Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Acnzeiger. 
der St. PInaberter An zeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗ Dounerstags⸗ und Sonntags 
kummer erscheint wochentlich vie rmal: Dinstag, Donner sStag, Samstag und Sonn tag. Abonnementspreis vierteljiährig 42 Krzr. ode 
1 Mark 20 R.Pfg. Anzeigen werden mit 4 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet. 
Dienstag, den 15. Juni 1875 
RR93 
— — 
Deutsches Reich. 
München, 11. Juni. Das heute erschienene Verordnungsblatt 
zublizirt eine königliche allerhöchste Entschließung, durch welche die 
Juflösung des genwärtigen Landtages ausgesprochen wird, und eine 
Bekanntmachung, welche die Urwahlen zum neuen Landtage auf den 
15. Juli und die Abgeordnetenwahlen auf den 24. Juli anberaumt. 
Die Wahlbezirkeintheilung für die Pjfalz ist folgende: J. Speier: 
zandg. Frankenthal, Goͤllheim, Gründstadt, Ludwigshafen, Speier 
113,030 Seelen) 4 Abg.: II. Edenkoben: Landg. Dürkheim 
Fdentoben, Landau, Neustadt (125,015 S.) 4 Abg.; UI. Kandel: 
dandg. Annweiler, Bergzabern, Germersheim, Kandel (90,504 S.) 
; Abg.; WV. Zweibrücken: Landg. Blieskastel, Dahn, Hornbach 
5t. Ingbert, Pirmasens, Waldfischbach, Zweibrücken (100,023 
Zerlen) 3 Abgeorde.; V. Landstuhl: Landgericht Homburg, 
dusel, Landstuhl, Lautereckn, Waldmohr, Wolfstein (87,5283 S.) 
3 Abg.: VI. Kaiserslautern: Lardg. Kaiserslautern, Kirchheimbo 
anden, Obermoschel, Otterberg, Rockenhaufen, Winuweiler (99, 4835 S.) 
3Abg. Zusammen 20 Abgeordnete. 
Frankreich. 
Paris. 11. Juni. In Paris besteht jetzt auch eine Art 
vn Erbswurst-Fabrik. Gründer derselben ist ein Hert Gruvel, 
velcher das Monopol der Fabrikation für ganz Frankreich erhalten 
zat. Die Würste — sie führen den Namen „Saucissona Gruvel“ 
— wurden durch ein kriegsministerielles Decret für die ganze Armee 
ungenommen und sollen bei den Herbstmanövern, für welche der 
riegsminister 100,000 Stück bestellt hat, zum ersten Male in 
debrauch kommen. Verschiedene Versuche wurden von der Mili— 
arbehörde mit den Würsten gemacht. Sie setzte eine gewisse An- 
jahl derfelben wochenlang allen Einflüssen der Witterung aus, 
saandle andere nach Buenos-Aires und ließ sie zurüdkommen, ohne 
daß d'eselben im geringsten gelitten hatten. Die madrider Regie— 
cung steht mit Gruvel wegen der Lieferung von 100,000 Stüd 
in Unterhandlung und die englische Regserung soll mit ihm für 
Dstindien abgeschlossen haben. Die Würste sind mit Fleisch, Bohuen. 
rrbsen und Linsen ongefüllt. Die Blasen für die Würste fertigt 
zruvel nicht selbst an; er läßt sie von Stuttgart kommen,; dagegen 
oll die Art und Weise des Verschließens der Würste seine Erfin. 
ung sein. 
Vermessenheit sei, den Gott der Liebe und Versöhnung in sündige 
nenschliche Händel hereinzuz ehen; o wie dumm und vermessen — 
vird ausgerufen — sind Diejenigen, die sich unterfangen, solchen 
Wahnwitz auszusprechen, sie sind Christen weder von Herzeu, noch 
von Verstand; freilich, — wird fortgefahren, — findet man solche 
Vermessenheit nur bei Denjenigen, d'e ein Interesse daran haben, 
venn sich die Völker zerfleischen und hassen, wie zwei Hunde, die 
»on ihren Herren auf einander gehetzt wecden. Die gegen den 
Reichslanzler Fürsten von Bismarck in Bezug auf seinen Beruf 
ndizirten. Beleidigungen finden sich im vierten und fünften Adsatze, 
in Delchen gesagt wird, Fürst Bismarck sei bei Belämpfung des 
lirchlichen Schwindels in den politischen verfallen; in Bizug auf 
die Aeußerung des Fürsten, daß er Gott zu dienen glaube, wenn 
er dem Koönige diene, wird gefragt: Ist das nicht eine abnorme 
Bermessenheit? Heißt das nicht Gott herabwürdigen? In dem sieben⸗ 
ten Abdsatze kommt der Passus vor: Geschictten Escamoteuren freilich 
nag es schon gelinen, der Menge den Wahn beizubringen, daß des 
Zonigs und des Volkes Rechte identisch seien; Bismarck habe vor 2 
Jahre. die großen Worte ausgerufen, der König gehöre auch zum 
Bolke. Der Aufsatz schließt, — rachdem vorausgeschickt war, der 
Siegesrausch werde wieder verrauschen und das Volk werde wieder 
auf sich selbst zurückkommen, —: „Alsdann werden sich die gebil— 
deten Deutschen wundern, wie es in der zweiten Hälfte des 19. 
Jahrhunderts noch möglich war, den Namen Gottes in unchristli⸗ 
her und vermessenster Weise zu mißbrauchen, ohne daß auh nur 
ine Stimme aus der großen Zahl der gebildeten in berechtigtet 
xẽntrüstung dagegen protestirte.“ (Schluß folgt.) 
Bermischtes. 
fF St. Ingbert, 14. Juni. Zu der heute eröffneten 
—ADV 
sjesigen Canton Herr Carl Victor Graffion von der Schnappdach 
inberufen. 
F Kaiserslauteren. Laut Beschuß dis Siadtraths wird 
die Stadt zum Bau des Gymnasialgebäudes 25, 000 fl. sowie den 
Bauplatz im Werih von 15,000 fl. geben. Nach dem Kostenan- 
chlag würde dann der Staat noch 58,000 fl. für den Bau auf— 
uwenden haben. 
— — F Neustadte, 12. Juni. In den letzten Tagen sind hier 
Pfälzisches Schwurgericht. wei Rohheiten verübt worden, wie sie glücklicher Weise in unserer 
EI. Quartal 1875.) Pfalz weniger oft vorzulommen pflegen, als in dem messerbereiten 
f Zweibrücken, 14. Juni. (Z3w. Z.) Nach einer kurzen Niederbayern. Ein Vater, seines Zeichens Wingertsmann, W. in der 
Ansprache des Schwurgerichtspräsidenten, k. Appellationsger'chtsra Webergosse, stach gestern in der Trunlenheit seinem neben seiner Frau 
hes Ludwig Alois Molitor, an die Geschworenen wurde zur Ver- itzenden Sohne, das Messer zweschen Beiden durchstoßend, in die 
nndlung der ersten Sache geschritten: Angeschuldigt sind wegen Weichen, so daßg Letzterer gefährlich darniederl:egl, und in der Metz⸗ 
zreßvergehenzs: a) Anton d'Angelo, 42 Jahre alt, Buchdrucker und zergasse erhielt Aufangs der Woche ein Schuhmacher' einen Stich, 
erzeitiger Redalteur der zu Kaiserslautern erscheinenden „Pfälzischen zu dessen Heilung er ia's Spital gebracht werden mußte. 
PJollszeitung,“ b) Philipp Rohr, 48 Jahre alt, Buchdrucker und F Landau, 14. Juni. Gestern Nichmittag zwischen 8 und 
derleger der genannten Zeitung, beide zu Kaiserslautern wohnhaft. bUhr machte ein jungec tüchtiger Officier der hiesigen Garnison, 
die k. Staatebehötde ist vertrelen durch den k. Staatsan valt Petri. — Herr Premier-Lieutenant G— in seiner Wohnung durch einen 
ie Vertheidigung führt Anwalt Gießen. Die Anklage stellt im Revoiverschuß in den Kopf seinem Leben ein Eude. — Ueber die 
Wesentlichen Folgendes auf: Motive zu dieser traurigen That verlautet nichts Bestimmtes. 
Die Nummer 89 der am 31. März laufenden Jahres zu F Stuttgart, 9. Juni. Die verschiedenen Comite's, welche 
daiserslautern erschienenen „Pfälzischen Volkszeitung“ enthielt einen nit den Vorarbeiten für das deutsche Bundesschießen beschäftigt 
Der Mißbrauch des Namens Gottes“ überschriebenen Aufsatz, in ind, haben ihre Aufgabe nahezu etledigt. Auf dem Fesipiohe 
velchem Beleidiguncgen des Deutschen Kaisers und des Reichskanzlers ist die Bauthätigkeit in vollem Gange. “Den jchönsten Schmuck 
Fürsten von Bismarck indizirt waren. In dem ersten Absatze war des Festplatzes wird der Gabentempel bilden. Die Errichtung des⸗ 
ꝛabon gesprochen, daß wir noch vor Kurzem erlebt, wie die Be⸗ selben erfordert einen Aufwand von 6000 fl. Die Festmedaille 
urrscher großer „intelligenter“ Vörker bei ihren Streitigkeiten, die st entworfen; die hiesige Münze ist bereits damit beschäftigt, 1000 
nit Strömen von Menschenblut geschlichtet werden mußten, Gott Stück derselben auszuprägen. Die Medaille hat einen Werth von 
um Beistande angerufen, —worin eine Anspielung auf die im Jahre 5 Mark. 
1870 - 1871 von dem dermaligen deutschen Kaiser an d'e deutsche Metz, 10. Juni. Heute früh wurde in hiesiger Notre— 
Nation erlassenen Ausprachen und Aufrufe und d'e von demselben Dame⸗-Kirche neben dem Beschtstuhl ein gesundes etwa drer Wochen 
dusg gangenen Telegramme nicht zu verkennen ist; weiter wird altes Kind männlichen Geschiechts ausgejeßt vorgefunden und dem 
m zweiten und dritten Absatze gesagt, beziehungsweise gefragt, ob St. Nicolaus Hospiz zu einstweiliger Pflege übecwiesen. Der Fall 
ticht in diesen Manifesten und Telegrammen ein strafbarer Miß-⸗ erregt begreiflicher Weise viel Aufsehen in der Stadt; Nachforsch⸗ 
Rauch des Namens des christlichen Go'tes liege, ob es nicht eine ungen nach der Muller des Kindes sind eingelcitet.