Full text: St. Ingberter Anzeiger

fMänchen, 5. Jan. Die ministerielle Genehmigung für 
die zweile Ziehung der Präm'en-Collecie zum Ausbau der Gie— 
anger Pfarrkirche ist erfolgt. Nach dem gebilligten Plane, welcher 
gjegen den früheren so vereinfacht wurde, daß die Ziehung wahr⸗ 
scheinlih an einem Tage durchgeführt werden kann, sollen 300,000 
Loose zu 2 M. ausgegeben werden. Die Zahl der Gewiene, 
welche in Summa 275,000 M. beziffern, beträgt 11,900 und 
war ein Gewinn zu 36,000 M., einer zu 16,000 MN., 2 Gewinne 
ju 10,000 M., 5 zu 5000 M.,6 zu 2000, 10 zu 1000, 25 
ju 600, 30 zu 300, 100 zu 100, 300 z3u 50, 500 zu 30, 
I000 zu 20, 2400 zu 10, 3500 zu 8 und 4000 zu ß6 M. 
FSaarbrücdchoen,2. Jan. Die Luxemburger-Bergwerlt 
und Saarbrücker Eisenhütten⸗-Altiengesellschaft, Besitzerin der Hoch 
zfen zu Burbach bei Saarbrüdhn, verthellt nach Beschluß der Ge— 
aeralversammlung für das Geschäftsjahr 1874 75 20 pCt. Di⸗ 
aidende. 
Berlin, 31. Dec. Im August 1871 reltete ein b herz⸗ 
jer Unteroffizier zwei Damen — Mutter und Tochter — dadurch 
aus sehr großer Gefahr. daß er die scheu geworde ien Pferde einer 
Equipage, in denen die beiden Damen saßen, zum Stehen bradhtte. 
Fnige Wochen später wurde der Unterofffzier in das Comptoir 
eines hiesigen Bankhauses gerufen, ihm eine große Summ⸗ Geldes 
nusbezahit und ihm bedeutet, daß er zu Anfang e'nes jeden Quar 
zals 50 Thaler in Empfang nehmen lönne. Den Namen des 
eheimnißvollen Gebers konnte er nicht erfahre.. Als der Mann 
zIm 1. Oktober wieder die fülligen 50 Thaler erh ben wollie, 
vurde ihm mitgetheilt, daß die Geberin mit Tod abgegangen sei 
Vor einigen Tagen nun erhielt derselbe von dem nämlichen Bank 
zause 4000 Thaler mit dem Bemerken ausbezahlt, daß dies ein 
Vermächtnitz jeuer alten Dame sei, welche er nebst ihrer Tochter 
im Jabre 1871 aus großer Gefahr errettet haße. Den Namen 
seiner Wohlthäterin erfuhr er nicht. 
FWittenberg. 28. Dec. Die von hier gemeldete epoche 
nachende Ersindung, ein gittes Leuchtgas ohm Kohlen auf sehr ein⸗ 
ache Weise aus athmosphärijcher Luft darzustellen, dürfte auf de 
jolgenden, der Hauptsache aach der Augsburger Allg. Zig.“ ent⸗ 
jehnten Thatsachen zurückzuführen sein. Die beennbiren Gase der 
athmosphärijchen Luft find der Chemie 148gft bekannt; aber e 
fehlte bisher an einer einfachhen und billigen Darstell inz dieser 
Bise und an einem Apparate, mittels dessen die Guserzeugung in 
zrößerem Maßstabe geschehen und fur das öffen: liche Leben nuzbar 
gemacht werder lönne. In der ersteren Beziehunz hat sich, dem 
diesigen „Kreisblatte“ zufolge, ein Görlitzer Chem'kir, B. Liebich, 
Verdienste erworben; als Ersi der des Apparats gelten die Herren 
Parody und Comp. in Bern, in deren Auf‘rage ein Ingenier zur 
Zeit Deu schland dereist und vorzugsweise in solchen Städten, drie 
eine Gasanstalt haben, einen Apprat vorzeigt und über denselben 
Vortrag hält. Die Kosten für ein sehe schön, rein und geruchlos 
prennendes Gas sollen sih für 1000 Kub ifuß auf num eiwa 1 
Mark gleich 10 Sqgr. berechnen, wogegen der Apparat für etwa 115 
Flammen, wie fie in öffentlichen Lokalen, Restautants ꝛc. gebraucht 
werden, rund etwa 3000 Mack gleich 1000 Thlr. kosten würde. 
fHundeschlachterei. In der Umgegend von Berlin 
kamen in den letzten Wochen auffallend diele Hunde abhanden, und 
aamentlich waren große, starke Ardeitsthiere dem räthselhafien Ver⸗ 
—EEV 
dandel mit derartigen Thieren auf de Spur zu kommen vermoch⸗ 
sen. Irßt hat sich die Sache ganz zufaͤllig und in überraschendst er 
Weise aufgeklärt. In-Spandau bot vo den Feitrtagen ein Are 
heitet mehrfach Hammelleulen zu auffallend billigen Preisen zam 
Berkauf an, die sich bei genauerem Zusehen als sauber zugerichtete 
HDund v ertel aus viesen, und nachdem der Hundeschlächter vrhaftet 
worden, machte er auch die Gerber namhaft. bei denen er die Felle 
derkaujt hatte. Die neue Industrie scheint ziemlsch schwunghaft 
zetrieben worden zu sein. 
fFürft Bismarck ist mit 42 Ocden geschmückt, Graf Moltke 
mit 32, der frühere Ministerprasident v. Manteuffel mit 28, Graf 
Wrangel mit 25 und der ehemalige Oderbürgermeister v. Krausnick 
nit 5. Sämmtliche sind Ehrenbürger von Berlin. 
F Gegen Dr. Strousberg ist, wie der „B. B. Z.“ aus 
Moslau gemeldet wird, auf ger hiliche Verfügung die geheime 
Untersuchung aufgehoben worden und empfängt derselbe seit gestern 
Morgen in seiner Zelle nach Belieben Bisuche von Privatpersonen. 
F Zur Affaire Thomas. Wie den „Samb. Nachr.“ aus 
dondon geschrieben wird, hat die englische Polizei ermittelt, daß 
Tbhomas, oder wie sonst sein Name sein mag, sich im Oktober 
1870 in Liverpool aufgehalten hat. Er bewohnte damals wihrend 
ö— Tagen Zimmer im „Rorihwestern⸗Hotel“, Er führite eine 
starke eiserne wohl verwahrte und verschlossene Kiste bei sich. Ihr 
Gewicht war sehr schwer und ix gab an, daß sie 6000 goldene 
*0.Dollarstücke enthalte, die er nach Amerila aubführen wole, un 
eine Hypothet auf dem Gute seines Vateckß zu tilgen, daz ihm 
bermacht worden sei. Er suchle in Liverpool Sbiffz⸗ und Aus⸗ 
wandereragenten auf, denen er Auftraz gat,, Erkundigungen da— 
rüber einzuziehen, zu wilcher Prämie er die Barrfracht versichern 
sonne. Es soll ihn 12 PCt. aufgegeben, von ihm aber zu ho h 
befunden worden sein. Später bezad er sich nach dem Comptoit 
der White⸗Star-Dampfer Gesellschaft und dort erkläcte er, er wolle 
an Bord des auslaufenden Damp'ers „Coltic“ eine schwere 
d ste mit baarem Gelde veciriffen und daß er beabsichtige, sie zu 
hrem vollen Werthe zu versi hern. Die Directoren der Gesellschaft 
erklärten dem Thonas, daß da e8 Contamen seien, es 
porzuziehen wäre, wenn die Kiste dem Ziblmeister des 
Schiffes zur⸗ Aufbewahraeggegeben werde,— der sie dann 
in ddn feuer- und deebesfesten Raum des Scheffes verschließen 
würde, und daß sie dann auf Resitko der Scheffseigner über⸗ 
führt werden waͤrde. Thomas fand diesen Vorschlag nicht 
anaehmbar, sein Beneh nen begann der erwähnten Conpaguie v r⸗ 
dächtig zu werden, und sie beschloß, es überhaupt abzulehnen, die 
Kiste als Frachtgut mitzunehmen. Bei den Schifferhed ru Inman 
u. Co. hatte Thomas al dann wernere Schtitte gelhan, wir aber 
eben so wenig erfolgreich. Nun geht aber der Polizei von diejem 
Buntte ab jede genauere Spur weiterer Maß egeln seinerfeits ver— 
ocen. Sicher ist es nur, daß er seine augebliche Kiste min Con⸗ 
anten nicht als Baarfraht irgendwie aufgegben hat. Aber die 
Vermuthung taucht auf, er habe feine Höllenmaschine, denn als 
olche dürfte sich die Goldkiste enipappt haben, emdallir! und als 
zewöhnliches Stückgut ohne weiteres Aufsehen verschifft. Natürlich 
nissen bei den Versickerungs gesellschaften Indicien hierüber zu ge⸗ 
vinnen sein, un so mehr, wenn der mit den Vorgaängen in Liver— 
pool in bestemmten Zusammenhang gebrachte Verdasht, daß der 
Later zane der „City of Boston“ jenem Vorfall zuzuschteben set, 
ijn W'rklich'eit auf Thatsachen basirt. Es wid von der Poliz i 
Allez in Bewegung gesetzt, um we tere Anheltüpunkte zu gewinnen. 
F In Berlin erscheinen jetzt 37 amtliche Blatiter, 56 nicht 
untliche Journale politischen uad socialen Jadalts, 232 Wochen⸗ 
und Monatsschriften für Wssenschaft, Kanst. Handel und Gewerbe, 
rebst Boͤrsencourszeitel, 23 Ze'tschriften für Botanik, Mathematik, 
Naturkunde, Erdkunde, Archäologie 2c. 21 medizinische Zeitjchriften, 
16 land v'rthschaf. liche Zeiningen ꝛc. 21 Journale celigiösen und 
irchlichen Inhauues und 18 Unterhaltungsschrifsten, im Ganzen 
364 Zeitungen und Zeitschriften. 
fEine Studentenehe. W'e sonderbar der Zufall 
yft jpielt, beweist nachste jende kleine Geschichte, die dem Leser viel— 
eicht alt, eine recht hürsche Erfindung erscheinen mag, für deren 
h»olle Wahrheit wir indessen bürgen. Der junge Sprößlinz einer 
jchlesijichn Familie, der in Berlin seinen Studien oblan, machte 
vor einigen Jahren eine Reise nach England sp'zi ˖ll Lordon, um 
ich dort für den erwählten Beruf zu verdolllomnnen. Trotz 
seines angeftrengten Fleißes blieb ihm noch so viel Zeit, si h auch 
für die weiblichen Schönheiten Albions zu interressiren und sich 
dabei speziell in die Tochter seines Logiswirthes sterdlich zu ver- 
lieden. Man liebt in den Jahren immer überschwänglich, und da 
der junge Student auf de Einwilligunz dee Seinen in Anbetracht 
jeiner großen Jugend und des Mangels jeder selbststandigen Exi- 
Unz nct rech en konnte, so dirf es nicht Winder nehnen, daß 
ĩ h das junze Paar die Vorzize Enzlands hensihtlich der beqiemen 
Trauungen zu Nugtzen machte und eines schönen Tigeß ohne das 
eringste Vorw ssen der Angehörigen des jungen Mannes als legi⸗ 
imes Ehepraar üder den Kanal nach dem Kontinent gesegelt kam. 
Das übernut reichliche Taschengeld, sowie der ihm mit Rüchsicht 
uuf das in Aussicht stehende Vermözen von Bekannten berritwilligst 
gewährte Keedit setzten den jungea Herrn in den Stand, in der 
eihe Berlins seiuen eigenen Hausst und zu errichten und es durch 
zeschickt getrof ne Mußregeln mit Hilfe einizet Bertraiten zu be⸗ 
dertftelligen, daß selbst dann, als bereits ein „zanz kleiner Stu⸗ 
enat“ einpassict wir, die Veewundten ao h immer über die That⸗ 
a he ununterrichtet geb'reben waren. Die interessante Eroͤffnunz 
ollte viemehr ersi gem icht werden, sobdald das erste Ex amen glüklich 
»estanden, ward aber durch eine gew ß höhst merlward'ge Fügung vor 
durzem zum Glück der junzen Leute beschleunigt. — Die Frau Stu⸗ 
dentin konnte sich mit den deutschen Dienstboten nicht recht befreunden, 
w is üdrigens auch deutschen Hausfrauen psict, und wechselte daher 
diese Sitte schnell acceptirend, recht haufi. Bei der abermaligen Noth⸗ 
wendigleit eines solchen Wechsels ward von der Frau ein Mädcen 
Jemiethet, das den schlesi hen Dialelt sprechend, als Lundsma inin ihres 
—nieben Ehemannes ihr ganz besonders tühltig erscheinen mo hie. Als 
dasselbe am Abend dem Herrn Gemahl vorgestellt wurde, taumelte 
es mit dem Ausschrei: „Herr Jesas, junger Heru!“ einige Schritte 
zurück, während der junge Herr mit dem tonlosen Auscuf: „Aber 
Auust⸗!“ södtlich erscheoken in die Sophalissen zurücssank. Auguste 
war das feu jere Denst nedchen der Eltern des jungen Ehemannes. 
—AI 
Fa warde Fanilientath gehallen uad aufinzs baschlosser, deß