Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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C 128. IJ IJ J Sonntag, den 18. August J — 1876. 
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Deutsches Reich. 
Bauhyreutb, 10. Aug. Für den Empfang des Kaisers 
verden hier große Vorbereitungen getroffen; am Sonnabend wird 
eiin Fackelzug und am Sonntag eine glaänzende Beleuchtung ver⸗ 
anstaltet werden. 
rückt gegen die Türken in der Richtung Banlo Loma vor. Die 
Türken rücken nicht in die von den Serben verlassenen Plätze ein, 
da sie befürchten, daß dieselben unterminirt seien. 
Petersburg, 10. Aug. Aus Zimony vom 9. ds. wird 
dem „Golos“ gemeldet: Despotovic, welcher das Oberlommando 
der bosnischen Insurgenten übernommen hat, berichtet von Groho⸗ 
vopolje bei Grahobo: „Sieben Schanzen sind von den hosnischen 
Insurgenten erstürmt und 50 Dörfer längs der Una von Kloster 
Funanja bis Ticeva und Raznogladic durch dieselden besetzt worden. 
Zur Berichtigung der Angaben des Hrn. Geh. Rath Reuleaux 
über die deitsche Industrie in Philadelphia führt der dortige Cor- 
respondent des Rheinischen Kouriers an, daß die Krupp'sche Aus- 
tellung nicht, wie Herr R. behauptet, “/8, sondern nur a des 
dem deutschen Maschinendepartement zugehörigen Raumes einnimmt 
und außer sieben gezogenen Geschützen verschiedenen Calibers, einige 
hundert Ausstellungsgegenstände bringt, die friedlichen Zwecken 
ieren; Schweden, Brasilien und Rußland aber führen gleichfalls 
Heschütz- Collektionen vor, von denen die beiden letzten ebenso zahl⸗ 
eich als die Krupp'sche sind, und Amerika tritt sogar mit 99, sage 
eunundneunzig Mörsern und Kauonen auf, von denen einige dem 
fssener Riesengeschütz, was Größe und Gewicht anbelangt, nur wenig 
nachstehen. Wie waͤre es, wenn man dem Staatenbunde mit Chau⸗ 
niemus und Byzantinismus in höchster Potenz unter die Augen 
zinge ? * 
NAusland. 
Basel, 10. Aug. Den „vBaseler Nachrichten“ wird aus 
Bern über das bereits gemeldete Attentat auf den russischen Ges 
andten Fürst Gortschakoff berichtet: Die verhaftete Frau verweigert 
ede Auskunft; sie soll die Verfasserin des vor kurzen in Benf 
xschienen Werkes , un des crimes du gouvernement russe, episode 
ie la vie d'une semme* sein. 
Paris, 10. Aug. Der „Agence Havas“ wird aus Bern 
om heutigen Tage telegraphitt: Gestern Abend schoß eine Russin 
weimal aus einem Revolver auf den rusüschen Gesandten, dFürsten 
Bortschakoff, ohne ihn zu treffen. Die Frau ist verhaftet. 
In Frantreich hat, wie der Schw. M.“ schreibt, die letzke 
zählung im deutschen Reiche eine recht. rege Ausmerkjamleit erregt. 
statürlich: wie die Stimmung bei unseren Nachbarn ist, sieht man 
n derselben vor allem eine Zählung seiner Gegner. Diese poli⸗ 
ische Seite wird bei allen Besptechungen der wissenschaftlichen und 
Tagesblätter zunächst hervorgekehrt: an der Hand der Ziffern, welche 
zdie letzte. dutsche Aufnuhme geliefert hat, sielll man Vergleiche an 
wischen der deutschen und franzöfischen Vollskraft In der ketzten 
Nummer des Correspondant“, einer wissenschaftiichen Wochenschrift, 
zespricht der ehemalige Abgeordnete Naudot dieses Thema vdon obi⸗ 
jem Befichtspunkt. Indem er einen Zuwachs der Vevölkerung des 
eutschen Reiches von 1,700,000 Seelen in 4 Jaheen lediglich in 
Folge des Ueberschusses der Geburten über die Sterbefälle und trotz 
er Auswanderung constatirt, ruft er klagend aus: „Sind diese 
Jeffern für Frankreich nicht schreckenerregend, dessen Bevölkerung, 
bgesehen vom Verluste Elsaß-Lothringens, von 1866 —- 1872 fasi 
im eine halbe Million Köpfe verloren hat?“ Gegenüber dem land⸗ 
äufigen Pochen auf den Geldreichthum Frankreichs und dem Ge⸗ 
ede von der Verarmung Deutschlands trotz der Milliarden bemerkt 
Kaudot, dat urch lönne sich nut die Oberflächlichlichleit beruhigen 
ossen. Heute zählte Frankteich 6,029,8990 Bewohner weniger als 
Deutschland. Bleibe das Verhältnitz in den nächsten 16 Jahren 
zleich, so werde sich im Jahre 1892 eine Differenz von über 13 
Millionen Seelen zu Gunsten Deutschlauds ergeben. Dieselbe werde 
ir Frankreich um so nachtheiliger sein, als die militärische und auch 
roduttive straft eines Volkes nicht blos in der Zahl der Männer 
eiferen Alters, sondern der Zahl junger kräftiger Männer bestehe. 
Je mehr Geburten in einem Tande, desto mehr Rekruten nach 20 
Jahren. Wie beredt sind diese Ziffern! Nur in einem Punti hat 
kaudot Untecht. Diese Zahlen haben für Frantreich keineswegs 
was „Schreckenerregendes“, denn unser Wunsch ist blos vor den 
Franzosen sicher zu sein. Etwas Sareckliches lönnte er nur darin 
ehen, daß die Aussichten auf einen erfolgreichen Angriff auf Deutsch⸗ 
and sich für die Franzosen mit jedem Jabre mindern. Darin er⸗ 
liden aber wir keineswegs etwas Beunruhigendes, sondern im 
Begentheil eine sich ftets verstärkende Bürgschaft des Friedens, für 
velche die Natur selbst sorgt. — 
London, 10. Aug. Nach einem Telegramm des „Standard“ 
uus Trebinje hätte Muthtar Pascha am Dienslag bei Bilek seine 
Bereinigurg mit einer Truppenabtheifung don 3000 Mann unser 
Wustafa Pascha bewerkstelligt. Die Montenegriner hätten die Um⸗ 
stbungen von Bilek geräumt; ein Theil der montenegrinischen Streit⸗ 
räfte sei nach der Südgrenze Montenegros abgesendet, wo die 
Türlen von Podgoritza her vorzudringen suchen. 
London, 115 Aug. „Reuters Vnreau“ meldet aus Semlin 
mierm Gestrigen: Im Widerspruch mit anderen Nachrichten über 
e letztea ampfe wird gemeldet, daß die serbische Ceutrumsarmee 
uner Tscholakantisch von Sicnitza zurücgegangen ist. Tschernajeff 
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Vermischtes. Mat — * 
x Bei dem am 6. August in Oberwürzbach staltgehabten 
Fest der Fahnenweihe zersprang ein Böller und verletzte einen 
Zzurschen derart am Kopfe, daß sein Tod bald nach dem Transport 
n das elterliche Haus erfolgte. — In Walsheim brannten am 
. August die Gedäulichkeiten über dem Bierkeller der Brauereibesitzer 
Z„chmidt und Guttenberger ab, wobei eine große Anzahl alter und 
zeuer Fässer mitwerbrarnten. Der Schaden soll sehr groß sein; 
iber die Entstehung des Feuers verlautet nichts Bestimmtes. 
F Völklingen (bei Saarbrücken), 7. Aug. Ein entsetzlicher 
Nord setzt seit gestern Abend ünsere ganze Gegend in Aufregung: 
hegen 6 Uhr Abends fanden nämlich Theilnedmer einet Kriegers 
ereinsfestli hteit zum 6. August, welche in der sogenannten Kirschen⸗ 
inlage im Gemeindewald abgehalten wurde, einen noch warmen 
Leichna:n eines circa' 24jährigen hiesigen Frauenzimmers und da⸗ 
ieben den eines 2jährigen Kendes. Beiden Leichen war der Hals 
is zur Wirbelsäule durchschaitten. Das frische Blut und die noch 
richt erstarrten Leichen zeigten, daß die gräßliche That erst vor 
durzem verübt worden sein konnte. Schrechicher Contrast: dort, 
venige Schritte von der Unglücksstätte, vergnügten sich Hunderte 
on Menschen bei Gesang nund Tanz, und hier mußten zwei Menschen⸗ 
eben unter dem Messer eines verruchten Mörders bluten. Denn, 
aß hier ein Mord vorliegt, trotzdein neben der Lesche ein altes, 
lutiges Rasirmesser gelegen war, daran zweifelte Nemand. Einige 
zersonen erinnerten sich, das Mädchen, denn ein jsolches ist das 
cmordete Frauenzimmer, mit seinem „Schatz“, dem Vater des 
irmen K'ndes, zusammen in den Wald gehen gesehen zu haben. 
der Schatz, ein Soldat von dem in Saarlouis garnisonirenden 
30. Inf.“Regt., ebenfalls aus hiestger Gegend, soll später alleiu 
en Wald verlassen haben. Er wurde in dolge polizeilicher Requi⸗ 
ition noch gestern Nacht in Saarlouis verhastet. Heute Nach⸗ 
aittag 3 traf das Untersuchungsgericht von Saarbrücken hier ein. 
der verhaftete Soldar läugnet die That, die vorhaudenen Indicien 
ider sollen ihn auf's schwerste belasten. 
Reich-Oberhandelsgerichi. Die Nerweisung einer 
Zrozeßsache in letzter Insteinz als Handelssache vom höchsten Landes— 
erichishofe an das Reichs⸗Oderhandelsgericht in Lepzig zur end- 
ilticen Entscheidung begründet nur die Kompetenz des Reichs- 
Dberhandelsgerichts, dagegen ist diese Thatsache für die materielle 
entscheidung, ob der zum Grunde liegende Fall als ein Handeis— 
reschäft nach den Bestimmunge; des Allgemeinen deutschen Handels-