Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaliungablatt,!“ (Sonntags mit illustrirter KRei⸗ 
lage), erscheint wochentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonnementspreis belrägt viertehährlich 
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mit 80 Pfg. pro Zeile berechnet. 
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Deutsches Reich. 
Manchen, 27. Mai. Die Dauer des VLandtages ist bis 
un 80. Juni verlängert wordenn.. 25 
Wie die „Abdztg.“ crfährt, soll die Umrechnung von urfl. 
un 1M. 80 Pf. nur der der k. Civ'll stei nicht auch bei den 
panagen der Prinzen Anwendung finden. 
DNünchen, 27. Mai. Was die gestern erfolgte Abreise des 
derrn v. Schlör nach Berlin' betr'fft, so st man allgemein der 
insicht, daß dieselbe mit der deutschen Eisendahnfrage, bezw. der 
cifenbahn · Tariffrage, in Verbindung steht. Man hält es auch füe 
vahrscheinlich, daß dem ehemaligen baherischen Handelsminister eine 
Hhere Stelle im Eisenbabnwesen in Bexlin zugedacht ist und in 
zer Thot sprechen einige Umstänse dafür, daß diefe Vermuthung eine 
iicht unbegründete ist. F 
Aus Kreisfen, welche dem Reichskanzleramte nahe stehen, be 
ichtet die „Voss. Z.“, daß d'e Stellung du Ober-⸗Präsidenten von 
Zlsaß ·Lothringen, d. öller, erschüttert und der Rucktritt desselben 
nur noch als eine Frage der Zeit zu betrachten sei. — 
Dem „Berl. Vörsen ˖ Courier“ zufolge haben Deutschland und 
Franlreich von der Pforte die Summe von 40,000 Pfund für de 
Zittwen der veiden in Salonichi ermordeten Konsuln gefordert. 
Ausland. 
Die „Times?“ berichtet aus der Herzegowina, die Führer der 
dufständischen hätten in einer Versammlung beschlofsen, dea Kampf 
ortzusetzen, bis die Unabhängigkeit Bosniens und der Herzegowina 
rrecht fei. Gleichzeitig wird englischen Blättern von ernsten 
dämpfen in Bulgarien gemeldet, wo die Türken mehrere Christen, 
zaruuter einen Priestet aufgehängt hätten. In Serbien soll eine 
anze Unzahl rusfischer Offiziere eingetroffen sein und man fürchtet, 
zaß et auch dord nächstens zum Loebrechen kommen wird. Rußland 
pielt offenbar ein doppeltes Spiel; währtend es auf der einen Seite 
ich den Anschein gibt, als sei es ihm um die Erhaltung des Friedens 
krnst, so unterstützt es auf der anderen Seite die Anfständischen 
n jeder Weise und als das Ziel seiner Wünsche bezeichnet man 
euie allgemein die Besetzung Constantinopels mit rufsischen Truppen. 
Ueber den diplomatischen Stand der orientalischen Frage liegen 
inige weitere Mittheilungen vor. Tem „Kournal des Debats“ 
vird aus London derichtet, daß der Ton des Gortschalcw'schen 
Memorandums ein ganz anderer sei, als jener der Andrassy'schen 
Note: Gortschakow beginne mit Hinweisung darauf, daß der Sul⸗ 
an sich durch diese Note Euroda gegenüber verpflichtet habe und 
aß die Großmächte ein mocalisches Recht und die Pflicht hätten, 
niese Berpflichturg in Vollzug zu setzen, von welwer der Frieden 
xuropa's abhänge: der Sultan habe bis jeßt noch nichts gethan, 
im seine Zusazen zu erfüllen. Darans habe sich Keine mittelbare 
lufmunterüung für den mohamedanischen Fanatismus ergeben, und 
er Zwischenfall in Salonihi könne leider als eine Wirkung der 
ögerung der türkischen Regierung in Erfüllung ihrer friedlich ein— 
egangenen Zusagen aufgefaßt werden. Die Dentschrift führe so 
ann die Vorschläge auf, über welche die Mächte in Berlin sich 
nigten, und betone die Inbetrachtnahme der fünf Punkte der In⸗ 
urgenlenführer über dee „Mittel der Ausführung“, welche diese in 
ner Dentschrift dem Fürsten Gortschakow offi;ös durch Wesselitzky 
rittheilen ließen. Das Memorandum schließe wie folgt: „Wenn 
idessen der Waffenstillstand verliefe, ohne daß es den Anstregungen 
er Mächte gelungen wäre, das Ziel zu erreichen, welches sie sich 
esteckt haben, so sind die drei kaiserlichen Höfe der Meinung, daß 
3 nothwendig weirden würde, ihrer diplomatischen Action die Sank⸗ 
ion eines Einverständnisses hinzuzufüten, in Aussicht auf wirksame 
Naßregeln, die im Interesse des allgemeinen Feindes erforderlich 
heinen würden, um dem Uebel Einbalt zu thun und dessen Aus⸗ 
reitung zu verhindern. 
Salonichi, 28. Mai. Gestern fanden 11 Verurtheilungen 
tatt; zwei zum Tode, 8 zu lebensläuglicher Zwangbarbeit, eine 
u 3 Jahren Einsperrung. 
RPermischtes. ** 
Eine Bekauntmachung kal. Regierung im neuesten Kreisamtt⸗ 
zlott lautet folgendermazen: Die Schulbehörden und Lehrer haben 
trenge datauf zu halten, daß die Schüler — Werktag- und Sonn⸗ 
agschüler — steis mit den erforderlichen Schulbüchern und sonstigen 
dernapparaten versehen sind. Gegen bemittelte Eltern, welche sich 
ezüglich der Ansshaffung jaunig und widerspenstig zeigen, ist nach 
Urt. 21 und 22 des Polizei-Straf⸗Gesetz Buches im Zusammen⸗ 
nult mit den Art.25 und 28 der Pfaälz. Schul⸗Ordnung von 
817 and der Allerhöchsten Verordnung vom 9. Juli 1856 über 
ie Schulpflicht der Jugerd vorzugehen. Für arme Kinder hat in 
Hemäßheit des Art. 10 Ziff. 4 des Armen⸗-Gesegßes die Gemeinde⸗ 
'asse einzutreten. 4 
r Die Generaldirection der k. Verkehrsanstalten gibt bekannt, 
vaß vom 1. Juli d. J. ab sämmtliche seither ausgegebenen Post⸗ 
reimatten und Postformulare ungiltig und uneinlösdar seien. Die 
rwa noch im Pripdatbesitz befindlichen Vorräthe solcher Marken und 
Zostformulare können bis 30. Juni d. J. bei allen Hauptbriefpoll⸗ 
ind Specialkassen gegen Freimarken und gestempelte Formulare 
er Reichswährung odet gegen baare Vergütung umgetauscht werden. 
stach dem 30. Juni findet kein Umsausch mehr statt. 
F Von ssocialistischer Seite soll der Gedanke der Errichtung 
iner Genossenschaftsdruckerei in der Pfalz verwirklicht werden, um 
iet Herausgabe eines Parteiblattes zu ermöglichen. Vor den Reichs⸗ 
agswahlen soll Liebknecht die Pfalz berteisen. J 
7 Schifferstadt. Bei der Leiche des ermordeten Wald⸗— 
jüters Witt wurde seiner Zeit der Hahn eines Gewehres gefunden, 
nit welchem aller Wahrscheinlichkeit nach die That verübt worden 
t. Dies Gewehr ist noch nicht ausfindig gemacht und es hat 
ie Kreisregierung eine Belohnung von 100 Mark fär dessen Aus—⸗ 
indigmachung ausgzeseßt. 
München, 22. Mai. Der Hofphotograph Hanfstängel 
nier errichtet zur Zeit in den Räumen der alten könig!. Pinakothek 
ine eigene Werkstatt, um die ihm überttagenen photographischen 
fufnahmen der ecsten Werke älterer Meister in derselben mitteldar 
on den Originalen kerzustellen. Es, soll mit éäinigen kleineren 
dubens:Bildern der Anfang und zugleich die Probe dieser bedeufenden 
lufgabe gemacht werden. v 
Man berichtet aus Mainz, 27. Mai. Der ‚N. M. A.“ 
zfährt, daß in Boppaerd am Rhein seit çestern Abends Uhr ein 
irchtbares Feuer wüthet. Trotzdem rasch Hülse zu Stelle war. 
elang es dis jetzt doch noch nicht, Herr des derheerenden Elementes 
u werden, und es sind b's jetzt ca. 100 Wohnhäufer in der sog. 
dirchgasse, darunter das stattliche Postgebaͤude, ein Raub der Flam⸗ 
nen geworden. Die Ursache der Entistehung des Ftuers ist dis 
letzt noch unbekannt. 
F In Koblenz wurde ein Jialiener verhaftet, der sich unter 
igenthümlichen Umständen darnach erkundigte, ob Fürst Bitmarck 
ich dort aufhalte und der — nach der „Kobl. Ztg.“ — einge⸗ 
sanden hätte, den Reichskanzler ermorden zu wollen. Wenn die 
5ache so war, so hat man es jedenfalls mit einem Verrückten, 
zicht mit einen Fanafiker zu thun; denn letztertr würde den 
danzler nicht in Koblenz suchen. J 
7 Die „Koöln. Z.“ meldet aus Köln, 27. Mai.“ Gesiern 
bend zweschen 10 und 11 Uhr explodirte ein Dampfkessel des 
sinter Mülhe'm a. Rh. gelegenen Rheinischen Walzwerles, als man 
erade vollen Dampf haite und die Walzenstraßen in Betrieb 
tzen wollte. Zwei Liute blieben auf der Sielle todt, drei wurden 
zwer verwundet und einige andere erlitten leichte Berletzungen.“ 
Wien: 24. Mai. Im Arsenale explodirte in den Mor⸗ 
zenstunden eine Kiste mit 40,000 Patronen; zwei Personen wurden 
ebens gefaͤhrlich, zwanzig leichler verlezt. 
fFParis, 26. Mai. Lydn und Umgegend wurden heute 
on einem schweren Gewitter heimgesucht. Der Bl'it schlug in eine 
daserne, tödtete einen Soldaten und verwundete drei andere. 
ꝓ Ein Asylrecht. Aus Tunis wird geschrieben: „Jüngst