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M I199. I Dienstag, den 18. Dezember. 1874
Deutsches Reich.
Mänchen, 11. Dez. Dem Staatsministerium für Kirchets
und Schulangelegenheiten sind Klagen darüber zugegangen, daß
an mehreren Studienanftalten die Ab'turienten nach dem Schlusse
der mündlihhen Aosola torialprüfung beso dere Mützen als Abzei⸗
chen tragen und staft zum festgesetzten Schulbesuche angehalten
zu wervden, in öffentlichen Wirthslokalen zum Aergerniß der andern
S chüter hre Zeu zubringen. Das Staatsmin sternum ist nun
der Ansicht, daß dem letzten Uebelstand jetzt, nachdem durch Idg
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äum weggefallen sei, am besten dadurch begegnet werden könne,
baß die mündliche Absolutorialprüfung in den Augusthmöglichst nahe
vor den Jahresschluß verlegt werde. Was aber das Tragen zbe⸗
sonderet Absolventenmützen anbelangt, so wird auf 8 6 der Diszip⸗
linatsatzungen hingewiesen, wonach allen Schülern das Tꝛazen von
Abzeichen verboten sei. Da nun auch die Abiturienten b's zum
Jahresschluß und zur Eirhändigung der Abgangszeugnisse als
Schüler der Anstalt angesehen werden müßten, so müßten die
Reltoren auf einem strengen Vollzuz der angezogenen Bestimmung
der Disz'plinarsatzungen auch gegenüber den Abiturienten bestehen
Außerdem wird auf 8 30 der Satzungen aufmerksam genaaqt,
welcher jede Art von Geldsammlung unter den Schülern ohne
Genehmigung des Reklors verbiete. Demnach werden die Vor⸗
stände der Studienanstalten angewicsen, mit Wachfamkeit dafür zu
sorgen, daß nicht, wie bereits vielfach vorgekommen, schon lange
Zeit vor dem Absolutorium die Schüler unter sich Geld für einen
Schlußkommers sammeln, der leider nur zu oft mehr den Cqha
rakter burschikosen Uebermuthes als einer harmlosen Abschiedsfeier
rage. Mit besonderer Strenge unter Umständen mit Vorenthaltung
des Absolutorialzeugnisses müsse aber gegen Diejenigen eingeschritten
werden, welche vor Jahresschluß in öffentlichen Blättern zu dem
Abiturientenkommers einladen.
Berhin, 11. Dez. Dem Vernehmen nach wird das im
Bundesrathe vorbereitete Civilehegesetz auch Bestimmungen über
»ie Ehehindernisse und Scheidungen enthalten, um die Ausführbar—
leit des Reichsgesetzes in allen Bundesstaaten sicher zu st Uen.“
„Berlon, 12. Dez. In Folge der gestrigen BVerbaftung
des Abgeordneten Majunke zur Verbüßung der rechtskräftig (wegen
Preßvergehens) gegen ihn erkannten einjährigen Gefängnißstrafe
zriugt Lasker einen von allen Fraltionen unterstützten Antrag ein,
die Geschäftskommission zur schleunigen Berichterstattung darüber
aufzufordern: Erstens, ob die Verhaftung von Mitguedern des
Reichstages auf Grund eines rechtsk. äftigen Strafurtheils während
der Dauer der Session ohne Zustimmung des Reichstages zulässig
sei, und zweitens, ob und welche Schritte zu veranlassen seien,
derartigen Verhaftungen von Reichstagsmitgliedern vorzubeugen.
dasker begründet den Ankrag, und wird derselbe, nachdem Windt⸗
jorst hinsichtlich desselben die Einigleit aller Varteien konstatirt hat,
einstimmig angenommen. t7
Berlin, 12. Dez. In der heutigen Reichstagssitzung
miwortete auf Ackermann's Aufrage Minister v. Delbrück, es sei
inmöglich, dem Reichstag in der gegen:närtigen Session eine Vor⸗
lage über Reform der Gewerbeordnung zu machen; das nölhige
Moterial sei noch nicht vollständig gesammelt.
Berlhin, 13. Dez. Die Reichstags⸗ Commission für
Berathung des elsaßelothringischen Etats und der Anleihe hat die
Etatsberathung brendet. Sie schlägt vor, die Anleihe nicht zu
zewilligen, sondern die Reichssregierung zur Auszabe von Schaßz—
anweisungen bis zur Höhe von 18 Millionen Francs b hufs
Deckung der Ausgaben für 1874 und 1875 zu ermächtigen. Der
ur Unibersitätszwecke geforderte Betrag von 12,3 Millionen Tha—
lern soll durch Ausgabe von Reichsschatzscheinen beschafft werden.
Frankreich.
Bayonne, 12. Dez. General Loma wurde bei dem
Sturm auf Urbieta leicht verwundet, nahm aber Urbieta und
»rachte die Nacht in Andoain zu. Die Ste esnachricht der Carlisten
st daher unbegründet!
England.
—FLogßdon,x71. Dez. „.Daily Telegraph“ bemerkt zu dem
Broceß Arnim: Können die Beschuldigungen gegen den Grafen
Arnim aufrecht erhalten werden, so wäre es blinde Sentimentalität,
nit ihm zu sympathisiren. Die Folgerung wäre, daß er in seinem
Zorn gegen Bismarck und seinem Eifer, Mittel zur Befriedigung
jeiner Rachegelüste zu sammeln, den Kopf verloren hätte.
4 Spanieu
Eine Privatdepesche der Allgemeijnen Zig.“ aus Bayonne
meldet, daß General Lomd am 12, ds seinen am 8. bei Urbieta
erhalteren Wunden in San Sebastian erlegen ist. General Blanco
hat das Commando der Truppen uͤbernommen. Der Carlisten⸗
zengral Mogrobejo ist schwer verwürdet.
err dea yeaI Dez Montag und Dienstag fand unweit
Toldsa eine Schlacht zwischen Negierungstruppen und Carlisten
tatt. Erstere besetzten am Montog Hanani und nahmen Diens⸗
ag Urnieta. Der rechte Flügel avancirte bis Andoem, das Cen
trum aber wurde zurückgeworsen, so daß der Rückzug angetreten
verden mu te. Die veifolgenden Carl'sten machten mehrere
Bayonnetangriffe, wobei fie erhebliche Verluste erluten. Carlisten⸗
def Mongrovego wurde verwundet. Dea Verlust der Regierungs⸗
truppen beträgt 700 Mann. Geueral Loma kehrle nach San
Sebastian zurück. Ton Carlos hat sein Hauptquartier in Ver—
gara. (T N.)
Vermuiparees.
Kaiserslautern, 14. Dez. Das am Samstag in
den prachtsollen Rzumen des neuen „Karlsberg“ abgehallene Er—
öffnungsmahl war sehr gut besucht. Die vo treffliche Speisen
und Getränke mundeten vorzüglich und herrschte eine fröhliche und
belebte Stimmung bis zum grauenden Morgen.
WG. P.)
fFLandau, 8. Dez. Der Polizeidiener Brehtl von
Zergzabern hatte sich in einer dortigen Wirthschaft mehrere be—
leidigende Ausdrücke gegen Bismarck zu Schulden kommen lassen
und war deshalb vom Polizeigerichte in Bergzabern zu 10 Tagen
Gefängniß und in die Kosten vernrtheilt worden. Gegen dieses
Urtheil hatte der k. Polizeianwalt appelirt und das k. Zuchtpo—
lizeigericht hat heute die Strafe auf 30 Tage Gefängniß und die
Kosten erhöht. (LC. A.)
Crefeld, 8. Dez. Gestern kam hier der seltene Fall
vor, daß eine Frau — Wittwe Roscher — in Folge von Alters⸗
schwäche die müden Augen schloß, nachdem sie ihrs Tage auf 107
Jahre gebracht hatte.
fSaarbrücken⸗St. Johann, 9. Dez. Den
großartigen Hüttenwerken jn der Saargegend wikd von maßgeben—
der Seite eine 'immer groͤßere Beachtung zu“ Theil. Die Bucbacher
Dillinger Eisenhütten haden bekanntlich zum Bau von Kiegsjsch ffen
für die deutsche Marine Platten und Balken geliefert; der Hals
berger Hütte ist jetzt, der „St. Johanner Ztg.“ zufolge, seitens
des Kriegsmipisters ein anderer Auftrag zu Theil geworden. Unter
Aufsicht eines Feuerwerkoffiziers und eines Oberfeuerwerkers sowie
unter Beihilfe zweier hierzu kommandirter Saldaten werden daselbft
gegenwärtig 30,000 Stück Granaten und ein großes Quantum
Shrapnels (neuester Construktion) fangefertigt. Das genannte
Werk liefert selbstverständlich nur die fertigen Eifentheiie der
Geschosse, während der Bleimantel der Granaten und die Füllung
in königlichen Etablissements hergestellt werden.
—7 G(Zweimal begraben.) Neulich kehrte in Filehne in einem
Gasthofe ein angeblich jüdisches Ehepaar ein. Bald jepoch starb
die Frau, worauf der Mann sich entfernte. Der Synagoge.wor⸗
stand in Filehne sah sich daher deranlaßt, die Verstorbene nach
züdischem Zeremoniell zu beerdigen. Die angestellten Recherchen
ergaben aber, daß die Verstorbene nicht eine Jüdin, sondern eine
Thristin war und mit dem Mann in wilder Ehe“ lebte. Auf
VBeranlassung Zzdes Synagogenvorstandes wurde die bereits
Begrabene aus dem Grabe gehoben nunmehr nach dem
pangelischen Kirchhofe gebracht, wo sie beerdigt worden ist.