St. Ingberler
gberler Anzeiger.
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, Sonntags mit illustrirter Bei⸗
lage), erscheint woͤchentlich viermalr Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonuemeuntspreis beträgt vierteljährlich
Mark 20 R.⸗Pfa. Anuzeigen werden mit 10 Pfg., pon Auswärts mit 15 Pfa. für die, viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neclamen
mit 80 Pfq. pro Zeile berechnet.
M92. Sonntag, den 11. Juni J 1876.
—⸗
* J
Deutsches Reich *
München, 9, Juni. Die Kammer der Abgeordneten ertheilte
n heutiger Sitzung den Nachweisungen des Staatsministeriums
)es Inneren für Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten pro 1873 und
1874 ihre Anerkennung. Abg. Louis wünscht, daß die Beschlüsse
der Generclsynode der Pfalz von 1873 bald beschieden werden.
Cullusminister v. Lußz erklärt, die Verzögerung der Verbe⸗
cheidung habe nicht ihren Grund in derartigen Motiven, wie sie
nn der pfälzischen Presse enthalten feien; dieselbe werde in den
nächsten Tagen erfolgen. Dem Consisiorium in Speyer sei die
Weisung zugegangen, die Abhaltung der Synoden bis auf weiteres
u sistiren.
Berhin, 8. Juni. Der Auffchub der Reise des Kaisers
ind die Abkürzung des Urlaubs des Fürsten Bismarck datten hier
Befürchtungen bezüglich der politischen Zustände hervorgerufen, doch
ind dieselben, wenigstens gegenüber dieser beiden Vorgängen, völlig
grundlos. Es hat damit folgende Bewandtniß: Am Dienstag
MNorgen tkraf hier ein Brief des Kaisers Alexander ein, daß derselbe
in Folge einer heftigen Erkältung genöthigt sei, der Aufenthalt in
cems um acht Tage zu verläegern. Nun war das Programm für
in dreitägiges Beisammensein der Monarchen längst festgesetzt, und
s hat daher hier rathsam gesch'enen, die Abreise des Kaisers Wil⸗
jelm auf acht Tage zu verschieben, um das erwähnte: Programm
m vollen Umfange ausfühcen zu können und andererseits nicht durch
m längeres Zusammensein beider Monarchen unndthigen Befürch—
ungen über die politische Lage, wozu man so leicht geneigt ist,
zeuen Anhalt zu bieten. Die Herberufung des Fürsten Bismarck
xexruht lediglich auf dem Wunsche des Kaisers, über die neueste
bhrase in der Türkei und die damit zusammenhängenden Fragen
xen Bericht direkt von Seiten seines Kanzlers entgegen zu nehmen.
Die Bestrebungen der deutschen Politik bleiben vor Allem auf die
Frhaltung des Ftiedens gerichtet, und in leitenden Kreisen erhält
ich der feste Glaude, daß diese Westrebungen nach wie vor Erfolg
vaben werden.
Ausland.
Aus Wien, 6. Juni, meldet das „H. T. B.“ Wie man
etzt authentisch erfährt, war der Sultan bereits am 30. Mai todt,
8 wurde dies aber officiell noch verheimlicht, bis die Anerkennung
Nuxads durch die Machte eifolgte. Die heutigen Wiener Blätter
prechen die Ueberzeugung aus, daß der Sultan Abdul Aziz nicht
urch Selbstmord, sondern durch Mord geendigt. Sind diese Ver⸗
nuthungen alle richtig, so wird man auch von dem Gnadenakt, zu
velchem sich Murad V. entschlossen basen soll, eine nur ceringe
Meinung haben. n
Wien, 8. Juni. Die „Presse“ und die „Deutsche Zeitung“
nelden von Zara aus südslavischer Quelle: Der Fürst von Mon⸗
enegto weigert sich, die Regierung Muradst V. anzuerkennen und
at seinen diplomatischen Agenten aus Konstantinopel zurückderufen.
zs wird ferner behauptet, Mukhtar- Pascha, belanntlich ein natür⸗
cher Sohn des verstorbenen Abdul⸗Aziz, weigere sich, die mili⸗
ürischen Bewegungen nach Nicsic fottzusetzen. Die Bestätigung
ieser Nachrichten ist abzuwurten, — Die „Polit. Corr.“ signalisirt
a einem Schreiben aus Belgrad vom 6. d. einen Umschwung der
erbischen Politik zu Gunsten des Friedens.
Paris, 7. Juni. Es bestätigt sich, daß die. Pforte mil
»en Aufstandischen in directe Unterhandlung getreten ist und mit
enselben zwar keinen Waffenstillstand, da fie dieselben ja dadurch
ls kriegführende Macht aneckennen würde, wohl aber einen Ver⸗
rag abgeschlossen hat, wonach die Feindseligkleiten. sechs Wochen
mno eingestellt werden sollen und den Aufständischen die Mögzlichkeit
segehen wird, durch Abgesandte, die sie selbst zu erwählen haben,
hre Beschwerden und ihre Forderungen kundzugeben. Die Nochrich
er Times, daß englische Kriegsschiffe fur die kürkische Armee in
Ubanien Waffen ausgelschufft hätten, wird in Abrede gestellt, eben
o die Meldung der .N. Fr. Pr.“, daß Rußland min Oesterreich
über eine demnächstige Theilung der Türkel inm Unterhandlung ge⸗
reten sececc.
Paris, 8. Jeni. Georges Sand ist heute Vormittag ge⸗
torben. — Karl Blasc und Boissier sind zu Akademikern gewühlt
vorden. — Das in London verbreitete Gerücht, Serbien habe der
Türlei den Krieg erklärt, wird hier für unbegründet erachtet.
Spanien wirbt Mannschaften zur Verstärkung seiner Trup⸗
»en auf Kuba. Auf die öffentliche Aufforderung hin hatten sich
nuch verschiedene Deutsche gmeldet. Doch sind, wie der „Staats
nzeiger“ mittheilt, ihre Gesuche zurückgewiesen worden,, dan der
Lintritt in die spanische Armee den Besitz der spanischen Nationa⸗
itãt durch. Geburt oder Naturalisätion voraussezgt.. »
Don Karlos hat, wie derlautet, London plötzlich verlassen,
ohne daß man weiß, wohin er sich gewendet hat. Man versichert,
r befinde sich gegenwärtig in den Vereinigten Staaten. Vielleichi
ster von seinen Anhängern auf die Philadelphier Ausstellung ge⸗
chidt worden.
London, 8. Juni. Einer Meldung der „Times? zufolgçe,
vãre allen Pensionären der Marine, welche weniger als 55 Jahre
ilt find, der Befehl ertheilt, sich zu altivem Dienst bereit zu halten,
uind denjenigen unter 45Jahren die Erlaubn'ß ertheilt, in der
steferve zu dienen.
eer . * Fermischtes. —
Wie. alljahrlich, so hat guch dieses Jahr der bekannte Lamb⸗
rechter Geisbock, unter Begieilung eined jungen Vürgers von dort,
eine Reise nach Deidesheim glücklich zuruüͤckgelegt; um det auf ihm
astenden altherloͤmmlichen Verpflichtung nachzukommen.
— f Gerolsheim, 7. Juni. Die Kuaschenernte fällt bei uns
n diesem Jahre gering aus, da die meisten Kitschen in der Nacht
‚om Gründonnerstag auf Charfreitag verfroren find. Doch wird
»as Pfund balbreifer Kirschen in hiesiger Gemeinde um 17 Pig.
6 Kreuzer), in dem nahen Weißenburg a. / S., wie wir hoͤren, um
5 Pfa. geliefert. Von solchen exorbitänten Preisen, wie sie in
der Dienstagsnummer aus Freinsheim gemeldet werden, vissen wir
zier nichts. (pPjfalz. P.) ⸗
fLandau, 7. Juni. Messer-Affäre. Bei einer am
Bgfingstmontag in Wey her abgehaltenen Tanzmusik enistand ein
Ztreit, in Folge dessen ein junger Mann von Burrweiler, Namens
Stephan Bachtler, mit Messerstichen so schwer verwundet wurde,
daß er gestern starb. Sechs der That verdächtige Personen sind
)erhaftet. (Dem „Laad. Anz.“ zufolge soll der verstorbene Bachtler
nicht gestochen, sondern mit Faßdauben geschlagen worden sein)
7 Der Ausschuß des pfalzischen Feuerwehrverbandes fheilt
nit, daß demnächst d'e Besichtigung und Prüfung der localen Lösch⸗
rinrichtungen in den einzelnen Gemeinden der Pfalz beginnen werde,
nachdem die nöthigen Geldmittel hiezu von den Districtäräthen
—X
F Die Würjburger Spitzeder, eine Frau Göbel, deren Bank
iufgehoben ward und welche vor Ausbruch des Bankeroites das
Weite suchte, hatte ihr Geschäft notorisch mit einem Capital von
20 Gulden begonnen und die gegenwärtigen Passiven belaufen sich
nuf 200,000 Mark. Manche Geldgrößen Würzburgt sind dabei
ompromittirt. und viele Minderbemittelte baben ihre geringe Er⸗
parnisse gänslich verloren.“
FeFranukfurt a. M., 6. Juni. Cin Pariser Communist,
Namens Limbowsty, während der Ereignisse im Jahre 1871 Adju-
ant des Benerals Dombrowsky, wurde am zweiten Pfin gstfeiertage
im nahen Rödelheim zu Grabe getragen. Wegen: Theilnahme am
Lufstand don einem Pariser Kriegsgericht zu zehn Jahren Galeeren⸗
trafe verurtheilt, gelang es ihm nach Deutschland zu entlommen. Er
ieß sich in Rödelheim nieder, wo er unter dem Namen Greß in
ehr bescheidenen Verhältn'ssen lebte. Der Tod eieilte ihn ploötzlich,
venn auch nicht unerwartet, er starb in den Armen seiner Frau
ind: „Jeßzt gehe ich, Adieu!“ waren seine letzien Worte. Den
Frinzibien des Verstorbenen entsprechend waren beim Leichenbegäng⸗