Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ss. Ingberker Anzeiger. 
der Si. Pnaberter Anzeiger (und das mit dem dauptblatte verbundene Usiterhaltu 2383blatt, mit der Dienstaas⸗-, Donnerstags⸗ und Sonntags 
hummer erscheint wochentlih viermal: Dinstag, Donnerstag, Sümstag uid Sonntag. Aponnementspreis vierteljährig 42 Ærit. ode 
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M 91 J Somstag, den 12. Juni 
18178 
Deutsches Reich. 
haben mir vorgestern gedroht, mir Ihren Degen durch den Leib 
zu jagen.“ Der Oberft gab seinen Leuten ein Zeichen, welche den 
Ziudringling vor die Thür seßten. — Am 4 Juni passirte der 
DOberst die Rue des Ascs, um sich nach einer Kaserne zu begeben. 
Im Augenblicke, wo er fich anschickte, den Grafen von Flandern 
zu grüßen der ihm von zwei Ordonnanzen begieitet entgegenkam, 
zjörte er den Knall eines Schießgewehes und eine Kugel vor seinen 
Ohren vorüberpfeifen. Unmittelbar darauf fraf ihn eine zweite 
dugel am Ellenbogen. Er bückte sich instinctmäßig zu feinem 
Blücke; denn vier and re Kugeln flogen über ihn hinweg. Einer 
der Ordonnanzofficiere des Grafen von Flandern hatte fich 
enzwischen auf den Mörder geftfürzt und ihm einen Degenstich in 
die Brust versetzt. Polizei-Agenten bemächtigten sich seiner; es war 
derselbe Mensch, der mit dem Obersten jenen Streil gehabt hatte. 
Die Wunde Olibiers — die Kugel hat.evom Ellenbogengelenk abwärts 
)en ganzen Vorderarm gestreift — giebt keine Veranlufsung zu 
Besorgnissen. 
München, 7. Juni. Für die nächste Finanzperiode ist 
ine Vorlage über Revision der Steuergesetze, und zwar auf Grund⸗ 
age des b'sherigen Steuersystems, dem Landtag in 
Aussicht gestellt. Die hiezu nöthigen Vorarbeiten sind bereits pom 
igl. Finanzministerium, und zwar größtentheils vom Hrn. Minister 
— 
nanche Bestimmungen in den dermalen bestehenden Steuergesetzen 
nicht mehr ganz zeitgemäß sind, und dieselben einer Verbesserung 
jach manchen Richtungen hin bedürftig erscheinen, anderntheils 
werden Aenderungen durch die aus der Einführung der Reichssmark 
vpährung und deren Rechnung entsprt'ngenden Verhältnisse noth— 
pendig. 
München, 8. Juni. Wie d'e „Südd. Presse“ hört, soll 
we ganze, von der Regierung für die nächste Finanzperiode beab 
ichtigte Erhöhung der Beamtengehalte darin bestehen, daß für 1fl 
JMark 80 Pf. — Ufl. 3 kr. gezahlt wrrd. 
München, 9. Juni. Der „Bayher. Kur.“ ecfährt, daß d'e 
Urwahlen für die Abgeordneten-KRammer auf den 15. Juli, die 
Abgeordnetenwahlen auf den 24. Juli festgesetzt seien. 
München, 9. Jun'. Die demnächst ia der bayer. Armee 
jür die Erntezeit eintretenden Beurlaubungen sind weit umfangrei⸗ 
her, als in früheren Jahren; auch erhalien dieselben eine Z01ägige 
Dauer — Besdes aus finanziellen Grü: den. In der That werden 
unuch durch diese Beurlaubungen sehr bedeutende Ersparnisse im 
Militärhaushalt erzielt werden. 
Berlin, 8. Juni. Wegen Abdruck der päpstlichen Encheca 
einiger Raisonnements zu derselben und wegen Abdrucks des Hirten 
zriefes des Herrn Bischofs von Eichstätt wurde heute der ehemalige 
Kedakteur der „Germania“, Paul Kosiolek, zusaätzlich zu einem 
Jahre Gefängniß verurtheilt. (Germ.) 
Berlinn, 9. Juni. Der „Reichsanzeiger“ veröfsentlicht eine 
Bekanntmachung vom 7. ds. Mis., über die Außercourssetzung der 
halbguldenstücke süddeutschee Währung, der vor 1853 geprägten 
Dreißigkre zerstücke und der Fünfzehnkreuzerstücke deutschen Ge 
näges. 
Jugenheim, 10. Juni. Der Kaiser von Rußland und die 
Nönigin Olga von Württemberg sind heute hier eingetroffen. Die 
jelben wurden in Darmstadt durch den Großherzog, den 
Prinzen und die Prinzessin Karl und den Prinzen Heinrich 
empfangen. Die Königin Olga wird bis zum 13. ds. Mtis. hie 
yerweilen. 
Bermischtes. 
f Kaiserslautern, 9. Juni. In die heutige Sitzung des 
tgl. Polizeigerichts waren nicht weniger als etwa 70 Kaufleute hie⸗ 
siger Stadt, we en Verkaufs von gefälschtem Pfeffer, dessen chemische 
Aaalyse bis 75 Procent ,Bindemitsel“ ergeben haben soll, gela⸗ 
den. Sämmiliche wurden in eine Strafe von je einem Thaler ver⸗ 
artheilt. (Pf. 3.) 
F In Ogger 3heim wurde in der Nacht von Sonntag auf 
Montag ein junger Mann mit 7 Messetstichen tractir und liegt 
schwer, wenn n'cht hoffnungslos darnieder. Der Thäter wurde ver⸗ 
haftet. 
Der .D. A.“ schreibt aus Deides heim: Zu unserm 
tiefslen Bedauern sind wir gezwungen, einen Akt der erbärmlichsten 
Rohheit berichten zu müssen. Der vor ungefähr 14 Tagen von 
dem Kriegerdenkmal herabgeworfene Reichsadler wurde in der Nacht 
om 1. auf den 2. Juni in den dem Friedhofe naheliegenden 
Baulsbach geworfen. In Folge dessen ist derselbe dermaßen be⸗ 
chadigt, daß er auf dem Denkmal nicht mehr angebracht werden 
lann; die Stadtgemeinde ist somit verpflichtet, cinen andern Adler 
zießen zu lassen. 
Der Schifferstadter Bursche, welcher am Sonntag in Wald⸗ 
ee v rwundet wurde, ist am 8. d. gestorben; er heißt Philipp 
Bill und war die e'nzige Stütze seiner Muller, einc Wiltwe. Der 
Thäter ist verhafiet. 
fBischof Reinkes wird am 13. Juni in Landau, am 18. 
in Dürkhein am 16. in Kaiserslautern, ain 17. ig Kusel, am 
18. in Zweibrücken, am 20. in Saarbrücken, am 21. in Ober 
tein (Fürstenthum Birlenfeld) eintreffen. 
Munden, 9. Juni. Der Generalmajor a. D. J. Heti 
berling ist gestern Abend hochbetagt dahier verstorben. 
F München.. Das Militärbezitksgericht verhandelte gegen 8 
Soldaten vom 12. Inf⸗-Reg., welche in Um einen würtlember⸗ 
zischen und auch bayerische Unteroffiziere attalirten, wobei die Worte 
äelen: „Die Unteroffi iere, die Hunde, muß man hauen.“ Die 
Berhandlung ergab, daß sich vier Soldaten bei dem Angriffe 
nicht betheiligten, sondern von Excesfen abtiethen. Die andern 
vurden des Aufruhrs im Komploit schuldig befunden und Brach 
zu 6 Jahr, Schick zu 8 Jahr, Hornist Göbler zu 4 Jahr Zucht- 
haus, Lachner zu 42 Tagen Hast derur theilt. 
F Im Dorfe Neuhausen GMiederbayern) sind in der Nacht 
zum d. Juni 15 Firste abgebraunt. Das Feler griff so rasch um 
sich, daß fast nichts gerettet werden kornie. Veeh, Mobiliar und 
Fahrnisse wurden ein Raub der Flammen und leider ist auch der 
Verlust eines Menschenlebens zu beklagen, emes Kindes, welches 
nicht mehr gerettet werden konnte. 
fDie Eisenindustriellen fangen an, für die Erhöhung dies 
Eisenzolles zu petit oniren. So ber'ich'el man, daß aus den rhei— 
nischen Kreisen eine Eingabe an den Kaiser gerichtet worden ist, 
in welcher die traurige Lage der wesifälischen Kleineisen ⸗u8 
Frankreich. 
Paris, 9. Juni. Gerüchtweise verlautet, daß der Mar 
chall Mac-Mahon rach der Revne vom nächsten Sonntag an die 
Armee einen Tagesbesehl richten wird, in welchem er dem lebhaften 
Bunsche Fraukreichs, den Frieden zu erhalten, Ausdruck geber 
vürde. 
Belgien. 
Aus Brüssel wird Näheres über die Affaire Olivier ge— 
hrieben: Am vergangenen Dienstag um 7 Uhr früd begab sich 
er Oberst der Guiden, Olivier, zu Pferde nach dem Mandver 
selde durch die Straße Belliard. Dort begegnete er einem Manne 
ind zwei Frauen, welche Körbe trugen. Als das Pferd eine plötz 
iche Bewegung machte, um dem Geleise der Pferdebahn auszu 
veichen, ließ eine der Frauen, wie es schim, darurck 
aschreckt, ihceen Korb fallen. Darüber! geriet hihr Beglei 
er dermaßen in Zern, daß er den Obersien einen Dummlop 
gannte und einen Stein aufraffte, um jenen damit zu werfen. Der 
dberst parirte sein Pferd und rief: Wenn sie mich unglücklicher⸗ 
deise treffen sorten, so renne ich Ihnen weinen Degen durch den 
deib.“ Darauf ließz der Mensch den Stein fallen und der Oberst 
thte seinen Weg fort. Am dritten Tage darauf forderte ein In— 
id'daum bei dem Obersten Enlaß, ohne seinen Namenzu nennen. 
Herr Oberst,“ fagte der Eingetretene, ich komme, um don Ihnen 
Satisfaction für die mir zugefügte Beleidigung zu fordern Sie