Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Inabtrter UAnzeiger (und das mit dem Hauptslatte verbundene naterhaltunzeblatt. mit der Dienstagt⸗, Donnerstags⸗ und Sonnta 
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Samstag, den 27. Februar I 
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J Deutsches Reich. 
—Münch en, 28. Febt. Im Beamtenpersonale des Kriegs 
Minisieriums sind mehrfache Redultionen beschlossen, welche eine 
Ninderausgabe von 30.000 fl. herbeifühten; als küñstig weg⸗ 
Alend bezeichnet man: ugeheimen Kriegsrath, J Oberstabsveterinäͤr, 
geheimen Sekrelär, 1 Rechnungskommissär, 1 Revisor, 3 Mini⸗ 
jerialselretäre und 1 Kanzleiselretär; bei den Intendanturen sollen 
ie Stellen von 3 Selreiär und 1 Assistenten, bei der Militär⸗ 
Fustizverwaltung die Siellen von 1 Kanzleisekretärs des General⸗ 
Jubitoriats, und von 11 Auditeuren bei den Unlergerichten, 4 
juditoriatsaltuaren bei den Kommandanturen und 42 bei den 
fruppen unbesetzt bleiben. Der Gesammtminderaufswand wird auf 
20,0 00 su veranschlagt. o 
Munchen;, 24. Febr. Um die Cavallerie hinsichtlich des 
Bferdestandes aufzubessern, ist in den Jahren 1875 bis 1880 noch 
ne außerordentliche Remontirung beabsichtigt und soll jedes Regi 
nent außer der auf 63 Pferde festgesetzten jährlichen Remonkirung 
soch 12 weitere Remonte während jedes der dorbezeichneten Jahre 
xi einer gleichze'tigen Ausrangirung von ebenĩo vielen militär⸗ 
enstuntüchligen Pferden exltra erhalten; die Kosten dieser außer⸗ 
rdentlichen Remontirung, Folgen des Krieges 1870 - 71, werden 
us dem noch vom Kriegskpsten⸗Credit vorhandenen Remoptirungs⸗ 
ond gedeckt werden. 
Berilin, 28. Febr. Kaiser Wilhelm ist wieder völlig 
jenesen; die Aerzte haben indeß angerathen, bei rauhem Weiter 
icht auszufahren. — Das Ziel der Ausprägung von 1200 Mill. 
Mark neuer Reichsmünze wird von den deutschen Münzstätten, die 
Jegenwärtig mit großer Anstreungung arbeilen, in Bälde erreicht 
ein. Alsdann beginnt die Einziehung der alten Münzen nach 
‚ereits fesigestelltem Plane. 
Weimar's neues Volksschulgesetz hat sich bereits eines schönen 
Frfolges zu rühmen. In Dermbach bestehen zwei Gemeinden, eine 
wangelische und eine katholische, die ihre b sonderen Schulen 
haben. In diesen Tagen haben nun die Schulvorstände beider 
—— einheitlichen Simul⸗ 
anschule im Sinne des Schulgesetzes zu vereinigen. Ein Gleiches 
sst früher schon in einem andern Orie zwischen einer christlichen 
nd ceiner jüdischen Gemeinde geschaffen. 
Frankreich 
Paris, 20. Febt. Kaum sind die Alten des Prozesses 
Vimpffen · Cassagnac geschlossen und schon wird Paris durch einen 
seuen Sensationsprozeß in Spannung versetzl. Das Amtsblatt 
der Haager Reg'erung meldet nämlich— daß Graf Chambord einen 
Anwaltmit der Aufgabe betraut hat, d'e Ausfertigung des vom 
Pariser Cassationshofe gefällten Urtheils gegen die in den Nieder⸗ 
unden wohnenden Naundorff'schen Bourbonen zu betreiben. 
Helanntlich wurden vor etwa zwei Jahren die Ansprüche D 
Ahrmachers Naundorff als angeblichen Sohn Ludwig's XVL. vom 
Hericht definitiv zurückgewiesen. Das Urtheil konnte aber nicht 
nsinuirt werden, was den Grafen Chambord sehr beunruhigte. Der 
mit der Sache betraute Anwalt hatte nämlich dem Chef der hol 
andischen Bourbonen, welcher Premierlieutenant in einer hollän⸗ 
ischen Arpiee ist, das Erkenntniß durch einen Huissier übersenden 
jassen, das Dokument indeß an Herrn „Adalbert Naundorff“, 
stait an „Misgr. Adalbert de Bourbon“ gerichtet; in Folge 
dessen ist die Annahme verweigert worden. In der That bat die 
Raundorff'sche Familie in den Niederlanden das Recht, den Namen 
Bourbon zu fuhren, da durch notariellen Alt ihr Geburtsregister 
nit dem ebenfalls notariell bescheinigten Tode des Herzogs von 
der Rormandie in Verbindung gebracht sind. In Frankreich ist 
ihnen dieser Name abgesprochen worden und so ist es nicht mög— 
uch, ihnen daz Urtheil zu insinuiren. Man sieht deßbalb einem 
Prozesse zwischen dein Grafen Chambord und den falschen Bourx⸗ 
jonen vor den niederländischen Gerichten entgegen. 
Paris, 20. Febr. Sedan wird eine offene Stadt und 
oll schon uächstens amtlich von der Liste der Landesfesturgen ge⸗ 
trichen werden. In diesem Auagenblicke werden die alten Festunakß⸗ 
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verke abgetragen und die kleinen Forts, welche die Stadt Üüber⸗ 
ragten demolirt. Das Schloß soll als historisches Denkmal erhalten 
leiben; Turenne wurde-darin geboren. — 
— Paris, 20. Februar. Die Elsässer Klerskalen haben det 
euts hen Regieruug bekanntlich den Vorwurf gemacht, daß sie die 
geamten und Lehrer auf Kosten des Landes zu verschwenderisch 
zezahle. Dem gegenüber ist doch zu erwähnen, daß auch Frank⸗ 
eich gezwungen ist, das Gehalt der äußerst schlecht bezahiten Lehret 
rufzubessern. Einige südliee und mittlere Städte haben den 
Anfang gemacht. Damit man in Deutschland e'nen Begriff bekommt, 
vie das ‚reiche“ Frankreich seine Lehrer bezahll, führe ich die 
Ztadt St. Etienne an, wo man das Gehalt der Hauptlehrer von 
500 auf 2000, das der ordentlichen Lehrer von 1200 auf⸗ 
.600 und das der Hilfslehrer von 1000 auf 1400 Franks er⸗ 
jöht hat. 
Fre ris, 24. Febr. Das ganze Senatisgesetz wurd: heute 
jon der National ⸗Versammlung mit 448 gegen 241 Stimmen 
mgenommen. Die Berathuig über die Organisation der öffent⸗ 
ichen Gewalten wird sofort in Augriff genommen. Die Regierung 
vird sich gegen die Verlegung der Sitzungen von Versailles nach 
Paris aussprechen. Die Kaiseria von Rußland trifft am 1. oder 
2. März hier ein. 
Der Courrier de Lyon ist wegen eines Arlikels, in welchem 
er die Armee beschimpft haben soll, auf Befehl des Gouverneurs 
yon Lyon auf 14 Taze suspendirt worden Der Artikel liegt 
uns vor. Er hält sich darüber auf, daß der Schwurgerichtsprä⸗ 
ident in dem Processe Cassagnae das Verhalten Napelon UI am 
Tage von Sedon eine „That christlicher Liebe“ genannt hätte, 
und erinnert daran, daß Johann Jeund Franz 1, als sie in 
zeindliche Gefangenschaft geriethen, nicht in eine Equ'page stiegen, 
um dem Sieger ihre Degen zu überreichen. Ausfälle gegen die 
Uemee enthält der Artikel nicht und die Strafmaßregel des Gene⸗ 
ral Bourbaki ist nur aus seinen bonapartist'schen Gesinnungen zu 
erklären. Der Courrier de Lyon ist ein legitimist'sches Blatt. 
Belgieu. 
Brüssel, 22. Febr. Wie man der „Independanece 
Belge“ aus Paris schreibt, wird füt den 14. April oder din 53. 
Mal ein Manifest des Prinzen Louis Napoleon erwartet. Rouher 
ind der Duc de Padoue reisen am 14. April nach Chiselhurst. 
Der 5. Mai ist der Todestag Napoleons J. und der Geburtstag 
csugeniens; der Monat April zählt dageger 2 bonapartistische Ge⸗ 
denktage, namlich den Geburtstag Napoltons UII. am 10. und 
den Geburtstag der Königin Hortense am 20. April.) 
Spanien. 
In Madrid lief das Gerücht eines Attentais auf den König 
fum: dasselbe war entstanden in Folge der Verhaftung eines muͤ 
einem Dolch bewaffneten Menschen. 
Amerika. 
(Mostecchi's und Capuletti's in Montevideo.) Ueber den 
Ausbruch einer neuen Revolutivn in Montevideo liefert ein in der 
Times“ veröffentlichter Brief von einem daselbst ansässigen Eng⸗ 
änder, d. d. 11. ds. Mis., wahrhaft haarsträubende Details. 
„Um 12 Uhr Mittags am 1. Januar — beginnt der »Schreiber 
— „wurde unter dem Portal der Kathedrale auf dem Plaza 
Fonstitution ein langer Tisch aufgestellt, an welchem eine Wahl für 
ꝛine Magistratsperson von untergeorduetem Range abgehalten wer⸗ 
den sollte. Die verschiedenen Häupter der Regierungspartei saßen 
im diesen Tisch herum, die Stimmen registrirend u. s. w. da 
wei Kandidaten vorhanden waren, Mänger von sehr hoher Stel⸗ 
ung, einer die Colorados und der andere die Blancos repräsen⸗ 
irend. Alles ging ziemlich ruhig von statten, als Oberst Belan, 
iin Colorado, anfing, über einen gewissen Floro Castellanos von 
der Oppositionspartei zu schimpfen und seinen Revolver auf den⸗ 
elben abfeuerte. Letzterer erwiderte den Schuß, und nachdem 
eder zwei Schüsse abgefeuert hatte, stürzte ein jüngerer Bruder 
on Castellanos herbei und schoß Belan in die Schulter. Er 
vurde underzüglich hinweggetraaceyv Da eg fürchterlich reanet⸗