Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
Her St. Inabderter Anzeigech(und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. mit der Dienttags⸗, Donnerztags- and Sonnta 
Kummer ericheint woͤchentlih vie rmal: Dinstaag, Donnerstag, Samstag und Son'atag. Anonnementsvreis vierteliährig 42 Krir. oder 
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Sonntag, den 2. Mai 1875 
Fuür die Monate Mai und Juni kann auf de —— ist dgetene doch I der⸗ 
z* „selben bei. ist daher meine Stellung so eine Art Uebergang 
ieses Blatt bei allen Posterpeditonen und Postboten, so aus der Cura in den Karthäuser- oder Trappistenorden und mag 
hie in der Drutkerei d. Bl. abonnirt werden. dies manchem Lebemann, der unversehins hieher geräth, anfangs 
* etwas spanisch vorkommen. Ich bin jedoch ganz zufrieden. Nach— 
teäglich bemerke ich, daß, da ich, wie Herr Kaplan Herterich, der 
vegin Majestäts- und Bizmardsbeleidigung zu viermonatlicher Haft 
erurtheilt wurde und sich in Zelle 199 befindet, die Gefangenen⸗ 
ost nicht vertragen koͤnnen und deshalb etwas unwohl wurden, uns 
von Herrn Direktor Streng in humanster Weise eine bessere und 
eicht verdaulichere Kost in Aussicht —XX 
FHamburg, 24. April. An der gestrigen Börse verur⸗ 
achte das Erscheinen von etwa 80 jungen Damen auf der Galle⸗ 
ie bedeutende Aufregung. Es war eine Klasse der Zöglinge der 
ẽbell'schen iuternationalen Akademie in New-York, welche unler der 
ersonlichen Aufficht des Professors Ebell mit der „Westphalia“ 
jergekommen sind. Dieselben begeben sich von hier nach Berlin, 
wvo sie zehn Wochen bleiben, um Vorlesungen beizuwohnen und sich 
in anderer Weise für eine Tour vorzubereden, d'ie sich übet Deutsch- 
and, Italien, die Schweiz, Belgien, Fraukreich und Englander⸗ 
trecken soll. Der 4. September ist als Tag der Rückreise, welche 
von Liverpool aus stattfindet, festgesetzt. Eine zweite Abtheilung 
oll NewsYork im Juni auf dem Wege nach Europa verlasfen. 
F Ein Einwohner von Hamburg, Herr Rudolph Budach, 
jatte den Geburtstag des Kaisers benutzt, um durch den Vor⸗ 
eser Seiner Majestät, Gehesmen Hofrath Schne der, ein seitenes 
Zeschen? zu übersenden, nämlich eine Sieges-Schnupitabaksdose 
nus der Zeit Friedrichs des Großen. Anf derselben sind sämmi— 
iche Sege des 7jährigen Krieges eingravirt, und wurde das 
eltene Geschenk auch mit allen Dank angenommen. Wie die 
Köln. Ztg. mittheilt, ließ der Kaiser dem Spender seine Büste in 
Zronze als Gegengeschenk übersenden. 
Wie das „Neue Wiener Tagblatt“ meldet, stünde Lulu ein 
Stiespapa in Aussicht. Ein Correspondent des gedachten Blattes 
neldet aus Paris: „Die Fama, für die übrigens kein Mensch 
iad am wenigstens Ihr Corre'pondent eine Bürgschaft übernehmen 
ann, will wessen, daß die Ex Kaiserin im Begriffe ist, sich mit 
inem ächt britischen Lord zu verehelichen. Als Erkennungszeichen 
ür den sonderbaren Schwärmer fügt man hinzu, daß er das dritt⸗ 
zrößte Vermögen in Albions Gauen b'sitzt.“ 
f London, 28. April. Heute fand die feierliche Ein— 
übrung des Prinzen von Wales als Großmeister der Freimau— 
cerlogen in der AlbertHall statt. Mehr als 12,000 Personen 
varen zugegen. 
F. In Edinburgh, Illinois, zerstörle am Nachmittag des 
3. April eĩn Tor nado (Drehsturm) einen Getreidespricher, fünf 
Wohngebäude und eine Kirche. In letzterer befanden sich, als sie 
ni derg eweht wurde, etwa 40 Personen, die fast alle in den Rui— 
ien begraben wurden. Eine Person wurde getödtet und fünf andere 
rugen solche Verletzungen davon, daß ihr Auftommen bezweifelt wird. 
F (Wie der Sand am M.e e) Man berichtet aus Dresden 
5. Apru: In C. in Sachsen lebt ein Mann, dssen eheliche 
sachkommenschaft einigerm ßen an d'e alttestamenturischen Familien- 
räter mit ihrem unerschöpflichen Kindersegen erinnert. Herr Kauf⸗ 
nann R. in C. lebt in zweiter Ehe und während er in erster Ehe 
nereits 14 Kinder zeugte, hat ihm frine Gattin in zweiter Ehe 
hon weder 19 Kinder geboren; çegenwärtig sieht er der Ankunft 
enes Vierunddreißigsten entgegen. Es leben noch circa 25 Kin— 
der, von denen einige natürlich schon selbstständig sind. Herr R. 
i ein roch kräftiger Mann, der von seinem Berufe sehr in An— 
»ruch genommen wird. Er zieht es aber doch vor, Mittans der 
erholung wegen mit seiner Gattin allein zu speisen, während die 
3chaar der Kinder im Nebenzimmec, eiger Art Saal, speist. Es 
rürfte fich wohl in ganz Sachsen kein zweiter so reich mit Kindern 
esegneter Vater finden. 
ane — —c 
Für die Redaltion derantwortlich F. X. Dem⸗. 
Deutsches Reich. 3 
München, 29. April. Der „B. Kar.“ ist ermäshtigt zu 
tlären, daß an den (auch von uns erwähnten) Gerüchte, der 
direttor des Priesterhauses zu St. Jobann in München, geistl. 
stath Nißl, vormals Pfarrer in Pung, sei zum Erzbischofe in 
hamberg ausersehen, kein wahres Wort sei. 
Berlin, 28. April. So viel bis jetzt feststeht, wird am 
J. Mai, am Tage der Ankunft des Kaisers von Rußland, Fami⸗ 
iendiner im hiesigen königlichen Palais seen. Am 10. soll große 
Parade im Lustgarten zu Potsdam Statt fiaden. Die Abreise des 
daijers Alexander nach Ems erfolgt, so wet bis jetzt bestimmt, am 
.1. Abendd. 
Frankreich. 
Paris, 29. April. Der Figaro versichert, wie er sagt, auf 
Srund ihm vorlitgender. durchaus authentischer Dokumente, daß 
handel und Gewerbe sich in Paris in diesem Augenblick und na⸗ 
nentlich seit Anfang April eines lebhaften Aufschwungs erfreuen, 
die Eisenbahnwerkstätten haben eine beträchtliche Anzahl neuer 
Arbeiter angeworben, die Maurer-Gesellen und Handlanger, die 
stjährlich aus der Provinz herbeiströmen, haben sofort Beschäf⸗ 
igung gefunden, in den Lederfärbereien hat man alle Hände voll 
u thun und dasselbe ist in den Zuckerraifinerien dee Fall, wo 
nan öfter noch zur Nachtarbeit seine Zuflucht nehmen muß, um 
nur allen Bestellungen nachzulommen. Nicht so glänzend sieht es 
n der Luxusindustrie aue, doch wird auch hier nicht mehr gefeiert, 
vie allzuhäufig seit dem Kriege. So haben die Juwel ere, welche 
im meisten betroffen worden waren, ihre Thätigkeit wiederaufneh— 
nen können und keinen Grund mehr zu Klagen. Seit Ostern 
ehen die Modewaarengeschäfte ihre Einnahmen von Tag zu Tag 
vachsen und die Seidenhändler insvesondere reiben sich vergnügt 
sie Hände, während die Gewölbe der Kunst- und Antiquitäten 
händler wieder, wie ehedem von reichen Ausländern besucht 
derden. 
Italien. 
Rom, 29. April. „Opinione“ schreibt: Bei der langen 
Anterredung des Königs Villor Emanuel mit dem deuischen Kron- 
xxinzen sei natürlich die politische Lage besprochen und nach den 
er „Opinione“ zugegangenen Insormationen eine vollständige 
lebereinstimmung der Anschauungen und vollkommenes gegenseitiges 
Zertrauen an den Tag getreten. Dem Kronprinzen werde der 
⸗ahre Ausdrud der öffentlichen Meinung nicht entgangen sein J 
aß Italien ebenso empfänglich für die Freundschaft mit Deutsch- 
and sei, wie es sich zur Ehre rechne, einem so tapferen und aus 
ezeichneten Fürsten seine Gastfreundschaft zu erweisen. F 
Belgien. 
Brüfsel, 29. April. Berichten aus Charleroi zufolge 
ind günstige Ausichten für die Wiederausnahme der Arbeit durch 
ie strikenden Grubenarbeiter pvorhanden. Die Aufcegung ist age⸗ 
dwunden und die Angelegenheit in der Hauptisache erledigt. 
BVermischtes. 
sHerr Pfarrer Mahr schreibt aus seiner Haft an das, Bam. 
dollsbl.“ Folgendes: Ich erlaube mir Ihnen mitzutheilen, daß 
dam Dienstag den 20. April Mittags im Zellengefängniß ein 
letreten bin. Meine Zelle Nr. 195 ist freundlich, mit dem Noth⸗ 
vend'gen eingerichtet, jedoch natürlich ohne Federdett, sondern nur 
ine Garnitur von Matratzen enthaltend. Ich darf meine eigene 
dleidung nagen, mich mit Lektüre beschäftigen und zweimal des 
Tages eine Bewegung im Garten machen. Die Kost habe ich mit 
en übr'gen Sträflingen gemeinsam, Wasser und Brod und drei⸗ 
nal Suppe des Tages, zweimal (Mittwoch und Sonntag) Fleisch 
40 Gramm, da die Hausordaung leine Ausnahme geflattet, da— 
ud auch nicht Bier, Kaffee, Wein ꝛc. Licht darf ich nicht bhrennen.