Full text: St. Ingberter Anzeiger

Truppen, Munition, Proviant ꝛc. zu leiten und sind für denselben 
verantwortlich; ferner haben sie Requ'sitionsscheine zu prüsen und 
zu verlaäͤngern, Marf hrouten zu ertheilen, Einquartierungen vor⸗ 
junehmen, Lazarethe und Magazine zu errichten u. s. w. Sie 
verden mit den geößten Vollmachten ausgerüstet. Drei Commis⸗ 
ILä 
und Karlsruhe haben. 
FKirchheimbolanden. Zur Geldfrage scheint mir 
folgender Fall erwähnenswerih: In einem hiesigen Geschäfte wurden 
dieser Tage folgende Geldsorten umgewechselt: 700 Stück öster⸗ 
reicher a-Guldenftücke, 170 Stück osterreicher 1-Guldenftücke, 28 
Stück holländische Guldenstücke, 190 Stüdk Guldenstücke, eine 
Anzahl Kronenthaler, Sechsbätzner und Friedrichs'dor. Der Be⸗ 
fitzer dieser schon längst außer Verlehr gebrachten Geldsorten erlitt 
einen Verlust von nahezu 150 fl. für Minderwerth; wie groß 
jedoch sein Verlust an Zinsen ist, entzieht sich jeder Berechnung 
Ein ähnliches Stückchen, wie das oben mitgetheilte erzällt die „Pf. 
B.“ 3) In einem Dorfe bei staisersslautern hatte sich ein Bauernweib aus 
dem Erlös von Butter, Schmalj, Eiern ꝛc. die erhebliche Summe von 
eiwa 300 fl., bestehend in lauter Münzen, die jetzt außer gesetzlicher Gel⸗ 
sjung sind, zusammengespart. Dieser Tage brachte das Weib, nachdem 
sie endlich die Lunte gerochen, daß es mit ihrem Schatze denn 
doch nicht recht geheuer sei, diesen hieher und wollte ihn gegen 
poll für neues Geld eintauschen. Aber sie wurde unter dieser Be— 
bingnißz natürlich überall abgewiesen und erst mit einem Verlust 
bon 70 fl. konnte sie ihn an den Mann bringen, und so ist auch 
ie, wie manch' Anderer, erst ductch Schaden kluz und, wie es 
heißt, aus Alteration hierüber sogar krank geworden. 
f Mänchen, 14. Jan. Vor versammelter Mannschaf 
der Gendarmerie-Kompagnie der Haupt. und Residenzstadt ent 
widelte sich heute Vormittag ein in der Gendarmerie äußerst selte⸗ 
ner, vielleicht einzig dastehender Alt; der Chef des Gendarmerie⸗ 
lorps, Oberst Murmann, übergab nämlich dem Gendarmen Keller 
die diesem von Sr. Maj. dem Kögige verliehene Ehrenmünze des 
dudwigsordens für fünfzujährige Dienstzeil, von welcher der nun 
74 Jahre zahlende Dekorirte 48 Jahre in der Gendarmerie stand. 
Dem Jubilar, der heute noh als alliv in der Stadtkompagnie 
dient, werden seine Kamerabcn noch eine besondere Feier seines 
Ehreatages veranstalten. 
FMünchen, 14. Jan. In einem Dorfe bei Arnst in 
(Uorterfranlen) kam es tei einer Civiltrauung zu Thätlichkeiten, 
indem der Bräutigam auch noch die lirchliche Teauung wollie, die 
Braut aber aus Kostenersparniß des nicht für nöthig bielt. 
fF In Augsbura wurde gegen 200 Wirthe Strafurtheile 
erlassen, weil dieselben der Reichsgewerbe-Ordnung und den orts 
polizeilichen Vorschriften entgegen bei Umrechnung des Bierpreses 
in die neue Reichswährung einerseits eine Erhoͤhung des Pretses 
vorgenommen haben, ohne der Polizeibehörde hierüber vother An⸗ 
zeige erstattet zu haben, anderseits den vorgeschriebenen Anschlag 
der Bie preise in den Gasttimnern und Schantlokalitalen unter 
ließen. 
fBerlin, 15. Jan. Seitens der Bezirksregierungen ist 
wiederholt darauf. hingewiesen worden, daß durch mitroskopische 
Untersuchungen das Vochandensein von Trichtnen in den aus Ame⸗ 
rika eingeführten Schinken und Speckhseiten mehrfach fest zestellt 
woriden ist und die Verwaltungsbehörden haben deshalb mit Recht 
vor dem Genusse dieser Fleischwaaren in rohrm Zustande gewarnt. 
Neuerdings ist nun zur Kenntaiß der Behörden gelangt, daß die 
in Rede stehenden Fleischwaaren nicht nur direlt, sondern auch in⸗ 
direkt in einer Form unter das Publckum gebracht werden, welche 
die Bezugsquellen dieser Fleischwaaren vollkommen verdecken und 
auch deese Warnupng illusorisch machen. Es ist nämlich bekannt 
geworden, daß Engrosgeschäfte diese Fleischwaaren aus Auecika in 
großen Men ten bejiehen, sie nach ihrer Ankunft in Europa einer 
nochmaligen Peczedur unte cwerfen, die ihnen ein besseres Aeußere 
gibt und dann als innländis ve Fleischwaare in den Handel bringen. 
Da auf diese Weise die Gesundheit und Sicherheit des großen 
Publilums gefährdet wird, so lieat es, wie wir horen, in der 
Abficht der Verwaltungsbehö dein, durch geeignete Vorkehrungen der⸗ 
artigen industriellen Täuschungen entgegenzutreten. 
FrUeber den Stand des Concucses Strousberg berichten 
Berliner Blätter: Es sind im Ganzen 655 nichtdevorrechtigte und 
142 bevborrechtigte Forderungen bis jer angeneldet. Die Höte der 
nichtbevorrechtigten Forderungen beträgt Millionen; die genauere 
Ziffer derselben läßt sich noch nicht feststellen. Die Höhe der be⸗ 
vorrechtigten Forderungen, einschließlich der Gerichtskosten und der 
HKosten des Concursverfahrens, würde sich auf etwa 700,000 M. 
belausen. Aus dem Vortrag des Stadigerichtsrath Bennecke ist zu 
entnehmen: es sei unmöglich, bei diefer auß⸗rgewöhnlich großen 
Sachee schon jetzt ein volles, klares Bild derselden zu enlrollen. 
Die Besitzthümer, die theils in Preußen, tyerls außerhalb Preußens 
liegen, find bisher nicht taxirt. Es ist noch nicht eine eingzige 
Taxe auch nur auf eines der Guüͤter eingegangen. Das biesiz 
Mobiliarvermögen ist dagegen ganz adgeschätzt bis auf die Bib⸗ 
liothet. Der Büchervorrath ist en sehr großer, so daß es dem 
einen Taxator, der nur dazu bestimmt ist, die Aufnahme zu voll⸗ 
siehen, noch nicht gelungen ist; das Material zu be vältigen. Trotz⸗ 
dem läßt sich schon heute mit Gewißheit sagen, daß die Tare des 
jiesigen Mobiliarvermögens eine sehr hohe sein wird Die vor— 
hjandenen Marmorkunstwerke sind allein auf 90,000 M. ahbgeschätzt. 
Eben so sind die kostbaren Mödel sehr hoch taxict. Ob aber sfolche 
Moöbel und Kunsswerke gleich Kaufer zu dieser hyhen Taxe finden, 
müsse er, der Concurs-Commissär, bezweifeln. Der Werih der 
xffecten läßt sih noch nicht bestimmen, doch dürfte anzunehmen 
ein, daß d'e bevorzugten Forderungen gededl werden, während 
die nicht bevorzueten Forderungen eine sehr geringe Aussicht haben. 
Es läßt sith über diese eigentlich noch gar nichts sagen. 
Frankfurta. M., 16 Jan. Eine drollige Mord⸗ 
geschichte spielte fich vor lurzer Zeit in einen. Dorfe des südlichen 
Sauerlandes ab. In einem doertigen Wirihshaus sehrt eines 
Abeads ein Orgeldreher ein in Begleitung eines kleinen muntern 
Affen, der ihm beim Einsammeln der Pfennige gute Dienst: 
ieiste. Der Orgelmann muß wohl tfüchtig an dem Abend gezecht 
haben, denn am andern Morgen war seine Rechnung größer als 
seine Baarschaft. Der Wirth aber machte eine doͤse Miene zum 
bösen Spiel, und mit kurzer Ueberlequng konfiszirt er den Affen, 
dis die Rechnung bezahlt sei Der Ocgelmann entfernte ich, um 
den fehlenden Rest zusammen zu orgeln, während der Affe vom Wirth 
unbarmherzig zu Bier und Branntwe nfäfsern in den Keller gesperrt 
wird, das waren lange, langweilige Stunden füc den armen Affen, bis 
endlich der Wirth in den Keller kommt und eine Flusche Vrannt⸗ 
vein zapft, wobei er natürlich don dem armen Gef nzenen 
zeobachtet wird. Kaum hatte sich jener eutfernt, da hatte der Affe 
nichts eiliger zu ihun, als sämmilsche Krahe der Fässer zu öffnen. 
Das strömt⸗ und rauscht in den Keller hinein, daß es eine Lust 
sst. Nach einiger Zeit kommt der Wirth zum zweiten Male in 
zeu Keller, und — patsch, patsch steht nod gehl er bis an die 
dadchel in Bier und Branntwein; im Hintergrunde sieht er das 
etzte Faß seinen letzten Inhali auf den Boden ausströmen. Was 
er gedacht und gesagt, wissen wir nicht; wer aber den Streich ge⸗ 
pielt, war ihm sofort klar; drahalb fallt er über den armen Vier⸗ 
händer her und schleudert ihn in erster Wath gegen die Mauer, 
daß er sterbend alle vier Hände von sich streckt. Kaum ist die 
That geschehen, da erscheint der Orgelmann, um seinen Affen ein⸗ 
zulösen. Das gab nun böse Gesichter und heftige Worte von bei⸗ 
den Seiten. Kurz, man verständigte sich nicht, es kam zum Pro⸗ 
jeß. und der Werth mußte einen Schadenersatz von 200 Thalern 
leisten. 
F In Sinmzing bei Regensdurg hatten am 13. Januar 
zwei Mühldurschen eine Katze in einen Sach gesteckt, un sie darin 
ju erschiezen. Der eine Bursche hielt den Sacd mit der Katze 
hinaus, der andere legte die Flinte an und ichoß stalt der Katze 
den Mühlburschen todt. 
fVomPapierhandenl. Die Dec'maltheilung, welcher 
dis ganze Rechnungswesen des Deutschen Reiches unterliegt, soll 
für die Fole auch auf die Papierberehnung ausgedehat werden; 
de desfallsigen Besch üsse der Berliner Versammlung deutscher und 
zstereichischer Papierfabrikanten vom 21. Mai 1875 wurden durch 
einen Erlaß des Reichskanzleramtes von 11 Decemder 1875 voll⸗ 
siehbar ertlärt. Nach der alten Theilung war 1 Bollen gleich 10 
Ries zu 20 Buch zu 24 Bogen für Schreibpapier, während bei 
Druckpapter das Buch zu 25 Bosen gezahlt wurde. Deese früheren 
Theilungen werden nun vollständiz verlassen und aun deren Stelle 
ritt fünftig die rein decimale Theilung, nämlich 1 Ballen gleich 
lo Ries zu 10 Buch zu 10 Heft zu 10 Bogen,, welche für alle 
Papiere gelten soll. Verschiedene deutsche Papserfabrikanten haben 
zie neue Eintheilung beceits mit Neujahr eingeführt. 
* Mit der endlichen Erreichung der deutschen Münz⸗Einheit 
durfee man erwarten, daß es dem deutschen Geschaftömanne nun 
auch beschieden sein werde, von den Mißhelligke ten und Nachtheilen, 
velche ihm das frühere Vorkommen aller mögzlichen ausländischen 
Münzkorten bereitete, verschont zu bleiben, indem nur die deutsche 
Keichsmünze gesehliches Zahlungsmittel ist und angenommen zu 
verden braucht. Statt dessen cursiren schon wieder lustig die Sos 
veteig's die Napoleond'ors, die Jirperials ⁊c. ꝛxc. und damit hat 
äch auch der Unfug, sie mönlichst hoch in Anrechnung zu bringen, 
vieder eingestellt; ein Zustand, der recht gut durch Selbsthilfe zu 
heseitigen wäre, wenn Jedermann gegen Anrahme fremden Geldes 
»der mindestens gegen Berechnung über den niedrigsten Börsen⸗ 
Zats sich verwahren würde, austatt zu denlen: ich nehme das 
Hold vnd hänge es einem Audern w'eder auf, womoöglich noch mit 
inem Kursgewirn. Bei letzterem Verfahren ist nicht allein dem 
Sinstroͤmen aus vä liger Münzen, die auf dem Wege legalen Handes- 
zerlehrs in's Reich kommen, Thor und Augel gedffnet, sondern es