Geneigtheit solle der betreffende 
Arzt eine Zeitungsannonce mit Angabe des geforderten Honorars 
rlassen, worauf man sich behufs Empfangnahme des Giftes und 
Zahlung des Lohns in nähere Verbindung mit ihm setzen 
werde. Erklärlicherweise setzten mehrere dieser Aerzte, empört über 
die ruchlose Zumuthung, die Behörden in Kenntniß, deren 
Thätigkeit es nun gelungen ist, die Schuldigen in der Person 
ines gewissen Z., Bediensteten zu Glückstadt, und einer 
Doktorwittwe W. daselbst zu ermitteln und zur Haft zu bringen, 
dieselben waren seit längerer Zeit in intimen Verhäitnissen zu 
rinander gestanden und hatten im Sinne, die Frau des Eistern, 
eine 26 Jahre alte Dame, als ein Hinderniß der beassichtigten 
deirath aus dem Wege zu schaffen. 
.Wie die „Metzer⸗Zeitung“ berichtet, ist am 14. Oktober, 
Abends zwischen 8 und 9 Uhr, der von Luxemburg kommende 
Personenzug mit einem auf der Station Groß-Hettingen haltenden 
Hüierzug zusammengestoßen; ein Todter und 3 Verwundete sind 
die Opfer des bedauerlichen Unfalls. Von Metz aus hat sich am 
15. Vormittags eine Gerichtskommission nach der Unglücksstätte 
begeben, um den Thatbestand festzustellen. 
4 Ein neuer Erwerbszweig, die Anfertiguug elastischen Glases, 
vird demnächst in der Welt erscheinen. Die Erfindung gehört 
einem Herrn de la Bastie in Metz. In Frankreich u. dem Auslande 
hat man Patente darauf genommen; die Gesellschaft hat sich zu 
Bourg mit Hüulfe einiger Freunde konstitu'rt, welche dem Erfinder 
ihre Tommandite angetragen haben; der Bau der Hochöfen rückt 
rasch vorwärts. Man darf sich daher der Hoffnung hingeben, die Pre— 
zulte dieser Industrie schon diesen Winker im Handel zu erblicken. 
Die Experimente, weiche mit diesem neuen Produkte am Bahnhofe 
hon Poulid'ain gemacht wurden, haben ein befriedigendes Ergebniß 
gehabt. Herr de la Bastie's elastisches Glas ist nur 8 Millimeter 
dick und widersteht dem Falle eines Gewichts von 100 Gramm 
uusz einer Höhe von mehr als 5 Metern. Wird es mit Kraft auf 
den Boden geworfen, so springt es zurück ohne zu brechen und 
zibt dabei einen Ton von sich, wie ein Metallblatt; ferner wider⸗ 
jeht es der intensivsten Hitze. Man sicht, wie vielfach dessen An-