Full text: St. Ingberter Anzeiger

bon einer Kugel mil einem Kreuze. Doit oben auf der Kagel 
bewegte sich ein halbentlleideter Mann um das Kreuz herum, blieb 
zeitweise sichen, hielt sich am Kreuze abwechselnd mit einer Hand 
fest, während er die andere in die Hosentäsche stecte, schlug auch 
mirunter ein Bein um den Kreuzbalken nd lustwardelte wieder um 
das Kreuz herum. Es sammelte sich um das Haus eine großt 
Menschenmenge, welche sich jedoch ganz ruh'g verhiclt, da Jeder- 
mann einsuh, daß der verwegene Turnec da oben ein Sdlaf 
wandler sei, den man nicht weden dürfe. Zur Abwechselung setzte 
sich derselbe auch auf den First und legte sich quer üner denselben, 
—D auf der andern 
Seite herunter hingen. Nach sieben Uhr unternahm es der ge— 
wandte Turner, Bäckermeister Grotz und ein Kominkehrer, deu 
Mondsüchtigen henunter zu holen und aus der Lebensgefahr zu 
retten. Sie legten Leitern heran, bis sie ein Seil um seinen 
Leib legen, und ihn fest fassen konnten. Der Nachtwandler er 
wachte nun und erschrack, die heiden Herren aber beruhigten hn 
nud luden ihn ein, zum Kaffee herunterzukommen. Sie brachten 
den halb Erstarrten on eine Daclucke; dort schlüpfte Hr. Groß 
boraus hinein und zog den Nachtwandler bei den Füßen nach, 
indeß der Kaminlehrer ihn balancirte und nachschob. Damit wai 
der für die Zuschauer höchstpeialichen Scene ein Ende gen:acht 
Es stellte sich heraus, daß der Schlaswandler ein Pechreisender sei, 
der schon ofter hier war und „Im hohen Meer“ fein Absteig 
quartier genommen hatte. Er kurde ins Krankenhaus gebracht.“ 
fIn Kaufbeuern hat, wie der Kpt. 8.“ mitge 
the it wird am 25. d. ein Büchsenmacher bei Vorzeigung eines 
Revolvers, der ohne sein Wisen geladen ar, seinen Lehrling er 
schossen.. 
f Vom oberen Gebirg. Da das Interesse für Frauen— 
Vereine und ihre Thätigleit in verschit denen Blättern neucrlich 
wieder angeregt und b sprochen morden ist, so wollen wir die 
Uufmerlfamkeit des Publicums auf deun Vortrag desß Pfarrers 
Ehelers aus Frankfurt hinlenken, der dori gehalten wurde, während 
die Ftauenconserenz tagte. Diese Rede. vom Feuer der Begeiste 
tung erfüllt, wirkte wahrhaft zündend auf die Zuhörer, und eg 
—X — 
und verbreiten zu lassen. Wer sich dafür iuteressirt, wird von 
den Vorständen dieset Ver⸗ine iwohl leicht Exemplare erhalten sdu 
nen. Mögen die welche an der Spitze dieser Vereine stehen, 
darnach streben ebenso diefe Jiele zu erreichen, und eine Fülle don 
Segen wird daxaus erwachsen. 
x Berlin, 28. Rov. Der Reichskanzler Furst Bismard 
hat seine Einladung zu den an jedem Samstag slattfindenden 
parlamentarisen Soircen, bis zum 13. Dezenber reichend, an 
die Reichstagsabgeordneten ergehen lassen. Die Einladungen er— 
streden sich indessen nicht, wie früber, auf alle Parieien; das 
Centrum und die Soclkaldemokraten haben in die er Session keint 
Fiuladungen erhallen. Dagegen ist der als „Wilder“ fungirende 
Herr Lespold Sonnemann mit einer solchen deehrt worden. 
Die ersten silbernen Fünfmarkstücke, die in Berlin geprägt 
worden sind, wurden am Sonnabend von der Generalstaatstaff 
ausgegeben; dasselbe zeigt auf der einen Seite den Reichsadler 
mit der Umschrift; „Deutsches Reich 1874. Fünf Mart“; die 
andere Seite den Kopf des Kaisers mit der Umnschrift: „Wilhelm 
Deutscher Kaser, König von Preußen,“ darunter das Můnzzeichen 
svon Berlin) A. 
f St. Wendel. 23. Nov. J. M. die Kaiserin und 
Königin Augusta hat der Margaretha Wassnich, für der Familie 
des Justizrathes Knauer treu geleisteie Dienste ein goldenes Kreuj 
derliehen. Die Wafsnich hat in der genannten Familie 46 Jabre 
lang muflerhaft gedient.; 
Metz, 18. Novtr. Gestern verurtheilte das Schwur⸗ 
gericht die beiden Schiffer Wilhelm und Joseph Port und Auma 
Maria Rupp, Ehefrau des Ersteren, sämmtlich gebürtig aus Lis⸗ 
dorf, wegen Anfertigung von französischen 20.Francs Noten die 
Männer zu 6 und 4 Jahren Zuchthaus. die Frau zu 1 Jahr 
Gefängniß. 
F Straßburg, 24. Ney. Hier findet demnächst eine 
Versteigeruug einiger Zuchtstiere der Turham Race statt. Die Re— 
gierung hat, um den Anlauf solcher Thiere, die nur zu sehr hohen 
Preisen zu erwerben sind, zu ermöglichen, eine bedeulende Summe 
als Verlustfonds zur Verflügung gestellt. Der Ankauf geschieht 
aus der lrefflichen Stammzucht des Marquis de Pavcins auf dem 
Schloffe Parces bei Flears. Alle Züchter von Elsaß-Lothringen 
können sich bei der Verste gerung betheiligen, deren Tag noch be⸗ 
sonders bekannt gemacht wird. J 
7 Gebdweiler, 23. Novbr. Eine Stunde Jpon hier im 
Thal liegt der lebhafte Fabrikort Bühl. Daselbst gab es gestern 
in den Morgenstunden bei der Familie des 26jährigen Fabrik— 
arbeiters Tiedemann Streit, und wie es scheint, spielte der Schnape 
eine hervorragende Rolle. Der Streit artete in eine Rauferei aus, 
»ei der Tiedemann van feinem 1515hrigen Stiefsohn Nost den ⸗ 
zu schlagen versuchte, mit einem Brodmesser in's Herz gestoche. 
wurde und augenbl'cklich todt blieb. Um die Mittagestund⸗ brach⸗ 
die Polizei den jugendl'chen Todtschläger hierher in Haft. 
Aus Duisburg wird geschrieben: In Folge des niedrigen 
Wasserstands des Rheins ist in unserer Naͤhe dbei Homberg dei 
vor etwa 300 Jahren von dem Rhein zun Thei 
äberfluthete Ort Halen wieder sichtbar geworden, numlich in der 
Trümmern seiner Kirche. Es stehen nur 5 Fuß A 
derselben. Große Bausteine von regelmaßiger Form und durch 
einandergeworfene Steinmassen lassen genau den Ort bestimmen, 
vo die Kirche gestanden hat, welche ihrer Zeit für den Gotns— 
dienst mehrerer raßonggn Dörfer gedient hatte. Unbezweifel 
muß man jetzt auch aͤm Oberrhein in der Gegend von Straßburg 
die im 16. Jahrhundert ebenfalls vom Rhein übe fluthete TSted 
Khe nau in ihren alten Mauerresten sehen können, welche bei den 
niedrigen Wasserständen von 17389 und 1857 ebenfalls fichtha 
waren. 
F Der Weinecrtrag in Deutsch⸗Lothe'ngen beträgt im Durch 
schnitt jährlich 125,000 Heltoliter, worunter et va zwei Drittel 
Rothwein und ein Drittel Weßwein. In diesem Jahre aber wird 
der Gesammtertrag auf mind stens 175,000 Hetioliter geschätzt 
Die Preise haben sich nach und nach befestige und hauen s 
gegenwärtig aufs 4 — 38 Fr. per Helloliter. Der heurige Jah 
resertrag repräsentirt also eine Summe von etwa sechs Vtillionen 
Franben. Diese Zahl übersteigt die E. trägnisse früherer Jahre 
um ein Bedeutendes und zwar nicht blos deshalb, weil die Quan⸗ 
tität eine außerordentlich große und die Qualität eine Fgute is 
jondern voruehmlich aus dem Grunde, weit die Einfuhr der fram 
zösischen Weine, welche vor Err'chtuag der neuen Zollgrenze deer 
inländischen Prodacte erdrückende Concurrenz machten und di 
Pre se derfelben herabdrückten, bedeutend abgeno umen hat. 
fBromberg, 23. Nov. Eine Bapiistentaufe fam 
Jeslern Nachmittaz zwischen 3 und 4 Ahr in einem Teiche unweil 
des Restaurationslocales Schweizertha.“ stati, die an 8 Judivi· 
duen. 5 weiblichen und 8 munnlichen. vollzogen wurde De 
Taufact geschah unter den üblichen Ceremonien und wurde von 
inem auswartigen Naptistenprediger ausgeführt. Dee Täuflinge 
waren, wie die „Bromb. Ztg.“ meldet, nur mit einem, von einen 
breiten Guürkel um den Leih festgehalleneu Hemde heklieidet, N— 
diesem breiten Gürtel ergriff sie der Baptistentäufer und tauchtt 
sie nach einem Segensfpruch in das eisigkaite Wasser. Vor Beginn 
der Taufhandlung saug die Gemeinde ein geistliches Lied, ebenso 
am Schluß derselben und nach jedem einzelnen Taufacte einen 
didervers. Um das Taufen zu ermöglichen, muß?e an der be⸗ 
treffenden Stelle erst das Eis, womit der Teich bedeckt war, ent· 
ernt werden. Daß der Taufhandlung eine jehr große Menschen⸗ 
nenge beiwohnte, brauche ich wohl nicht erst zu etwähnen. Zur 
Aufrechthaltung der Ocdnung waren Polizeibeamte zur Stelle. 
Der Taufact verilief übrigens seht ruhig. 
fOlmütz, 23. Nov. Das Schwurgericht verhandelte heute 
gegen den 28jährigen Kellner Leopold Freud qus Luti in 
Ungarn, der in der Nacht vom 2. auf den 8. November gwischen 
Kojet in und Chropin in einem Eisenbahncoupe den Oekonomie— 
hesitzer Katscher exmordet und heraubt hatte. Der Angeklagte 
welcher der That geständig ist. vurde zum Tode durch den Strang 
perurtheilt. — 
..Am 18. d. blieb die Gotthardpost in den —A 
schen Göschenen und Urneloch) im Schuee Zecken. Konduktteur 
Renner versuchte wenigstens mit dem Postfelleisen vorwärts zu 
kommen, wurde aber in seinem Diensteifer von einer Lawiue zu. 
gedeckt und todt aus derselben herausgegraben. 
. Paries, 20. Novb. Der Sturm, welcher vergangent 
Nacht über Paris raste, hat dedeutenden Schaden verursacht. 
Kamine stürzten ein und verwundeten die Vorübergehenden: Fen— 
deriäden wurden ausgehothzen und Scheiben zertzümmert. Am 
Aergsten hauste er jedoch auf den Anhöhen der östlichen Borstädte 
von Bellev'sle, Menilmontant und Chauonne. In Menilmontant, 
wo gegeuwärtig auf dem äußersten Boulevard Kirmeß ist, hat der 
Sturm die Zaubertheater Kunstreiterbuden, Wachsfigurencabinete, 
Panorama's, Lebluchenläden ꝛc. förml'ch weggeblasen und die 
Verwirrung war dafelbst eine ungeheuere. Wie gewoͤhnlich bei 
dergleichea Gelegenheiten, machen die Diebe die besten Geschäfte, 
Eine Frau Harris. die während des amerilanischen Krieges 
als Kra kenwärterin furgirte und in 52 Schlachten thätig war, ist 
zum Vercinigten Stauten-Konsul in Venedig ernonnt worden. 
F, Eine merkwürdige Entdedung hat, der „Ean Anglian 
Daily Times“ zufsolge, das Mitgli d' der Beographischen Gesell⸗ 
schaft Herc J. E. Taylor gemacht; er hat nämlich im Orwell 
einen begrabenen Wald aufgefunden. Dieser Wald durqh eine 
Torfschichte repräsentirt, weiche Stämme, Blätter und Frü hte 
enthält von Eichen, Ulwen, Haselsträuchern und Fichten, unler 
denen sich Ueberreste vom Marimuth finden. Unter der Torfschichte 
⸗at ein Mott von Süßemasser muschesne mi⸗ sie dergrtin im Orm