Sh. Ingbe rler Anzeiger.
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4383. Samstag, den 27. Mai 1876.
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Deutsches Reich.
München, 22. Mai. An die sich hier aufhaltenden beur ⸗
aubten öͤsserreichischen Militärs erging der Befehl sofort und un⸗
verzüglich zu ihren Regimentern einzurücken; denselben wurde mit
der Einberufungsordee ein Vorweis eingehändigt, welcher zur tarx⸗
sreien Benützung der Eisenbahnen und Dampfschiffe berechtigt.
München, 28. Mai. Das heute ausgegebene Gesetz⸗ und
Herordnungéblati Nr. 21 enthält nachstehende königl. alleib. Vere—
ordnung, die, Aufführung von Gebauden im offenen (Pavillon⸗)
Bausysiem betr.: 81. Bei Anlegung don neuen Stiaßen kann für
die Aufführung von Gedäuden das offene (Pavillon⸗) Bausystem
mit oder ohne Vorgärten“ durch orkspolizeiliche Vorschtift angeordnet
werden, wenn diese Bauweise zum Zwecke der Gesundheit von dem
zuständigen technischen Organ begutachten wird. In diesem Falle
jzunen auch die burch die Anforderungen der Gesundheitspflege
hedingten Anordaungen über die Höhe und Länge der Gebäude,
die Groͤße der Zweschenräumen zwischen denselben und die Ueber⸗
hauung der Hostäume durch ortspolizeiliche Vorschritten getroffen
werden. z 2. Das in 8 1 erwähnte zuständige technische Organ
aildet in ünserer Haupt- und Residenzsiadt München der Gesundheits-
rath, in den übtigen Orten der amtliche Azt und zwar im Be⸗
nehmen mit der Gesundheitekommission, wo eine solche besteht. 8 3.
Für Bauführungen an dereits angelegten Straßen, an welchen das
cffene (Pabillon⸗) Bausystem besteht, kann die Beibehaltung dieser
Bauweise unter der in 8 1 erwähnten Vorausseßzurg durch orts⸗
»olizeiliche Vorschrift verfügt werden. 84. Der Bollziehbarkeits⸗
Ertlärung der auf Gruad der 88 1 und 3 erlasscnen orispolizei⸗
auchen Borschriften durch die Kreisrezierune. K. d. J., hat die Ein⸗
»ernahme des Kreismedicinal-Ausschusses voranzugehen. hat eine
Enischeidung durch Unser Staatsmivisterum des Innera einzutreten,
so ast der Obermedicinal-Ausschaß mit seinem Gutachtea zu ver⸗
nehmen. 8 5. Gegenwärtige Vrrordnung trin mit dem Tage ihrer
Veröffentlichung durch das Gesetz- aud Verordnungsblatt in den
Landesthelen rechts des Rheins in Wirksamkeit.
Münmven;, 24. Mai. Die Echebung der Hundesteuer wird
dom 1. Juli d. J. an beg'nnen; die Ablieferuug und Verrechrung
derjen gen Beträge, welche dem Staotsärare zufallen, hat bei den
zdl. Hauptzollaäͤmtern und ihren Jnkorporationen zu geschehen.
Berlin, 22. Mai. Wie der ‚Post“ ihr Wiener Correspon⸗
dent von gestern Abend meldet, ist dort vor zwei Tagen aus Kon⸗
tantinopel ein dipiomatischer Bericht eingelangt, der in den hohen
Kreisen der politischen Weit den Gegenstand eines lebhaften Ideen⸗
austausches bildet und vielleicht schon zur Stunde unter den drei
Staatsmännern besprochen wird, welche erst vor wenigen Tagen
in der deutschen Reichshaupistadt gemeinsame Berathungen gepflogen
haben. Nach jenem Berichte stünde ein Thronwechsel in der Tür⸗
sei in nicht sehr weiler Ferre. Der Sultan Addul Aziz, heißt es,
dege die Furcht, daß man ihm die Zügel aus den Händen nehmen
volle, und diese Furcht sei keineswegs ganz unbegründet. Es
önne dahin kompren, daß der Beherrschec der Gläubigen freiwillig
abdicire, iiwa wie er neulich freiwilleg seinen Großvezier gewechselt
— und in diesem Folle lefe Alls friedlich ab. Es sei aber auch
ine gewaltsame Entfernung des Sultans von den Throne nicht
nußer dem Bereich aller Möglichkeit und für eine derartige Even⸗
zualität sei es rathsam, umfassende Vorsichtsmaßregeln zu treffen.
Diese Nachricht der „Post“ ist, wenn sie sich bestätigt, von nicht
geringer Wichtigkert. Wenn die Türkei überhaupt noch zu retten
ist, jo scheint ein Thronwechiel dafür eine nothwendige Bedingung,
da die Mißregietung Abbul Ajiz', namentlich was sinnlose Ver⸗
ichwendung betrifft, kaum ihres Gleichen hat. Uebrigens lauten
»'e telegraphischen Nachrichten aus Konstantinopel, auch die in
detersbarg eingegangenen, heute beruhigender.
Berlin, 23. Mai. In Folze der Weigerung Englands,
den Beschlussen der Berliner Konferenz beizutreten, finden Besprech⸗
angen über die nächsten Schritie statt. Allem Anschein nach wird
dersucht werden, die Bedenken Englands durch Deklaration der Be—
cchlüsse zu hestitigen, ehe dee Konferenzmächte allein vorgehen.
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Unier, dem Titel „Christliches und Türkischezs“ bringt die K.
Z.“ eine Beleuchtung det Lage, welche fie mit der Notiz einleitet,
daß Graf Andrassy, während, seines Aufenthalts, in Berlin den
Daͤmen beim Tdeeetisch durch Schilderungen der Robheit und Grau⸗
amleit der Insurgentea bleiches Entsetzen verursachte. Das Blatt
hedauert, daß man sch zur Unparteilichkeit des Urtheilz nicht auf⸗
chwinge. In ganz Europa herriche einmal eine gegen die Türkei
zerichteie Sirbmung / der Gemülher, und die Folge davos sei, daß
alle Staaten — wie sie später erkennen würden — ohne es zu
wollen und zu wissen, russische Politik treibee.
Voltszählungsresultate, Nach einer vom. statistischen
Amie des Reiches veröffentlichen Uedersicht stell sich die gesammte
Bevblkecung des Reichs durch die Zählung am 1. Dez. 1875, auf
12,757,812 Aopfe. Um, J. Dez- 187 1. wurden mit Einschluß der
Truppen in Frankreich 44, 058,792 ortsanwesende Einwohner ge⸗
ähli. Die Zunazme beträgt also 1,699.020 Personen, d. i. durch⸗
chnittlich jährlich 1001 Prozent der mittleren Bevölkerung. Diese
Bexmehrung ist eine sehr bedeutende. In den vier Jahren
oun 1867 bis 1871 hatte sie uur 951,617 Keöpfe oder durch—
chnittlich jaͤhrlich O,ess Prozent betragen, Fast alle ein elnen Staaten
veisen eine Zunahme auf. In Preußen ist die Volkszahl von
24,641,539 auf 25,723,754, in Bayern von 4863,450, auf
5,024, 832, in Sadhsen von 2,556., 244 auf 2,760, 4 16, in Wurttem-
berg von 1,818,5839 auf 1,881,505, in Baden von 1,461,562
auf 1,506,6531, in Hessen voa 832,894 auf 832,349 u. s. w.
Jestiegen. Vor allen zeichnete sich wie gewöhnlich das Königreich
Sachsen durch den starlen Zuwachs seiner Bevölkerung aus. Eine
Abnahme haben dagegen erfahren: Lauenhurg von 49,546 auf
18, 808, Mecklenburg ⸗Schwerin von 557,707 auf 553. 7384, Medlen⸗
zurg« Strelitz pon 96,982 auf 95,648 Waldeck von 56,224 auf
354.673, endlich Eisas⸗-Lothriugen von 1,349,7388 auf 1,529.408.
NAusland.
Wien, 23. Mai.“ Der russische Botschafter v. Nowikoff ist
nach Pest gereist, um mit Andrassy über die gemeinsame gegenüber
der heute notifizirten Ablehnuug Euglands anzunehmende Haltung
u konferiren.
Pest, 23. Mai. Sir A. Buchanan ist hier eingetroffen und
aäͤherbringt die Antwort Englands auf die Berliner Beschlüsse.
Auch der russische Botschafter Nowitoff ist heute eingetroffen.
Pest, 23. Mai. Im Subtomite der ungarischen Delegation
zab Graf Andrassy analoge Erklärungen wie im Ausschusse der
zsterreichischen Delegation ab. Er betonte das einhellig Auftreten
der Mächte; et will weder Ollupation noch Kongreß, sondern strebe
uinter Rufrechterhaltung des status quo Schaffung bessecer Zustände
und Sichetung der Nachbargebiete an. In Berlin wurde Ange—⸗
ichts des altuellen Standes der Dinge perfekte Einigung erzielt.
Das Subdlkomite votirte einstimmig dem Grafen Ardrassy volles
ertrauen.
Paris, 22. Mai. Abends. Fürst Orloff ist aus Ems zu⸗
rückgekebrt und hat sogleich den Duc Decajes besucht, um ihm von
den Resultaten seiner dortigen Konferenzen Mittheilung zu machen.
In diplomatisten Kressen in über diese Mittheilungen Folgendes
vekannt geworden: Fürst Orloff ist nicht erbaut von dem allgemen⸗
ren Stande der europaäischen Angelegenheiten. Die Weigerung
knglaunds, dem Berliner Programm beizutreten, hätte den Ciar sehr
uangenehm berührt, der erklärt haben soll, es sei für Rußland
anmöglich, die Gelegerheit vorübergeben zu lassen, ohne sie zur
Verbesserung der Lage Mortenegro's zu benüßen. Angesichts dien
ier offenbar schlimmen Absichten Rußlands wird die französische
Regierung ihren ditherigen Eifer, gemeinsam mit den europaischen
Mächten im Oriente, aufzutreten, jetzt etwas mäßigen, indem sie
dadurg Rußland zu einer wirklich friedlichen Politik zu bewegen
hofft. (Neue Freie Presse.)
Wie den D. N. von Paris mitgetheilt wird, hat die Pforte
trotz des Verlangens mehrerer Botifchafter in Konstantinopel Griechen⸗
land die Erlaubniß verweigert, ein Kriegsschiff durch die Darda⸗
nellen passiren zu lassen. Das oattomanische Kabinet stützie sich hei