Full text: St. Ingberter Anzeiger

undzwanzig noch vor dem Richtertribunal. Fünf davon wurden 
freigesprochen, die übrigen zu sieben Jahren, trejp. vierzehn und 
dreiundzwanzig Jahren vier Monaten Zuchthaus verurtheilt, wäh⸗ 
rend die Kosten des Prozesses je zur Hälfte von der Munizipalkasse 
und den Angeklaalen getragen werden sollen. 
BVermisqhtes. 
Die „Pfalz. Post“ꝰ schreibt aus Kaiserslautern, 27. 
April.: Die Coalition der hiesigen Bäcker, mit welcher dieselben zu 
Reujahr vor das Publikum tralen, scheint gelockert zu sein. Von 
heute an verkaufen nämlich Bäcker P. Klein in der Rummelgasse 
und Frl. Ziegler auf dem Kotten 9 Stück Wecke für 20 Pfenniq, 
ein Mehr von 1 Weck gegen früher. 
Der Stadtrath und der Schloßverein in Heidelberg 
beabsichtigen eine Petition an beide badischen Kammern zu richten, 
um deren Hilfe für die bauliche Erhaltung der Heidelberger Schloß⸗ 
ruine in Anspruch zu nebmen. 
f Müncen, 26. April. Mit der in diesem Sommer statt⸗ 
findenden „Kunstgewerbe-Ausstellung“ soll eine Verloosung ausgestellter 
Begenftände verbunden und sollen 300,000 Loose zu 2 Mart ab 
gefetzt werden. Das Comite für die Ausstellung hat sich nun 
kürzlich an die preußische Regierung mit dem Ersuchen gewendet, 
den Verlauf der Loose auch in Preußen zu gestatten; das Gesuch 
ist aber wider Erwartes abschlägig beschieden worden. Das Gleiche 
geschah von der sächsischen und hessischen Regierung, nur die vürtlem— 
bergiche Regierung hat bisher den Absatz der Loost in ihrem Lande 
etlaubt. Ob unter solchen Verhältnissen der ursprüngliche Plan der 
Verloosung zur Ausführung gelangen kann, ist noch nicht bestimmt 
F.Würzburg, 23. April. (Verurtheilung.) Bei dem hiesigen 
Militärbezirlsgericht kam dieser Tage ein interessauter Fall zur Ver⸗ 
handlung. Als Beschuldigter erschien der Ritimeister des in den 
Reichslanden garnisonirenden 5. baherischen Cheb.⸗Regiments, Graf 
Hirschberg. Bei den vorjährigen Herbstuübungen hatte der Genannte 
mit dem Maire einer bei Meß liegenden Ortschaft wegen Unter— 
bringung der Truppen einen Worlwechsel, wodei der Maire an 
den Rittmeister die Frage stellte: „Demnach bin ich also ein Lüg⸗ 
ner de worauf der Rittmeister entgegnete: Ja Sie sind ein Lüg⸗ 
ner? und als der Maire erwiderie: „Dann sind Sie ein Lügner 
bersezte der Rittmeister dem Maire mit einem Stock einen Schlag 
über den Kopf. Der Rittmeisier wurde zu einer Geldstrafe von 
50 M. verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte nur 85 M. beantragt. 
Die Deputation der Bürgerschaft von Hanau, 
welche dem Fürsten Bismarck das Ehrengeschenk überbracht hatie. 
erstattete dieser Tage ihren Austraggebern Bericht über ihre Sen 
dung, aus dem wir das für weitere Kreise Interssante hervor⸗ 
heben wollen. Die Deputation war von dem Reichskanzler zum 
Diner zugezogen worden, an dem außer der fürstlichen Familie noch 
der Finanzmin ster Camphausen, der nunmehrige Exminister Del— 
drück, verschiedene süddeutsche Bundesrathsmiiglieder, sowie mehrere 
höhere Beamte theilnahmen. Die Deputation war entzückt über 
die durchaus ungezwungene, gemüthliche Stimmung, die bei dem 
Diner herrschte, während der Fürst wiederholt seiner Freude über 
das prachtvolle Geschenk Ausdruck verl'eh und die Deputation bat,. 
den Bürgern Hanaus seinen wärmsten Dank dafür auszusprechen. 
Nach Authebung der Tafel begad man sich in den Rauchsaion, 
wojelbst man sich noch über eine Stunde unterhielt. Den größten 
Theil der Unterbalung führte Fürst Bismarck seibst, und drehte sich 
dieselbe haupifächlich um politische Dinge, u. A. äußerte sich der 
Reichskanzler sehr zufrieden über die seitherige Polstik Bayerns 
Auch üder die gegenwärtige Geschäftskrise kam Bismarck mit den 
Hanauer Delegirten zu sprechen, und als diese ihre Besorgniß über 
den langen Süllstand und die schwere Schädigung der Industrie 
ausdrückten, erwiderte er: Ihm gehe es cbenso. Der Ertrag seiner 
Forsten habe sich sehr verringert. Seine Landguter ließen sich 
schwer verpachten ꝛc. Es sei eine schwere Zeit, cgegen die fich nicht 
ankämpfen lasse und die Jeder geduldig durchmachen müsse indem 
er sich nach seiner Decke sttecke ⁊c. 
F. In Hartkirchen am Inn Miederb.) fiel in der Nacht 
des Ostermontag auf Osterdienstag bei einem starken Gewitter ein 
so dichter Hagel, daß die Kornsaaten total in Grund und Boden 
geschlagen, die Bäume ihres Laub- und Blüthenschmuckes beraubt 
sind u. s. w. — Bei Suben (im Oesterreichischen) ging in Folge 
eines Blitzschlages ein Bauernhof in Flammen auf. 
t (Verbraant.) Man schreibt aus Gorz: Am 16. ds. M. 
hat sich in Piuma, eine Viertelstunde don hier entfernt, im Schlosse 
der verwittweten Baronin Teuffenbach ein schreaͤlicher Unglüdsfall 
ereignet. In dem Sclosse wohnte der pensionirte Oberstlieutenant 
Baron Wisthof mit seiner Galtin, eine Nichte Franz Deak's. Die⸗ 
— Vormittags ihrem 
Bemahl einen Thee bereiten und rieb dbei dieser Gelegenheit ein 
Zündhölschen an; dasselbe wollte jedoch nicht brennen, die Baronin 
warf es auf die Erdt und ergriff ein zweites. Plsßtzlich spürte fie, 
daß iunr Kleid durch das weggeworfene Streichhölzchen, welches sich 
mittlerweite doch entzündet hatte, Feuer gefangen habe; willens, 
zasselbe mit der Hand zu loschen, warf sie die Spirituslampe um, 
jo daß sich der Spiritus über das Kleid ergoß, welches nun au⸗ 
genblicklich in hellen Flammen stand. Die Mlden lief in den 
Varten, am ins Nachbarhaus zu kommen, stürzte aber alsbald, 
am ganzen, Körper brennend, von Schmerz überwältigt, zusammen; 
sie wurde endlich, von den Fiammen furchtdar zugerichtet, aufge⸗ 
funden; nichts als die Schuhsolen waren unversehrt geblieben, 
während die verkohlte Haut in Stücken vom Leibe hing. Abends 
um 9 Uhr verschied die Aer ste; sie war 46 Jahrt alt geworden. 
Der Schmerz ihres im 78. Jahre stehenden Gatien läßt sich n'icht 
childern. 
F Jdortuna war bei der diesmaligen Lotterieziehung mehreren 
Bürgern von Trier recht günstig; drei Viertel des Gewinnes von 
100,000 Thlr. fielen nämlich an Wittwe H., einen Fuhrmann D., 
inen Tuchmacher B. und Andere; ein Viertel soll nach Bittburg 
ommen. 
F Das Schiller-⸗Denkmal für Marbach, das an des Dichters 
Todestage, am 9. Mai enthüllt werden soll, ist aus der Werlksiätte 
des Stuttgarter Erzgießers Pelargus hervorgegangen. Die Statue 
st von dem im Sommer v. J. verstorbenen Bildhauer Rau au⸗ 
zeführt. Auf der vorderen Mittelfläche des Postaments steht Schil⸗ 
ers Name, Geburts⸗ und Todestag, auf der Seitenfläche rechts 
pzas Schiller'sche Distichon: 
Dier ist ewige Jugend bei nimmer versiechender Fülle, 
Und mit der Blume zugleich brichst du die goldene Frucht. 
Auf der linken Seitenflaäͤche: 
Wie mit dem Stab des Götterboten 
Beherrscht er das bewegte Herz, 
Er taucht es in das Reich der Todten, 
Er hebt es staunend himmelwärts. 
Die Hinterflaäͤche trägt aus Goethe's Epilog zur „Glocke“ 
die Zeilen: 
Er glänzt uns vor, wie ein Komet entschwindend, 
Unendlich Licht mit seinem Licht verbindend. 
Der durch den Sturm vom 2. do. verursachte Windfall in 
den Forsten des Großherzogsthums Hessen beläuft sich auf mehr 
als 1,200,000 Festmeter. 
7 Zurück zum engen Vaterhause. Ernst Moriz 
Arndt's vor 23 Jahren nach Amerika ausgewanderier Sohn Hart 
nuth ist am 26. März, seinem Geburtstage, 52 Jadre alt, auj 
seiner Farm in Kansas, Wyandotite County, gestorben. Nachdem 
er in jungen Jahren nicht hatte „gut thun“ und einen ernften Le— 
benszweck nicht erwählen mögen, suchte er das Heil in der Ferne, 
'and aber auch jenseits des Weltmeeres nur ein wechselvolles, be— 
friedigungsloses Dasein. In Texas und Florida schlug er sich 
durch, so recht und schlecht es eben ging; als die Stürme des 
Burgerkrieges ihn aus dem Süden veitrieben hatten, gelang es 
ihm endlich, sich in den weiten Prairieen des Westens irgendwo 
anzusiedeln. Dort hat er diese letzten Jahre gelebt, gesorgt, sich 
gemüht, sich gegraͤnt und des mabnenden Zurufs seines alten 
Vaters gedacht: 
Und nun vernimm mein leßles Wort: 
Von allen jenen Zauberglocken, 
Die rastlos weg von Ort zu Ort 
Den lebenslüsternen Jüngling locken, 
Toöͤnt endlich klagend durch ein Ton, 
Wie aus der Erde fernsten Enden, 
Ein Klang der Sehnsncht, Dir o Sohn, 
Der Seele Tiefen umzuwenden. 
Zurück zur Heimat, kUngt der Klang, 
Zurück zum enger Vaterhause; 
Dir wird in weiter Welt so banz, 
Du sehnst Dich nach der stillen Klause! 
In Glogau ist kürzlich der erste schlefische Freiwillge, 
welcher 1813 dem Aufruf Friedrich Wilhelm's III. zur Befretung 
Preiußens von der französischen Fremdherrschaft solgte, Obersil ieu- 
tenant Küchler, im hohen Alter von 86 Jahren gestorben. 
te Berlin, 25. April. Zum Vorsitzenden der deuischen 
Fury in Philadelphia ist der Director der Gewerbe⸗Akademie, Ge⸗ 
heime Regierungsrath Reuleaux bestimmt worden. Derselbe wird 
sich in 14 Tagen nach Philadelphia begeben. 
f Aus dvergangenem Herbste wird folgende Aeußerung des 
Reichskanzlers erwähnt: „Nie hat ein Wein mir so gul geschmect 
aud so wohl gethan als im Frühjahre 1871 auf dem Bahnhofe 
zu Kreuznach ein Wein, den in Berlin Niemand keunt. In Kreuz 
nach wächst er nahe bei der Stadt. Fast bis zur Hinfalligkeit 
uinwohl klam ich auf der Rückreise aus Frankaeich in Kreuznach an. 
Auf dem Bahnhofe war, wie überall, großer Empfang: Bürger— 
neister, Stadtverordnete, Weißgelleidele ec. ꝛc. Ich sollte einen 
Ehrentrunk annehmen. Eigennlich hatte ich gar keire Lust dazu. 
Aber ablehnen war auch nicht thunlich; ich griff also zu, trank, 
rank nochmals und mit dem dritten Zuge war das Glas Ibder