Full text: St. Ingberter Anzeiger

aach verläßlichen Berichten den Ausbruch einer aufständijchen Be⸗ 
wegung im nördlichen Bosnien. 
Wien, 18. Aug. Zwei Regimenter der Wiener Garnison, 
Koͤnig von Bayern“ und „Großsürst Alexis“, haben Marschbe⸗ 
reitschaftsbefehl nach Dalmatien erhalten. Ein förmliches Beobach⸗ 
rungscorps wird dort aufgestellt. (A. 3.) 
Ragusa, 18. Aug. Gestern fand bei Trebinje ein Gefecht 
wischen fürkischen Ausfallstruppen und den Insurgenten statt, wo⸗ 
hei von den Letzteren einige Ortschaften verbrannt wurden. Das 
Befecht endete mit dem Rückzug der Ausfallstruppen. 
Ragusa, 18. Aug. Eine Abtheilung türkischer Truppen 
(1030 Mann) die von Konstantinopel gekommen ist, ist am Mon⸗ 
jag in Klek ausgeschifft worden. Der Statthaller von Mostar ent 
sandie 1500 Mann Infanterie, eine kleine Abtheilung Cavallerie 
und zwei Kanonen zur Unterstütung. Die Insurgenten haben die 
Pofitionen von Wislina zwischen Mostar und Klek besetzt, wodurch 
zas Vorrücken der bei Klek ausgeschifften Truppen verhndert 
verden soll. 
Im Teutoburger Walde. 
Die geistige Ärbeit einer Zeit cines Vostes bringt manchmal 
so eigenthümliche Erscheinungen zu Tage, daß diese nicht aus sich 
aAllein, daß sie nur durch genaues Eingeben auf die lebendig wir⸗ 
senden und gestaltenden Kräfte durch ein langes Zeitmaß zu ver 
dehen find. Eine solche Erscheinung ist die zu morgen beabsichtigte 
enihũllungsfeierlichteit des Hermannsdenlmals, ist dieses selbst. 
Im Osten, in Asten und Afrika, waren schon hochlaltivirte 
Staaten zu Grunde gegangen, deren Geschichte nach Jahrtausenden 
——— 
zuch das Römerreich stand an den Marken feiner Größe, als für 
Deutschland die Morgendämmerung der Geschichte erst begann. 
Praͤhisfiorisch oder proto historisch oder (auf gut Deutsch) vorge⸗ 
chichtlich im Sinne der neueren Forschung ist, was wir bis zu 
Plinius und Julius Caesar's Tagen von Deutschland wissen und 
wenn Tacitus nicht gelebt hätte, wenn seine Handschriften wie so 
biele andere verloren gegangen wären, könnten wir heute Hermann den 
Cherusker nicht als ersten Nationalhelden feiern. Kein Zeitgenosse, kein 
Chronist, kein Barde, lein Bildner seines Volles hat sein Gedächt⸗ 
niß auf unsere Zeiten gebracht, wir lennen ihn nur aus den 
Schilderungen der Feinde, denen er ein Halt geboten hatte. Deutsch⸗ 
land selbst befleißigte sich der Literatur und Kunst in jenen Zeiten, 
jn weichen es schon feste Staatsordnungen, bürgerliche Einrichtungen 
ind religiöse Gebränche besaß, in dinen eine dichte Bevölkerung 
schon dem Ackerbau, den Gewerben und dem Handel oblag, in denen 
die innere Politik die Stämme schon mehr trennte, als verband, 
und in denen seine Fürsten schon mit den Fremden lJiebäucelten 
ind durch sie ihre Pactikularinteressen betreiben ließen — Deutsch- 
land befleißigte sich damals noch nicht der Literatut und Kunst, die 
zu uns spricht, die das Alterthum mit der neuen Zeit verbindet. 
Dennoch ragte Hermanns Gestalt aus seiner Zeit und üm⸗ 
zebung so hervor, daß sie in der mündlichen Ueberlieserung nie ganz 
untergegangen zu sein scheint und er auch denjenigen Generationen 
nicht durchaus verloren sein mochte, welche ihn aus den römischen 
Schriftstellern noch nicht wieder entdeckt hatten. Das ist das wahre 
Zeichen vollsthüml icher Größe, doch aber sind die Züge Hermanns 
der Geschichte so entrückt, daß er späteren Geschlechtern wie im 
Nebel eines Fabelhelden, eines Heros, eines Halbgottes gleich Her⸗ 
ules, Achilles und anderer halb geschichtlicher, halb sagenhafter 
Brößen erschien. In diesem Lichte wurde er ein dankbarer Gegen⸗ 
ttand für die Po sie, doch die so sehr, als nachdem Friedrich der 
Broße den Deutschen geze gt halte, was sie als Nation sein lönn⸗ 
jen, wean ihre ganze Kraft in einer genialen und gewaltigen Hand 
zusammengefaßt wäre, wenn sie lernten aus einer Vielheit von 
Staaten ein einheitliches Reich zu werden, wie es im kleinen Maß⸗ 
stabe durch ihn und seine Ahnen im damaligen Preußen geschaffen 
var. D'e „Vatden“ aus denm letzten Viertel des vorigen Jahr— 
hunderis, Klopstock und spätere Dichter bis zu und noch Kleist, 
— 
ür die Bühne befreit ist, suchten an dem Namen Hermann's die 
Deutschen zum Gefühl der nationalen Größe zu erheben, bis es 
einem neuen Cäsar, Napoleon L. gelang, dieselbe aus dem Reich 
der Träume auf den Boden der harten Wirklichkeit zurück zu ver⸗ 
jetzen. Seitdem erb'aßte das Bild des poelischen Heros der Deut⸗ 
schea aus dem Anfang der christlichen Zeitrechnung wieder, im 
hatsächtir en Kampf der Politik mußte mit anderen, mit lebenden 
Falktoren zerechnet werden, die Poesie wurde in viel Blut u. viel 
Esen übersetzt, und nun das große Ziel w'rllich errungen ist, haben 
wit andere Monumente errichtet u. zuerrichten als vorgeschichtliche. 
Doch mittlerweile war dent Teutoburger Walde in Herrn v. 
Bandell ein localer Bildner von weiter valerländischer Auffafsung 
»testanden, der den Ort würdig und der Größe angemessen weihen 
vollte, an welchem Deutschland zuerst den herben Kampf ver 
Selbsterhaltung fiegreich bestand, und nachdem er an die vierzig 
dahre voll Entbehrung und Entsagung an dem Anfangs hoffaungs 
osen, oft verhöhnten, durch Unbilden aller Art und politische Er⸗ 
chütterungen aufgehaltenen Werke gearbeitet hat, erlebt er in hohen 
Tagen die Freude, daß die vaterländische Geschihhte seiner Phan⸗ 
asie weit vorangeeilt ist und sie überflügelt hat, daß er das pa— 
zierne Gebilde der Dichter mit leiblichen Augen und von eigener 
daud kunstvoll und in Metallgestaltet sich auf einem architeltonischen 
Unterbau in die Lüfte erheben sieht, daß als vornehmster Zeuge 
des Gelingens seiner Arbeit, so zu sagen als Taufpathe des vol⸗ 
sendeten Denkmals, der erste wirlliche Kaiser des deutschen Reiches 
ind der deutschen Nation anweseud sein wird umgeben von Vielen, 
velche ihm geholfen haben aufzurichten, was der Künstler vorah— 
jend geschaut, was er ersehnt und auf seinem Gebiete symbolisch 
gebildet hat. 
Damit glauben wir flüchtig die geistigen Grundrisse stlzzirt zu 
jaben, auf denen das Hermannsdenkmal überhaupt möglich war 
ind sich nun erhebt. Es ist das an den Anfang der nationalen 
Heschichte anknüpfende Sinnbild unjerer Stammeseinheit, aufgerich⸗ 
et von eirem bescheidenen Mann aus dem Volke, der deissen 
Selbstthätigkeit treffend repräsentirt, und enthüllt in der glücklichen 
Zeit, in welcher der Sieg des nationalen Volksgedanken über alle 
olitischen und dynastischen Hindernisse zur jchönen That geworden 
st, deren Geschichte wir besser und vollkommener schreiben koͤnnen, 
ils die besteu Dichter je auf den Namen Hermann zu übertragen 
»ermechten. Mit dem Denkmal im Teutobucrger Walde sind wir 
diesem Ahnen und unserer nationalen Idee gerecht geworden und 
önnen unseren Nachkommen mit voller Egergie zu diesem 
Denkmal für die Vergangenheit das andere füt die Gegenwart im 
Niederwald zu Asmannszhausen hinzufügen, welhem mit Unrecht 
der Vorzug vor der dreiarmigen Brücke gegeben ist, welche ein ge⸗ 
rialer Künstler für die Stelle entworfen hatte, an welcher sich der 
Main mit dem Rhein vereinigt. 
Die Enthüllung fider an dem miltelsten der drei fürchter⸗ 
ichen Tage statt, an welchem vor fünf Jahren der blutige Kampf 
uim Metz wogte. Er wurde ruhmreich für die deutschen Waffen 
ind erfolgreich für die Geschicke uaseres Vaterlandes enischieden, 
ber er wird nicht bloß freudige Erinnerungen wecken, er wird viele 
Narben heißer brennen machen und manches Herz wird frisch bluten 
dei dem Andenken an die Lieben, die bei Vionville⸗Mars⸗la⸗Tour 
und zwei Tage vor⸗ und nachher ihr frohes Leben für das Vater⸗ 
and ließen. J 
Die Jahrestage der Schlacht im Teutoburger Walde waren 
zer 9. bis 11. September und so wäre es geschichtlich richtiger 
gewesen, die Enthüllungsfeierlicheen mit dem Tage von Sedan zu 
)erknüpfen, der die Stelle eines nationalen Festtages einzunehmen 
ingefangen hat. Doch hat man diese Verknüpfung wohl aufgege— 
hden, weil in der Reichsordnung die Septembertage für das Spiel 
)es Krieges bestimmt sind, welches uns zum Bestehen neuer Kämpfe 
iur dis Reich vorbereiten soll. Wir müssen uns darin füzen, wie 
ehr unsere Wünsche auch darauf gerichtet sind, daß die Lebenden 
die Wiederholung des Blutverg'eßens von 1870 nicht mehr sehen 
möchten. Doch erwähnt mag sein, daß der 16. August das Ge⸗ 
zächtn'ß an zwei andere denkwürdige Ereignisse auffriicht. 1868 
mn demselben Tage eröffnete der Kaiser von Oesterreich zu Frank⸗ 
urt a. M. den deutschen Fürstentag, den dergeblichen Versuch, das 
zroße deuische Neich oder das vergrößerte O sterreich zu begründen, 
wobor uns ein gütiges Gefchick für immer bewahrt hat. Genau 
hundert Jahre vorher schritt der Pipst Clemens XIV. zur Aus⸗ 
ührung der deei Wo hen früher unterzeich eten Bulle Dominus ac 
dedemptor noster, durch welche die Aufhebung des Jesuitenordens 
ecte itt war, indem er alle Collegien desselben in Rom militärisch be⸗ 
etzen, den Ocdensgeneral verhaften u. andere Mußregeln treffenließ. 
Möte das Zusammentreffen der Enthüllung des Hermanns⸗ 
Denkmals mit diesem Tage von guter Vorbedeutung sein, daß das 
jeue Deutsche Reich füt immer auch von geistiger Untecjochung 
efreit sei, aber nicht bloß von fremdländischer. 
(Voss. Ztig.) 
Vermischtes. 
Zweibrücken, 16. August. Heute ist der in Irxheim 
vohnhafte Scharfrichter Heinrich Graul im Alter von 72 Jahren 
estorben. Gtaul wurde im Jahre 1851 zum Nachfolger seines 
Zaters Heinrich Graul, dem dieses Amt durch Decret vom 8. 
dec. 1816 übertragen worden war, ernannt. (Pf. V.) 
Am Montag fand auf dem „Gambrinuskeller“ in Pir—⸗ 
masens eine Schlägerei statt, wobei 2 Schuster von 2 andern 
nit Messern anggriffen und der ene lebensgefährlich verwundet 
vurde. Der Schwerverwundete, Gz. Herl. ist Vater von 
lKindern. Die Thäter, P. Jost und sein Sohn, voa welchen 
rsterer shon wegen Wilddieherei bestraft ist, wurden verhaftet.