Ht. Ingberler Anzeiger.
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8 —184. .. Donmnerstag, den 19. November. 1874
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Deutsches Reich. Frankreich.
AParis, 18. Nov. Heute fand in der Kirche St. Augustin
eine jeierliche Messe zu Ehren des Nam enstages der Erx Kaiserin
statt. Alle vornehmen Imperialisten, auch Rouher waren zugegen.
Nach dehhien aus Chiselhurst wurde das Fest dort gar nicht
efeiert.) J
d Paris, 16. No v. Der Kriegsminister lJäßt in Beziehung
auf die Territorial-Armee veröffentlichen, daß zur Aufstellung der
CTadres gegen 10,000 Offiziere nöthig seien. Nun haben sich
aber nur 8000 verabschiedele oder pensionirte Offiziere gemeldet
und nur 300 Einjährige bis jetzt das Lieulenantsdiplom erhalten
so daß, wenn auch von den Offizieren der J früheren „Mobilen“
noch 3300 das Examen bestehen würden, dob noch 8600 Stellen
unbesetzt bleiben werden. Man fieht, daß es mit dieser Landwehr
nicht so rasch vorwärts geht, daß dieselde schon in den nächsten
Jahren besonders gefährlich werden, könnte.
Paris, 17. Nobbr. Füurst Hohenlohe wird zum 20. oder
21. d. M. hier erwartet. Die Schwierigkeiten im Ministerium
nehmen eher zu als ab. Der Marschall, sehr verstimmt über die
Ergebisse der legten Wahlen, verlangt nach einem Ministére de
combat. Broglie hat mehr und mehr. hinter den Coulissen
stehend, die Lenkung der innern Politik übern ommen.
Nusiland.
Petersburg, 12. Nop. Das „Tagbl.“ erfahrt aus
Petersburg,es sei ein auf das Leben des Zaren gerichteter Anschlag
noch rechtzeitig entdeckt worden. Dieser Anschlag soll von einer
Reihe von Verschwörern gemucht worden sein, die über ganz Ruß.
iand verbreitet sind und zumeist junge Leute auch Söhne hoöherer
Würdenträger, als Genossin haben. Der Zweck dieser Verschwö-
rung wäre, ducrch eine sociale Revolution einen Umsturz herbeizu—
ühren, ein selbstständiges Klein-Rußland wieder herzustellen, aus
dem übrigen Rußland aber eine Nepublik zu machen. Bereits vor
einigen Tagen glaubte man in Lemberg von einem Attentat auf
den Selbstherrscher aller Reussen zu wissen, und die Meldung des
„Tagblatt“ ist vielleicht nur eine Reproductian der polnischen
Phantasie.
Mänchen, 16. Nov. Mit Beugnahme auf die bete.
tzestimmung der Grundzüge für die allgemeinen Dienstesverhältnifse
der Armee hat das k. Kriegsministerium mit der Wirksamkeit vom
seujahr 1875 an gestattet, daß unter entshrechender Rüchsichtnahme
zuf die Ausbildang der Truppen und der lokalen Verhälunisse bis
u'G Mann per Compagnie ꝛc. ohne Bezüge einer Reise-Entschädi⸗
ung zeitweise beurlaudt werden dürfen. Spätestens mit dem
iniriti des Compagnie- ꝛc. Exerzierens haben die hler in Rede
iehenden ausgedehnten Beuxlaubungen aufzuhbren und sind nur
die in 8 1Zuff. 47 der erwähnten Grundsätze bezeichneten Aus⸗
nahmen noch zulässig.“ Auf Einjährig-Freiwillige hat diese Maß—
ahme keine Anwendung zu finden; für die Sanitäts-Compagnien
s dieselbe durch das vorgesetzte General Commando zu regeln
diedurch sollen die übrigen Bestimmungen über Beurlaubungen von
uͤnteroffizieren und Mannschaften nicht berührt werden.
Berlin, 10. Nov. Der alljährlich wiederlehrende Antrag
oes Abg. Schulze-Delihsch für Gewährung der Diäten und Reife⸗
losien an die Reichstagsabgeordneten wird diesmal in dem Momente
eingebracht werden, wo die Reichsverktetung den Antrag auf
Diaten für die Mitglieder der juristischen Zwisch nkommission sans
phrase annehmen wird. Damit ist ein neucs Loch in das soge—
nannte Correktiv „des allgemeinen Stimmrechts“ gebohrt und die
inzweifelhafte große Majorität des Reichstages wird schließlich den
Bundesrath doch bestimmen, seine Vorlsebe für die Diatenlosigkeit
der Abgeordneten aufzugeben.
Berlin, 17. Nov. Nachdem das Markenschutzgesetz in
desinitiver Schlußabstimmung angenommen ist, wird die gestern be
jonnene Debatte über das Bankgesetz wieder aufgenommen. Lasker
pricht (glesch Bamberger) in zwe stündiger Rede für Errichtung
riner Reichsbank, die alle Reichskassen in sich vereinigen und, wie
ie Bank bon England, alle Fonds umfassen müsse. Im Reichstage
zegegne die Errichtung einer Reichsbank beinen Schwierigkeiten;
ein Bankgesetz bedürfe zoar bei dem Aufgehen der Preußischen
Bank in einé Reichsbank der Genehmigung des preußischen Land—
ages, in tiner kurzen Nach session des Reichstazs können aber ein
neues Bantgesetz perfekt gemacht werden. Richter (Hagen) spricht
jür die Voriage, Ebenso Schröder (Lippstadt); Sonnemann für
die Reichsbank. Weiterberathung des Gesetzes morgen.
Das siebente Heft bes Generalstabswerls über den letzten
dcieg wird nicht — wie erwartet wurde — noch im Laufe dies es
fahres, sondern erst Anfangs Jauuar erscheinen.
Die Verlobung der Prinzessin Marie, ältester Tochter des
ßrinzen Friedrich Karl, mit dem Thronfolger des Könizreichs
Würitemberg, dem Neffen des regierenden, kinderlosen Königs von
Württemberg, wird der „Trib.“ als nahe beborstehend bezeichnet.
Der Prinz, ein junger, hochgewachsener Mann, steht als Comman⸗
eur des Garde Husarenregiments in Potsdäm, und wird von
Allen, welche iu dienstlicher und privater Veglehung mit ihm
oeekehren, wegen seines bescheidenen, liebenswürdigen Auftretens
owohl, wie wegen seiner besonderen militzärischen Pflichttreue
erühmt.
Türkei.
Konstantinopel, 17. Nop. 82 an dem Blutbade
von Podgoricza bethe ligte Personen wurden zu 20jährigem Ge—
fängn'ß veructheilt. Das Urtheil wird als zu milde betrachtet
und machte in Montenegro einen ungünstigen Eindruck.
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In Rohrbach wurde der Oekonom und Gutsbesizer
Urbaun Jakob zum Bürgermeister und der Ackerer Jakob Würtz
zum Adjunkten gewädhlt.
In Zweibrücken findet die Stadtrathswahl am 24. No—
vember statt.
7Kaisersltautern, 16. Nov. In den Budgets für
die k. Präparandenschulen sollen für einige Lehrer der Anstalten
die 18pCt. Theuerungszulagen vom vollständigen Gehaltsbezug
eingestellt sein, während sie bei anderen, wie z. B. in Speyer,
Edenkoben ꝛc. blos vom Anfangsgehalt berechnet sind.
Die am Sonntag in Neust adi stattgehabte Versammlung
der Vertreter pfälzischet Vorschußvereine beschloß, daß die pfälz.
Vorschußvereine vom J. Januar an unter sich nach Marken
rechnen und daß dahin zu streben sei, auch ihre Kunden dazu
dermögen. Von den 24 pfälz. Genossenschaften waren 14
yertreten.
Dienstes-⸗Nachrichten.
—Bezirksgerichtsassessor Adolph Glaser in Frankenthal wurde
zum Landrichter in Lauterecken ernannt.
Der baherische Rechtscandidat Ftanz Weber zu VLan dau
vurde zum Advocaten im Bezirk des kaiserlichen Appellationsgerichts
Tolmar ernannt, F
Wwer auf soude Weise einen Glücksversuch machen will, belisbe
sich an Herrn M. Steindecker im Hamburg, Dammthorstraße
36, sofort zu wenden.
Mülbausen i. E., 15. Nov. Der heutige „Ind. Als.“
naubt ganz bestimmt zu wissen, es sei definitiv feftgesetzt worden
zaß die Herren Dupont des Loges (Metz), Abel (Diedenhofen)
Pougnet (Saargemünd), Germain (Saarbarg), Lauth (Straßburg
Stadt), Teutsch (Zabern), Pfarrer Philippi (Molsheim), Pfarrer
Söhnlin (Colmar) und Häffely (Mülhausen) an den Arbeiten des
Reichsstags keinen Antheil nehmen werden. Somit würde das
Reichsland, da factisch der Bischof Räß (Schlettstadt) auch weg—
pleibt, nur durch 5 (anstätt durch 15) Abgeordnete vertreten sein,
und von diesen fallen zwei auf das Unter- und drei auf das
Ober-Elsaß. Wir glauben aber schwerlich, daß die elfaß-lothrin⸗
gischen Wähler jener reinen Protestler auf die Dauer geneigt sein
rerden, eine Rolle zu spielen, welche mit der des Bauernjungen
m Winter einse verzweifelte Aehnlichkeit hat.