Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kaiserslautern, 18. Aug. Das Bezirksgericht hat die 
herusung von vier hiesigen Specereihändlern gegen dak Urtheil des 
iesigen Landgerichts vom 9. Juni d. J., das sie wegen Feilhallens 
on verfalschtem Pfeffer in eine Geldstrafe von je 1 Thlt. verur 
deilt hatte als unbegründet verworfen. Das in öffentlicher Sitzung 
serlesene Gutachten des Prof. Ferd. Rhien hier besagte, wie die 
— mittheilt, daß das Gesammiergebniß der von ihm 
m den ihm vorgelegten Pfefferproben angestellten Untersuchungen 
hohem Grade betrübend und geeignet sei, ein sehr ungünstiges 
iicht auf die Solidität des Handels mit Lebensmitteln und ähn⸗ 
ichen Bedürfnissen zu werfen, indem von den untersuchten 110 
hfferproben nur 17 als undermiicht erlannt worden seien. Die 
Ztoffe, derer man sich zur Verfälscheng des Pfeffers bedient habe, 
eien so auffallend übereinstimmend, woraus der Schluß erlaubs 
in möchte, daß die Fälschungen nicht durch die Specereihändlen 
unserer Stadm ausgeführt worden seien, sondern daß es selbsi 
je Großhändler, von welchen wohl meist die ge mahlene Waare be⸗ 
ogen werde, nicht verschmähten, sich zu einer derartigen verdammungs- 
huͤrd igen Praxis herbeizulossen. Als Verfalschungen des Pfeffers 
ien vorzugsweise angetrofsen worden: gerochneles Weiß⸗ und 
ʒzqhwarzbrod, Reismehl, Erbsenmehl, Bohnenmehl, Linsenmehl, 
Piden, namentlich mit schwarzer Schale, Roggenmehl und Hafer⸗ 
wehl. Hierzu gesellten sich dann oft unverhältnißmäßig viel Scha⸗ 
in, Stiele ꝛc., die moͤglicherweise von ganz aunderen Früchten, altẽ 
en Pfefferbeeren herrührten, sowie unqual ficirbarer Staub. Auch 
zet spanische Pfeffer (die Frucht von capsicum annuum) sei ver⸗ 
eten, um durch ihre Schärfe anderen fremdartigen Stoffen den 
hfeffergeschmack zu ertheilen. Die Große der Verfalschung bleibe 
rohl nie unter 20 pCt., erreiche aber anderseits gewiß 60 bis 70 
Ci. Das einzige Lobenswerthe (7), was aus den Untersuchungen 
servorgehe, sei, daß gerade keine gesundheitsschädlichen Stoffe als 
zutrogale Verwendung gefunden hätten. 
faAaiferslaufern, 18. August. Im Blechhammer⸗Weiher 
wurde gestern eine männliche Leiche gefunden, welche als die des 
Schuhmachers Schwehm aus Sigelbach recognoscirt wurde. Un⸗ 
weifelhaft liegt ein Selbümord vor. — Heute Vormittag wurde 
her Tagner Karl Ochs in der sogenannten Schinddelle unweit der 
Sahlingsmühle an einem Baum erhängt gefunden. Beide Selbst⸗ 
morder waren dem Trunke ergebene und vollständig verkommene 
Leute. (K. 3.) 
f Grünstadt, 16. August. Diesen Morgen ganz früh 
schlug ein Taglöhner von Asselheim einem Metzger Namens Frank 
hon Grünstadt, welcher heute noch in die Fremde gehen wollte, auf 
der Asselheimer Kirchweihe mit einem Stück Holz in das Genicke. 
worauf derselbe toͤdtlich getroffen zusammensank. Obgleich der Ver 
lezte noch Lebensleichen von sich gab, wird dennoch an seine wm 
Jüftommen gezweifeli. N. W.) 
Franienihal, 18. Aug. Gestern Abend ertrank beiw 
Zaden im Rhein der Buchhalter der Schmidr'jchen Malzfabrik, A. 
Schreiner. (Ir. W.) 
Speier, 19. Aug. Im neuesten Kreisamtsblatt wird 
ine Entschließung des k. Staatsmiristerinms des Innern für 
Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten zur Kenntniß und Nachachtung ver⸗ 
offentlicht, die folgendermoßen lautet: 1. Im nächsten Jahre ist 
am Pfingstdienstag an allen Gymnasien und lateinischen Schulen 
der Pfalz der Unterricht auszusehen, damit die Lehrer an den Ver⸗ 
handlungen der mittelrheinischen Gymnasiallehrer in Speiec theil 
iebmen lönnen. 2. Die Rektorate und Subreltotate der Gymnasien urd 
jateinischen Schulen der Pfalz werden ermächrigt, auch in künftigen 
Jahren denjenigen Leherern, welche sich an den Versammlungen der 
dezeichneten Schulmaͤnner betheiligen wollen, soweit thunlich, zu 
diesem Zwecde Urlaub zu geben. Deßgleichen wird die k. Regierung 
den Vorständen der genannten Anslalten zu dem gleichen Zweck den 
gewünschten Urlaub ertheilen. 
Landau. Unser Stadtrath bewilligte in seiner letzken 
Sitzung für die Sedanfeier eigen Beitrag von 100 fl. und für 
den demnächst hier stattfindenden Feuer weyrtag einen solchen von 
300 fl. aus stadtischen Mitteln. 
München, 17. Aug. Ein in der Maximliansstraße woh⸗ 
nender Handlungs⸗ Commis hatte sich vom Lechfelde eine 4 Pfund 
Granate mitgenommen und nahm bei bdrennender Cigarre mit der— 
selben höchst unvorsichtige Man pulationer vor. Die Granate ex 
plod'rte und riß dem Unvorsichtigen die rechte Hend weg. Im 
anftoßenden Cafe Maximil ian wurden theilweise die Fensierscheiben 
jertrümmert. 
'München. Der verewigle Prinz Karl hat in seinem letzten 
Dillen den Wuͤnsch niedergelegt, daß für ihr keine Hoftrauet an— 
heordnet werde. Det König hat Dem entsprechend vecfahren. 
p'Rünchen. 19. Aug. Die Beisehung der Leiche des 
Prinzen Karl inmitten seiner zwei Gemahlinnen ist heute früh 4134 
ihr in Anmesenheit des Prinzen Luitpold, der zwii Adiutanten und 
der Geistlichleit volljogen worden. bva 
In' der Rach vom 3. auf den 4. August wurden im Babn 
hof zu Heidelberg einem Reisenden 3800 Mark in Banknoten ent⸗ 
Hendet.“ Auf die Ermittelung des Thaͤters mit den Ablaten ist 
eine Belohnung von 500 Mark ausgesetzt. 
pBerlin. Wie es heißt, sollen die offentlichen Kassen an⸗ 
zewiesen werden, jetzt auch die bei ihnen eingehenden Zwei⸗ Thaler⸗ 
qucke und die Ein⸗Thalerstücke, welche vor 1857 geprägt sind, nicht 
wieder auszugeben. 
p Sitraßburg, 17. Aug. Auf vielseitige Anregung wird 
im 25. Augufi nächsthin im Tivoli das Geburts- und Nammensfest 
des Königs von Bayern festlich begangen werden. Von einer zu 
iesem Zwecke vor geraumer Zeit zusammengelretenen Versammlung 
hemoliger bayerischer Staatsangehöriger, ist ein Comite mit dem 
Auftrage betraut worden, zur würdigen Durchführung der Festfeier 
Zas Weitere zu veranlassen. Diese Festfeier wird nach dem XX 
Fes Tomiles in einem im Tivoli stattfindenden, Nachmittags 4 Uhr 
beginnenden Gartenfesle bestehen, an welches bei eintretender Dunkels 
heit Beleuchtung des Gartens, sow'e Tanzvergnügen sich anschließen 
wird. EGir. 3.) 
fFraustadt, 15. August. Das scheeckliche Unglück, welches 
iseren Füsilieren am vorigen Donnerstag auf dem Marsche von 
hier nach Alt⸗ und Neu ˖ Bilawe, Kreis Freystadt, zustieß, haͤlt unsece 
cinwohnerschaft fortwährend in Aufregung. Zufolge eingezangener 
zuoe rlaͤssiger Nachrichten wurden schon vor dem 123 Ml. von hier 
emfernten Dorfe Bienemühl 5 Füsiliere von Unwohlsein befallen. 
Bei genanntem Orte wurde rin einstündiges Rendez ˖ vous abgehal⸗ 
ten, wodurch den Manschaften Gelegenheiten gegeben wurde, sich 
in dem von bewaldesen Bergen umschlossenen lühlen grünen Thale 
u erfrischen und zu stärlen. Von da marschirte man über Alt⸗ 
ranz und Grochwitz nach Alte und Neu-Bilawe, eine Tour von 
2 M. Schon vot Alt⸗Kranz wurde eine bedeutende Anzahl von 
Mannschaften krank und mußten diese in den Straßengraben zurlck⸗ 
hleiben. Hinter dem Dorfe wurde nochmals ein einstündiges Ren⸗ 
deze vous adgehalten und brach man alsdaun gegen 2 Uhr Nach⸗ 
muͤtags wieder auf. Vor Alt- und Neu⸗Bilawe stellte sich die 
dataficophe ein. Die Truppen, durch die an diesem Tage herr⸗ 
chende ungeheuere Hitze abgemattet, fielen massenwelse nieder. Sechs 
Pann sind fofort auf der Stelle todt geblieben. Die bedauerns⸗ 
verthen Opfer hat man auf dem Kirchhofe zu Bilawe beerdigt. 
Finige 30 Mann befinden fich noch in ärztlicher Behandlung und 
stebei Einigen wenig Aussicht auf Besserung vorhanden. Erst 
gegen 5 Uhr erreichte das Bataillon den Bestimmungsort. 
—J 
Paris, 16. Aug. Der gestrige Tag war wohl der 
zeißeste des Jahres, denn man constatirte 834 Grade des 100gra⸗ 
igen Thermometers. In Folge der Hitze waren die Straßen von 
Paris am Tage auch vollständig leer, um so mehr als der rößte 
Theil der Bevöskerung schon am Morgen mit den zahllosen Bahn⸗ 
ũgen dem Lande zugeeili war. Trotzdem wurden in Patis 17 
Faͤlle von Sonnenstich festgestellt, die aber nicht tödtlich verliefen, 
die Pferde wurden von der hitze schon ärger delästigt; 34 dieser 
Thiere fanden es für gut, Reißaus zu nehmen,2 jedoch nur richteten 
erheblichen Schaden an. Außerdem wurden 4 Menschen ploͤtzlich 
errsinniß. Von denjenigen, die nicht darauf vetzichtet hatten, dem 
gaͤcchus am 15. August ihr Opfer zu bringen, weiß man nur von 
267 Personen die von der Polizei erjucht werden, ihren Rausch 
im sogenannten Nidon auszuschlafen. Annähernd verließen gestern 
nit den Zügen für die Bannmeile: Westbahn 45, 000, Nord bahn 
34,000, Vincennes 19 000, Lyon 17,000, Orleans 16,000 
Montparnasse 11,000, insgesammt 142,000 Personen Paris. — 
Die Cholera hat sich hier gezeigt. 
p'Paris, i9. August. Die Börse war heute der Schau⸗ 
latz eines aufregenden Vorfalls. In Folge eines heftigen Wort⸗ 
vechsels feuerte der Makler Courson-Muller auf einen Ingenieur 
in zwei kurz aufeinander folgenden Angriffen sechs Revo lverschüfse 
ab, welche den Jagenieur schwer verwundeten. Courson-Muller 
vurde verhaftet. 
7 London, 13. Aug. Jm Glasgow winde vorgestern ein 
neuer Schienenbahn-Omnidus versucht, der, statt von Pferden 
zezogen, darch zusammengepreßle Luft getrieben wird. Diese Probe 
ste dem Vernehmen nach durchaus zufriedenstellend ausgefallen. 
Die Luft wird an bestimmten Stationen in zwei Behäliter einge⸗ 
»umpue, von denen einer vorn, der audere hinten am Wagen sich 
zefindet. Durch eine besondere Vorrichtung ist für geräuschloses 
Entweichen der Luft beim Betrieb gesorgt. Bei 200 Pfund Druck 
legte der Omaibus in der Stunde 16 Kilometer zurück; für ge⸗ 
woͤhnlich soll er indessen nur 15 Kilometer zurüdlegen. Zum ersten 
Unz'ehen dedursie er vorgestern regelmäßig eines Druckes von 300 
pPfund. Er ist den abschüssigen Straßen von Glasgow gemaß mit 
zußergewöhnlich n'edrigen Rähern versehen und mußte bei der 
Brobefahrt um die in Glasgow unvermeidlichen scharfen Eken um⸗ 
hbiegen. Auf der Ebene und bei mäßigen Krümmungen dürfte er 
noch dessere Erfolge aufweisen. Die Foribewegungskosten stellen fich 
vei niedriger als die Bespannung mit Pferden. Während sie sich