Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöͤchentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Vei⸗ 
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43 74. Donnerstag, den LI. Mai I 1876. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 9. Mai. Die Reichsjustizcommisfion lehme alle 
Anträge ouf Abänderung der Eidesformel ab, so daß es bei det 
F desformel bleidt: „Jhn schwösre bei Gott dem Allwissenden!“ 
Gr. 3) 
Berlin, 9. Mai. Die deutsche, im Mittelmeer kreuzende 
Forvetie, Medusa? hat Befrehl erhalten, sofort von Messina nach 
Salonichi ab ugehen. Die Kabinete von Petersburg, Wien und 
—XDV Gewässer bei 
Salonichi beordert. 
Ausland. 
Wien, 9. Mai. Graf Andrassy ist heute Mitiag nach 
Berlin abgereist. 
Aus Bern, schreibt man dem „Schw. M.“: Das Frauen⸗ 
tudi um macht in der Schweiz ungeahnte Fortschritie. Jüngst ist 
hon der medicinischen Facultät der Hochschule Zürich de 13. 
Dame nach wohl erstandener Prüfung zum Doctor der Mediein 
ernannt worden. Unter diesen 13 weiblichen Dockoren, welche 
binnen ungefähr 10 Jahren von Zürich aus zum Theil in einen 
chonen Berufskreis überiraten, befinden sich 6 Russinnen, 3 Eng⸗ 
länderirneu, 1 Amerikanerin, 1 Schweizerin und 2 Deuische, 
nämlich Frl. Emilie Lemus aus Fürth in Bayern und Fräulein 
Franziska Tiburtius ane Rambie auf Rügen. Zwei weibliche 
Studirende haben sich in Zürich den pbilosophischen Doctorhat ge⸗ 
holt und 5 haben mit Erfolg ihre Diplomprüfung als Fachlehrer 
innen an der Lehramtsschule in Zürich abgelegt. Auch an der 
Universität Bern studirt eine Anzahl junger Damen, über decen 
Fleiß und Betrazen die Professoren nut Rühmendes sagen. 
Der in Salonichi durch die Türken geitödtete deutsche 
TConsul, ein Engländer von Geburt, wer Kaufmann doselbst, also 
Wahl⸗, nicht Berufsconsui. Salonichi zählt 70,000 Einwehner, 
wobon etwa 30,000 Türken, eben so viele Juden und 10,000 
Griechen fiud. 
Nach einer Meldung der „Times“ hätte sich der Aufstand in 
Bulgarien auf das Rhodopegebirge ausgedehnt und nähme ernstere 
Gestalt an; die Pforie sende alle verfügbaren Truppen vermittelff 
der Eisenbahn nach Adrianovel. 
RVermisihtes. 
Am Montag verunglückte in der Nöohe der Station Mittel⸗ 
bexbach der 34 Jahre alte verheirathete Eisenbahnschaffaer Leon⸗ 
Jard Hernegger von Ludwigshafen. Wir vernehmen darüher Fol—⸗ 
zendes: Der Wund riß ihm die Mätze vom Kopfe, er haschte da⸗ 
nach und stieß, da der Zug soeben einen engen Viadukt passirte, 
mit solcher Gewalt an dessen eine Wand an, daß er tödllich ver⸗ 
etzt vom Tritibrett herabfiel. Der Tod trat alsbald ein. Der 
Verunglückte hinterließ eine Frau und zwei Kinder. 
f—Winnweiler, 9. Mai. Laut Beschluß der Acktionäre 
oll die hiesige Actienbrauerei auijgegeben und bei dem Handels⸗ 
gericht das Erlöschen der Firnia angez'igt werden. (Pf. V.) 
f Bergzabern, 5. Mai. Bei der heutigen Weindersteigerung 
es Herrn De. Pistot aus Metz auf seiner Villa Pistoria-Paillet 
vurden 20,400 Liter abgegeben, darunter 1872er Traminer-Ries⸗ 
ling zu 410 Mart pro 1000 Liter, 1874er Altenberger zu 345 
Mark, Hüttwingert zu 285 Mark. Für 1875er Allenberg wurden 
320 Mark, für Hüttwinger! 200 Mark erzielt. Für 1874er Tra⸗ 
miner waren 515 Mark geboten, wurd? jedoch nicht abgegeben. 
F Der „L. A.“ meldet aus Landau, 5. Mai: Zu unse⸗ 
tem bevorstehenden Musikfeste haben nun sämmtliche ein eladenen 
VBereine (die gemischten Chöre von Kaiserslautern, Pirmasens, 
Speier und Zweibrücken) ihr Betheiligung zugesagt. Für Abhand⸗ 
luug des Festes sind der 9. und 10. Juli festgesetzt und zwar 
inden am ersten Tage (Sonntag) die Aufführung des Oratoriums 
Samson“ von Händel, am zweiten Tage ein Künstler Concert statt. 
FSpeier, 8. Mai. Wir haben hente die traurige Aufgabe 
rinen Mord zu verzeichnen, der in unserer Nahe verübt wurde. 
Der Waldhüter Martin Wiit, 45 Jahre alt von Sifferstadt, 
vaurde gestern Nachmittag 2 Uhr in dem Schifferftadter Gemeinde; 
vald Abiheilung „Gay“ todt auf dem Gesichte liegend aufgefunden. 
Neben ihm lag ein brauner Filzhut und ein Gewehrhahn mit einem 
„chaftiplitter von der Waffe des Thäters. Witt hat einen Schuß 
n die Herzgegend und einen Schlag auf den Hinterkopf erhalten. 
Dietaus sowohl als aus den Stocksplitiern, die in der Nähe der 
deiche gefunden wurden und von dem Stod des Witt herrühren, 
äßt sich schlieken, daß ein hartnäckiger Kampf der Katastrophe 
»orausging. Man glaubt, daß 2 oder 3 Thater den Mord voll⸗ 
ührt haben. Während Witt sich mit einem derselben berumraufte, 
jat ein anderer ihm mit dem Gewehr den Schlag versezt. Die 
Mörder sind bis jetzt unbekannt, doch darf man hoffen, daß die 
verschiedenen vorgefundenen Gegenstände zur Ermittelung derselben 
ühren werden. (Sp. 3). 
f Die Direktion der pfälzischen Bahnen gibt betannt, daß 
„om 15. Mai an die seitherige fünftägige Giltigkeitsdauer der 
Retourbillete zwischen Stationen der hessischen Ludwigsbahn und 
olchen der pfälzischzu Bahnen nur noch drei Tage beträgt, wogegen 
»ie Giltigkeitsdauer der Retourb llete zw'schen Stationen der Main- 
Neckar-Bahn und solchen der pfälzischen Bahnen von zwei auf drei 
Tage erhöht wird. 
Bei Oberstein erschoß sich im Walde vor eiwa 10 Tagen 
Dauptmann Körner aus Zweibrücken. 
7 Regensburg, 5. Mai. Anf dem unteren Wöhrd be⸗ 
inden sich seit einigen Tagen etliche 40 Krupp'sche Geschütze, welche 
n Schleppschiffe der österreichschen Dampfschifffahrtsgeseuschaft ver— 
aden und nach Rumänien verbracht werden. (R. A.) 
7 (Falsche Münzen.) Die in Mannheim erscheinende 
Rhein⸗ und Nickur-Zeitung“ schreibt: „Wir warnen hiermit vor 
alschen Zwanzigpfennigstüchen, die hier in Umlauf sind; dieselben 
yjaben das Münzzeichen E, sind klanglos, mit wenig scharf (ziem⸗ 
ich stumpf) ausgeprägtem Rande, und das Münzzeichen Gsteht 
aicht senkrecht auf dem Rande, sondern etwas auf die Seite ge⸗ 
neigt. Da diese falschen Stücke ziemlich häufiz vorkommen, so ist 
»s möglich, daß der Sitz der Falschmünzer sich in unserer Näbe 
befindet.“ 
Marbach, 9. Mai. Heute Vormittag hat hier, in 
SZchiller's Geburtsort, die Enthüllung des Schillerstandbildes statt⸗ 
Jefunden. Die Theilnahme an der Feierlichkeit war sehr groß, 
namentlich waren aus Stuttgatt und Ludwigsburg viele Gäste an⸗ 
vesend. Als Ehrengäste waren, erschienen: Kammerherr von 
ßleichen aus Weimar, ein Enkel Scheller's; die Wittwe des Ober⸗ 
zrsters von Schiller aus Stuttgart, Schwiegerlochter Schillers, 
ind deren Sohn Karlev. Schiller pensionitrter Major. Die Fest⸗ 
ede hielt der Dichter J. G. Fischer aus Stuttgart. Das Stand⸗ 
»ild, das von dem verstorbenen Bildhauer Rau in Biberach model⸗ 
irt uad von Pelargus in Stuttgart gegossen ist, stellt den jugend⸗ 
ichen Schiller in dir Tracht sriner Zet dar und ist auf einer 
»arkmäßig angelegten, einen weiten Ausblick gewährenden Anhöhe 
rrichtet. Nach der Enthüllung fand ein Festessen und Nachmittaqt 
»in Volksfest auf der Scillerhöhe statt. 
f In Iggenau (Württemberg) hat sich dieser Tage ein 
hauerliches Unglüch erergnet. Das daselbst unter Strohdach be⸗ 
indlche Wohn˖ und Oekonomiegebäude des Müllers J. G. Ehr⸗ 
jardt ging in Flammen auf und sind bei diesem Brande der 
Nüller selbst, seine Frau und Schwiegermutler, zwei Kinder und 
in Senn mitverbrannt, somit 6 Personen und nebenzu sämmtliches 
Vieh. Zwei erwachsene Kinder konnten si noch retten. Die 
Irsache der Enistehnug des Feuers ist bisher nicht erhoben. 
F Auf der Brausfenwecther Bleiche bei Elberfeld ist am 
Zamstag ein Leopard entsprungen und in die Wälder geflüchtet. 
Bolizei und Militär machen Jagd auf das reißende Wild. 
F Das Reichskanzleramt hat die Kösicht, ein gleichmäßiges 
Format des Papiers von 32 Ceatimeter 1 Millimeter Hohe und 
20 Cenlimetir Breite für den Gebrauch bei fämmtlichen deutschen 
Reichts⸗ uund Staalsbehörden einzuführen. (Reichsanz.)