Full text: St. Ingberter Anzeiger

Theil der Versemmlung war indeß hinter einer Barriere von dem 
Perron abgesperit, und als die Equipage mit Don Carlos vorbei⸗ 
juhr, erhob sich ein furchtbarer Larm.“ Die Volks menge zischte 
und heulte, und d'ejenigen, die jubelten oder „Vibat“ riefen, be⸗ 
fanden sich in einer⸗ sehr entschiedenen Minorität.“ Unter der 
Menge demerkte man auch einige Spanier.“ Don Carlos ist in 
Browu's Hotel, Doverstreet, Piccadilly, abgestiegen, wo er einige 
Wochen zu verweilen gedenkt. 
New⸗NYort, 7. Maärz. Das Ashl für Greise in Broollyn 
ist heute abgebrannt; von den Bewohnern derselben werden 80 
permißt, 20 Leichen sind bereitzs hervorgezogen. — D'e Kisenbahn⸗ 
brücke bei Harpersferrd ist, während gerade ein Zug diesselbe pas⸗ 
firte, eingeftürzt, und sind dabei 11 Personen geddiet und 6 ver⸗ 
wundet worden. 
— Rermischtes. 
s Zweibrücken, 9. März. Die Anklagekammer des tgl. 
Appellationsgerichts dahier, hat nachgenannte 2 Personen vor das 
Schwurgericht pro 1. Quartal 1876, dessen Sitzungen am kom⸗ 
menden Montag, den 18. Marz, Vormittags halb 9 Uhr, unter 
dem Präsidium des kgl. Appellationsgerichtörathes Christian Uebel 
ihren Anfang nehmen, verwiesen: J 
1. Heinrich Fahrnbach, 46 Jahre all, Tagner von Otterstadt. 
(Reat: Koͤrperberlezurg wit loͤdilichem Erfolge. Staatsbehörde: 
k. Staatsanwalt Petri. Vertheidigung: k. Adbokat⸗Anwalt Ged— 
hart. Sitzung: Montag, den 13. Marjz, Vormittags halb 8 Uhr 
beginnend d. 
2. Maria Bubel, 833 Jahre alt, ledige Tagnerin aus Klein⸗ 
steinhausen, zuletzt Dienstmagd auf dem Wahlerhof,, Gemeinde 
Hengstbach. (Reot: Kindsmord. Staalsbehörde: k, Staaisanwalt 
Hessert. Versheidigung: kgl. Advokat-⸗Anwalt Tisch. Sitzung: 
Dienstag, den 14. Närz, Vormittags halb O Uhr begirnend. 
Gw. 31.) 
f Reustadtea. d. H. Nädsten Sonntag, Rochminag halb 
5 Uhr, findet bei uns ein Stollberg'sches Künstler⸗Concert statt, 
das der Volksmund bereitz das Kindermann Concert nennt, weil 
indermann von Munchen, den man schon so lange d'er zu hoͤren 
wüunscht mit seiner Tochter darin auftritt. Dieser e'nt Rame ge⸗ 
nügte schon um Neuftiadt an diesem Tage zum Sammelploß auier 
kunst⸗ und sangetfreundlichen Pfalzer zu machen, dech dildet außer⸗ 
dem noch ein reizendes, sellenes Damen-Trio, eine Pianistin, ene 
Violin⸗Virluon und eine Sängerin weitere Anziehungspuntte. 
Die württembergischen Blätter derichten über die drei Damen, 
welche theils im Siultgarter Conservatorium, theils in Mailand 
ihre Ausbildung erhielten, Außerordentlichet, so daß man wohl mit 
Spannung diefem Concerte entgegen sehen kann, in welchem die 
höchste Virtuosität auf der solidesten künstletischen Grundlage, gleich 
fern von musikalischem Schwindel, wie don mondtonem Quarteit- 
gesang das Publilum zur Bewunderung hinreißt. Das Accom⸗ 
pagnement hat aus Gefaälligkeit der in hiesi jzen Kreisen beceuß gut⸗ 
renommirte junge Pianist Herr Hackhh aus Stutthart übernommen. 
F.Ein Korrespondent der „Köin. Ztg.“ traf in San Seba⸗ 
ftian einige pfälzische Musikanten aus Reichenbachslegen bei Hom⸗ 
burg. Er schreibt über diese Begegnung am karlistischen Kriegs⸗ 
schauplatze Folgendeßs: Kommen unsere Pfäljzer Landsleute und 
spielen außer lustigen Rhe'nländlern, schwermüthigen Walzern und 
Volksliedern auch schneidige Kriegsfarfaren und Marsche, und da 
sich der Anführer des Karlistenbataillons eine so schöne Gelegenheit, 
ein ganges Musikkonps fix und fertig ünd ungeheuer billig anzu⸗ 
schaffen, nicht eutgehen Iassen will. sind die Musikanten nolens 
rolens woblhbestallte Bataillonsblechpfeifer von Cuernica. Als 
solche baben Sie denn Don Carlos, den König von ESbanien, die 
Berechtsame der baskischen Probinz Biscaha beschwoͤren sehen und 
die Funktion durch die Harmonie ihrer Toͤne verhe rrlicht. Spaͤter 
zogen Sie an der Spißze ihrer Schaur don Triumph zu Triumph 
und donzentrirten sich schließlich mit ihrem Herrn und Meisiter 
rückwärts, immer weiler rückwärts b's an die franzoͤsische Grenze, 
wo Don Carlos sich selbst in Sicherheit brachte und die ihm bis 
zuletzt treu Gebliebenen machen ließ, was fie wollten. Einer von 
den dvier Kunstgenossen, Namens Ludwig Hill wie die anderen 
aus Reichenbachstegen in der Rheinpfalz gedüttig, war während 
des Feldzuges ein Opfer desselben geworden. Abdgerissen, wie die 
Leute hier ankamen, wurden sie, weü Frende, mit scheelen Augen 
angesehen und konnden kaum ein Unterlommen für die Nacht 
finden. Aber Eott verläht teinen Deuischen. Durch Fursorge 
unserets Konsult und der Marineoffiziere des Nautilus“ der ge, 
rade in Pasoges in diesen Tagen anwesend war. wurden die Kar⸗ 
listen in Zivilisten umgewandeli, und wenn auch die Kleidungs- 
Jücde nicht alle wie angegossen saßen, so waren die Leute doch 
seeleuvergnit über ihr Aussehen. Einen Reiseschilling in der 
Tasche wurde die ganze Bande nach Bilbas spedirt, um sich von 
dort aus nach Englaud einzuschiffen.“ (Ein Geistlicher, der zu⸗ 
leich Führer des Karlistenbataillons „Guernica“ war, hatte die 
Musilanten zu Karlisten „wider Willen“ gemacht, als sie auf 
hdren Kreuze und Querzügen nach Gusrunica gekommen waren.) 
— 7 In Augsburg hat die Jungfrau Creszenz Friedmann 
hr 50jähriges Dienstboten-Judiläum gefeiert; sie diente während 
zieser Zeit in einer Familie. Der Magistrat hat die Jubilarin 
nit einer goldenen Uhr beschentt, welche Bürgermeister Fischer 
persönlich überreichte. J J — 
.f Srantfurt a. M., 7 März. (Unglückzfall) Auf den 
„ esigen Schlachthaufe wurde gestern Nachmittag dem Schlachter⸗ 
vysellen Hermann Kaiser in Ausübung seines Gewerbes, von einem 
Mitarbeiter (ebensalls in Autübung setnes Berufes) durch einen 
Axischlag die rechte Hand fast abgeh uen. Der Verletzzte, vom 
Wundarjt Heren Pahrren mit einem Nothverband versehen, wurde 
chleunizst nach dem Allgmeinen Krankenhaufe geschafft. 
Mainz, 7. Marz. (Versuchtes Verbrechtin) Vor einigen 
Tägen erhielt eine hiesige Fabrik direlt von einer Zeche einen 
Waggon Steinkohlen. Bei dem Abladen derselben fand man, so 
iemlich in der Viitte der Ladung, eine mit mehreren Pfund Pulver 
zefüllte Biechbüchse. Der mysteridse Fund wurde behufs Recher⸗ 
dirung der Behörde üllergeben. 
F Oberhaufen a d. Rudr, 6. März. (Die boͤchstbe⸗ 
deuerte Stadt Deutschlands) können wir unsere Stadt 
wohl mit Fug und Recht nennen. Unsere Einwohner zahlen pro 
1876 circa 320 pCt. der Klassensteuer als Kommunalsteuer. 
FeEssen, 4. März. Ein blutiges Drama. In der Ort⸗ 
schaft Frohnhausen lobte der Arbeiter St. H. mit seiner Familie 
chon fent langer Zeit in Zank und Streit. Er war der zweite 
Mann seiner Fran, welche aus ihrer ersten Ehe einen 181ährigen 
S„ohn und eine 2416hrige Tochter harte. Legtere untethi⸗it ein 
Zerhältniß mit einem jungen Arbener, das indeß der Stiefbater 
richt bUigte. Am verflossenen Sonntag kehrten die drei jüngeren 
zeute spat in der Nacht von einem Balle heim und der Bräutigam 
rat mit in die Wohnung seiner Braut. Als dies der Stiefvatder 
vernommen, fiend er vom Betite auf und forderte denselben auf, 
zas Haus zu verlassen. In Folge dessen kam es zum Streite. 
VBon drei Seiten warde H. angegriffen und mit einer sogenannten 
HBergmannshacke niedergeschlagen, dann kniete sein Stiefsohn auf ihn 
zieder und erdrosselte ihn mittelst eines ledernen Riemens, wähtend 
die Tochter und ihr Bräutigam ihn niederhielten. Nachdem er den 
etten Hauch von sich gegeben, kleideten die Scheusale den Leichnam 
yollständig an und schleppten ihn in den denachbarten Bach, wo 
rx einige Tage später aufgefunden wurde. Die Thäter sind ge⸗ 
jändig und sißen dereits himter Schloß und Regel. Die Ehefrau 
»es Verstorbenen hat während des Vorfalles, angeblich krank, im 
Vette gelegen. 
f VBerlin, 7. März. Auf dem Ballfet des XX 
Botschafters fehlten, wie die Trib.“ wissen will, beide Grafen 
Bismard, wel sie leine Einladung erhalten hatten, obgleich Fraͤul. 
o. Gontaut sich genau entsann, die Einladungskarten selbsi autge- 
üllt zu daben. Man vermuthet eine Unterschlagung der beiden 
arten durch einen untergeordneten Angestellien in der Kanzlei 
oder im Hause des Botschafters aus frazzdsischem Patriotismus. 
GBG.au. H.e3. 
x. Aus der Gaunerwelt. Die Poltjei in Kaffl hat einen 
Tagelöhner Namens Eberwein Dessel vechaftet, der in Berlin, 
Bremen und Westfalen zahlreiche Diebstähle verübi zu haben scheint. 
Man hat ihm Keffer mit einer ungemein mannigfaltigen Diebs⸗ 
»eute abgenommen. Dissel ist schon mehrfach wegen Diebstahls 
estiaft und kann über den rechtmäßigen Erwerb der Sachen keine 
Auskunft geben. Portemonnaies mit Geldinhait bdis zu 90 Mark, 
Btieftaschen, Uhren, Dombaulaose, Wäsche, Kleidungsstücke bilden 
in mannigfaltiger Weise den Inhallt seiner Koffer. Ein Opern⸗ 
zlaß in schwarzem Etui, gez. T. Dörffel Berlin, Unter din Linden 
16, sowie Wasche A. H. und M. H. gezeichnet, kann vielleicht zur 
Ermittelung beitragen. — Aus Blankenburg in Holland dat fich 
der Viehhändler van Hoven, nachdem er fein Inventar veräͤußert 
uind außerdem gefaͤlschie Wechsel in betraͤchilicher Höhe untergedracht 
hat, anzeblich nach Deatsaland geflüchtet. Das Instrullionsgericht 
zu Mastricht hit eine Belohnung von 2500 Frs— auf die Ergreif⸗ 
ung des Fälschers ausgefetzt. van Hoven ist von mittlerer Groͤße, 
hat schwarzbraune Haare, spricht zouändisch und schlecht französisch 
mit hollandischem Accent. — In Ueberlingen in Baden sitzt seit 
inigen Wochen ein Mann wegen Letruz und Urlundenfaischung 
in Haft, verweigert aber jede Auslunft über seine persoͤnl chen Ver⸗ 
jältnisse, angeblich aus Rücksicht auf seine Familie, wahrscheinlicher 
iber, weil er mit Frau Justitia schon vorher in Konflikt gelommen 
u sein scheint. Zuerst nannte er sich Friedrich Prägauf aus An⸗ 
lam, später auch Lehmann. Das Aufireten —XLV 
hheiden und gewinnend, sein Aussehen das eineß wohl habenden 
handwerlers. Mit Vorliebe hat sich der Berhaftete, der Sprache 
nach ein Norddeutscher, für einen Buumeister ausgeceben, der 65