Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker 
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gberker Anzeiger. 
zet Si. Anaberter Anzeiger (und daß mit dem Hauptblatte verbundene Uaterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗- und Sonntagß 
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Donuerstag, den 29. Juli 1875 
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Deutsches Reich. LKongreß eingesetzt hat, versammeln. Die Mitglieder desselben 
München, 25. Juli. In Nenburg a. D. hatlen die kalho⸗ sind: Dr. Wines (Newyorl), Präfident, Mark. Beltrani⸗Scalia 
ischen Geistlichen den Muth, sich bei den Wahlen offen zur liberalen (Kom), Stkretär, Dr. Frey (Wien), Dr. Guillaume (Neuchatel), 
hartei zu belennen. Sie wurden denn auch als Wah männer von Loyson (Lyon), Pols (Amsterdam), Stevens (Brüssel), Sollohub 
zen Liberalen gewählt, aber die ultramontane Presse säumte nicht,“ (St. Petersburg), v. Holtzendorf (München,) Hastings Condon). 
iber diese „Verräther“ mit einer Fluth von Verwünschungen und A — 
Berdächtigungen herzufallen. Einer derselben, Romeis, Rector des 
atholischen Gymnasiums in Neuburg, weist nun die Angriffe öͤffent 
ihh zurück und erklärt dabei unec Anderm: „Ich nehme auch als 
Zeistlicher unbeschadet meines geistlichen Standes, das Recht in 
Anspruch, als Christ gegen Menschen jedweder Religion und jeder 
volitischen Parteifarbe die Pflicht der Liebe zu üben, als Staats⸗ 
ürger aber allein meinem Gewissen verantwortlich zu sein bezüglich 
zessen, was ich für Staat und Kirche ersprießlich halte und an— 
trebe.«Es ist freilich eine überaus unwürdige Position, in der sich 
jeute der Katholicismus bei uns befindet, wo selbst die Oberhirten 
der Kirche durch die Verhältnisse sich genöthigt sehen, mittelste Hir⸗ 
enbriefe in die Arena des Wahlkampfes herabzusteigen. Aber kein 
Bischof wollte oder konnte in seinem Wahlhirtenschreiben einem 
Beistlichen verbieten, sich von einem liberalen Wahlkomite als 
Wahlmann vorschlagen zu lassen, und es ist geradezu unmöglich 
mnzunehmen,“ daß die Bischöfe in ihren Hirtenschreiben, wenn sie 
die lirchenfeindlichen Bestrebungen des Liberalismus verurtheilten, 
damit zugleich so ohne Weiteres auch alle liberalen Wähler, einen 
großen Theil ihrer eigenen Diözesanen, nicht nur als Gegner der 
irche, sondern auch als Feinde der Religion, ja des Christenthums 
zrandmarken wollten, wie dies daher geschehen ist Seitens der 
Stimmführer der patriotischen Partei, welche aastait im Sinne und 
heiste des Hirtesbriefes ihres Bischofes für die Wahten zu wirken 
ihren Gegnernemit allen erdenklichen Anschuldiguagen gegenüver 
ireten. Ich für meine Person empfand in dem wüsten 150schen ⸗ 
ind Feuerregen, den der nie rastende Vulkan unserertiszöoffentlichen 
Presse seit Wochen betreffs der bevorstehenden Wahlen niederfallen 
aßt, eine wahre Erquickung bei dem Durchlesen der durchauswürdigen 
hirtenworte des Mannes, der in unserer verwirrten Zen den uralten 
Stuhl des heiligen Ulrich ziert. « Aber dennoch wagédich »Ju be— 
weifeln, daß das wahre Wobl und Beste unseres lieben dayerischen 
Vaterlandes, das der derselbe in seinen Hirtenwortenso warm be⸗ 
sont, von der Mehrheit einer Abgeordnetenkammer bewirkt werden 
wird, welche sonst weiter nichts mitbringi, als ihre kirchenfreund 
iche Gesinnung, sich aber gegen die unabweisbaren Forderungen 
yer Zeitverhältnisse jowie unserer politischen Lage lediglich megativ 
erhält.“ Wean ich nun mein Verhalten bei der Wahl; auf die 
mgezogenen bischöflichen Worten hin genau prüft, so finde.ich keine 
Felonie meiner kirchlichen und katholischen Gesinnunge darin,“ daß 
ch als Wahlmann von dem liberalen Comite vorgeschlagen wurde, 
ind selber den mir bekannten ehrenwehrthen, von demselben vor 
zeschlagenen Wahlmännern meine Stimme gegeben habe.Ich war 
nämlich keinen Augenblick darüber in Zweifel, auf welcher von 
»eiden Seiten. die größzere —Vaterlandsliebe die Bestrebungen 
eite. Die Kirchlichkeit und Religiösität aber? Nun, die bemesse 
ch noch nach elwas ganz Anderem und nicht allein nach der Zahr 
)»et Kirchengunge. Ich halte dagegen fest, daß kein liberal ge— 
sinnter Mann als solchet schou ein unkirchlicher und irtereligiöfer 
Mensch ist, so wenig als ein eifriger Kirchenbesucher schon als 
»as Musster eines Christen und Katholilen betrachtet werden kann., 
— Auch in Augsburg hat der katholische Stadipfarrer Hörmani 
»ei St. Ulrich liberal: gewmählt. (N. Frif. Pr.) 
Wäürzburg, 24. Juli. Bischof Johannes Valenten von 
Büzburg hat den Domkapitular Melchior Hohn, welcher bei den 
dandtagswahlen mit der liberalen Partei stimmie, si kyeudirt. Hohn 
vurde durch Signat des Königs vom 28. Juni 1872 zum Dom 
apitular ernannt und soll, wie mir von wohluntertichteter Seite 
nitg.theilt wird, bereits die Einleitungen zu einem Rekurs an die 
öchste Stelle getroffen haben. (Pf. P.) 
Am 8. Aug. d. J. soll sich in Bruchsal das internationale 
romite für Gefängnißreförm, welches vor 3 Jahren der Londoner 
Bermischtes. 
fF In Kaiserslautern wurden jüngst mehrere Mäade we—⸗ 
jen Entlaufens aus dem Dienst vom Landgericht mit EÜhis 3 Tagen 
daft bestraft. 
F Neustadt, 26 Juli. Herr Ph. Fz. Christmana von 
gier überbrachte heute der Redaction dir „Neustadꝛer Zeitung“ ein 
zanzes Gehänge schwatzer reifer Trauben aus freiem Felde. 
—7 Frankenthal, 26. Juli. Zur Abwechslung wurde heute 
vieder einmal ein Mörder hier eingebracht; es ist des ein äußerst 
ibel beleumundetes Subjelt mit Namen Johann Dieffenbach aus 
Quitnheim. welcher in der Nacht von Samstag auf Sonntag einer 
hin verwandten Frauensverson den Hals abgeschnitlen hat. 
(F. W.) 
In Hirschhorn erschoß sich am 23. d. Nachts der 
erst kürzlich wegen Urkundenfälschhung vom Kaiserslauterer Bezir!s⸗