Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Au berer FDueeieerr sund dat nt pem Yaddtolatte versu idne direrat'tuniss itt, ait der Denttais⸗, Donrerit uj5⸗ and Soentags 
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1 Mark 29 R. Ffi. Anteigen verden mit 4LTeir. die dreisvaltige Zeile Blattfvriit zder deren Raum bere hnet. 
Einladung zum Abonnement. 
Auf das mit dem L. Oktober beginnende neue Quartal 
claubt sich die unterzeichnete Expsdition höfl. einzuladen. 
Der St. Jugberter Anzeiger wird sich demühen, die politschen 
Freiznisse raͤsch mitzutheilen und den localen und provinziellen 
Vorgängen, seine Aufmerksamkeit widmen. 
Unfere verehrl. Abonnenten, welche das Blalt durch unsere 
Träger beziehen, erhalten dasselbe fortgeliefert. wenn nicht ausdrück⸗ 
ich abbestellt wird. 
Pre's und Erscheinen des Blattes bleiben underändert. 
S“t. Ingbart, im Septenber 1875. .. 
Die Erpedition des St. IAnekerter Anzeigers. 
Deutsco eo eich. 
Muünchen, 20. Sept. Decr tgl. Kamm⸗rer Franz L. Schend 
Graf v. Stauffenberg, Genecrallieutenant à la suite ält. Ord i. 
purde zum 1. Präsidenten der Kammer der Reichscäthe ernannt. 
Müncen, 22. Sept. Der „S. P.“ sch eibt man über 
dey ultramontanen Kammerschlach plan: „Für ihren Kummerfeldzug 
daben die klerikal-patriotischen Pirteiführer jetzt die nachsolze de 
Zeitsolge in Aussicht genommen: 1) Wahl des Präsidiums und 
Diretloriums aus ihrer Mitte. 2) Wabl der Ausschüsse und Re— 
jerenten für wichtige Referate“ aus ihrer Mitte. 3) Beanstan⸗ 
dung von Wahlen, um eine größere Majorität zu erz' elen. 4 Adress 
in Seine Majestät den König. Entwurf von Jörg. (Rasche Er⸗ 
jedigung derselben. Inhalt: Schmeich leien für Seine Majestät. 
Mißtrauen geden die Minister in Umschreibung. Bayerns Unab 
jüngigkeit, Befürchtungen ꝛc.) 5) Weigerung, mit dem Ministerium 
n Budgeiberaihnng zu treten. Weigerung einer Steuerverlängerung 
auf ein Vierteljahr. 6) Hoff iung, daß Seine Majestät ein neues 
Minister'um berufe; sie beanuaeun sich mit einem „gemäßiglen Mi— 
nisterium“ im Nothfall. 7) Erklärung des Vertrauens, wenn es 
die rech'en Leute sind. Gesjehmigung der Steuer und nöthigen 
Postulate. Bitie um Aufh bung des Landtages, da dieser dus 
and nicht vertrete. Neue Eintheilang der Wahlkreise. 8) Neue 
Wahl mit Kammermajoritat, dann endlich 9) Ultramontanes 
Regime. So ähnlich ist der Ideen-Gang. Jörg, wie die übrigen 
naßgebenden Mitglieder befürchten aber, daß bei Ziffer 4 der 
Plan scheitern kann. Zu eine w offen ausgesprochenen Mißtrauen 
zegen das Gesammt-Ministerium geben sich die „igl. Beumten der 
Jüstizverwaltung“ nicht gerne her; ein abgeschwächtes Mißtrauen 
versehlt die Wirkung. Ein Mißtrauen gegen einen „einzelaen Mi— 
nisier“ wird kaum viel bezweden, da die übrigen M'nister densel 
ꝛeu bei Seiner Majestäĩ in, Schutz nehmen weden. — Diese 
Bunkte sind nicht etwa müssige Erfindung, sondern re vera von 
einem M'tgliede veriraulich“ mitgetheilt. resp. ausgeplaudert worden. 
Berlin 22. Sepft. Die Conferenz der Delegirten deut— 
cher Seehandelsplätze ist heute eröffnet worden. Es waren Ver— 
reter von 20 Seehandelsplätzen zugegen; zum Vorsitzenden wurde 
Tlausen (Bremen) gewählt. Nachdenm derselbe die Nothwendigkeit 
dargethan hatte, den Agitationen der Schutzzöllner entgegenzutreren, 
zelangie die von der Königsberger Kaufmaunschaft an das Reschs— 
anzleramt gerichtete und an den Neschstag zu richtende Pelition 
einstimmig zur Annahme. — Die Conferenz deutscher Seehandels⸗ 
lätze erwählte na h vertraulicher Berathung ein Comite behufs 
Finleituag einer freihäudlerischen Agitation. 
Co'lmanr, 18. Sept. In der henigen Sitzung des Zucht · 
polizeigerichss wurde das Urtheil gegen die beideu gewerbsmäßigen 
Weinfälscher Schloͤsser-Himmelspach verlüudet. Es lautete für den 
ersteren auf E Monate Gefängniß, und 1000 Mark Geldbuße event. 
weitere Z Monate Gefängniß, für den letzteren gleichfalls auf 6 
Monate Gefängniß und 300 Mark Geldbuße eb. 1 Monat. Ge⸗ 
Angniß. 
Ausland. 
Basel, 22. Sepim. Die „Nachcich'en“ melden: Heute Vor— 
mittag hald 11 Uhr ist die Eisenbahnlinie der links⸗rheinischen 
Züricherseebahn vor der Station Ho rgen in der Länge von 160 
Juß in den See versunlen. Man befürchtet ein Gleiches für die 
ganze Bahnhofanlage zu Horgen. Die Umwohnenden flüchten 
bereiigzgß. — * . 
Bern, 21. Sept. In Lugano hat bei Aufstellung der 
Natioaaltaths: Candidalen ein blutiger Kampf zwischen den Lberalen 
und Ultramontanen stattgefunden, wobei 28 Personen verwundel 
worden sidndd. I 
Parxis, 14. Sept. In Acrtikeln der „France“ belampft 
Emil de Gerardine den Gedunken eines Revan tekrieges und tritt 
elbst für eine Verständigung mit Deutschland ein. In —XC 
Actitelu suchte er weiter zu zeigen, daß Preußen, beziehungsweise 
Deutschlaud, selbst ein großs Intereisse daran habe, daß Frankreich 
ine sftarte Macht bilde. In seinem Schlußbriefe geht E. de Gi 
rardin weiter und redet einem vollen Friedens-Programm das 
Wort: Er will Frankreich aus einer militärischen Großmacht zu 
er e sie n Hande smacht auf dem Kontinent machen. Wahrend⸗ 
Deuischland rüste, sel Feankreich abrüsten und allein den Kampf- 
Alaß dort suten, wo es blos Mitbewerber, aber keine Feinde finde, 
vo man nicht mit den Waffen, sondern mit den Waaren gegen 
nander kämpfe. Zwischen den ersten Art kelu, welche die Noth⸗ 
vendigkeit der Machtstellung Frankreichs betont haben und dem 
S lutzart'kel, wel her Fcankreich die reine Baumwollpolitik empfiehlt 
»esteht, we man sieht, ein Woerspruch; ia Bezug auf die fried⸗ 
iche Richtung derselben Deuts hland gegenüber keiner, nur daß der 
letzte Artilel aus dem Wunfich einer Verständ'gung mit Deutschland 
bis zu riner allgemeinen und ausschließlichen Friedeuspolitit Frank⸗ 
reichs weiterschreitet. Von nächstem Interesse ist es jedoch zu 
wissen, in welchem Berhaͤltnisz diese Auslassungen zu der öffentüͤchen 
Meinung Frankreichs oder einem Theil derselben stehen, ob sie auch 
Boden in derselben zu einer günstig⸗n Aufnahme finden. In dieser 
Beziehung schreibt der Pariser, Times“: Correspondent: Ju seinem 
letzten und meh friedlichen Art kel hat Emil de Girardin sicherlich 
die Stimmung einer großen Zahl Franzesen ausgespro hen. Die⸗ 
sulben wünschen den Frieden und besrachten die neuen Militarg esetze 
als eine widerwärtige Last. Die Einberufung der Reservisie zun 
Uebungen für einen Monat hat ihnpen gejzeigt welche Lasten die 
allgemeine Diensipflicht mit sich bringt. Das Plißlingen der Mis⸗ 
sion dir englischen Workmen in letzter Woche scheint beim ersten 
Buckhnint für die friedliche Stimmung der Pariser zu sprechen, 
aber dieses Mißlingen läßt sich leicht ertlären. Die Salle d'Arras 
var allerdings, trotz der zahlreichen Einaladungen, mehr ale zur 
dälfte leer, aber nicht weil die arbeitenden Klasfen auf den Frieden 
einen Werth legen, sondern weil sch'edsrichterliche Entscheidung 
dine far sie neue Idee ist, und weil sie selbst zu einer sur die 
Wünsche Elfaß Lothringens bedenklichen Ertlärung sich nicht ver— 
tehen mochten. Sie denken nicht daran, sich wegen der Zurücker⸗ 
beruug der verlorenen Provinzen in Krrieg zu stuͤrzen, aber daß 
ie diesen Gidanlen jelbst ausdrücllich verwerfen sollten, mochte 
hnen doch als eiwas cymisch e schei eit. Sie überlassen die Sache 
der Zukunft ohne Hinter,ed inlen. Sie haben darauf verjichtet, 
ttwat für ihre abgetreunten Brüder zu thun, aber sie hallen es 
jür grausam, die Thatsache einzugessehen, und sie wollen nichts 
hun, was die Elfässer schließlich antreiben müßte, mit Deuischland 
hren Frieden zu schließen. Unter diesen Umständen war es der 
enzige Ausweg für die- Pariset Arbeiter von der Konferenz wegzu⸗ 
bleiben. Die Folge davon war, daß die Redner und die Zuhoͤrer 
in einem großen Mißverhältniß sich befinden. Die Delegirten waren 
10 Mannsta:k. wihrend die zweite Bersammlung 40 jranz. Zuhdrer 
säh!te. Herr de Girardin ist nichtso zurückhaltend und schweigsam. Er 
ertlärt gradezu, daß e'n Revanchekrieg nicht in Frage kommen 
önne.. Hätte er dies dor vier Jahren zu sagen gewagt, sso wür 
dea die Blätter aller Farben über ihn hergefallen sein, aber heute 
erhebt sich gegen ihn laum ein vereinzelter Widerspruch, denn man 
ühlt, daß er einfach einem weit verbreiteten Gedanken Ausdrtuck 
gibt. Wie lange dieser Gdanke Bestand haben wird, ist sihwer 
zu sagen. aber es ist keine Frage. daß er gegenpärtig bessehs“