Full text: St. Ingberter Anzeiger

I. exler Anzei 
AAnzeiger. 
Der St. Ingberter Auzeiger und das (2 mal wöhentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unkerhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei 
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M 52. Samstag. deun 1. April 1876. 
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Deutsches Reihchc. 
Mäunchen, 27. März. Die Abgeordneten Jegel, Dr. Aub, 
Bechh und Holzwart haben heute folgenden Antrag eingebracht: 
Der Finanzausschuß wolle begutachten, daß den an den deutscen 
klementarschulen angestellten Lehrern im Falle eingetretener wirk⸗ 
icher Dienstuntqug!ichkeit die Hälfte ihrer bezogenen Alterszulagen 
u dem bisher normirten Pensionsgehalte als solcher hinzugerechnet 
verde und die hierfür mothwendigen Postulate in das Budget ein⸗ 
setzen. J N. Pr.) 
München, 28. März. Heute tagte schon wieder der Aus⸗ 
chuß über den Gesetzentwurf „die Hundefteuer“ beir, um endlich 
ie Berathung über denselben zu Ende ju sühren. Mit 7 gegen 
3 Stimmen wurde ein Antrag des Abgeordneten Gustav Schmidt, 
daß für jeden andern Hund, welcher in einer Haushaltung neben 
dem ersten Hunde gehalien wird, außer der bemeillen Stener noch 
n Zuschlaz bon 3 M. bezahlt werden muß, abgeworfen. Ferner 
vurde beschlossin, daß die Steuer im Monate Januar jeden Jahe 
es bezohlt werden muß. Nichtboyern haben innerhalb 14 Tagen 
hre Huude bei der betreffenden Gemeinde, in der sie sich aufhalten, 
inzumelden. Die Steuer muß immer bei der Anmeldung bezahl: 
verden, wobei eine Stundung oder Nachlaß derselben nicht statt⸗ 
indet. Die Steuex selbst gunfür das ganze Jahr und für die 
peciell angemeldeten Hunde, bei jedem Wechsel derselben muß diese 
vieder bezahlt, jedoch darf die schon in einer andern Gemeinde ent⸗ 
chtete Steuer in Abzug gebracht werden. Eine lebhafte Debatte 
ef die Beme: kung eines der Herren Ministerial-Commissäre hervor, 
aß wenn 218 der Steuer der Gemeinde und Us der Staatstkasse 
ufließen, das Zustaßdekommen dis Gesetzes in Frage stehe; endlich 
wurde der bereits früher gefaßte Beschluß mit 10 gegen 3 Stim⸗ 
nen dahin abgeändert, daß die Hälfte in die Gemeindekassa, die 
undere Hälfte in die Stootskossa fallen. Die durch Nichteinhaltung 
des Gesetzes anfellenden Strafen fließen zu 28 in die Armenkasse 
ner betreffenden Gemeinde und zu 6 in die Siaatskafsa. 
München, 29. Maͤrz. Die Vertagung des Landtages für 
die Osterfetier wird erst in der Charwoche selbst stattfinden. 
Mänchen, 29. März. Nachdem sich de Fesistellung des 
Budgets durch die Kammern noch länger verzögert, wird denselben 
ilsbald ein Gesetzentwurf behufs provisorischer Steuererhebung auch 
m zweiten Quattaleds. Is. vorgelegt werden. Inzwischen wurden 
urch Etlaß des Finanzministeriums die kgl. Stellen, Kassen und 
lemter eimächtigt, die für die letzte Finanzperiode bewilligte 
Theuerungszulage auch noch für den April unter den in der früheren 
kischließung angeordneten Modalitäfen zu verabfolgen, da das 
jeue provisortische Steuergesetz jedenfalls erst im nächsten Monat 
dird erlassen werden koͤnnen. 
München, 30. Marz. Abgeordnetenkammer. Abg. Herr 
zerliest eine Juterp llation, betreffend die Reform der Steuergesetz⸗ 
etung. Minister Pfeufer erklärt Namens des abwesenden Finanz⸗ 
nen sters, dieselbe Terde in einer der nächsten Sitzungen beant⸗ 
oortet werden. 
Berlin. 29. März. Gestern ist dem Abgeoidnetenhause die 
Borloge, bitreffend den Ankauf der Eisenbahn Halle⸗Kassei, für den 
Reußischen Staat zugegangen. 
Berlin, 29. März. Der „Prov.Corr.“ zufolge wird der 
Lesuch des Kaisers bei der Konigin Victoria in Boden Baden am 
3. oder 4. April stattfinden. — Zum Derector des Reichsgesund⸗ 
eitsamts ist der Oberstabsarzt Dr. Strack berufen. 
Am 1. k. M. werd im deutschen Reiche eine statistische Auf ⸗ 
abhme dis gesammten ärztlichen Personals, der Heilanstalten und 
üpothelen nach gegebenen Tormularen statthaben. Es soll auch 
estgestellt werden, wie vele nicht approbirte Personen sich mit 
deilen von Kraukhe ten beschäftigen, so daß man vermuthen lann, 
aß später in irgend einer Weise gigen die Curpfuscherei einge— 
dritten werden wird. 
In unsers politischen Kressen hat d'e Nachricht, daß Kaiser 
ülexander von Rußland sich dieses Jahr längere Zeit im Auslande 
nufhalten und daß der Großfürst Thronfolger inzwischen die Re⸗ 
jentschaft übernehmen werde, ein Aufsehen erregt, das bei der Be⸗ 
iehung zwischen Deutschland und Rußland erklärlich ist. Daß in 
»er That in ullernächster Zeit bedeutende Enischlüsse aus Peters⸗ 
purg zu erwarten sind, vermuthet man auch wegen der mehrfachen 
UInterredungen, welche Graf Schuwaloff mit Fürst Bismarck kürzlich 
zehabt hat. Ueber den Indhalt derselben verlautet natürlich nichts; 
Zo viel steht aber fest, daß man sich in Berlin über das Hervor⸗ 
reten des Großfürsten Thronfolgers einigermaßen beunruhigt fühlt, 
a man, ob mit Recht oder Unrecht, bleibe dahingestellt, die Fort⸗ 
vauer der intimen Beziehungen zwischen Rußland und dem Deut⸗ 
chen Reiche durch dasselbe nicht gerade für gefördert häalt. 
Aussand. 
(Eine Kommunefeier.) Der „Volksstaat“ meldet: Am 
18. Maärz beurkundete zu Genf ein „Ader Revolutionät“ (den Na⸗ 
nen zu nennen sind wir noch nicht ermächtigt), der 20 Jahre in 
Imerila „rad'kal fortgewirkt“, dor einem Notar im Beisein von 6 
zeugen seinen leßzten Willen und vermachte der Sozialdemokratie 
iller Länder sein gesammtes Vermoögen. Alles soll für sozialistische 
Igitation in Wort und Schrift verwandt werden. Zu Testaments⸗ 
oflstreckern sind ernannt Bedel, Bracke, Geib, Liebknecht, Marx 
ind Joh. Phil. Beder. J 
Brufsel, 24. März. (Affaire T'Kini.) Der „Moniteur 
elge“ hat herte Morgen dereits das Gesez veröffentlihht, das der 
Zanque de Belgique wenigstens indirelt zu H'lfe kommt, denn ohne 
usselbe hätte das Konsorlium von Banthäusern sich nicht gebildet. 
Dasselbe besteht aus der Sparkasse, der Sockéto énéral, Rothschild, 
er Dipositen-Kasse, dem Compto'r d'Escompte, der Banque de 
daris et Pays-Vas und der Banque Liegecise. Jedes von diesen 
Fustituten trüt für zuei Millionen ein, das Haus Brügmann und 
rie Banque de Bruxelles je für eine Million. Baron Hersch aus 
Varis hatte eberfalls zwei Millioneu dem Konfortium zur Verfüg- 
ing gestellt, aber das Anerb'eten kam zu spät, um beachtet werden 
u lönnen. Man glaubt jetzt ziemlich genau die Zffer des TKint'⸗ 
hen Diebstahls zu kennen. Er hinterließ ein Defizit von 21,800,000 
zrs., wovon 15,300,000 Frs. reine Unterschleife sind. Hier und 
za hört man die Frage, was denn T'Kint mit all diesen von ihm 
restohlenen Mill onen angefangen habe? Die Antwort ist nicht 
ywer: T'Kint spielte auf den Haupt⸗Borsen für unglaubliche 
S„ummen. Ein hiesiger Wechsel⸗Agent soll in einem Jahre von 
Kint an Courtage 45,000 Frs. enpfangen haben. Die Cour⸗ 
age zu Eins vom Tausend berechnet, mocht dies allein schon einen 
Bosten von 40 Millionen aus. Bei so bedeutenden Spekulationen 
äßt es sich leicht ecklären, was aus den Millionen geworden ist!! 
Zie bezahlten die Defferenzen. Die Aktien der Banque de Belgi⸗ 
zue siehen tief, und die jetzt veröffentlichte Bilanz hat das Ver⸗ 
rauen in keiner Weise erweckt. Man dört von verschiedenen Sei⸗ 
en behaupien, die, Auslicferung T'sKtinte stieße auf Schwierigkeiten; 
as ist möglich, sie können indeß nur formalex Natur sein. Der 
wischen England und Belgien bestehende Ausliefetungs-Vertrag ist 
o klar und deullich, daß auch der gewiegteste englische Advokat und 
stechts Chicaneur vergebens einen Anhaltspunkt darin suchen würde, 
im die Auslieferung zu hntertreiben. Höchstens kann T'Kint 
Zeit gewinnen, urd das dücfte nichts fruchten, denn er ist so gut 
iberwacht, daß von einir Flucht kaum die Rede sein kann. 
Ueber die Fmanzkalamtät der hohen Pforte macht die „Times“ 
ehr interessante Mitiheilungen. Der sehr zuverlässige Mr. Gallenga, 
en die „Times“ in außerordentlicher Mission nach der rürkischen 
Haupistadt gesandt hat, meldet u. A.“, daß die Versuche der Re⸗ 
Jierung, eine Anleihe von 800,000 turk. Pfd. bei einheimischen 
Banquiers aufzunehmen, gescheilert seien and die Bezuhlung der 
Aprikupons wohl unübersteigliche Hindernisse ber ten werde. Die 
Hoflieferanten hätten seit längerer Zeit keine Rchnung bezahlt er⸗ 
salten und drohten ihre Lieserungen einzustellen. Die Schwestern 
»es Sultans seien in Folge der Nichtbezohlung ihrer Apanage voll— 
tändig mittellos und fristeten ihre Existen; durch Darlehne, welche