Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberter Anzeiger. 
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48 77. J 
— den A. M 4 
— —ER — 13876. 
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Deutsches Reich. 
München, 12. Mai. Die 75 Abtheilung der Kammer der 
Abgeordneten hat gestern Abends über die Wahlen von Zweibrücken 
und heute Mittags über jene von Eteunloben verathen und besch of 
sen: daß den gegen die Wahlen in beiden Wahikteisen erhobenen 
Rekamationen eine Folge nicht zu geben sei und die betreffenden 
Abgeordneten als gillig gewählt zu betrachten seien. Bezüglich der 
Wahl in Zweibrücken hatte die tlericatpatriotische Minderheit die 
Fasfirung beautragt. Der Kammer wird schriftlicher Bericht er ˖ 
zattet werden. 
München. Der König hal seinen Kadinetsselretär Staats- 
rath v. Eisenhart seiner Stelle enthoben. Die „Südd. Pr.“ begleitet 
diese Mittheilung mit folgender Bemerkung: „Ein politisches Motiv 
jat di se Maßregel unserem Vernehmen nach nicht gehabt, woͤhl 
aber liegt auf der Hand, daß sich in die Frage der Neubesttzung 
politische Momente hineindrängen können. Die Enthebung dis Hr. 
„. Eisenhact ist „unter Anerkennung seiner Dienste“ geschehen.“ 
Seine Stellung wird auf Anorduung des Kön'gs interimistisch 
durch den bisher ihm als Hilfearbener beigegebenen Staats anwalt 
Dr. v. Z'egler vnsehen werden. 
Beritn. 13. Mai. Heute Mittag hat die dritte gemein⸗ 
schaftliche Conferenz der drei Kaazler bei dem Fürsten Bismarck 
stattgefunden. Kaiser Alcxandet bejuchte gestern den Fuͤrsten Bis 
marck und die Feldmarschälle Graf Wrangel und von Manteuffel. 
Berlin, I4. Mai. Kaiser Alexander ist nach Ems abge⸗ 
re st. Er rief dem dertschen Kaiser zu: Auf Wiedersehen in Ems. 
Die Beschlüsse der Couferenz wurden bereits den anderen Groß⸗ 
maͤchten mugetheilt. Die Türkei hat den Aufständischen einen 
längeren Waffenstillstand zu gewähren und die Mächte werden durch 
starke Flotte nabiheilungen für die Sicherheit der Cyristen jorgen. 
Zum Prozeß Arnim wird der „Magd. Ztg.“ gemeldet, daß 
Herr Thiers sich zur Zenguißablegung bereit erklätt habe. 
In den Münzstätten sind bis zum 6. Mai 1876 geprägt: 
an Godmünzen: 1,079,113, 480 M. Doppelkronen, 318,736,980 
M. Kronen; hiervon auf Peivatrechnung: 168,141,325 M.; an 
Zilbermünzen: 41,356 805 M. 5 Mirtstücke, 131,648 883 M. 
1-Marlstüche, 23,479, 805. d. 80 Pf. 50Pfenn ast.. 23,567,500 
M. 20 Pf. 20-Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 15, 826,.585 M. 
10 Ppf. 10. Pfennigstücke, O. 301,043 M. 65 Pf. 5 Piennigstücke; 
an Kupfernünzenn: 5,487,228 M. 82 pj. 25Pfennigstüde, 
2,988,512 M. 77 Pf. 1-Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an 
Goldmunzen: 1,397,8350,460 M.; an Silberm.: 220,050, 698 
M. 70 Pf.; an Rickelmünzen: 25. 127,627 M. 65 Pf.; an 
Rupfermünzen: 8425,741 M. 59 Pf. 
Ausland. 
Wien, 13. Mai. Sowohl die Oifiziere der österre chischen 
Armte, als auch die unzarischen Honved-Offiztere haben den Be— 
fehl erhalten, sich marschbereit zu halten. 
Die Mordthaten zu Salonichi stellen sich nach neueren 
Berichten nun als das Vorspiel eines von langer Hand her voe⸗ 
bereiteten Blutdades heraus. Wie nämlich der „Kc. Zig.“ zufolge 
der pariser „Temps“ von bdefugter Seite erfährt, war don musel- 
männischer Seste schor am 6G. Jannar die Niedermachung der christ⸗ 
lichen Bevölkerung von Thessalonien beschlossen. Die Consuln 
bekamen jedoch noch zur rechten Zeit Wind davon und konnten die 
Ausführung verh'ndern. S'ie verfügten sich in Gemeinschaft (mit 
Ausnahme des englijchen Konsuls) zum Vali und verlangten Truppen 
zum Schutze der Christen. Der Pascha ließ hierauf Schildioachen 
in christlichen Straßen aufstellen, während die Bedrohten und 
namentlich die Konsulate selbst unter Waffen der kommenden Ding. 
warteten. Die mudamtdanischen Verschwörer versammelten sich 
inzwischen in einer Moschee, wo sie Augesichts der ergriffenen Maß— 
negeln beschlossen, den Augriff auf die Christen vorläusig zu unter⸗ 
lassen. Aber fseit jener Zeit wurden die Vertreter des Auslandes 
bei jeder Gelegenheit von den Muselmännern insultirt. So erhielt 
einmal die Frau des franzöfischen Konsuls, als sie mit ihrem 
Manne spazieren fuhr, einen Stockhieb, und ein anderes Mal wurde 
Herr Moulin selbst gemißhandelt. Und als der Konsul, der sich 
su Pferde befand, mit der Reilpeitsche drohle, zog der Muhamedaner 
blank. Der „Temps“ ist zugleich in der Lage. auf das Bestimm⸗ 
seste versichern zu können, daß bis jetzt in Salonichi noch keine 
Verhaftung vorgeno umen worden ist. 
London, 13. Mai. Ein Telegramm der „Times“ vom 
12. ds. aus Athen meldet: Ju Konstantinopel herrscht allgemeine 
Aufregung. Die Muselmänner kaufen Waffen und sprechen drohend 
hon der Niedermachung der Ungläubigen. Die Reisenden verlassen 
massnweise die Stadt. Die hiesigen Angehörigen fremder Staaten 
senden; ihre Familien zurück. Die diplomatischen Vertreter des 
Auslandes sind in Permanenz zusammen und handeln gemein— 
scwaftlich. 
Vermisßhtes. 
Straßburg, 14. Mai. Heute fand hier auf dem Hyppo— 
drom, einem am linken Rheinufer gelegenen weiten, freien Platze, 
das Pferderennen des „Straßburger Reunvevreins“ statt, wobei sich 
doch nur Officiere betheiligten. Ss imposant sich 'auch. das 
Hanze ausgenonmen hat, so wurde doch der Ausgang bedenklich 
getrübt durch den Sturz eines Husacenmajots, dec Adjutant des 
Fenerals v. Fraasechh ist. Sein Pferd scheute vor einem Hinder⸗ 
niß, der Reiter stürzte und zwar so unglüclich, daß er sich an 
der scharfen Kante. der Mauer den Kopf in lebepsgefährlicher 
Weise verletzte. — N. S. Wie wir soeben erfahren, ist der Un- 
zlückliche auf dem Trausporlgestorben; er hinterläßt Frau und 
stindec. 
p Die Arbeiterentlassungen in den industriellen Etablissements 
in Nürnberg nehmen immer weiteren Fortgang und stehen, wie 
von Besitzern erößerer Etablissements mitgetheilt wird, noch weitere 
TFatlassungen in Aussiert, da neue größete Aufträge zu den Sel— 
enheiten gehören. 
Passan, 8. Mai. Gestern Abend wurde außerhalb Sal⸗ 
veg, artj der Straße nach Witzmaunsberg, der Bauernknecht Lud⸗ 
wig Ederl von Ilzstadt erstochen. Ais Thäter wurden heute die 
heiden Bauerrsöhne Joh. und Jos. Maderer von Donauwetzdorf 
'm Stadibezirke durh den Gendarmen M. Köstlbacher verhafiet. 
ẽberl hat einen tödtlichen Stich in der Brust und am Kopfe. Die 
veiden Berhafteten sind der That geständig. Ein kurzer Wortwechsel 
und angetruukener Zustand führten zu der verbrecherischen That. 
Köhn, 13. Mai. Eine schreckliche Katastrophe versetzte 
heute die Gemüther der biesigen Einwohner in große Aufregung. 
Begen 211 Uhr Vormittigs vernahmen die Bewohner des Cuni⸗ 
verisklostee und der umliezenden Straßen bis nach dem Eigelstein 
hin, sogar vor dem Eigelsteiner Thore auf dem Felde beschäftigte 
deute, eĩnen fürchterlichen doanecähnlichen Schlag, der die Häuser 
er Krahnengasse, unter Kahlenhausen und am Cunibertskloster er⸗ 
eben machte. Im seltzen Auzendlick flogen große und kleine Eisen- 
heile, ganze und zerknitnerte Balken, Bretter, Zinkfassungen, Dach⸗ 
ofannen und Steine, letztere in großer Menge, durch die Luft und 
ielen in de nahe der Cunihertstirche bleegenden Gärten und Stra⸗ 
zen, auf die Dächer und diee Fenster in die Wohnungen nieder. 
Die Bewohner der betroffenen Häuser liefen voll Angst und Schre⸗ 
ken zusammen oder stürzten ins Freie, in dem Glauben, ein mäch— 
iges Erdbeben habe die Stadt heimgefucht- urd die nächste Minute 
verde ihnen den Untergaug bringen. Nach einigen Secunden, als 
er Stein und Balkenregen zu Ende war, wandte man fich dem 
Irte zu, von wo das entsttzliche Ereign'ß ausgegangen. Es war 
»as am Cunibertskloster zwischen den dichtbevölkerten obengenannten 
Sttaßen und in nächster Nähe des Marien⸗Hespitals gelegene 
Stadlisse ment von Ferd. Mayer, „Fabrit füt mechanische Webrrei 
»on Loͤstinz, Sergt de Berry und Schuh-Elastiques.“ Hier bot 
ich nun dem Auge ein unbeschreiblich schauderhafter Anblick dar. 
Das Maschinenhaus der Fabrik lag in Folge einer Kesselexplosion 
»ollständig in Trümmern. Die meisten der daselbst beschäftigt ge⸗ 
vesenen Arbeiter unter denselben begraben. Drei unter Kahlen— 
Jause licgende lleine Häuschen waren durch die Gewalt der Erplo—