Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
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Jer St. Pabderter Anzeiger (und vas mit dem Oanptdlatte verbaadene Lmer za!tun 13blatt, nit dir Denita ih-, Dynnerstaz34 and Sorutagß 
dummer ericheint wochentlis iermal: Dinstaz, Donaer staz, 55ta4 4id Stads. Aaßane nents ↄreis vierteliührig 42 Krir. ode 
1 Mark 29 R.Pfz. Anzeigen verden mit 4 Kryr. die drei'p iltige Zeile Blattscheiit 5der deren Raum bere hnet. 
Dienstag, den LA. September 
1145 — 
1873 
Deutsches Neich. 
Mänchen, 11. Sept, Das heute Abend ausgegebene Ge⸗ 
etze und Verordnungsblatt Nro. 46 enthält die Bekanntmachung 
ider die Einberufung des Landtages auf Dienstag den 28 
September. 
Berlin, 11. September. Der „Reichsanzeiger“ schreibt: 
zm Anschluß an die gestrige Mittheilung beir. die Zwei⸗ und Ein⸗ 
halerstücke, dürfte die Rachricht von Interesse sein. daß in der 
reuß. Generalstaatskasse, die zugleich als Reichshauptkasse fungirt, 
wie in fümmtlichen preuß. Reg'erungs- und Bezirkshauptkassen am 
3. l. Mts. sich an Einthalerstücken nur 483,994 Thlr. — 
451,982 Rm. befanden. Außerdem waren an zur Umprägung 
estimmten Thalerstücken noch 51,674 Thlr. vorhanden. Was die 
zweithalerstücke betrifft, so hat der preuß. Frnanzminister bereits 
m 5. Mai J. Is. die Anordnung getroffen, daß d'ie in den 
3ztaatskassen vorhandenen oder bei ihnen einge enden Doppelthaler 
zicht weiter zu verausgaben seien, und werden dieselben seit meh⸗ 
eren Monaten wöchentlich an das Münzdepot des Reiches abge⸗ 
ihrt. (EDemnach wäre die vielfach geäußerte Besorgniß. die Tha- 
er koönnten nach Einführung der Goldwährung dem Gold noch 
unliebsame Conrurrenz machen, wohl schwerlich begründet.) 
Darmstadt, 10. Sepi. Ziemliches Aufsehen erregte die 
jestern unter der Anklage der heimlichen Anwerbung für de hol⸗ 
ändische Colonialarmee erfolgte Verhaftung des pensionirten hol ˖ 
andischen Majors Steck, eines geborenen Darmstädters. Thatsache 
st, daß verschiedene junge Leute, darunter Reservisten, in letzter 
zen in niederländische Dienste getreten sind. 
Neubreisach, 8. Sezt. Das Fort Mortier zwischen 
wijchen Alt- und Neubreisach, welches im Jahre 1870 von badi 
cher Seite zusammengeschossen wurde, wird wieder hergestellt. 
Mit den bezüglichen Arbeiten ist beits begonnen worden. 
Ausland.. 
iederlande. Wähtend im S-.W. u. S.O. Europad das 
rauhe Handroerk des Krieges blutig betrieben wird u. im Kriegsmi— 
aisterium zu Berlin man auf Mehrforderung vorbereitet, hat im Haag 
die „Gesellschaft für Reform und Codifilallon dis Völkerrechts die 
Abschaffung der stehenden Heere beschlossen. Der bekannte Frie— 
densapostel Lenry Nichard, Mitglied des englischen Unlerhauses, 
zat die betreffende Resolution verfaßt, welche lautet: „Die Associa⸗ 
on sieht mit der größten Unruhe und dei tiefsten Beduern die 
normen und stets anwachsenden Waffnungen in Europa, da diese 
mberechenbare Lasten auf die Bevölterungen häufen, Millionen 
Menschen dem produktiven Schaffen entziehen und bei den Natio— 
ien gegenseitiges Mißtrauen, Furcht und Unruhe erwecken. Die 
Assocalion hält es für die Pflicht der Regierungen, im Inkereffe 
er Meuschlichkeit und der Civilisation und im Interesse der Wohl- 
ahrt ibrer egenen Unterthanen mit einander Unterhandlungen zu 
Flegen, um die gegenseitige Beschränkung der Rüstungen, welche 
veder die Sicherheit, noch den Frieden erzielen, sordery im Ge— 
nentheil eine andauernde Kriegsdrohung darstellen, zu erzielen,“ 
Dese Resolution wurde einstimmig gebiiligt und zu deren Mit—⸗ 
heilung“' an die verschiedenen Regierungen tine Konimission gewählt. 
Seht wahr; aber was wird es helfen? 
Nach Berichten aus Wien wäre es zwischen Monfenegzrinern 
ind türkischen Truppen, wilche sich auf einer durch montenigrisches 
ßebiet führenden Heerstraße bewegten, zu einem Zusammenstoß ge⸗ 
ommen, bei dem die Tütken den Kürzeren dezogen hätten. Es 
heint, daß die h'er bethe ligten Montenegr'ner auf eigene Faust 
„areingeschlagen haben, indem sie sich, den Befehlen ihres Fuͤrsten 
uwider, durch ihren ererbten Haß gegen die Türlen hinreißen 
leßen. Immerhin könnte deeser Vorsall, nachdem es nun einmal 
seschehen, zu bedenllchen Verwicklungen führen. — Andererseits 
nelden die Wiener Blätter eine entscheidende Niederlage der Auf—⸗ 
ltänd schen der Herzegowina unter Osloja und Pezza, welche be'de 
n Kampfe fielen. 
Newyork, 7. Sept. Aus Nevada und Utah wird ein 
Indianeraufftand gemeldet. Viele Kolon'sten wurden getödtet und 
Truppen werden dahin gesandt, um die Ordnung wieder herzustellen. 
(D. R. A.) 
Die angebliche Nezerverschwörung im Staate Georgia, deren 
Entdeckung unter der weißzen Bevölkerung dies3 Siaates so große 
Aufregung hervorrief, scheint glücklich im Sande verl aufen zu sein. 
Der 20. August. an dem losgeschlagen werden sollte, ist vorüber 
und von 150 verhafteten Negern wurden die meisten wegen Man—⸗ 
zels an Beweisen freigelassen. Einige haben 'allerdings Gesländ⸗ 
nisse abgelegt; sie werden vor die Gerichte verwiesen werden. 
Kach den Aussagen eines der Verschworenen sollte sich das Gemetzel 
der Weißen auf 19 Frafschaften erstreckken, die weißen Manner 
ollien alle schonungslos gemordet werden, von den Frauen jedoch 
uur die häßlichen, die hühschen sollten an Leben bleiben. — Aus 
em Staate Miijsissippi wird indessen telegraphisch ein blutiger 
Zusammenstoß zwischen Weißen und Negern gemeldet, u elcher bei 
iner republikanischen Versammlung in Clinton sich ereignete. V'er 
Weiße und zwölf Neger sollen getödtet worden sein. (K. 3. 
Bermischtes 
Zweibrücken, 12. Sept. Vor das Schwurgericht 
der Pfalz für das dritte Vierteljaht 1875, dessen S'tzungen Mon— 
tag, 20. ds. durch den denselben präsidirenden kgl. Appellationsge⸗ 
ichtsrath Karl August Thoma eröffnet werden, sind) folgende Per⸗ 
onen zur Aburtheitung verwiesen: 1) Sitzung vom 20. Septbr. 
Morgens 8 Uhr beginnend: Peter Lubasch, 21 Jahre alt, Tagner 
bon Neuhofen; Staatsanwalt: Herr Petri, Vertheidiger: Hr. 
Rechtscandidat Wagner. 2) Sißung von 21. Septemder, Morgens 
3 Uhr beginnend: Adam Bödler, 22 Jahhre alt, lediger Leinen⸗ 
veber von Schauernbeim; Staats anwalt: Herr Hessert, Verthei⸗ 
diger: Herr Rechtecandidat Hecht. 83) Sitzung vom 22. Septbr. 
Morgens 8 Uhr beginnend: Balentin Schäfer, 22 Jahre alt, 
Ackerer von Otterstadt; Staatsanwalt: Hert Petri, Vertheid'ger: 
derr Anwalt Rosenberger. 4) Sitzung vam 23. Sepiember, 
Höorgens 8 Uhr beginnend: Emmt Weis, 20 Jahre alt, ledig, 
yvon Saalstadt; Staatsanwalt: Herr Hessert, Vertheidiger: Herr 
Anwalt Gebhard, dann Nachmittags 8 Uhr und den folgenden Tag: 
5) Johann Diefenbach, 26 Jahre alt, lediger Tagner von Quiri.⸗ 
jeim; Staatsanwalt: Herr Petri, Vertheidiger: Heer Anwalt; 
gießen. 6) Sitzung vom 25. September 1875, Morgens 8 Uhr: 
Peter Salzmann, 48 Jahre alt, Müller von Hartenrod in Hessen; 
Staatsanwalt: Herr Hessert Veriheidiger: (noch nicht bestimmt.) 
Finma Weis ist det Kindsmordes, alle übrigen siad der vorsätzli⸗ 
heu Koͤrperverletzung mit tödtlichem Erfolge, angeklagt. 
F Ein betrübender Unfall ereignele sich in diesen Tagen in 
er Nähe der französischen Departementsstadt Ni ort. Zehn junge 
deute bestiegen bei bereits anbre hender Tämmerung einen Nachen, 
det höchstens 4—5 Menschen faßte, um. eine Spasierfahrt auf dem 
aheliegenden Teiche zu machen. Nachdem sie ungefähr 80 Meter 
Jücklich zurückgelegt, hatten sie eine etwa duf 4 Meler eingeengte 
Stelle zu passsien, über welche als Halt für die Schußoretter dee 
Ufer eiwa in der Höhe von 13 Metern ein Balken iag.Iwei 
unge Mädchen haiten den unglücklichen Einsall, fich an diesen 
Ballen anzu)äugen. Dadurch schnellte der erleichterte h'ntere Theil 
des Nachens in die Höhe, der vordere aber sauk sofort unter Was—⸗ 
er, und alle zehn Insassen stürzten in die Tirfe. Nur ein leiner 
ehnjähriger Knabe war Zeuge dieser entsetzlichen Katastrophe. Der⸗ 
elbe rief um Hilse, aber nur ein einziget Reiter war in der Nähe, 
und diesen gelang es nur, ein junges Mädchen von 13 Jahren, 
das dem Ufer am nächsten war, noch lebend herauszuziehen; die 
ibrigen neun, Mädchen und Knaben im Alter bvon 10-20 Jah⸗ 
en wurden ein Opfer der Fluth, da einer an dem andern sich 
hielt und sie sich so gegenselig in den Abgrind zogen. So boten 
diese Unglucklichen, noch m Todeskampfe an einander gekettet, einen 
entsetzenerregenden Anblichk. Um Mitternacht endlich, als weitere 
dilfe angelangt war, warden die armen Opfer ihren jammernden 
Eltern überbrucht.