Slt. Ingberler Anzeiger.
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M —174. Sonntag, den 2. Noveniber 1874
Deutsches Reich.
München, 29. Oct. Durch“Etlenninitz des Appellations
gerichtes ist der Redacteur des „Vaterland,“ Dr. Sigl, wegen zwei
weileren Vergehen ver äumderischer Beleidigung des Reichskanzlers
jor das Sthwur,ericht verwiesen, dagegen in der Anklage wegen
Majestätsbeleidigung auf Einstellung des Verfahrens erkannt worden.
— Der Praͤsident des protestautischen Oberconsistoriums, Dr. v.
Harleß, ist sehr leid end und es wird vrrfichert, er beabfichtige, sich
in nicht ferner Zeit in den Ruhekland zurückzuziehen.
Warzburg, 29. Oct. Der Prozeß gegen Knllmann hat
jeute unter großem Andrgug des Publikums begonnen. Vor Be—
zinn dee Sitzung und 29 Eintritt des Gerichtshofes wird Kull«
mann von vier Gendarmen hereingeführt. Bei Bildung des Ge⸗
chworenengerichtes erklärt Kullmann, daß er von dem Ablehnungs⸗
wechte keinen Gebtauch mache. Bei seiner Vernehmung gesteht
Tullrann, der in seinen Antworten eine große Ruhe und Klar—
jeit au den Tag legt, den Inhalt der Anklage in allen Theilen
zu und erklärt schließlich auf Befragen, daß er nach langerem
Nechdenlen wohl cinfehe, daß er ein großes Verbrechen begangen
jabe · Seit Ostern hatie er den Mordplan gefaßt und zu vecr⸗
vidlichen gesucht. Reue legte Kallmann nicht an den Tag.
Würzburg, 30. Detober. Auf die einzige Frage, ob
dullmann schuldig sei, auf den Fürsten Bismarck, in der Absicht,
ꝛenselben zu tödten, vorsählich und mit Ueberlegung geschossen zu
saben, antwortelen die Geschworenen nach einer Berathung von
deben Minuten init „Ja.“
Der Staatsanwall beantragte hierauf eine Verurtheilung des
Ungeklagten zu fünfzehnjähriger Zuchthausstrafe und Verlust der
»ürgerlichen Ehrenrechte auf zehn Jahre. Nach einstündiger Be—
rathung des Gerichtshoftes verkündete der Präsident das Urtheil,
velches auf vie rzehnjährige Zuchthaus⸗—
trafe, Verlust der bürgerlichen Ehrentechte auf die Dauer von
rehmn Jahren, sowie Stellung unter Polizeiaufficht lautet.
Berlin, 23. Oct. Fürst Bismarck ist gestern Abend 6
lhr in Begleitung seiner Gemahlin und Tochter hier eingetroffen.
Ib der Fuͤrst nach Eröffnung des Reichstages sich noch auf einige
Tage nach seinen lauenbureischen Besizungen begeben wird, das
ieht man in hiesigen unterrichteien Kreisen noch als fraglich an,
edenfalls aber wird bestimmt behauptet, daß das Project des
eichskanzlers, nochmals nach Varzin zurückzukehren, jetzt vollstän-
ig, vor Weihnachten wenigstens, aufgegeben ist. — Graf Harry
Arnim ifl heute achmittag aus Liner Haft entlassen worden.
der Schwager desselben, Kammerherr v. Pillwitz, sowie der Sohn
mus erster Ehe, Graf Arnim-Schlagenstein, hatten die Cautions—
umme von 100,000 Thalern, welche das Stadtgericht für sein⸗
jreilassung dorderte, bei der Kasse desselben deponirt uud empfingen
»en Grafen, nachdem das Gefängniß heöffnet war. Wie wir hören
vird Graf Arnim, der sich in einem sehr leitenden Zustande be—
indet, sich auf sein Gut Nassenheide begeben. Andererseits heißt
s. Graf Arnim gehe nach Nizza.
Berlin, 30. October. Bis heute Mittag sind über 200
deichslagsabgeordnete angemeldet, und ist es je tzt zweifellos, daß
jer Reichstag morgen beschlußfähin sein wird.
England.
London, 80. Octoder Die „Times“ bespricht die
estrige Thronrede des deutschen Kaisers. Der Artikel fagt: „Das
hestirn Deuischlands ist sichtlich im Steigen begriffen. Nachdem
er auswärtige Feind besiegt, die inneren Gegner überwältigt, die
Nacht des Klerus gebrochen, sind die friedlichen Versicherunçen
ser Thronrede geeignet, allen kriegerischen Gerüchten ein Ende zu
nachen. Auch die große Zahl der dem Reichstage vorgelegten
eseßggeberischen Arbeiten läßt den Frieden als nothwendig er⸗
heinen. Eine so beschäftigte Nation könnee nicht den Wunsch
rgen, andere zu bekriegen.“
Italien.
Rom, 25. Olt. Die Daupffregotte', Garibaldi“ ist gestern
ach mehrjähriger Seefahrt glücklich in Spezzia angekommen. Mit
ihr hat der köngliche Prinz Thomas von Genuag, die Welt um⸗
egelt, und wurde der junge Seemann mit den größten Freuden⸗
ezeugungen begrüßt. — Während so die Dampffregatte ,Gari⸗
aldi“ fich als gutes Seesch ff erwiesen hat, ist der Garibaldi
venigstens finanziell auf den Sand eelaufen. Amerikan'sche Blaätter
erichteten, daß der alte Einsiedler auf Caprera, den seine Soöhne
ziel Geld koften, während die Insel felbst nichts beinbringt, sich
in großer Geldverlegenheit befinde und mehrere bedeutende Ge—
chenke von amerikanischen Freusden angenommen habe. Wie
nan fagt, hat sein einer Sohn in England ein armes Mãdchen
geheirathet, wozu der alle General die dAussteuer stellen mußte.
Auch soll er an falsche Freunde Geld geliehen und verloren haben,
'o daß er fein leßtes Eigenthum, ein kleines, ihm vom Herzog
von Sutherland verehrtes SHff um 70000 Lire losschlagen
nußte. Daß Garibaldi fo arm ift, ehrt ihn sehr, ohne Italien
u beschimpfen, denn sowohl der König als Cavour haben dem
Helden Belohnungen angeboten, die er immer abwies. Die Blätter
»erathen, wie man der Noth des alten Minnes auf würdige Weise
teuern tönne. Es wird wohl auf eine Nat'onab— Subscription
inauslaufen. Viel würdizer als eine solhe Bettelei erscheint mir
za doch eine Dotation, welhe das Parlament im Namen des
dankbaren Vaterlandes wohlverdienten Männern bewilligt, damit
le nicht Hunger leiden müssen.
Vermischrese.
[I.St. Ingbert, 29. Ott. Mit Entschließung vom
24. Ottober 1l. J. wurde dem Stadtrath von Si. Ingbert für
die durch Bewilligung eines Stipendiums zum Besasche der Kreis—
augewerkschule in Kaisesslautern bethäiligle Umficht die Aner⸗
ennung der k. Kreisregierung ausgesprochen.
[INXBIiestastol 29. Olt. Auch der Gemeinderaih von
Zlieskaftel hat sich mit Beschluß bor 830. August J. J. bereit erklärt,
zur Unterstüßzung zweier junger Leute aus Blies kastel, welche die
treisbaugewerkschule in Kaiserslautern besuchen wollen, fähig und
»edürftig ünd, mit sechszig Gulden zu unterstützen und hiefür im
zächsten Budget Credit zu bewilligen.
F. Bei der im Bezirlsamt Zweibrücken staltgehabten Mu—
terung der Pserde wurden im Ganzen 3020 Stück vorgeführt,
von denen 419, d. i. 13 Prozent für den Militärd'enst tauglich
»esunden wurden, und zwar 306 Zugpferde und 118 Reitpferde,
'ast noch das Doppelte von dem Kontingent, welches der Bezirt
im Fahbe einer Mobilmachung zu stellen hat.
fKaiserslauteru, 80. October. Zur Aufnahme
n die Kreisbaugewerkschule haben sich bereits über 80, b's gestern
Mirtag 32 Schüler aus allen Theilen der Pfalz angemeldet, so
daß sich die verfügbaren Räumlichkeiten bald als unzureichend er—
veisen werden.
— Aus Hochspeyer wird der „Pf. Post“ gemeldet, im Tunnel
Zeiligenberg sei vorgestern Nachmittag der Bahnwart R. Koppene
zöfer von Hochspeyer von einer leer zurücgehenden Maschine erfaßt
vorden; am Kopfe habe er mehrere Wunden, die Hirnschale fei
»erletzt und die rechte Hand so zerquetscht, daß der Daumen und
wei Finger amputirt werden müssen. Wen eigentlich die Schuld
in dem Unglücksfall trifft, sogt der Bericht der „Pf. Post“ nicht.
7Speiexr, 29. Oct. Se. Maj. der Konig hat geneh⸗
nigt, daß der Max'imalbetrag den durch Prioritats⸗Anlehen
nufzubrin genden Bau- und Einrichtungkeapitäles der Bahn von
Landau rach Zweibrücken nebst einer Zweigbahn von Biebermühl
rach Pirwasens von 10,000,000 auf 11,765. 000 fl. erhöht
verde.
4 Berghaufsen, 27. Oct. Wir haben ein recht
»edauernswerthes Unglück zu melden. Heute Nachmittag wurde
zuf einem hiesigen Ziegelofen eine verbrannte Leiche gefunden.
Wahrscheinlich hat sich der Verunglückte im trunkenen Zustande
auf demselben eine Lagerstätte gefucht, das angemachte Feuer
iberraschte ihn im Schlafe und derselbe fand auf d'ese Weise
Nnen unvermutheten schrecklichen Tod.
e Der „Salm:e“ von Basenderg ist wieder gefunden und