Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wbchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblait, (Sonntags mit illustrirter Eei⸗ 
lage), erscheint wochentlich vViermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementsépreis beträgt vierteljährlich 
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M 65. Tienstag. den 25. Aupril 1876. 
Deutsches Reich. 
München, 22. April. Das Refetat des Herrn Abg. Dr. 
Frankenburger über den Voranschlag der Staatsausgaben auf den 
crtat des kgl. Hauses und Hoses eothält über eine Erhdhung der 
Civ liste um die bekauuten funf Preceut kein Wort; Referent be⸗ 
antragt einfach, die im Budget eingesetzte Summe von 5,145.397 
Mart zu dewilligen. Hiemit ist natürlich ein späterer An'rag von 
der einen odet anderen Seite auf Erhöhung des eingesetzen Betrages 
nicht ausgeschlofsen. 
München, 22. April. In sicherer Aussicht, daß die Kam⸗ 
mer die hiesigen Wahlen vernichtet, hat der Magistrat bereits mit 
zer Vorarbeit für die neven Wahlen begonnen. Da indessen die 
Wablbezirke zum größten Theile neu eingeiheilt werden müssen, so 
irfordert das eine sehr umfassende Arbeit, und wenn man dieselbe 
auch moͤglichst beschleunigen wird, so können dvch die neuen Ab⸗ 
zeordnetenwahlen nicht vor Mitte des sommenden Monats stattfinden. 
Die Wahlangelegenheit wird Übrigens nicht vor Ende der Woche 
in der Kammer berathen werden können, da die Abtheilung noch 
eine Sitzung abhalten wird, um den an die Kammer zu erstatienden 
Bericht festzustellen. 
Berlin, 22. April. Graf Schuwalow, der gestern beim 
Fürsten Bismarck gespeist hat, ist heute veim Kronprinzen zur Tafel 
und reist motgen Mittag nach London ab. («N. U) 
Aussand. 
Wien, 22. April. Da der Aufstand in der Herzegowina 
neuerlich au Ausdehnung und Kraft zugenommen hat, wurden die 
Truppen, welche die oͤsterreichische Grenze zu bewachen haben, dieser 
Tage w'eder verstärkt, und wird sich Erzherzog Albrecht nächstens 
in die Grenzbezirke degeben, um die Truppen und Festungen zu 
aspiciren. Uebrigens versichern officöse Mittheilungen wiederholt 
auf's destimmteste, daß eine Gefährdung des europärschen Friedens 
durch die Foridauer des Aufstandes nicht zu besorgen sei. 
Nach dem ‚Spectateur militairo“ war in Paris unter dem 
Dorsitze des General⸗Intendanten Baruch Löwy eine Koummission 
nit Untersuhung des Bedarfes der für eine längere Berprov an⸗ 
irung der Hanptstadt erforderlichen Bestäude beaufttagt worden. 
Der Bericht dieser Kommission erachtet es für geboten, die Vorräthe 
)erart zu bemessen, daß die gesammte Bevölkerung und Besatzung 
während voller sechs Monale aus denselben verpflegt werden kann. 
diebel wurden folzende Vestände als erforderlich erachtet: 150,000 
Tentner Getreide, 420,000 CEtr. Mebl, 160,000 Centner Salz, 
150,000 Ctr. Dauerfleisch, 100,000 CEtr. Kaffee, 80,000 Centner 
Butlet, 500,000 Ctr. Stroh, 120,000 Etr. Kartoffeln, 500,000 
Stück Eier. Dieser für 6 Monate berechnete Bedarf beträgt 
1,700,000 CEir. Außerdem will man 40,000 Stück Rindvieh 
und 250,000 Stücdck Hämmel beschaffen und rechnet darauf, daß 
die unter gewöhnlichen Verhältvissen in der Stadt befindlichen Vor⸗ 
räthe die Verpflegung auf zwei weitere Monate sicher stellen. Das 
normirte Getreide, Mehl, Salz, Daueifleisch, sowie Kaffee und 
Steoh sollen nach dem Vorschlage det Kommission in den Maga— 
jinen des 1. Armeekorps jederzeit bereit gehalten werden; alles 
Uebrige würde dann binnen 12 Tagen beschafft und nach der 
Stadt gebracht werden. Der weit vorgeschobene Fertsgürtel sichert 
nicht nur die Stadt und deren Magazine, sondern auch die für 
das lebende Vieh erforderlichen Weideplätze — nach französischer 
Annahme — vollständig gegen Beschießung. Hiernach würde die 
Verproviantirung für 8 volle Monate bemessen sein und dei 
nan Einschränkung auch wobl für 10 bis 11 Monate aus 
zeichen. 
Wahhington, 20. April. Von einer hervorragenden Per⸗ 
»önlichkeit ist gestern eine Aussage gemacht worden, de, wenn sie 
dewiesen wird, den Präsideaten Grant persönlich in eine höchst un⸗ 
angenehme Lage bringen kann. Der frühere General Staats nwalt 
Williams, als Zeuze vernommen, erklärte, daß er einem früheren 
Zolldeamten Namens John S. Davenpori in New-PYork aus dem 
für die geheime Steferoolizei bestimmten Fondz eine Samme von 
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80 000 Dollars zu Wablzwecen ausbezahlt habe, und zwar auf 
direkten Befsehl des Präsidenten Grant. 
Rermischtes. 
F Zweibrücken. (Pf. N.) Für Eltern und Vormünder 
dürfte es nicht uninteressant sein, Kenntniß von einer Entscheidung 
zu erhalten. welche das k. Zuchipolizeigericht dahier als Berufungä— 
gericht von einfachen Poriz istrafsachen vor Kurzem erlafsen hat. 
Es hatten näml'ch eines Sonntags Abends mehrete 14 Jahre alte, 
der Weillagsschule bereits entwachsene Mädchen aus Pirmasens in 
Begleitung ihrer Eltern eine Wirthschaft, in der gerade Tanz⸗ 
zelustigung stattfaud, befucht und einige Zeit im Tanzsaale zugebracht. 
Dieselben wurden protokollirt und auch zu je zwei Tagen Haft der⸗ 
irtheilt auf Grund des Art. 56 Abs. 2 des Polizeistrafgesetzbuches, 
velcher bestimmt: „Mit Haft bis zu 6 Tagen find Sonntags⸗ 
hulpflichtige zu bestrafen, welche öffentlichen Tanzunterhaltungen 
awohnen ⁊c. ⁊c.“ Hiergegen ergriffen die Verurtheilten Berufung 
und erbrachten in zweiter Instanz den Naqweis, daß sie seit ihrer 
kutlassung aus der Werltagsschule mit Genehmigung der Local⸗ 
—A ersetzenden 
Hr vatunterricht genossen. Das Berufungsgericht sprach hierauf die 
Berurtheilten von Sttafe und Kosten frei, indem es in den Er⸗ 
vägungsgründen ausführte, daß die allerhöchste Verordnung vem 
31. December 1864 über die Sonn⸗ und Feiertagsschulpflichtigkeit 
n 8 1 bestimme, dafß die Sonntagsschulpflichtigkeit ihren Adschluß 
inde durch ecfolgreiche Erstehung der öffentlichen Schulprüfungen 
n jenem Jadre, in welchem der Schulpflichtige das 16. Lebeus— 
ihr zurückgelegt hat; daß sodann 8 2 derselben Verordnung weiter 
estimme, daß ei e Befreiung von diesem Schulbesuche nur bei den— 
enigen Schulpflichtigen statifinꝛe, welche eine höhere Lehranstalt 
esuchen oder welcht mit Genehmigung der Locat⸗ Schulnspection 
rinen die öffentliche Sonn- und Feiertagsschule ersetzenden Privat⸗ 
interricht erhalten; daß aber Letzteres erwiesener Naßen bei den 
RNei Appellantinnen der Fall sei, sonach für diese eine Sonntags⸗ 
chulpflicht nicht bestehe und deshalb auch eine Bestrafung derselben 
auf Grund des eingangs erwähnien Artikels nicht erfolgen könne. 
Das „P. W.“ schreibt aus Pirmasens, 20. April: 
Gestern Nachmiltag wurde der Gerbertagner Jacob Kästner in sei⸗ 
nem Hause in Lembecg auf dem Speicher erhängt gefunden. Wie 
ans mitgetheilt wird, hat er in den besten Lebensvethältn ssen ge⸗ 
tanden. Er hinterläßt eine Frau: Kinder sollen aus der Ehe 
keine entsprossen sein. 
FeIn Kaserblautern hat sich mit e nem Akuenlapital 
von 15000 M. eine Gesellschaft zur Errigtung eines Eishauses, 
das in der Nähe des Badweihers bereits hergestellt und mit Eis 
gefüllt ist, gebildet. 
Neustadt, 20. April. Der Ausschuß des pfälzischen 
Keislehrervereins, welcher heute dah er im Sch eßhaus tagte, hat 
den Beschluß gesaßt, daß die diesjahrige Generalversammlung zu 
Neustadt am 26. Sept. l. J. stattfinden foll. Der deulsche Lehrer⸗ 
tag, welcher in der Pfingstwoche zu Erfurt tagen wird, wird vom 
»fälz. Kreislehrerverein durch den Lehrer und Redacteur Heinrish 
Krebs zu Weideuthal beschickt werden. 
tMaikammetr, 20. April. (Pf. Zig.) Heute sprang 
in der Nähe der Station Maikammer⸗Kirrweiler, woselbst bekannt 
lich die Schnellzüße nicht anhalten, ein Mann aus dem Koln⸗ 
Baseler Eilzuge und erlitt dabei einen statten Schädelbruch. Der 
Verungluckte, ein Tüncher von Kirrweiler, soll eia Billet von Lud— 
wioshafen nach Edentoben gehabt, sich jedoch den Weg durch 
derauzsprinzen in Ma'kammer habe abkürzen wollen. Seine seldst— 
verschuldete Verlezung wird ihm nun wahrscheinlich das Leben 
kosten. 
F. In Heidesbeim sind nach amtlicher Aufaahme ganz zer⸗ 
ört 17 Gebäude (7 Wohnhäuser und 10 O konomie ebäude), theil⸗ 
weise zerstört 18 Gebäude (8 Wohnhäuser und 10 Oetonomie gendu⸗ 
ichkeisen) 17 Mauern sind e'n effürn