Full text: St. Ingberter Anzeiger

Si. Angberlke 
Ingberker Anzeiger. 
Der St. Inaberter Anzeitger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags. 
Rummer erscheint wochentlich viermal: Dinstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Assnnementsvreis vierteliährig 42 Krzr. ode 
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Donnerstag, den 13. Mai 1875 
Deutsches Reich. 
München, 10. Mai. Upsere Residenzstadt hat heuie, am 
Jahrestage des Frankfurter Friedensschlusses, das Andenken ar ihre, 
in dem glorreichen Kriege von 1870/71 gefallene Söhne in erhe— 
hender und würdiger Weise gefeiert: es erfolgte die Enthüllung 
ser im Säulengange des neuen Nathhauses aufgestellten Marmor⸗ 
afeln, welche die Namen von 173 Munchener Officieren und Sol⸗ 
daten, Edie den Heldentod starben, enthalten. Je eine Compagnie 
oder Escadron von allen h'esigen Regimentern, dann sämmiliche 
strieger · und Veteranen⸗Pereine der Hauptstadt und deren Vor—⸗ 
städte mit ihren Fahnen und Musikcorps, waren auf dem Platze 
vor dem Rathhause in einem offenen Viereck aufgestellt. IJ. KK. 
59. die Prinzen Lu'tpold, Leopold, Arnulph und Herzog Ludwig, 
die k. Staatsmenister, die Generalität und das Officiercorpz, die 
Rectoren der Universität und des Polytechnikums u. s. w., dann 
unsere Gemeindeccllegien hatten sich zu der Feier eingefunden, zu 
welcher auch die Anverwandten der gefallenen Helden auf besondere 
Kinladung erschienen waren. 
Berlin, 10. Mai. Der Kaiser von Rußland fuhr heute 
Nachmittags gegen 83 Uhr beim auswärtigen Amte vor, um den 
Fürsten Reichstanzler mit einem Besuche zu beehren. 
Berlin, 11. Mai. Der Kaiser von Rußland und Kaiser 
Wilhelm besuchten gestern Abend das Wallnertheater; heute Vor— 
mittag fuhren dieselben gemeinschaftlich nach dem Potsdamer Bahn⸗ 
jof, um mit der Kaiserin, mehreren Mitgliedern der kaiserlichen 
Familie und den württembergischen Herrschaften sich nach Potsdam 
iu begeben, wo um 11 Uhr eine große Parade stattfindet. Nach 
zer Parade gibt das Offizierkorps des J1. Garderegiments beiden 
daisern ein Tejeuner. Heute Abend findet eine Soirce flatt, wo⸗ 
ju 220 Einladungen, darunter Fürst Bismarck und sämmiliche 
Botschafter, ergangen sind. 
Die „Post“ schreibt: „Mehrere Zeitungen bringen d'e 
Nachricht von einem gegen die Person des Fürsten Reichskanzler 
und des Cultusministers Dr. Falk gerichteen Complott. Dies 
Nachricht ist, wie aus den hierher gelangten amtlichen Mittheilungen 
hervorgeht, leider nicht ohne ernste Unterlage. Die Spuren, so— 
weit sie bis jetzt haben entdeckt werden können, weisen auf pol⸗ 
aische Geistliche als Anstifter des Complotts und auf drei dem 
Namen nach bekannte Individuen als zur Ausführuag desselben 
gedungen hin. Wie es scheint, hat in dem vorliegenden Falle der 
religiöse Fanatismus sich nicht ohne Erfolg an den polnischen gewandt. 
Kassel, 10. Mai. Die „Freie Hess. Zig.“ weldet, daß die 
jessischen Agnaten gegen die vom Wiener Oberst⸗Hofmarschallamt 
derfügte Herausgabe der kurfurstlichen Silberlammer an Preußen 
Recursbeschwerde eingelegt haben. 
Frankreich. 
Paris, 11. Mai. Das oöjfihielle „Bulletin frangais“ 
chreibt: Alle großen Organe der Presse sind darüber einig, dem 
Besuch des Kaisers von Rußland am Berliner Hofe eine bedeu— 
ende Wichtigkeit beizumessen und in den politischen Kreisen herrscht 
illgemein die Ansicht, daß diese Entrevue den europäischen Frieden 
hefestigen wird, dessen Aufrechterhaltung bekanntlich der lebhafteste 
Wunsch Alexander II. ist. 
Oesterreich. 
Wien, 10. Mai. Die Wiener „Abendpost“ constatirt, da 
der Besuch des Kaisers von Rußland in Berlin gerade von den 
jerufensten Organen der öffenllichen Meinung im Sinne der Kräf—⸗ 
igung des allgemeinen Friedens und der Verstärkung der intimen 
Beziehungen bileuchtet werde, welche zwischen dea drei Kaiserreichen 
ich voslzogen haben. Enem Telegramm des „Pester Llohyd“ zu- 
olge bezeichnele Andrassy wehreren Personen gegenüber die neueffen 
Alarmgerüchte aus Frankreich als unoürdigen Vörsenschwindel. 
die „N. Fr. Pr.“ fügt dem hinzu, diß Deutschlands Boischafter 
n Paris, Fürst Hohenlohe, gelegentlich seines Abschiedsbesuches 
zeim franzoͤsischen Minister des Auswärtigen d'e bündigsten Ver— 
cherungen dez. der in letzter Zeit mehrfach ventilinten Friedens- 
tage gegeben habe 
England. 
London, 11. Mai. In heutiger Unterhaussitzung erklärt 
er Unterstaats Secretär Bourke, die Interpellation Dilke über an— 
ebliche deutsche Reclanationen in Paris heantwortend: er sei er⸗ 
reut. constatiren zu können, daß er heute Morgen aus Berlin 
Hersicherungen durchaus befriedigenden Charalters erhalten habe. 
Wir sind der Ansicht, daß lein weiterer Anlaß zu Befürchtungen 
sinsichtlich der Aufrechthaltung des europaäischen Friedens vorhan⸗ 
en ist·«· 
Bermischte2. 
fKaiserslautern, 11. Mai. (Kais. Ztg.) In Folge des 
von mehreren hiesigen Bürgern, deren Häuser an einer Districts⸗ 
traße stehen, eingelegten Rekarses hat dienk. Kreisregierung der 
Ffalz entschieden, daß bei Districts— und Staatsstraßen nicht die 
inwohnenden Hausbesitzer, sondern die Districtsgemeinde, refp. der 
Staat verpflichtet sind, auf ihre Kosten die Trotloirs herzustellen 
und zu unterhalten. 
.Landau, 11, Mai. Gestern früh wurde ein Artillerie 
Unteroffizier, welcher in der Nacht von Dammheim der Bahn ent⸗ 
ang hiecher gehen wollte, sich unterwegs aber an einer Böschung 
chlafen legte, unsanft aus dem Schlafe geweckt, er lag hart am 
Schienengeleise, als der erste Zug von Reustadi daherbrauste u.d 
die vor der Locomotive befindliche Vorrichtung ihn bei Seite schleu⸗ 
derte, ohne ihn jedoch weiter zu verletzen, ais daß elwa sieben 
ZStriche auf der Hant der Achsel fichtbar sind. Der Mann be— 
indet sich im Militärhospital. 
fHamburg, 10. Mai. Ein Telearamm aus Penzance 
Cornwallis) meldet über die Catastrophe des S chiller“ offi⸗ 
F'ell: Bei der Strandung des Schiffes wurden alle Boote floit ge⸗ 
nacht, 5 davon jedochh durch den Seegang zertrümmert. Der Ca— 
»itain wurde von der Commandobrücke über Bortd gespült, des⸗ 
zleichen de meisten Passagiere. Ein dreitägiger, die Beobachtangen 
zindernder Nebel veranlaßte den Verlust des Sch'ffes. Etwa 80 
Leichen sind bis jetzt ans Land getrieben. Nach den bisher vor— 
iegenden Nachrichten find 15 Passagiere und 29 Personen von 
)der Manschaft geret et. Das Schiff ist ganzlich zertrümmert. Wie 
aunmehr feststeht, sind von den 254 Passagieren und 110 Mann— 
chaften des „Schil ler“ 312 um ekommen. Die Geretllelen 
ourden von den Agenten der Schifffahrtsgesellschaft in Penzunce 
n Empfang genommen und versorgt. — Dem „Standardu zu⸗ 
olge that der Capita'n des Schiffes sein Möglichstes, um Ver— 
virrung fernzuhalten; er feuerte zuletzt seinen Rebolder über die 
döpfe der Passagiere und Maunschaft hin ab. Letztere 
oll aber das Beispiel des Capitäns nicht befolgt, und vielmehr 
an die eisene Lebensrettung, als an die der Frauen und Kinder 
dacht haben 
Wir machen hierdurch auf die im heutigen Blatte stehende 
Annonce der Herren Kaufmann und Simon in Hamburg 
»esonders aufmerksam. Es handelt sich hier um Orignal . Loose 
u einer sa reichlich mit Haupt-Gewinnen ausgestatteten Verloosung 
daß sich auch in unserer Gegend eine sehr lebhafte Betheiligung 
voraussetzen läßt. Dieses Unternehmen verdient das volle Ver— 
rauen, in dem d'e besten Staalsgarantien gebosen sind. 
Im allgemeinen Interesse finden wir uns veranlaßt, auf die 
m heutigen Blatte enthaltene Anronce des Hrn, Albert Frie— 
heim in Hamburg ganz besonders hinzuweisen. D'e angekün⸗ 
igten Originalloose können wir wegen der großen und zahlreichen 
Hewinne bestens empfehlen, und läßt sich das genaunte Haus an⸗ 
xelegen sein, alle Aufträge rasch und socgfältig auszuführen. 
Eine besondere Beachtung 
verdient die im heutigen Blatte befindliche Annonce des Hauses 
S. Sadhs u. Co. in Hamburg, das ins wegen prompter 
und aufmersamer Bedienung seiner Inleressenten auf's 
Rnaelegqentlichste enipfobhlen wird 
Für die Redaktion verantwotslich F. X. TF