Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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M 35. 
Donnerstag, den 2. März 
1876. 
Deutsches Reich. 
Rheinpfalz, 25, Febr. Nach Nachrichten, die aus Mün⸗ 
hener Abgeotdnetenkreisen stammen, scheint das Drängen der pfätl ⸗ 
ischen Abgeordneten, um Erbauung der Lauterthalbahn doh end⸗ 
lich seine Frucht zu tragen; denn das Ministerium soll beabsichtigen, 
in nächster Zeit dem Landtage einen Gesetzentwurf bezüglich der 
Frbauung dieser Bahn vorzulegen. Außerdem soll aud die Linie 
hornbach⸗Bitsch in diesem Gefetzentwurf aufgenommen werden, so 
wie ein Nachtragskredit für die pfälzischen Nordbahnen, worunter 
ich ein Postulat für ein neues Kahuhofgebäude in Kaiserslautern 
befindet. 
München, 27. Febr. Bei der Kammer der Abgeordneten 
ist neutstens eine Petition der Notare der Pfalz eingelaufen um 
Bewilligung von Tantiemen für Erhebung der Einregistrirungs⸗ 
Bebühren. 
Mäünchen. Nach Mittheilung des kal. statistischen Burcaus 
wäre die neuliche Notiz, daß nach der letzten Volkszählung Bayern 
4,970,000 Einwohner habe, nicht richtig, sondern wäre, obwohl 
das Material noch nicht ganz zustammengestellt ist, als sicher an⸗ 
zunehmen, daß es mehr als 5 Millionen sind. 
Ausland. 
Paris, 29. Febr. Gambetta erschien gestern, auf der Rück 
sehr von Nizza begriffen, in Lyon vor einer Nersammlung von 
300 Personen und entwickelte vor derselben die Bedeutung der 
letzten Wahlen, welche er als namentlich gegen den Obscurantis- 
muͤs und das Vordringen des klerikalen Geistes gerichtet, charalteri⸗ 
rte. Er soll bei dieser Gelegenheit telegraphischer Meldung zu⸗ 
folge fich des Weiteren über die auswörtige Poliuk verbreitet ha⸗ 
ben. Im Uebrigen wiederholte er das versöhnliche und maßvolle 
Prozramm, welchem er schon bei dielen anderen Gelegenherten das 
Wort geredet hat. 
Paris, 29. Febr. Don Carlos ist in Begleilung des 
Beafen Caserta gestetn Abend in Maulesn angekommen und nach 
Pau weitergereist. Es verlautet, er werde sich nach England be⸗ 
Jjebin. — Don Carlos ist von dem Präiecten in Pau dideutet 
vorden, daß ihm nicht einmal für ganz kurze Zeit der Aufenthalt 
in der Nähe der Pyrenden gestatzet werden könne, dagegen dürfe 
er vorläufiz in einer Statt in Norden von Frankreich seine Re⸗ 
idenz nehmen. 
Trotz des Verschwindens der Karlisten vom Schuuplatze sind 
abrigens die politischen Aussichten auf der Halbi sel düster geuung. 
Durch die Ruückkehr der Exkönigin Isabella ermuthigt, werden die 
Moderados und die Exkarlisten die Oberhand bekommen uud sämmi⸗ 
liche Elemente des Liberalismus in Spanien zu noch vollständigerer 
Bedeutungslosigkeit als jetzt reduziren, oder die klerikalen und ab⸗ 
jolutisti chen Zeloten dürfien, gezwungen, einer rersöhnlichern Politik 
zu weichen, eine von der Königin⸗Mutter unterstützt intriguante 
Opposition ins Leben rufen, und eine militärische Autorität hand— 
haben, die der Regierung gefährlich und mit einem gesunden voli— 
sischen Fortschritt unvereinbar sein würde. 
fOppenheim, 283. Febt. Die ‚Landskrone? berichtet. 
Verflossene Nacht wurde zwischen dem Kornsand und Astheim der 
Hauptdamm des Rheines an einer Stelle zu durchstechen versucht. 
Slücklicher Weise wurde der nichtswürdige Streich durch die Wasser⸗ 
wacht entdeckt und so großem Unheil vorgebeugt. 
F Straßburg, 28. Febr. Die Redacteuere des „Elsäfs. 
FJourn.“, G. Fischbach und U. Schneeguns, wurden heute vom 
Zuchtpolizeigerscht wegen Beleidigung des Großherzogs von Mecklen⸗ 
hurg zu je 1 Meöonat Festungshaft (Strafminimum) verurtheilt: 
Die Beleidigung wurde in einem Artikel gefunden, welcher die be⸗ 
kannten in Meckleuburg bei Einfühtung des Reichscivilehegesetzes 
ergangenen Verordnungen basprach. 
F Maänchen, 28. Febr. Stiftspropst Dr. v. Döllinger er⸗ 
hielt zu seinem 77. Geburtstage von Sr. Maj. dem König die 
besten Glückwünsche in huldvollster Weise. 
München. Frhr. v. Linden, dessen Agitationsweise in 
derschiedenen klerikalen und deutschfeindlichen Zeitungen ihm wieder⸗ 
holte Verurtheilungen, u. A. auch wenen Beleidigung des deutschen 
saisers, zugezogen hatte, ist von Sr. Maj. dem König seiner 
baverischen Kammerherrnwürde enthoben worden. 
Die „Dorfztg.“ erzählt folgende Schnurre: Vergangene 
Woche kam ein altet Engländer nach Nurnberg auf der Flucht 
dor dem Schicksale, welches ihm einst eine Kartenschlägerin aus 
dem Kaffeesatze verlündet hatte. Der dunkle Spruch lautete: er 
werde vier Wochen nach dem Einzuge in seine neue Wohnung 
slerben. Vom Aberglauden getrieben, verließ er am 16. Oktober 
1823 seine Vaterstadt und reiste seit jenem Tage rastlos in der 
Welt herum. In keiner Stadt und in keinem Hotel verweilt er 
länzer als 14 Tate, obwohl er nun bereits 53 Jahre auf Reisen 
sist. In den „4 Jahresztiten“ zu München hat er vor Kurzem 
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risches Aussehen, wie tin Fünfziger. Es soll fast kein Gasthof 
n der cibilisirten Well mehr übrig sein, in welchem er nicht 
wenigstens 2 bis höhstens 14 Taje gewohnt hätte. Wena's 
nicht wahr ist, dann liest sich's wenigstens ganz drollig. 
F Görlitz, 28. Febt. General-Feldmarschall v. Steinmeß 
ist an einer Lnagenentzündung nicht unbedentlich erkrankt. 
F Dortmund, 26. Febr. Gestern fand auf der Grube 
Potsdam dei Aplerbech ein Wasserdurchbruch statt wobei 13 Berg⸗ 
leute ums Leben gekommen sind. (K. 3.) 
F Karlsruhe, 28. Febr. Bei der heutigen Seriensiehung 
der badischen fl. 38 Loose von 1845 wurden folgende Serien 
dezogen: 7626 2830 7814 1056 6785 2418 1517 4190 
524 4982 6170 4703 7260 2595 2037 641 2634 6000 
7827 5815 5627 5528 2967 6644 102 7735 1154 3286 
329 2093 4229 6526 4704 5514 7815 6398 2614 466 
2012 4170 5049 214 3857 3918 71 360533 1468 5825 7024 
3482 4440 6369 5389 7536 5382 2636 147 879 2803 
5857 878 14838 3278 1224 3639 8021 448 2736 5918 
4735 5950 2781 5233 7629 3800 4650 53047 654 5594 
14812 1662 2648 6265 8815 1806 247 6191 4794 4.08 
6490 3710 1880 6602 5144 1515 1329 3593 2469 74 
802. 
fGustav Nieritzf. Als 80iäheiger, aber fast bis zuletzt 
an Körper und Geist noch rüstiger und frischer Greis ist in Dres— 
den am 16. v. M. ein Mann aus dem Leben geschieden, dessen 
Name bei Jung und Alt durch ganz Deutschland, ja weit uber 
delsen Grenzen hinaus, einen quten Klang hat: der Senior der 
deutschen Jugendschriftsteller, Gustav Nieritz. Die Pretisten frellich 
hdaben sein emsitges, segensreiches Wirken nie zu würdigen geweißt. 
Gründete es sich doch auf den Grundjatz, daß die Frömmigkeit erst 
durch treue Pflichterfüllung ihren wahren Werth erhalte, 
uad daß sonst alle kirchlichen Gebäuche, alle confessionellen Saßun⸗ 
gen uund Formeln uur leeres Gepränge und hoble Worte sind. Zu 
dieser Ueberzeugung brkannte er sich freimüthig schon zu jener Zeit, 
da er noch Hilfslehrer seines Vaters an der Dresdeger Armenschale 
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Vermischtes. 
Kaiserslautern, 28. Febr. Die Steingutfabr'k hielt 
gzestern ihre ordentliche Genetalversammlung ab. Es wurde ein 
Bewinn von 6777 M. 20 Pf. sestgestellt, welcher zu Abschreibungen 
benutzt würde. 
Aus der Psfalz, 26. Fibr. Das landwirthschaftliche 
Bezirks omile zu Pirmasens beschloß, zu anfangs September eine 
Bezirksthierschau abzuhalten, mit welcher eine Ausstellung von 
Landesprodukten, landwirthschaftlichen Geräthen ꝛc. verbunden wer— 
den soll. Für Kühe, Fassel und Rinder werdea je 5 Preise, füc 
Schweine und Schafe je 4 Preise, für Ziegen 2 Preise ertheilt. 
In Ludwigshafen soll dem Bernehmen nach eine Agen— 
uur der Reichsbank errichtet und dieselbe Herrn K. Lechtenberger 
daselbst übertragen werden 
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