Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Haupiblatte verbu ndene Unterhaltungsblatt, Sonntagß mit illuftrirter Vei 
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M 61. Dienstag, den 18. April 
1876. 
Deutsches Reich. 
Mäünchen, 15. April. Durch koöͤnigliches Reser'pt vom 
Zestrigen ist der Landtag bis 31. Mäai einschließlich verlängert 
worden. 
Berlin, 16. April. Ueber die letzte Bundesrathssitzung 
wird noch Folgendes bekannt: Der Bundesrath beschleß, daß zur 
Prägung von Reichsgoldmünzen 80,000 Pfui.d fein verwendet 
werden sollen. Die Prägung von Reichsnickelmünzen soll nach 
Auferbeitung des bestellten Materials ganz eingestellt und die 
Thätigkeit der Münzstätten vorzugsweise zur Herstellung von Sil⸗ 
dermünzen ausgenutzt werden. Um die Verwendung der Silbervor: 
räthe zu beschleunigen, wird auch die Auspragung von Zweimark 
dtücken und die verstärkte Prägung von Fünfmartffücken angeordnet. 
Von den bereits geprägten Nickelmünzen sollen zunächst, 33 Millionen 
Mark in den Verlehr gebracht werden, da der Gesammtbetrag der 
im Verkehr befindlichen Nidel- und Kupfermürzen und der Scheides 
münzen der Thalerwährung die im Art. 5 des Münzgesetzes vor⸗ 
zeschtiebene Grenze don 2/3 Mark pro Kopf der Bevoͤlkerung 
übecschreitet. Demgemäß hat der Bundesrath einer Verordnung 
des Reichslanzlers seine Zustimmung gegeben, welche bestimmt, daß 
die a, 10 und 2/2 Groschenstücke der Thalerwährung vom 1. 
Juni bis 31. August eingelöst und von da ab außer Kurs gesetzt 
werden. Die Veschlußfassung über die Einziehung der 5- und 10⸗ 
Groschenstücke bleibt noch vorbehalteu, ebenso diejenige bezüglich der 
Bleichstellung der Silberthaler, welche jetzt noch an Stelle der 
Boldmünzen genommen werden müssen, mit den Reichssilbermünzen. 
Ausland. 
In Frankreich sind unter allen Truppenthe'len große Be— 
utlaubungen erfolgt, so daß einzelne Compagnien nur naoch 20 
Mann zählen. Grund dazu gab dem Kriegsminister die Bestim- 
mung, bis zu Ende diejes Jahres mit allen Festungsbauten und 
mit der Neubewaffnung der Armee fertig zu werden. Da die ge⸗ 
wöhnlichen Kredite aber nicht ausreichen, hat General Cisfeh 
obiges Mitlel ergriffen, um Ersparnisse zu machen. Den ersien 
Anstoß zu dieser eigenartigen Finanzoperation hat vielleicht der 
franzoͤsische Kriegsminister seinerzeit durch die ausgestopften preu⸗ 
sischen Hauptleute“ erhalten. 
Das „Journal oifiziell“ bringt eine Auseinandersetzung der 
Motive, welche zu dem Entschluß der Veranstaltung einer allgemei⸗ 
nen Weltausstellung in Paris führten und bemerkt dazu: Frank 
teichh bekurdet hierdurch, daß es Vertrauen iun seine Justitutionen 
setzt, es erklärt seizen Willen, bei den Ideen weiser Maäß guug zu 
deharren, durch welche seine in den lezten fünf Jabren verfolgte 
Politik beeinflußt war, Frankresch spricht endlich hierdurch öffentlich 
aus. daß es den Frieden w'll. 
In Algerien ist in voriger Woche unter einigen unzufriede⸗ 
nen Stämmen Eingeborener eine leichte Rebolte ausgebrochen. 
kiner offiziellen Depesche aus Algier vom 12. d. zufolge hat Ge— 
neral Carteret die Aufständischen in der Stärke von 100 Reitern 
und 2000 Fußsoldaten angegriffen und ungeachtet ihres sehr hart⸗ 
näcigen Widerstandes in die Flucht geschlagen. Die Aufständifchen 
ließen 100 Todte auf dem Kampfplatze zurück. Die Traphen 
hatten 11 Verwundete. 
Die Frauen-Emanzipation in England macht immer weitere 
Fortschritte. So wurde dieser Tage im Londoner Bezirk St. 
Pancras eine junge Dame, Miß Margaret Collet, mit uͤberwie— 
ndet Stimmenmehrheit zu einem Mitqliede der Armenberwaltung 
wählti.; 
1 
shhule 5 Kisten mit Muscheln des rothen⸗ und indischen Meeres 
und Schalthieren des adriatischen Meeres hierher gesendet. 
F In der Polizeigerichtssitzung zu Kaiserslautern vom 12. d. 
wurde ein Bursche von 27 Jahren und ein Mädchen von 20 
Jahren, beide von Kaiserslautern, wegen Blaumontagfeier, zu je 2 
Tagen Haft verurtheilt. 
f Mainz, 14. April. (Ein schönes Geschenk.) Der 
Prokurist einer der ersten hiesigen Weinhandlungen seierte vor eini⸗ 
zen Tagen den 28. Jahrestag feines Eintritis in das Geschäft. 
Sein Chef nahm hieraus Veranlossung, eine entsprechende Feier 
zu veranstalten und hierbei seinem langjährigen, treuen Mitardeitet 
in Anerkennung seiter Verdienste ein schön gearbeitetes, filbernes 
Fäßchen — anstatt mit goldenem Weine mit — 6000 Mark 
Reichsgold gefüllt zu überteichen. J 
Zwei Veteranen feiern in diesem Monate ihren Geburtstag. 
Der General-Feldmarschall Graf Wrangel trat am 13. April in 
das 93., der Wirklicht Geheime Rath und Chefpräsident v. Franken⸗ 
berzeLudwigsdorf, im preußischen Herrenhause „Civil-Wrangel“ 
zenannt, geht am 29. April in das 92. Lebensjahr. 
GG.⸗F. M. Moltke.) Obschon in Italien weilend, hat Braf 
Molike dieser Tage das Unglück gehabt, in Schottland getödtet zu 
verden, uund gar durch einen Buchstaben, der nicht vorhanden 
var. Wie wir nämlich aus dem „Dundee Advertiser“ ersehen, 
tarb der General ˖ Feldnarschall am vorigen Donnerstag in Rom 
m Palaste des Prinzen und der Prinzessin von Piemont. Das 
Telegramm, welches diese Trauerkunde enthält, begle tet ein Nek⸗ 
olog und die Versicherung, daß „der Tod des weltberühmten 
Strategen im ganzen Deutschen Reiche tief bedauert werden wird.“ 
Das ist gewiß wabr, indessen wir hoffen, daß dieses 
Befühl uns noch viele Jahre erspart bleiben mag. Weit davon 
ntfernt, im Palaste des italienischen Thronfolgers zu sterben, hat 
Braf Moltke dort gespeist, der zünstigste Gegeusatz, den man sich 
»enken kann. Das Tlegramm aber hat auf dem Wege nach 
Dundee ein mverloren, und so wurde aus dem angenehmen dineä 
ein unangenehmes died. Die schottische Zeitung trifft natürlich 
in Vorwurf, jedoch beunruhigend ist es, zu denken, was für Un⸗ 
heil schon ein einziger Buchstabde ausrichten lann, der sich von dem 
Wege der Pflicht entfernt. 
T. Der „Rappel“, das Organ Vietor Hugo's meldet ganz 
zxnsthaft: Am 28. August d. J. wird in Deuischland der 100. 
Beburtstag Göͤthe's gefeiert. 
(Romeine Seestadt.) In einer Zeit, welcheden 
BZotthard durchbohet und einen Tunnel unter dem Kanai La 
Manche graben will, kann eigentlich kein technisches Unternehmen 
nehr in Staunen setzen. Troßzdem muß der Plan, aus Rom 
inen Seehafen zu machen, einige Verwunderuug erregen. Der 
Plan,, von dem Ingenieur Moro aucgearbeitet, ifi von Garibaldi 
dem ilalienischen Ministerium vorgelegt worden. Der Hafen soll 
doppelt so groß wie jener von Civetavechia werden. Daß die 
Ausführung des Projeltes möglich ist, darüber besteht nach den 
talienischen Blätter kein Zweifel; es seagt sich nur, ob die riesi jen 
Kosten durch die Einnah nen det Hafens verzinst würden. Rom 
und die Campagna würden durch die Hereinleitung des Meeres 
nit Einem Schlage von der Plage des Fiebers befreit, der Auf- 
chwnng der Haudtstadt müßle ein außerordentlicher sein. Es ist 
auch nicht zu fürchten, daß das alte Sprichwort , Quando Roma 
ivesse un porto, Napoli sarebbe morto“ (zu Deutsch etwa: 
Zriegt Rom einen Hafen, geht Neapel schlafen) sich erfüllte. Je⸗ 
densalls ist der Plan ein überraschender, meikwürdiger und zeugt 
von kühnem Unternehmungsgeiste. 
Rermisujtes. 
fAus Zweibrücken, 11, April. Unserer Stadt ist ein 
werthvolles Geschenk zugegangen. Herr Otlo Dingler, Sohn des 
zier verlebten Appellationsgerichtsrathes Dingler, Ingenieur in 
Tonstantinopel, hat für das Naturaliencabinet“ der sidt Geerk. 
M. Das dentsche Hartglas.9 
„Glück und Glas, wie leicht bricht das“, heißt es im Sprich⸗ 
wort und es gibt Zeugniß von den vielen Gefahren, denen die 
krfindung der Phoöͤnizier ausgefetzt ist. Allein unferen Tagen, die 
Neyeral. Gartenlaube“ 18753 N0 07 4—4 470