Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
ler St. In.berter Anzeiger (und das mit ꝛem Hauotdlatte verdurdene Unterhaltunzsbratt, ait der Drenatazs⸗, Doↄuner at a3 4uο Sonutags 
ummer erlcheint woöchentliv vier mal: Dinstag, Donner Stag, S1anstaa und Ssnutagq. Anane nentaoreis vierteliahria 42 Rrit. ed r 
1 Mirk 29 R.fy. Anzeigen werden uit Keeit. vie Sĩrei'svaltige Zeile Blattschriit ader Deren Kaum zere hznet. 
Samstag. den 29. Mai 1875 
—N 
Deutsches Reich. 
glichen angesehen werden könnte. “Darüber, wie weit die Lösun 
dieser seit lange erstrebten Aufgabe fortgeschritten, gehen die Mit⸗ 
heilungen jedoch roch weit auseinander.“ Die gegennäruge Pa— 
rone des Mausergewehres ist eine Metallpatrone mit Centralzün⸗ 
dung und bei 25 Gr. Geschoßgewicht 5 Gr. Pulverladung. Die 
i yere Schußweite dieses Gewehrs wind bis zu 1600 Meter an⸗ 
gegeben (das Chossepotgewehr nur 1200. Meter). Das Laden der— 
ielben erfolgt einschließlich des Spannens mit drei Handgriffen, 
wogegen hierzu beim Chassepot- wie bei dem neuen franzosschen 
Boasgewehr, weil bei beiden die Vorrichtung zum Selbsispannen 
fehlt, vier Handgriffe erforderlich sind. 
Mündchen, 27. Mai. Die „Südd. Presse“ schreibt unterm 
6. Mai: Wie wir aus bester Ouelle erfahren, hat S. Majestät 
er König die Ernennung eines neuen Erzbischofs von Bamberg 
ereits vollzogen. Der Name des neuen Kirchenfürsten wird einst⸗ 
deilen noch gebeim gehalten. W 
München. Aus Aunlaß neuerlich wiederholt vorgekommener 
d zhandlungen von Soldaten durch ihre Vorgesetzten hat das 
zriegsmlnisterum eatsprechende Weisungen an die Officiere er— 
men. 
darlsruhe, 25. Mai. Die „Karlsr. Z.“ meldet: In 
videlberg wurden heute die Ratificationen des badisch-hessischen 
asenbahnvertrages betr. die Linien Neckarge:nünd⸗-Eberbach-⸗Neckarelz⸗ 
jagstfeld saw'e Eberbach-Erbach iind Mannheim über Lampertheim 
ach Worms mit Auschluß an die Riedbahn bei Biblis ausge— 
xchselt. 
Botha, 24. Ma'. Dee Sozialisten⸗Kongreß hat fich gestern 
anstituirt. Zu Vorsitzenden wurden Geib und Hasenclever ge— 
„ahll. Anwesend sind 180 Delegirte, welche 24448 Stimmen 
ind 284 Orte vertreten. G(W. Bl.) 
Aus Leipzig w'rd vom 21. Mai berichtet, daß gegen⸗ 
värtig die Delegirten-Versammlung derx deutschen Lehrershhaf dort 
sre Berathungen halte. Gegenstand einer äußerst lebhasten Debatte 
zar der sich allgemein in bedenklicher Weise fühlbar machende Lehrerman⸗ 
el. Der Referent stellt folgende Thesen auf: Staal und Gemeinden 
aben die Pflicht, dem Lehrermangel vorzubzugen: a) durch mate- 
jelle Besserstellurg der Lehrer, b) duüich Herbeiführung einer bes⸗ 
eren rechtlichen Stellung, c) durch Erleichterung der Berufsarbeit. 
z0 lange Staat und Gemeinden in dieser Beziehung nichts Befrie⸗ 
gendes dieten, hahen die Lehrer ihrerseits die Pflicht, von Heran- 
chung junger Kräfte abzusehen, und dahin zu wirken, daß Sei— 
as der Lehrer keine Präparanden mehr gebildet werden. — Bei 
darauf folgenden Abstimmung wurden die angeführten Thesen 
ut geringen Aenderungen angenommen, und außerdem der Beschluß 
efaßt, zur Förderung der Schulstatistik ein statistisches Bureau zu 
crichten, zu dessen Sitz Lespzig in Aussicht geuommen ist. Es 
errschte in der Versammlung eine Erregtheit und Unzufriedenheit, 
je auf die Verhältnisse des deutschen Lehrerstandes merkwündige 
Zztreiflichter wiuft. So wurde, um nur das Bejzeichnendsie hervor⸗ 
aheben, der Antrag gestellt: „die deutschen Lehrer möchten sich 
em Lehrermangel gegenüber nicht nur gleichgiltig verhalten, sondern 
eunselben sogar mit allen Mitteln besördern, insbesondere keinge 
bräparanden mehr ausbilden, und jeden jungen Mann, der ent⸗ 
dlossen sei, den Lehrerberuf zu ergreifen, davor ausdrücklich 
darnen.“ 
Berlin, 26. Mai. Der „Vossischen Zig.“ wird berichten: 
Lähtend sich die Ausrüstnng der deutschen Infanterie mit dem 
ruen Mausergewehr noch in der Vorbereitung begriffen befindet, 
ie der Kavallerie mil dem umgeänderten Chassepot-Karabiner 
ber groͤßtentheils noch aussteht, sind gegenwärtig schon die neuen 
Nauser-Narabiner, deren Einführung erst nach Abschluß der ge⸗ 
mmten Gewehrlicferungen beabsichtigt wurde, auf der Schießschule 
Spar dau größeren umfassenden Versuchen unterzogen wo. den. 
3 möchte danach fast scheinen, als ob die Neubewaffnung der 
xutschen Kvallerie mit einer weitiragenden Schußwaffe gleich mit 
viesen Karabinern bewirkt werden und das Zwischen- Stadium der 
lutrüstung derselben mit den umzeänderten ChasspotKarab' nern 
anz fortfullen sollte. Die neuen Ring-Gußstahlgeschütze sindebei 
ielen Batterieen der deutschen Feldarl'llerie dereits ringestellt 
vorden. Die Gewehrausrüstung der Jufanterie dürfte für die 
immtlichin 16. Armeekorps der deutschen Armee vielleicht noch 
nit diesem Jahre ihren Abschluß erreihen. Es steht dann noch 
»e Ecsüllung der wichtigen Aufgabe der Konstruktion einer Ein— 
eitspatrone qus, mit deren Einführung der Unterschied zwischen 
ner Bewaffrung der bayer schen Armee wit dem Werder⸗ und der 
Reutschen Arme⸗ mit dem Mausergewehr als so aut wie ausge- 
Oesterreich. 
Wien, 28. Mai. Die „Presse“ erfähr?‘, Joseph Wiesinger 
jei nicht der Urheber des Attentatsplanes gegen den Fürsten Bis— 
narcẽ. Ein Anderer, welcher noch gesucht werde, habe den Plan 
Jefaßt und den betreffen Antragsbrief geschtieben. Wicfinger babe 
war um den Inhalt gewußt, aber nur die Ueberreichung des Brie- 
'es und das Abholen der Anatwort übernommen, wofür ihm ein' 
)onorar von 2900 Gulden und ein Antheil an der durch das 
Verbrechen zu verdienenden Summe zugesichert gewefen sei. Ein 
Telegramm der „Presse“ aus klerikalen Kreisen Roms glaubt hin— 
zegen versichern zu können, daß dem Jesuitengeneral weder von 
dem Joseph Wiesinger noch von irgend Jemandem in irgend einer 
Form der Antreg zu einem Attentat auf den deutschen Reichskanz⸗ 
ler gestellt worden sei. — 
Frankreich. 
Paris, 22. Mai. Ein Vorschlag zur Verhütung des Krie— 
seß. Auf einen gar nicht üblen Einfall, den Kriegs efürchtungen 
in für alle Mal ein Ende zu machen, ist der besannte Emil de— 
virardin gekommen, der in der „France“ ein Heilmittel propo⸗ 
nirt, dos von deutscher Seitle nur befürwortet werden kann, —* 
mit welcher Aussicht auf Erfolg, ist allerdings mehr als zweifel⸗ 
jaft. Der interessante Artiket, der sonderbarer Weise im Minisie— 
ium zur Sprache gekommen fein soll, lautet wie folgt: ... 
„Deutschland hat die Macht, seien wir der Reichthum. Was 
jaben uns alle Milliarden genützt, welche wir seit einem halben 
Jahrhundert zur Unferhaltung unserer Armee ausgegeben haben. 
Zie haben nur dazu gedient, uns jenen falschen nund übertriebenen 
Begriff von unserer militärischen Macht zu geben, welcher in weni⸗ 
gen Wochen den Verlust von Elsaß-Lothringen, den Verlust von 
Metz, von Straßburg und von Milliarden, den Berlust unseres 
ilten Ansehens, unferes kegitimen Einflusses, unseres Prestige, ja 
des Vertrauens in uns selbst herbeigeführt hat. Wenn es ihm 
gefällt, so mag Deutschland immerhin seine Armee auf dem Kriegs- 
uße erhalten und fortfahren, fich selbst und Europa zu überzeugen, 
daß Frankreich es ist, welches den Frieden bedroht. Diese Täu— 
chung der aus dem Reptilienfond bezahlten Presse erfordert ein 
mnberdächtiges Dementi. Wir wollen es wagen, dies Dementi zu 
jeben. Haben wir die Kühnheit, die Rüstungen Deutschlands aicht 
wehr zu beachten, als ob es niemals solche unternommen! Haben 
vir die Kühnheit, unsern Effeltivstand auf eine Ziffer zu ver⸗ 
ingern, welche zur Aufrechthaltung der Ordnung im Janern ge⸗ 
ügt! Haben wir d'e Kühnheit, dem obl'gatorischen Militärdienste 
i entsagen, den wir Preußen nachgeahmt, aber in unseren, volon- 
ꝛriat d'un an“ verdreht haben. Deutschland steht sichtlich auf 
er Lauer nicht nach einem Molive zum Kriege, sondern nach dem 
zchatten eines Vorwandes. Unser ganzes Bestreben muß es sein, 
as seine zu vereiteln, indem wir ihm keinen Vorwand geben, in⸗ 
em wir seinen Beobochtungen zuvorlommen, und seinen allein 
egründeten Vermuthuncen auf eine von Frankreich deobsichtigte 
kevanche den Boden entzieden. Haben wir den Muth der Auf— 
ichtigkeit. Wohin würde uns unsere Revanche führen, selbst eine 
nit Erfolg gekrönte? Sie würde dahin führen, die alien sieben-, 
reißige und hundertjährigen Kämpfe wieder aufleben zu lassen ... 
ören wir auf, in den Personen des Kaisers Wilhelm und seines 
eichicken und großen Ministers des Fürsten Bißmnarck unßere tödt—