Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler AAnzeiger. 
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M 45. Sonntag,. den 190. März 
Irzs6. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 13 März. Der „Reschs- und Staalsanzeiger“ 
hat gegen seine sonstige Gewohnheit gestern auch Mittheilungen über 
die jüngsten Berathungen des Staatsministeriums gebracht und un⸗ 
ser den Gegenständen der Tagebordnung auch die Eisenbahnfrage 
geuannt. Was diese betrifft, so darf man wohl annehmen, daß 
in Folge dieser Berathunzen die Einbringang der bezüglichen Vor⸗ 
lage beschlossene Sache ist und nach Ausarbeitung der Motive auch 
alsbald erfolgen wird. In Betreff der Ausdehnung des Planes 
kann lediglich bestätigt werden, was früher an diefer Stelle mit⸗ 
getheilt worden. Es handelt sich danach nur um d'e Ermächtigung dec 
Staatsregerung, wegen Ueberlassen der Staatsbahnen und der 
Aufsichtsrechte des Staats über die Privatbahnen an das Reich 
n Unterhandlung zu treten. Man wird es aber als selbstver⸗ 
dändlich betrachten können, deß bei der Berathung der Vorlage 
nuch die ganze principielle Bedeutung der Eisenbahnfrage zur Er⸗ 
orterung kommen wird. 
Die Untersuchung gegen den Grafen Arnim wegen Landes⸗ 
berrath, deren Einleitung in der vorigen Woche definitiv beschlossen 
worden ist, wird sobald nicht zur Anberaumung des Audienjtermins 
bor dem Staaisgerichtzhof führen, da die bescheinigte Krankheit des 
Angeschuldigten eine Kontumazial-Verhandlung unmöglich machen. 
Ausland. 
Paria, 15. März. Die Gemahlin des Präsidenten Mac 
Mahon hat die überschwemmten Ortschaflen Berch, Jory und 
indere in der Nähe von Paris besucht und Unterstühungen an 
nolhleidende Einwohner vertheilt. 
1 
richten Alexander Keidt und derselbe in Halifax als der Sohn 
enes Bierbrauers geboren. 
4 Paris, 16. März. Die Seine wächst noch immer und 
zat die Keller überschwemmt. Ein Begen der Indalidenbrücke 
roht einzustürzen. In Berch wurden die meisten Häuser als bau⸗ 
ällig gerdumt. Im Norddegartement sind 7 Kirchthürme zusammen⸗ 
zestürzt und 6 Menschen detödtet. In Havre ging gestern ein 
zroßes Norwegisches Schiff mit der ganzen Vesatzung untet. 
Kanftigen Miltwoch sindet in der Synagoge der Rue de la 
Vhictoire die Vermählung des Fräulein Bettina von Rothschild, 
Tochter des Freiherrn Alphons von Rothschild, des Cheft des Pa⸗ 
ifer Hauses, mit ihrem Vetter, Freiherrn Albert von Rotb⸗ 
child, dem Chef des Wiener Hauses statt. Faure von der großen 
Zper hat sih freiwillig erboten, bei dieser Feierlichkeit mitzuwirken. 
Der Ehekontraklt wird Sonntag Abend in dem Hotel der Rue 
Saint · Florentin, welches Baron Alphons bewohnt, gezeichnet. Als 
Zeugen werden dieses Actenstück der Marschall und die Marschollin 
MNac Mahon, Thiers und die Prinzen von Orleans unterzeichnen. 
F Brüffel, 13. März. Die Familie T'Kint de Rooden⸗ 
zele ist eine der ältesten Brüsseler Patricier ⸗Familien. Ein Herr 
T'Kint de Naeyer fitzt heute noch ia Senat. Er jst der Onkel 
des Eugene TKint de Roodebele, wel her auf Antrag des belgischen 
Bice⸗ Consuls in Queenstown in dem Augendlicke, wo er sich mit 
reichem, in der Schazkammer der „Banque de Belgique“ geschöpf⸗ 
em Raub, in Begleilung seiner Maitresse Marie Collart, benamet 
Lolo, nach Amerila einschiffen wollte, arretirt wurde und jegt 
einer Auslieferung gewärtig ist. Von dem Augendlick an, ais 
dieser großartige Diebstahl und Vertrauensmißbrauch ruchbar war, 
dis zur Stunde ist Brüssel, ja man kann falt hinzuseßen, ganj 
gen in einer fieberhaften Aufregung. Kllerdings ist die, Banque 
)e Belgique“ ein reines Privatunternehmen und irrthümlicher Weise 
uswärts mit der belgischen Nationalbant verwechselt worden; aber 
zie Actien jener Bank sind in allen Händen. Tausende von Fa⸗ 
nilien hatten ihre Ersparnisse ihr vertrauensvoll übergeben. Und 
rade diese Depositengelder sowohl den Privaten, als von Waisen⸗ 
äusern und Hospitäler u. s. w., plünderte der entartete Wustling. 
Dder Diebstabl bietet le:der wenig Uuffallendes. Es giebt wodl 
aum eine größere Stadt, wo derartige Vorgänge sich nicht dutzend⸗ 
beise in den letzten zwanzig Jahren abgespielt haben. Unerklärlich 
st dagegen der Umstand, daß der Gouverneur der ‚Banque de 
delgique“ ihn, obwohl er schon seit langerer Zeit mußte Verdacht 
eschöpft haben, nach wie vor auf seinem Posten ließ. Vermögens⸗ 
os von Haus aus, führte T'Kint das Leben eines Wüstlings, dem 
Nillionen zu Gebot standen. Die Heläre, mit welcher er gemeinschaft⸗ 
ich ein Hotelz in der Rue de la Loi bewohnte, die er sast all⸗ 
bendlich in's Theatre de la Monnaie begleitele, wo sie in einem 
Diamantenschmud prangte, den man auf 100, 000 Francs schätzte, 
choͤrte zu den verächtlichsten gemeinsten Geschöpfen ihrer Gaiturg 
Sie prasidirte den toll ten Gelagen, den schändiichsten Orgien, wo 
atürlich TKint nicht fehlte und den Ehrenplaz einnahm. In der 
Zwischenzeit spielte er im adeligen Club ganze Nächte durch und 
erlot fabelhafte Summen mit einet Gleichgältigkeit, alb gälte es 
Bfeffernasse. Neben dem Kartenspiel wurde dad Boͤrsenspiel noch 
iuf weit großartigerem Fuße betrieben. In Paris ailein hatte er 
inen Posten von 100 Nationalbankactien à la hausse, wofüc er 
mnlängst eine Differenz von 1,600,000 Franctß auszahlen mußte. 
Das ulles war stadtbekannt. Und trozdem konnte oder wollte der 
Bouverneur der Bank, Herr Forlamps, gleschzeilig Senator von 
Brüssel, sih nicht entschließen, den Menschen zu entlassen. 
Dienftesnachrichten. 
Der Landrichter Otio Bruch in Hornbach wurde zum lgl. 
Zezirksgerichtsrath in Zweibrüchen und der zweite Staateanwalt 
rduard Heinz in Kaiserslautern zum Bezirksgerichtsrath daselbst, 
eide ihrem Ansuchen entsprechend, befoͤrdert. 
Vermischtes. 
F Thaleischweiler, 14. Märg. In Folge des allzu- 
iange auhaltenden Regenwetters hat dieser Tage dahier ein merk⸗ 
würdiger Bergrutsch stattgefunden. Am sogenanuten Kühbrunnen 
ist in einer Länge von ca. 120 Metier der untere Bergtheil in den 
Weg geftürzt und dadurch eine Oeffnung von ca. 5—7 Meier tief 
und 2—3 Meter breit entftanden. Dadurch erwächst der Gemeinde 
eine Wegräumungsausgabe von mehreren Hundert Gulden, denn 
ein Feldweg ist total verschüttet. 
Winnweiler, 15. März. (Kais. Zig.) Mit unserer 
Aktienbrauerei scheint es Matthäi am Leßtea zu sein. Auf den 
2. April d. J. ist eine außerordentliche Generalvercsammlung mit 
der Tagesordnung ausgeschrieben: „Beschaffung weiterer Bcetriebs⸗ 
mittel, event. Auflösung der Gesellschaft. Diese Tagesordnung klingt 
aicht sehr hoffaungsreich für die Aktionäre. 
In den Waldungen des Donnersberg hat der Sturm am 
Sonntag ungebetene Holzmacherarbeit verrichtet; aus den durch 
zenselben niedergerissenen Bäumen könnin, wie wir hören, wohl an 
1000 Ster Holz fabricirt werden. 
Der Gewerbevberein Grünstadt hat beschlossen, im Jahre 
1877 eine Gewerbe⸗ und Industrie⸗Ausstellung des Kantons Grün⸗ 
stadt zu veranstalten. 
F In Pfeddersheim fand man am vergangenen Samstag 
früh eine Frau mit ihrem Bett und den sonstigen Moͤbeln ihrer 
Aä 
dem Bett geftandene und vor dem Einschlafen nicht ausgelöschte 
Licht entstanden zu sein. 
F Der Eisendahn⸗Verkehr über die Rheinbrüce ist seit dem 
16. d. zu schen Straßburg und Kehl wegen Hochwasser eingestellt; 
nuch die Scheffbtücke bei Speier wird heute aus gleichem Grunde 
ibgefahren werden müssen. 
Im Forstam Darmstadt schätt man den leßzten Wind⸗ 
jall auf 12,000 Raummeter. Aehnlich ist es im ganzen Lande. 
Die meisten Gemeinden haben bei sorgfältigem und schnellem Auf⸗ 
ereitsen Holz für zwei Jahre. 
tWie die „Weser Zig.“ mittheilt, ist der wirkliche Name des 
Arhebers der Katastrophe im Bremerhafen nach amerlkanischen Nach⸗